OGH 10ObS14/06s

OGH10ObS14/06s24.1.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Hon. Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Helmut Brandl (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Georg Eberl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Walter Lorenz S*****, vertreten durch Dr. Norbert Scherbaum, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, wegen Berufsunfähigkeitspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. November 2005, GZ 8 Rs 80/05d-49, den

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Der am 2. 8. 1961 geborene Kläger war nach den Feststellungen zuletzt (vor dem Stichtag) mehr als 2 ½ Jahre im 3rd-Level-Support (technische Kundenunterstützung) bei zwei EDV-Unternehmen beschäftigt. Nach seinem Leistungskalkül könnte er diese Tätigkeit weiter ausüben.

Das Erstgericht hat das Klagebegehren auf Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension ab dem Stichtag (1. 5. 2003) abgewiesen und die vom Kläger bis zum Stichtag erworbenen Versicherungszeiten mit 313 Versicherungsmonaten (206 Beitragsmonate der Pflichtversicherung nach dem ASVG, 6 Beitragsmonate der Pflichtversicherung nach dem GSVG, 101 Monate einer Ersatzzeit) festgestellt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und ließ die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zu.

In der Zulassungsbeschwerde stellt der Kläger folgende zwei Punkte in den Vordergrund:

a) Eine Tätigkeit in der Dauer von lediglich 2 ½ Jahren könne nur als „vorübergehend" angesehen werden.

b) Präsenzdienstzeiten müssten seit 1. 7. 2004 generell als Beitragszeiten gewertet werden.

ad a):

Text

Beschluss

gefasst:

Rechtliche Beurteilung

Das Verweisungsfeld gemäß § 273 Abs 1 ASVG wird durch den Beruf bestimmt, den der Versicherte zuletzt nicht nur vorübergehend ausgeübt hat (ständige Rechtsprechung seit SSV-NF 1/68; SSV-NF 7/51; RIS-Justiz RS0084943). Die mehr als 2 ½ Jahre, die der Kläger zuletzt im 3rd-Level-Support (technische Kundenunterstützung) absolviert hat, sind nach der Rechtsprechung nicht als „vorübergehend" anzusehen. Auch wenn in der in der Revision zitierten Entscheidung 10 ObS 186/97v tatsächlich von einer „bloß vorübergehenden" Ausübung einer dreijährigen Tätigkeit die Rede ist, spricht diese Entscheidung nicht dagegen, weil es darin um einen anderen Aspekt ging: Die Klägerin hatte eine Lehre als Einzelhandelskauffrau absolviert, die Lehrabschlussprüfung abgelegt und war dann überwiegend auch als kaufmännische Angestellte tätig, zuletzt allerdings drei Jahre lang ohne zusätzliche Ausbildung als Lernhilfe für Kinder in Form einer Halbtagsbeschäftigung mit relativ geringer Entlohnung. Im Hinblick auf diese geringe Qualifikation wurde angenommen, dass sich die Klägerin nicht von dem früher überwiegend ausgeübten Beruf der kaufmännischen Angestellten gelöst hatte.

Von einer solchen Konstellation kann im vorliegenden Fall keine Rede sein; im Gegenteil: der Kläger hatte mit der zuletzt ausgeübten Tätigkeit mehr oder weniger seinen beruflichen Höhepunkt erreicht. Die Beurteilung durch das Berufungsgericht ist zutreffend; eine divergente Judikatur liegt allenfalls verbal, nicht aber inhaltlich vor.

ad b): Im Fall der Feststellung von Versicherungszeiten gibt es keine Stichtagsverschiebung, wie der Verweis auf § 223 Abs 2 ASVG in § 247 ASVG zeigt. Maßgeblich ist daher die Rechtslage zum Stichtag 1. 5. 2003. § 236 Abs 4a ASVG in der zu diesem Stichtag (1. 5. 2003) geltenden Fassung sah keine Anrechnung von Präsenzdienstzeiten (§ 227 Abs 1 Z 7 ASVG) als Beitragszeiten vor.

Für den Kläger ist aber auch nichts zu gewinnen, wenn man im Verfahren zur Feststellung der Versicherungszeiten eine Stichtagsverschiebung (bzw genauer: die Auslösung eines neuen Stichtags spätestens zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung in erster Instanz [RIS-Justiz RS0085973]) zuließe:

Eine Anrechnung von Präsenzdienstzeiten wurde für bestimmte Pensionsformen und in einem begrenzten Ausmaß mit dem Budgetbegleitgesetz 2003 (BGBl I 2003/71, Teil 2) eingeführt:

10a. Dem § 236 Abs. 4a wird folgender Satz angefügt: "Als Beitragsmonate für die Erfüllung der Wartezeit nach Abs. 4 Z 2 sind auch Ersatzmonate nach § 227 Abs. 1 Z 7 und 8 dieses Bundesgesetzes oder nach § 116 Abs. 1 Z 3 GSVG oder nach § 107 Abs. 1 Z 3 BSVG im Ausmaß von höchstens 30 Kalendermonaten zu berücksichtigen."

Gemäß § 607 Abs 1 Z 1 ASVG trat diese Bestimmung mit 1. 1. 2004 in Kraft. Die Bestimmung des § 236 Abs 4 Z 2 ASVG, auf die in Abs 4a verwiesen wird, trat mit Ablauf des 30. 6. 2004 außer Kraft (§ 607 Abs 2 Z 2 ASVG). Daraus ergibt sich aber - im Gegensatz zur Ansicht des Klägers - nicht, dass nun die Anrechnung von Präsenzdienstzeiten für alle Pensionsformen gelten soll, sondern im Gegenteil, dass diese Anrechnungsmöglichkeit für diejenigen Versicherten, denen § 236 Abs 4 Z 2 ASVG nicht mehr zugute kommt, gar nicht mehr relevant ist. Da eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliegt, ist die außerordentliche Revision der Kläger zurückzuweisen.

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