OGH 1Ob233/05d

OGH1Ob233/05d7.3.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei B*****, vertreten durch Schmidtmayr Sorgo Wanke, Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei S*****, vertreten durch Dr. Friedrich Schwank, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert EUR 80.000), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten und Gegnerin der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 29. August 2005, GZ 5 R 99/05y-32, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 18. März 2005, GZ 11 Cg 8/04w-25, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten und Gegnerin der gefährdeten Partei wird gemäß § 78 EO, § 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die in Italien ansässige klagende und gefährdete Partei (in der Folge klagende Partei genannt) schloss mit der in der tschechischen Republik ansässigen beklagten und Gegnerin der gefährdeten Partei (in der Folge beklagte Partei genannt) am 2. 12. 2002 einen Kooperations-, Know-how-, Lizenz- und Lieferrahmenvertrag, mit welchem die klagende Partei der beklagten Partei die ausschließliche Lizenz zur Verwendung ihres Know-how in der Tschechischen und Slowakischen Republik im Zusammenhang mit ihren Produkten zum Zweck der Entwicklung, Herstellung und des Vertriebs einer auf einem bestimmten mechanischen System beruhenden Multisystem-Lokomotive („Endprodukt") erteilte.

Nach Art 8.1. des Vertrags darf die beklagte Partei Kunden mit Sitz in der Tschechischen und in der Slowakischen Republik keine anderen Lokomotiven als das Endprodukt anbieten.

Für die erwartete Ausschreibung einer in der Tschechischen Republik ansässigen AG für eine Multisystem-Lokomotive vereinbarten die Vertragsparteien, nur ein Angebot zu erstellen, das auf dem Endprodukt basieren sollte. Gemäß Punkt 8.3. des Vertrags ist „unbeschadet des Vorhergehenden" nichts in diesen Bestimmungen so auszulegen, dass es den Lizenznehmer bezüglich des Wettbewerbs mit dem Lizenzgeber hinsichtlich Forschung und Entwicklung, Konstruktion, Bau, Herstellung und/oder Betrieb einer anderen im Einsystem-Modus betriebenen und nicht auf dem Know-how des Lizenzgebers beruhenden Lokomotive innerhalb des europäischen gemeinsamen Markts einschränken würde, die mit vom Lizenzgeber konstruierten und/oder entwickelten Lokomotiven im Konkurrenzverhältnis stehen. Die beklagte Partei nahm laut einer weiteren Formulierung des Vertrags ausdrücklich zur Kenntnis und erklärte, ohne das Know-how der klagenden Partei zu diesem Zeitpunkt nicht im Stande zu sein, mit zumutbaren Anstrengungen eine Multisystem-Lokomotive auf konkurrenzfähiger Basis herzustellen und zu entwickeln. Für die Auslegung des Vertrags wurde österreichisches Recht, für die Entscheidung über Meinungsverschiedenheiten der Streitteile die Zuständigkeit österreichischer Gerichte vereinbart. Unmittelbar vor Unterschriftsleistung wurde festgehalten, dass ein Protokoll vom 2. 12. 2002 integrierender Bestandteil des Vertrags sein sollte. Dieses enthält unter anderem die Formulierung, der Lizenznehmer sei nicht darin eingeschränkt, irgendwelche anderen nicht auf dem Know-how des Lizenzgebers beruhenden Lokomotiven zu entwickeln, herzustellen, zu verkaufen oder zu betreiben.

Die Klägerin begehrte für die Dauer des Rechtsstreits die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung ihres auf Unterlassung eigenständiger Angebote der beklagten Partei gegenüber der AG gerichteten Begehrens, mit welcher der beklagten Partei ab sofort verboten werden sollte, in der Ausschreibung der AG über die Lieferung von Multisystem-Lokomotiven ein eigenständiges Angebot ohne Einbindung der klagenden Partei abzugeben, und ein Angebot abzugeben, das nicht auf der Technologie der klagenden Partei für „E 412-Multisystem-Lokomotiven" beruhe.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung gegen Erlag einer Sicherheitsleistung und ohne vorherige Anhörung der beklagten Partei. In ihrem Widerspruch brachte die beklagte Partei vor, auf Grund des Zusatzprotokolls vom 2. 12. 2002 berechtigt gewesen zu sein, allein an der Ausschreibung der AG teilzunehmen und ein eigenes Anbot zu legen, das nicht auf der Technologie der klagenden Partei beruhe. Die von den Streitteilen gemeinsam entwickelte Projektlösung sei infolge einer unvorhersehbaren Änderung der Ausschreibung nicht konkurrenzfähig, es sei aus technischen, kaufmännischen und zeitlichen Gründen unmöglich gewesen, der Aktiengesellschaft ein Angebot zu unterbreiten, welches - wie im Vertrag vereinbart - auf einem Konzept der Streitteile beruht hätte, sodass es zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage gekommen sei. Im Übrigen habe die beklagte Partei den Vertrag bereits gekündigt. In der Tagsatzung über den Widerspruch brachte die beklagte Partei - ohne Anführung einer Rechtsgrundlage - vor, die Vereinbarung sei richtig, da die beklagte Partei in der Verwertung ihrer eigenen Technologie nicht beschränkt werden dürfe.

Das Erstgericht wies diesen Widerspruch (ohne Durchführung eines Bescheinigungsverfahrens) zurück. Das Verhalten der beklagten Partei widerspreche dem zwischen den Streitteilen geschlossenen und nicht aufgelösten Vertrag.

In ihrem gegen diesen Beschluss gerichteten Rekurs führte die beklagte Partei unter anderem aus, die ihrem Standpunkt nach gegebene Nichtigkeit des Vertrags leite sich daraus ab, dass die Tschechische Republik nach Erlassung der einstweiligen Verfügung mittlerweile der EU beigetreten sei, sodass nunmehr Art 81 Abs 1 EG-V im Zusammenhalt mit der VO EG Nr. 772/2004 der Kommission vom 27. 4. 2004 über die Anwendung von Art 81 Abs 3 EG-V auf Gruppen von Technologietransfer - Vereinbarungen sowie die VO EG Nr. 1/2003 des Rates vom 16. 12. 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln gelte.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss mit der Maßgabe, dass der Widerspruch nicht zurück-, sondern abgewiesen wurde. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 Euro übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Der Revisionsrekurs der beklagten Partei ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs bezweifelt die beklagte Partei nicht mehr, dass Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens nur die Überprüfung der objektiven Richtigkeit der erlassenen einstweiligen Verfügung nach Maßgabe der zur Zeit ihrer Erlassung gegebenen Rechtslage ist (RIS-Justiz RS0005904; SZ 72/187 mwN), weswegen schon aus diesem Grund auf den mittlerweiligen Beitritt der Tschechischen Republik zur EU und die dadurch eingetretene Änderung der Rechtslage in der Tschechischen Republik nicht Bedacht genommen werden kann. Sie macht aber nunmehr erstmals geltend, bereits vor Erlassung der EV habe die Tschechische Republik ein Assoziationsabkommen mit der EU abgeschlossen, nach dessen Art 64 Abs 2 alle Verhaltensweisen, die im Gegensatz zu diesem Artikel stehen, nach denjenigen Kriterien zu beurteilen seien, die sich aus den Artikeln 81 ff EG-V ergäben; dieses Abkommen stehe infolge Beitritts Österreichs zur EG in Geltung; infolge Wahl österreichischen Rechts sei es auf den Vertrag anwendbar.

Artikel 64 Abs 1 und 2 des am 1. 2. 1995 in Kraft getretenen Europa-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tschechischen Republik andererseits lautet:

„(1) Soweit sie den Handel zwischen der Gemeinschaft und der Tschechischen Republik beeinträchtigen, sind mit dem ordnungsgemäßen Funktionieren dieses Abkommens unvereinbar

alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken;

die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung im Gebiet der Gemeinschaft oder der Tschechischen Republik oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen;

jegliche staatliche Beihilfe, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen.

(2) Alle Verhaltensweisen, die im Gegensatz zu diesem Artikel stehen, werden nach den Kriterien beurteilt, die sich aus den Artikeln 85, 86 und 92 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ergeben."

Die im Europa-Abkommen für den Vollzug dieser Wettbewerbsvorschriften vorgesehenen Durchführungsbestimmungen wurden mit Beschluss Nr. 1/96 des Assoziationsrates zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tschechischen Republik andererseits vom 30. Jänner 1996 (ABl Nr. L 031 vom 9. 2. 1996, S. 0021-0024) erlassen und traten mit 30. 1. 1996 in Kraft.

Gemäß Art 1 („Allgemeiner Grundsatz") dieser Durchführungsbestimmungen werden Fälle von Vereinbarungen zwischen Unternehmen, von Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen und von aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, und Fälle der missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung im gesamten Gebiet der Gemeinschaft oder der Tschechischen Republik oder in einem wesentlichen Teil desselben, durch die der Handel zwischen der Gemeinschaft und der Tschechischen Republik beeinträchtigt werden kann, gemäß den Grundsätzen in Artikel 64 Absätze 1 und 2 des Europa-Abkommens geregelt.

Gemäß Art 6 der Durchführungsbestimmungen stellen die Wettbewerbsbehörden sicher, dass die Grundsätze der in der Gemeinschaft geltenden Gruppenfreistellungsverordnungen in vollem Umfang angewendet werden.

Gemäß deren Art 8 („Vorgänge von geringer Bedeutung") fallen wettbewerbswidrige Verhaltensweisen, deren Auswirkungen auf den Handel zwischen den Vertragsparteien oder auf den Wettbewerb unerheblich sind, nicht unter Art 64 Abs 1 des Europa-Abkommens.

Gemäß Art 8.2. der Durchführungsbestimmungen ist in der Regel davon auszugehen, dass Auswirkungen u.a. dann unerheblich sind, wenn der gesamte jährliche Umsatz der beteiligten Unternehmen 200 Millionen ECU nicht überschreitet und die Waren oder Dienstleistungen, die Gegenstand der Vereinbarung sind, zusammen mit den sonstigen Waren oder Dienstleistungen der beteiligten Unternehmen, die von den Verbrauchern auf Grund ihrer Eigenschaften, ihrer Preise und ihres Verwendungszwecks als gleichartig angesehen werden, nicht mehr als 5 v.H. des gesamten Marktes für solche Waren oder Dienstleistungen im Gebiet des von der Vereinbarung betroffenen Marktes bzw des von der Vereinbarung betroffenen tschechischen Marktes ausmachen.

Beim Europa-Abkommen handelt es sich um ein Assoziationsabkommen der EG mit einem ehemaligen Ostblockstaat, unter anderem mit dem Zweck, die Grundsätze des EG-Kartell- und Wettbewerbsrechts zu inkorporieren (Stockenhuber, Europäisches Kartellrecht, 11).

Als „gemischter" Vertrag wurde er neben der Gemeinschaft auch von den (damaligen) Mitgliedstaaten als Vertragsparteien unterzeichnet. Derartig gemischte Abkommen sind Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung. Der der Gemeinschaft zuzurechnende Teil gilt in den Mitgliedstaaten als unmittelbar anwendbares gemeinschaftsrechtliches Sekundärrecht (Öhlinger/Potacs, Gemeinschaftsrecht und Staatliches Recht², 12), sofern seine Bestimmungen unbedingt und hinreichend bestimmt sind (EuGH, Slg. 2000, S.I-11307 Rn 42). Der in die Kompetenz der Mitgliedstaaten fallende Teil eines gemischten Abkommens bedarf jedenfalls der parlamentarischen Genehmigung (Öhlinger/Potacs, aaO).

In die österreichische Rechtsordnung wurde das Europa-Abkommen gemäß Art 5 der Beitrittsakte zum EU-Beitrittsvertrag Österreichs, BGBl Nr 45/1995, aufgenommen, nach welchem die von einer der Gemeinschaften mit einem oder mehreren dritten Staaten, mit einer internationalen Organisation oder mit einem Staatsangehörigen eines dritten Staates geschlossenen Abkommen oder Übereinkommen für die neuen Mitgliedstaaten nach Maßgabe der ursprünglichen Verträge und dieser Akte verbindlich sind. Gemäß Absatz 2 des Art 5 der Beitrittsakte verpflichteten sich die neuen Mitgliedstaaten, nach Maßgabe dieser Akte den von den „derzeitigen" Mitgliedstaaten zusammen mit einer der Gemeinschaften geschlossenen Abkommen oder Übereinkommen sowie den von diesen Staaten geschlossenen Übereinkünften, die mit diesen Abkommen oder Übereinkommen in Zusammenhang stehen, beizutreten. Gemäß dessen Abs 3 traten die neuen Mitgliedstaaten durch diese Akte und unter den darin vorgesehenen Bedingungen auch den internen Vereinbarungen bei, welche die „derzeitigen" Mitgliedstaaten zur Durchführung der Abkommen oder Übereinkommen im Sinne des Absatzes 2 geschlossen haben.

Damit war das Europa-Abkommen mit der Tschechischen Republik in Österreich ab 1. 1. 1995 anzuwenden (Art 76 und 77 der Beitrittsakte).

Ob die betroffenen Rechtsgebiete (insbesondere soweit die beklagte Partei ihre Einrede auf Wettbewerbsrecht stützt) überhaupt einer Rechtswahl zugänglich sind und das Europa-Abkommen (und dessen Durchführungsbestimmungen) kraft Rechtswahl österreichischen Rechts auf den zu beurteilenden Sachverhalt anwendbar ist, kann schon deshalb dahingestellt bleiben, da die beklagte Partei jedenfalls kein konkretes Tatsachenvorbringen erstattet hat, um eine Nichtigkeit des Vertrags infolge Verstoßes gegen Art 64 des Europa-Abkommens bzw der dazu ergangenen Durchführungsbestimmungen feststellen zu können:

Da diese Durchführungsbestimmungen im Wesentlichen den Art 81 ff EG-V nachgebildet sind und die für die Bearbeitung solcher Fälle u.a. zuständige Kommission der EG die Wettbewerbsregeln des EG-Vertrags anwendet (Art 1 der Durchführungsbestimmungen), kann auf diese verwiesen werden. Demnach ist maßgeblich, ob das Verhalten geeignet ist, die Freiheit des Handels zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise zu gefährden, die der Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen Markts zwischen den Mitgliedstaaten nachteilig sein kann, indem insbesondere die nationalen Märkte abgeschottet werden oder die Wettbewerbsstruktur im Gemeinsamen Markt verändert wird (1 Ob 2362/96a; 4 Ob 201/02s mwN). Das Kartellverbot richtet sich ua gegen horizontale Absprachen zwischen Herstellern und Händlern, die auf den Wettbewerb und den zwischenstaatlichen Handel einen spürbaren Einfluss haben oder zumindest geeignet sind, den Wettbewerb im Sinne einer Abschottung des Marktes zu beeinflussen. Die Kommission kann das Kartellverbot durch eine Freistellung im Einzelfall für unanwendbar erklären; sie wurde aber auch ermächtigt, für bestimmte Produktmärkte generelle Freistellungen zu verfügen. Ob eine Lizenzvereinbarung den Wettbewerb beschränkt, ist im konkreten Zusammenhang zu bewerten , in dem Wettbewerb stattfinden würde, sofern die Vereinbarung mit ihren mutmaßlichen Beschränkungen nicht bestünde. Hiezu müssen die Auswirkungen der Vereinbarung auf den Technologiewettbewerb (d.h. den Wettbewerb zwischen Unternehmen , die konkurrierende Technologien verwenden) sowie auf den technologieinternen Wettbewerb (d.h. zwischen Unternehmen, die dieselbe Technologie verwenden) untersucht werden (Leitlinien zur Anwendung von Art 81 EG-V auf Technologietransfer-Vereinbarungen [2004/C 101/02 ]).

Zu all diesen - nur beispielsweise angeführten - Kriterien wäre die beklagte Partei bereits in der Verhandlung über den Widerspruch verhalten gewesen, entsprechend konkretes (einredeweises) Sachvorbringen zu erstatten, trifft sie doch die Behauptungs- und Bescheinigungspflicht für die Tatsachen, aus denen das Nichtbestehen des bescheinigten Anspruchs abgeleitet wird (JBl 1974, 529); ein derartiges Vorbringen fehlt jedoch.

Ebensowenig sind die Ausführungen im außerordentlichen Revisionsrekurs im Hinblick auf die bei der Prüfung des Vorliegens einer Nichtigkeit nach Art 64 des Europa-Abkommens bzw der in den Durchführungsbestimmungen zu beachtenden Kriterien ausreichend, um festzustellen, der Vertrag sei vom Verbot des Art 64 erfasst. So fehlt schon jedes Tatsachenvorbringen zur primären Frage, ob - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung der einstweiligen Verfügung - der Sachverhalt durch eine Gruppenfreistellungsverordnung gedeckt; verneinendenfalls ob die Spürbarkeitsgrenze des Art 8 der Durchführungsbestimmungen überschritten wäre etc. Die allgemeine Behauptung, durch die Art der Vertragsgestaltung würden sich Auswirkungen auf den grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr ergeben, ist nicht geeignet, einen die Nichtigkeit des Vertrags bewirkenden Verstoß gegen Art 64 des Europa-Abkommens bzw dessen Durchführungsbestimmungen darzulegen.

Nach dem sogenannten „Auswirkungsprinzip" kommt es unabhängig von der Staatszugehörigkeit der Beteiligten und vom Ort der Handlung einzig darauf an, dass die in den Art 81 ff EG-V geforderten Wirkungen innerhalb der Gemeinschaft eintreten. Im vorliegenden Fall wurde das „Auswirkungsprinzip" erstmals im Revisionsrekurs releviert und dazu nur ausgeführt, wettbewerbsrechtliche Vereinbarungen zwischen einem italienischen und einem tschechischen Unternehmen würden „jedenfalls" Auswirkungen auf den gemeinsamen Markt entfalten; die beklagte Partei sei infolge der Vertragsgestaltung eingeschränkt, andere Technologien, Produkte etc von anderen Geschäftspartnern aus dem Vertragsgebiet der EU zu beziehen, „was sich auf den grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr auswirke, sodass der Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt" sei. Wenngleich eine Vereinbarung, die - wie hier - nur auf einen nationalen Markt bezogen ist, durchaus einen „grenzüberschreitenden" Einfluss auf den europäischen Wettbewerb haben kann, reicht auch dieses Vorbringen im Sinne der obigen Ausführungen aber nicht aus, um einen Verstoß gegen Art 64 Europa-Abkommen bzw dessen Durchführungsbestimmungen ausreichend zu konkretisieren. Mangels entsprechenden Vorbringens kann somit auch das „Auswirkungsprinzip" nicht zu der von der Revisionsrekurswerberin gewünschten Beurteilung führen, es liege eine Nichtigkeit des Vertrags vor.

Auf (zwingende) Bestimmungen des tschechischen Wettbewerbsrechts hat sich die beklagte Partei erstmals im Revisionsrekurs berufen. Ohne entsprechenden Einwand bestand für das Gericht im Provisorialverfahren jedoch keine Pflicht zur Ermittlung tschechischer Wettbewerbsnormen (RIS-Justiz RS0005307).

Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wird, ist keine erhebliche Rechtsfrage, es sei denn, es läge infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis vor (RIS-Justiz RS0042936 uva). Die Vorinstanzen haben den zwischen den Streitteilen geschlossenen Vertrag im Einklang mit den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ausgelegt. Sie gingen davon aus, dass - wäre die Auslegung der beklagten Partei zutreffend - mit dem Protokoll vom 2. 12. 2002 ein ganz wesentlicher Punkt des Kooperationsvertrags, nämlich das Zusammenwirken der Streitteile bei der in allernächster Zukunft zu erwartenden Ausschreibung, gegenstandslos geworden wäre. Weiters gingen die Vorinstanzen davon aus, dass die Streitteile - hätten sie dies beabsichtigt - solches wohl eindeutig zum Ausdruck gebracht hätten. Diese Auslegung stellt kein unvertretbares Ergebnis dar, wurde doch unter Bedachtnahme auf den Wortlaut des Vertrags die Parteienabsicht erforscht und logisch einwandfrei gewürdigt. Für eine Einschränkung der Einstweiligen Verfügung in dem von der Revisionsrekurswerberin geforderten Sinn besteht daher kein Anlass.

Behauptete Mängel des Verfahrens erster Instanz, die vom Rekursgericht verneint wurden (hier die Unterlassung der Anhörung von Auskunftspersonen), können nach stRsp nicht mehr mit Erfolg neuerlich geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0042963).

Der Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO läge nur dann vor, wenn einer Partei durch einen ungesetzlichen Vorgang die Möglichkeit entzogen worden wäre, vor Gericht zu verhandeln, nicht aber, wenn - wie hier - dem Antrag auf Einvernahme von Auskunftspersonen im Bescheinigungsverfahren nicht Folge gegeben wurde (Pimmer in Fasching/Konecny² IV/1, § 477 Rz 44).

Zusammenfassend lässt die Abweisung des Widerspruchs keine gravierende Fehlbeurteilung erkennen, die ein korrigierendes Eingreifen des Obersten Gerichtshofs erforderte.

Dies führt zur Zurückweisung des außerordentlichen Revisionsrekurses.

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