Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Das Erstgericht hatte der betreibenden Partei (unangefochten) zur Hereinbringung rückständiger Steuern in einem Teilbetrag von 360.000 EUR sA die Exekution durch Pfändung der dem Verpflichteten als Nießbrauchsberechtigten und als Berechtigten aus einer Vereinbarung vom 7. November 2005 mit der Drittschuldnerin, einer Bank, zustehenden Ansprüche auf Rückübertragung der Rechte auf Überlassung des Nießbrauchs an einer Liegenschaft in der Bundesrepublik Deutschland und der daraus resultierenden Forderungsansprüche, somit seiner „Gesamtrechte" bewilligt. Die Verwertung behielt sich das Erstgericht vor. In der Folge wies es einen Einstellungsantrag des Verpflichteten ab.
Diese Entscheidung änderte das Gericht zweiter Instanz mit Beschluss dahin ab, dass es das Exekutionsverfahren gemäß § 39 Abs 1 Z 8 EO einstellte.
In seiner ausführlich begründeten und auch auf deutsche Rsp und Lehre gestützten Entscheidung gelangte das Rekursgericht zu folgenden wesentlichen Rechtsansichten:
Der Nießbrauch nach §§ 1030 ff BGB könne der Ausübung nach einem anderen überlassen werden. Dagegen sei das Stammrecht selbst nicht übertragbar. Die Ausübungsüberlassung wirke nach der in Deutschland herrschenden Meinung nur schuldrechtlich. Punkt 10. des Vertrags mit der Drittschuldnerin enthalte die von der betreibenden Partei behauptete Verpflichtung nicht. Mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 14. Februar 2005 sei in Deutschland das Nießbrauchsrecht selbst bereits gepfändet und der Zwangsverwaltung unterworfen worden. Diese stehe dem (wenn auch indirekten) Zugriff in Österreich an sich nicht entgegen. Es sei nicht erforderlich, dass das gepfändete Vermögensrecht unmittelbar verwertbar sei, vielmehr genüge mittelbare Verwertbarkeit. Es müsse aber auch in diesem Fall ein taugliches Exekutionsobjekt iSd §§ 331 ff EO vorliegen. Ein solches Recht müsse rechtlich selbständig und zumindestens der Ausübung nach übertragbar sein. In vielen Fällen komme nur die Exekution auf ein „Gesamtrecht" in Betracht, nicht aber auf die als solche nicht übertragbaren Einzelbefugnisse. Das Recht auf Rückübertragung der Rechte auf Überlassung des Nießbrauchs sei letztlich ein unmittelbarer Ausfluss der Rechtsposition des Nießbrauchsberechtigten. Falle die Berechtigung desjenigen, dem die Ausübung eines Nießbrauchs überlassen wurde, wieder weg, lebe die Ausübungsbefugnis des Nießbrauchsberechtigten wieder auf, füge sich also das Nutzungs- wieder zum Substanzrecht. Entgegen dem in der Exekutionsbewilligung wie bereits im Exekutionsantrag verwendeten Begriff „Anspruch auf Rückübertragung des Nießbrauchsrechts" werde in Wahrheit nach deutschem Recht nicht das Nießbrauchsrecht selbst übertragen, weshalb für dessen Rückübertragung kein Platz bleibe. Ein besonderes Recht auf Rückübertragung der Rechte auf Überlassung des Nießbrauchs könne aus § 1059 BGB nicht abgeleitet werden. Nach deutscher Rsp und Lehre könne nicht einmal das vom Substanzrecht losgelöste Nutzungsrecht beim Nießbrauch gepfändet werden. Anders als bei der Herausgabeexekution sei im gegenständlichen Fall der Zugriff auf den Nießbrauch unabhängig vom Willen des Drittschuldners gewährleistet. Daher bestehe anders als bei körperlichen Sachen kein vergleichbarer Bedarf nach Sonderzugriffsmöglichkeiten auf Herausgabeansprüche. Um das Ziel zu erreichen, einer Verfügung des Verpflichteten über das Nießbrauchsrecht im Zusammenwirken mit den Nießbrauchsgebern und der Drittschuldnerin vorzubeugen, müsse die betreibende Partei genau auf den Nießbrauch auch als solchen greifen, aus dem allein das Recht erwachse, die bestehende Ausübungsüberlassungsvereinbarung zu verlängern oder sonst zu modifizieren. Somit stehe der betreibenden Partei allein die Pfändung des Gesamtrechts des Nießbrauchs nach § 331 EO offen. Der hier gestellte Antrag sei somit auf ein nicht taugliches Exekutionsobjekt gerichtet. Der Antrag könne auch nicht so gedeutet werden, dass in Wahrheit auf dieses Gesamtrecht ziele. Demnach sei die Verwertung dieses Exekutionsobjekts aus rechtlichen Gründen unmöglich, weshalb das Verfahren gemäß § 39 Abs 1 Z 8 EO einzustellen sei. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rsp zur Abgrenzung von im Rahmen des § 331 EO nur als Gesamtrechte von selbständig pfändbaren Forderungen im Zusammenhang mit dem Fruchtnießungs- bzw. Nießbrauchsrecht fehle.
Der (im Rubrum unrichtig als Rekurs bezeichnete) Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Gerichts zweiter Instanz (§ 78 EO iVm § 526 Abs 2 ZPO) nicht zulässig.
Die betreibende Partei beruft sich in der Frage der Zulässigkeit des Rechtsmittels ausschließlich auf die von ihm übernommenen Ausführungen der zweiten Instanz. Eigene Gründe, die in Wahrheit nicht vorliegen, werden nicht geltend gemacht.
Rechtliche Beurteilung
Soweit die Erheblichkeit der Rechtsfrage nach § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO daraus abgeleitet wird, es fehle Rsp „zur gegenständlichen Problematik im Zusammenhang mit dem Fruchtnießungsrecht" ist klarzustellen, dass im vorliegenden Exekutionsverfahren einzig und allein Ansprüche aus einem Vertrag über die Überlassung der Ausübung eines Nießbrauchs nach deutschem bürgerlichen Recht Verfahrensgegenstand ist. Das der verpflichtete Fruchtgenussberechtigter iSd § 509 ABGB (also nach österreichischem bürgerlichen Recht) wäre, wurde in diesem Verfahren nie geltend gemacht und war daher auch nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung. Daraus kann daher die Zulässigkeit des Revisionsrekurses keineswegs abgeleitet werden. Die betreibende Partei macht auch in ihrem Rechtsmittel in keiner Weise geltend, das Gericht zweiter Instanz habe entweder das Kollisionsrecht oder die maßgebenden ausländischen Sachnormen unrichtig angewendet. Nach stRsp handelt es sich nicht um eine erhebliche Rechtsfrage, wenn solche ausländischen Sachnormen vom Gericht zweiter Instanz iSd stRsp des ausländischen Höchstgerichts und der ausländischen Lehre ausgelegt wurden (2 Ob 565/83 = RZ 1984/88; RIS-Justiz RS0042948). Soweit im Revisionsrekurs geltend gemacht wird, dass nach der deutschen Rsp und Lehre ein Rückübertragungsanspruch bei der (deutschen) Grundschuld schon aufschiebend bedingt mit Abschluss der Sicherungsvereinbarung entstehe, wird damit eine Unrichtigkeit der zweitinstanzlichen Entscheidung nicht dargelegt. Aber auch die weiteren Ausführungen im Rechtsmittel lassen das Vorliegen erheblicher Rechtsfragen nicht erkennen.
Mit ihrem an sich zutreffenden Hinweis, dass sich die Interpretation der §§ [richtig] 331 ff EO am Zweck zu orientieren habe, die Exekution auf alle denkbaren Vermögensobjekte des Verpflichteten zu ermöglichen (3 Ob 88/04v = RpflE 2004/115 = immolex 2005, 154 mwN), übersieht die betreibende Partei offenbar, dass ohnehin eine rechtskräftige Exekutionsbewilligung vorliegt, und Frauenberger (in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 331 Rz 2) keineswegs zum Ausdruck bringt, es sei im Zweifel gegen die Einstellung der Exekution zu entscheiden; vielmehr bringt er nur zum Ausdruck, es seien allfällige Verwertungshindernisse erst bei der Verwertung zu berücksichtigen; nichts anderes war aber Gegenstand der angefochtenen Entscheidung über den im Verwertungsverfahren gestellten Einstellungsantrag des Verpflichteten.
Die betreibende Partei vermag auch nicht darzulegen, es wäre die Pfändung des Rückübertragungsanspruchs des Verpflichteten zur Ermöglichung einer Exekution in dessen Nießbrauch erforderlich, was auch im Gegensatz zu der in Deutschland ohnehin bereits erfolgten (finanzbehördlichen) Pfändung dieses Rechts zugunsten der betreibenden Partei stünde, deren Vorliegen auch diese selbst einräumte. Allfällige Sicherungen gegen entgegen dieser Pfändung erfolgte Verfügungen des Verpflichteten über den Rückübertragungsanspruch rechtfertigen die Fortsetzung der hier bereits bewilligten Exekution für sich allein nicht. Eine solche Sicherung hätte (auch im Exekutionsverfahren: § 378 Abs 1 EO; 3 Ob 223/03w = RdW 2004, 283 = EFSlg 106.114) mittels einstweiliger Verfügung (etwa nach § 379 Abs 2 Z 5 EO) unter den für eine solche geltenden Voraussetzungen zu erfolgen. Die betreibende Partei vermag auch nicht darzulegen, inwiefern die Auslegung des Punkts 10. Abs 1 des Vertrags zwischen der Drittschuldnerin und dem Verpflichteten unrichtig sein solle, wenn darin tatsächlich nur von der Rückübertragung von abgetretenen Forderungen die Rede ist und andererseits in Punkt 1. dieses Vertrags bereits zwischen der Überlassung der Ausübung des Nießbrauchs und der Abtretung von Forderungen aus Mietverträgen unterschieden wird. Auch daraus ist das Vorliegen erheblicher Rechtsfragen nicht abzuleiten. Letztlich erfordert auch das Argument, die mangelnde Identität des hier gepfändeten Anspruchs mit dem in Deutschland gepfändeten Nießbrauch ergebe sich schon daraus, ihr in den beiden Verfahren unterschiedliche Drittschuldner gegenüberstünden, keine Behandlung des Rechtsmittels in der Sache, ist es doch evident, dass Einzelansprüche im Rahmen eines „Gesamtrechts" iSd Rsp (zuletzt 3 Ob 98/04i = JBl 2005, 320 [Holzner]; weiters Frauenberger aaO § 331 Rz 13 und 14 mwN) gegen verschiedene Personen gerichtet sein können. So etwa steht dem Miteigentümer einer beweglichen Sache nicht nur der (nach der zuletzt zitierten Entscheidung unpfändbare) Teilungsanspruch gegen die übrigen Miteigentümer zu, sondern auch jedweder Anspruch zur Wahrung des Gesamtrechts gegen Dritte (Sailer in KBB § 828 ABGB Rz 7 mwN).
Der Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.
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