OGH 5Ob175/05d

OGH5Ob175/05d29.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. Dr. Ferdinand G*****, und 2. Felicia G*****, vertreten durch Dr. Heinrich Berger, Rechtsanwalt in Bruck a. d. Mur, wegen Einverleibung einer Dienstbarkeit ob der Liegenschaft EZ *****, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Zweitantragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom 25. März 2005, AZ 1 R 357/04y, mit welchem der Beschluss des Bezirksgerichts Bruck a. d. Mur vom 13. Oktober 2004, TZ 3237/04, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Ob der Liegenschaft EZ ***** mit dem Haus *****, ist sub B-LNR 3 das Eigentumsrecht für den Erstantragsteller einverleibt.

Die Antragsteller begehrten aufgrund des Dienstbarkeitsvertrags vom 12. Oktober 2004 mit Eintragungsgesuch vom selben Tag, die Einverleibung der Dienstbarkeit der Wohnung im Sinne des § 2 dieses Vertrags für die Zweitantragstellerin.

Der Dienstbarkeitsvertrag vom 12. Oktober 2004 hat auszugsweise folgenden Inhalt:

„Dienstbarkeitsvertrag

abgeschlossen zwischen Herrn Dr. Ferdinand G***** .... und Frau Felicia G***** .... wie folgt:

....

§ 2.

Frau Felicia G***** ist seit ungefähr 10 Jahre Ehefrau von Herrn Dr. Ferdinand G***** und hat bereits im Jahre 1993, also zuvor Investitionen in das Haus *****. Als teilweise Gegenleistung hiefür räumt hiemit Herr Dr. Ferdinand G***** für sich und seine Rechtsnachfolger im Eigentum der Liegenschaft EZ ***** Frau Felicia G***** das alleinige und persönliche, lebenslängliche und kostenlose Wohnrecht an sämtlichen Räumlichkeiten im Hause *****, einschließlich der Gartenmitbenützung ein und nimmt Frau Felicia G***** dieses auf der vorangeführten Liegenschaft EZ ***** grundbücherlich sicherzustellende Recht hiemit auch ausdrücklich an.

§ 3.

Herr Dr. Ferdinand G***** .... erteilt .... seine ausdrückliche Einwilligung, dass auf Grund dieses Vertrages in EZ ***** die Dienstbarkeit der Wohnung im Sinne des § 2 des gegenständlichen Vertrages Frau Felicia G***** .... einverleibt werden kann.

....

§ 5.

Eine Abtretung des vorangeführten Wohnungsrechtes der Frau Felicia G***** oder Überlassung der gesamten Wohnung oder einzelner Räume zu Wohnzwecken an dritte Personen ist ohne Zustimmung des Herrn Dr. Ferdinand G***** nicht gestattet. Allerdings erfolgte bereits mit 1. Oktober 1993 an Frau Stana E***** .... die Überlassung der beiden südseitliche Zimmer in Erdgeschoß samt mit Benützung den Küche und des Bad+WC zu ebener Erde mit pauschal 300,- - ATS dass sind ca Euro 20,- - und war Dr. Ferdinand G***** mit dieser abgeschlossenen Vereinbarung nicht nur einverstanden sondern, wurde wechselseitig abgeschlossen.

....

§ 9.

Es lag auch ein familienrechtlich begründetes Wohnrecht vor. Die Einverleibung des Wohnrechtes erfolgt im Hinblick auf das vorhandene auf Grund des Familienrechtes begründete Wohnrecht unentgeltlich. Dr. Ferdinand G***** kann, soferne das letzte Kind der Frau Felicia G***** entweder selbsterhaltungsfähig ist und zumindest das Alter von 19 Jahre erreicht hat oder bei Abschluss der Berufsausbildung oder des Studiums unter der Voraussetzung der Selbsterhaltungsfähigkeit für diesen Fall die grundbuchsfähige Löschung von Frau Felicia G***** verlangen.

....".

Betreffend den Erstantragsteller war ein zu 5 P 123/01i des Bezirksgerichts Bruck a. d. Mur anhängig gewesenes Verfahren über die Bestellung eines Sachwalters am 20. 1. 2003 eingestellt worden. Anfang 2004 war zu 1 P 64/04x des Bezirksgerichts Leoben neuerlich ein Verfahren über die Bestellung eines Sachwalters für den Erstantragsteller eingeleitet und ab 21. 4. 2004 gemäß § 238 Abs 1 AußStrG aF ein Sachwalter für das Verfahren bestellt worden.

Über das Vermögen der Zweitantragstellerin war am 31. 1. 2000 zu 17 S 58/00y des Landesgerichts Leoben der - noch nicht aufgehobene - Konkurs eröffnet worden.

Das Erstgericht wies den Grundbuchsantrag ab. Das Grundbuchsgericht habe das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen und dürfe nach § 94 Abs 1 Z 2 GBG eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligen, wenn kein gegründetes Bedenken gegen die persönliche Fähigkeit der bei der Eintragung Beteiligten zur Verfügung über den Gegenstand, den die Eintragung betrifft, oder gegen die Befugnis der Antragsteller zum Einschreiten vorhanden sei. Es begründeten einerseits das betreffend den Erstantragsteller eingeleitete Sachwalterschaftsverfahren und andererseits der über das Vermögen der Zweitantragstellerin eröffnete Konkurs Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit der Antragsteller, weshalb mit Antragsabweisung vorzugehen gewesen sei.

Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel beider Antragsteller nicht Folge. § 94 Abs 1 Z 2 GBG untersage dem Grundbuchsgericht nicht erst dann die Bewilligung der Eintragung, wenn der Mangel der Verfügungsmacht eines Beteiligten klar zutage liege, sondern verpflichte schon dann zur Vorsicht, wenn die Beschränkung der Verfügungsfähigkeit aus beachtlichen Gründen anzunehmen sei. Da dem Grundbuchsgericht Beweisaufnahmen durch Zeugen, Sachverständige oder persönlichen Augenschein verwehrt seien, könnten Bedenken im Sinne des § 94 Abs 1 Z 2 GBG nur kursorisch überprüft werden. Dem Erstantragsteller sei zwar lediglich ein Verfahrenssachwalter nach § 238 Abs 1 AußStrG aF bestellt worden, womit der Betroffene in seinen Rechtshandlungen nicht beschränkt werde; die rasche Aufeinanderfolge von zwei Verfahren zur Prüfung der Notwendigkeit einer Sachwalterbestellung für den Erstantragsteller ließen die vom Erstgericht erkannten Zweifel an der Handungs- und Verfügungsfähigkeit des Erstantragstellers als nicht unberechtigt erscheinen.

An der Berechtigung der Zweitantragstellerin zum eigenen Einschreiten bestünden dagegen keine Bedenken, weil dieser ein persönliches Wohnrecht eingeräumt werden solle; dieses Recht betreffe nicht die Konkursmasse, weshalb die Verfügungsfähigkeit der Zweitantragstellerin betreffend den Vertragsabschluss genauso gegeben sei, wie deren Berechtigung zum Eintragungsgesuch.

Die Entscheidung des Rekursgerichts enthält den Ausspruch, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 20.000 Euro und der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig; zu § 94 Abs 1 Z 2 GBG liege aktuelle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nur im Zusammenhang mit der Bestellung eines Sachwalters nach § 238 Abs 2 AußStrG aF, nicht aber für den Fall der (mehrmals kurz hintereinander erfolgten) Bestellung eines Sachwalters nach § 238 Abs 1 AußStrG aF vor.

Gegen diesen Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Zweitantragstellerin mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Bewilligung des Einverleibungsgesuchs; hilfsweise stellt die Zweitantragstellerin auch einen Aufhebungsantrag. Die Zweitantragstellerin macht in ihrem Rechtsmittel - zusammengefasst - geltend, dass begründete Bedenken gegen die Dispositionsfähigkeit des Erstantragstellers nicht vorlägen. Die Bestellung eines Sachwalters nach § 238 Abs 1 AußStrG aF schränke den Erstantragsteller in seinen Rechtshandlungen nicht ein; dieser sei inzwischen wieder in die Verteidigerliste eingetragen und vertrete sich auch im Verfahren zu 7 Cg 43/01d des Landesgerichts Leoben selbst. Der Umstand, dass das Verfahren zu 5 P 123/01i des Bezirksgerichts Bruck a. d. Mur eingestellt worden sei, spreche ebenfalls für die volle Dispositionsfähigkeit des Erstantragstellers. Die Ansicht der Vorinstanzen führe zum rechtspolitisch bedenklichen Ergebnis, dass der Erstantragstellung allein infolge Einleitung eines Sachwalterbestellungsverfahrens keine Verträge mehr abschließen und verbüchern lassen könne.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist im Hinblick auf den schon vor Zustellung der Rekursentscheidung gestellten Verfahrenshilfeantrag rechtzeitig (zur Wirkung eines - vor Beginn der Rechtsmittelfrist erhobenen - Verfahrenshilfeantrags vgl 1 Ob 2394/96g = JBl 1997, 465; M. Bydlinski in Fasching/Konecny² II/1, § 73 ZPO Rz 3 mwN); das Rechtsmittel ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund und weil die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Zweitantragstellerin weitere, vom Rekursgericht aber verneinte Bedenken im Sinne des § 94 Abs 1 Z 2 GBG begründet, zulässig, aber nicht berechtigt.

I. Zum Erstantragsteller

1. Gemäß § 94 Abs 1 Z 2 GBG hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen und darf eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligen, wenn kein gegründetes Bedenken gegen die persönliche Fähigkeit der bei der Eintragung Beteiligten zur Verfügung über den Gegenstand, den die Eintragung betrifft, oder gegen die Befugnis der Antragsteller zum Einschreiten vorhanden ist; Bedenken im Sinne des § 94 Abs 1 Z 2 GBG sind ein innerer Vorgang des über das Ansuchen entscheidenden Rechtspflegeorganes (Richter oder Rechtspfleger), die im Zeitpunkt der Beschlussfassung bestehen oder nicht bestehen können. Es wird dadurch dem Rechtspflegeorgan ein gewisser Ermessenspielraum eingeräumt (5 Ob 106/92 = NZ 1993, 133 [Hofmeister, 135]).

2. Für die Versagung der Eintragungsbewilligung genügt es, wenn die Beschränkung der Verfügungsfähigkeit aus beachtlichen Gründen anzunehmen ist (SZ 21/22). Dabei muss, weil dem Grundbuchsrichter beziehungsweise Rechtspfleger Beweisaufnahmen durch Zeugen, Sachverständige oder persönlicher Augenschein verwehrt sind, mit einer kursorischen Feststellung und Überprüfung der „Bedenken" im Sinne des § 94 Abs 1 Z 2 GBG das Auslagen gefunden werden. Ein im Sinne des § 94 Abs 1 Z 2 GBG „gegründetes Bedenken" gegen die Verfügungsfähigkeit des Liegenschaftseigentümers kann sowohl durch amtliches als auch durch privates Wissen des Grundbuchsrichters ausgelöst werden (Hoyer, Prüfungsrecht und Prüfungspflicht des Grundbuchsrichters, FS Kralik, 223), sofern die Überprüfung des Eintragungshindernisses objektiv möglich ist. Entsprechende Verdachtsmomente sind auch dann von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn sie sich nicht auf eine Eintragung im Grundbuch, sondern beispielsweise - wie hier betreffend den Erstantragsteller - auf den Inhalt von Pflegschaftsakten stützen (vgl Bartsch, GBG7, 82), soweit dieser objektiv überprüfbar ist (5 Ob 1045/91).

3. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass sich Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit insbesondere auf Grund der - allenfalls auch erst unmittelbar bevorstehenden - Bestellung eines (einstweiligen) Sachwalters ergeben können, weil sie eine Behinderung des Betroffenen im Sinn des § 273 Abs 1 ABGB indiziert (vgl 5 Ob 1045/91 = RPflSlgG 2330; 5 Ob 185/01v; 5 Ob 207/04h; zum Verfahrenssachwalter vgl auch Feil/Marent/Preisl, Grundbuchsrecht, § 94 GBG Rz 23). Da sich ein Eintragungshindernis aber nur aus „beachtlichen" Bedenken ergeben kann, spielt für die fragliche Bedeutung der Einschränkung der Diskretions- und/oder Dispositionsfähigkeit des Betroffenen, die durch die Überprüfung der Notwendigkeit einer Sachwalterbestellung indiziert wird, der zeitliche Zusammenhang zur maßgeblichen rechtsgeschäftlichen Erklärung eine wesentliche Rolle (vgl 5 Ob 207/04h; 5 Ob 108/97m = NZ 1998, 90/408 [Hoyer]).

4. Nach § 236 AußStrG aF war das Verfahren über die Bestellung eines Sachwalters für eine behinderte Person nach § 273 ABGB einzuleiten, wenn sie selbst die Bestellung eines Sachwalters beantragt hatte oder, etwa auf Grund einer Mitteilung über die Schutzbedürftigkeit einer behinderten Person, begründete Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer solchen Bestellung vorlagen. Die dem § 236 AußStrG aF entsprechende Regelung findet sich nunmehr in § 117 Abs 1 AußStrG nF. Nach Einleitung des Verfahrens hat sich das Gericht zunächst vom Betroffenen einen persönlichen Eindruck zu verschaffen (§ 237 AußStrG aF; § 118 Abs 1 Satz 1 AußStrG nF) und dann, wenn auf Grund der Ergebnisse dieser Erstanhörung das Verfahren fortzusetzen ist, für einen Rechtsbeistand der betroffenen Person im Verfahren zu sorgen (§ 238 Abs 1 Satz 1 AußStrG aF; § 119 Satz 1 AußStrG nF). Erfordert es das Wohl des Betroffenen, so hat ihm das Gericht zur Besorgung sonstiger dringender Angelegenheiten für die Dauer des Verfahrens einen einstweiligen Sachwalter - im Sinne des § 238 Abs 2 Satz 1 AußStrG aF bzw § 120 AußStrG nF - zu bestellen.

5. Richtig hat das Rekursgericht erkannt, dass der Verfahrenssachwalter (gemäß § 238 Abs 1 AußStrG aF bzw § 119 AußStrG nF) (nur) zur Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Personen im Verfahren über die Sachwalterbestellung, nicht aber außerhalb des Verfahrens berufen ist und dessen Bestellung die Handlungsfähigkeit des Betroffenen an sich nicht beschränkt (§ 238 Abs 1 AußStrG aF; § 119 AußStrG nF). Auf den Unterschied zwischen Verfahrenssachwalter und einstweiliger Sachwalter kommt es allerdings im Lichte des § 94 Abs 1 Z 2 GBG nicht entscheidend an:

Ob nach Einleitung eines Sachwalterbestellungsverfahrens ein einstweiliger Sachwalter im Sinne des § 238 Abs 2 Satz 1 AußStrG aF bzw § 120 AußStrG nF hängt allein davon ab, ob dies „zur Besorgung dringender Angelegenheiten" des Betroffenen erforderlich ist. Die Indizwirkung in Richtung einer Einschränkung der Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit des Betroffenen, die nach § 94 Abs 1 Z 2 GBG beachtlich sein kann, hängt aber nicht davon ab, für den Betroffenen gerade dringende Angelegenheiten zu erledigen sind oder nicht; die entscheidenden Bedenken an seiner Geschäftsfähigkeit werden vielmehr zunächst durch die Einleitung des Sachwalterbestellungsverfahrens ausgelöst, weil gerade dafür Voraussetzung ist, dass begründete Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Sachwalterbestellung vorliegen. Haben sich dann nach den Ergebnissen der Erstanhörung diese begründeten Anhaltspunkte nicht zerstreut und ist deshalb das Verfahren fortzusetzen, muss durch die Bestellung eines Verfahrenssachwalters für die Vertretung des Betroffenen im Verfahren Vorsorgung getroffen werden. Daraus wird deutlich, dass es nicht primär auf die Bestellung eines einstweiligen Sachwalters ankommt, sondern dass die Einleitung des Sachwalterbestellungsverfahrens, die Verfahrensfortsetzung nach der Erstanhörung und die folgende Bestellung des Verfahrenssachwalters diejenigen Umstände sind, von denen die Indizwirkung für Bedenken betreffend das Vorliegen (ausreichender) Diskretions- und/oder Dispositionsfähigkeit des Betroffenen ausgeht.

6. Im vorliegenden Fall war betreffend den Erstantragsteller ein zu 5 P 123/01i des Bezirksgerichts Bruck a. d. Mur anhängig gewesenes Verfahren über die Bestellung eines Sachwalters (erst) am 20. 1. 2003 eingestellt worden. Anfang 2004 erfolgte zu 1 P 64/04x des Bezirksgerichts Leoben die neuerliche Einleitung eines Verfahrens über die Bestellung eines Sachwalters für den Erstantragsteller. Es mussten demnach erneut begründete Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Sachwalterbestellung für den Erstantragsteller vorgelegen und die Notwendigkeit der Verfahrensfortsetzung bestanden haben, weil ab 21. 4. 2004 gemäß § 238 Abs 1 AußStrG aF ein Sachwalter für das Verfahren bestellt wurde. Der Abschluss des Dienstbarkeitsvertrags, der die Grundlage des Eintragungsgesuchs bildet, erfolgte am 12. Oktober 2004 also nach Einleitung des zweiten Sachwalterbestellungsverfahrens. Die kurze Aufeinanderfolge zweier Sachwalterbestellungsverfahren, die Notwendigkeit der Fortsetzung des zweiten Verfahrens samt dort erfolgter Bestellung eines Verfahrenssachwalters und der Abschluss des Dienstbarkeitsvertrags während des anhängigen zweiten Sachwalterbestellungsverfahrens erweisen die Bedenken der Vorinstanzen gegen das Vorliegen (ausreichender) Diskretions- und/oder Dispositionsfähigkeit des Erstantragstellers und damit die auf § 94 Abs 1 Z 2 GBG gestützte Antragsabweisung als nicht zu beanstandende Ermessensübung.

II. Zur Zweitantragstellerin

Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts bestehen auch hinsichtlich der Zweitantragstellerin Bedenken im Sinne § 94 Abs 1 Z 2 GBG betreffend ihre (alleinige) Einschreiterbefugnis:

1. Über das Vermögen der Zweitantragstellerin war am 31. 1. 2000 zu 17 S 58/00y des Landesgerichts Leoben der Konkurs eröffnet und nach der Aktenlage bis zum Zeitpunkt der Einbringung des Eintragungsgesuchs nicht aufgehoben worden. Gemäß § 1 Abs 1 Satz 1 KO wird durch Eröffnung des Konkurses das gesamte, der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Konkurses erlangt (Konkursmasse), dessen freier Verfügung entzogen. Der Abschluss des Dienstbarkeitsvertrags, der die Grundlage des Eintragungsgesuchs bildet, erfolgte am 12. Oktober 2004 also nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Zweitantragstellerin; unter diesem zeitlichen Aspekt fallen die von der Antragstellerin durch den Dienstbarkeitsvertrags vermittelten Ansprüche - weil nach Konkurseröffnung erworben - in die Konkursmasse. Dass der Zweitantragstellerin die aus dem Dienstbarkeitsvertrag resultierenden Nutzungsrechte im Sinne des § 5 Abs 4 KO überlassen worden wären, ist nicht aktenkundig.

2. Nach § 1 Abs 1 Satz 1 KO fällt nur das der Exekution unterworfene Vermögen des Gemeinschuldners in die Konkursmasse. Während das Fruchtgenussrecht als anderes Vermögensrecht gemäß den §§ 331 ff EO in Exekution gezogen werden kann (3 Ob 240/99m = EvBl 2000/45, 187 mwN), gilt die Dienstbarkeit der Wohnung (nur) im Rahmen der eigenen Bedürfnisse des Berechtigten, also im Sinne des bloßen Wohnungsgebrauchsrechts (§ 521 1. Fall ABGB; im Unterschied zum Fruchtgenuss § 521 2. Fall ABGB) zufolge des auch die Übertragung im exekutiven Weg ausschließenden § 507 ABGB in der Regel als unpfändbar (7 Ob 301/56 = JBl 1957, 267; 3 Ob 7/66 = MietSlg 18.739; Hofmann in Rummel³ § 507 ABGB Rz 1), sofern nicht vom Liegenschaftseigentümer selbst oder mit dessen Zustimmung Exekution geführt wird (Kiendl-Wendner in Schwimann² § 507 ABGB Rz 2).

3. Nach § 2 des Dienstbarkeitsvertrags erhält die Zweitantragstellerin das alleinige und persönliche, lebenslängliche und kostenlose Wohnrecht an sämtlichen Räumlichkeiten des Hauses einschließlich der Gartenmitbenützung. Wenngleich einerseits die Überlassung sämtlicher Räumlichkeiten des Hauses das Vorliegen eines bloßen Wohnungsgebrauchsrechts zweifelhaft erscheinen lassen könnte (vgl 3 Ob 7/66 = MietSlg 18.739), so sieht andererseits § 5 des Dienstbarkeitsvertrags vor, dass der Zweitantragstellerin eine Abtretung des Wohnungsrechts und die Überlassung der gesamten Wohnung oder einzelner Räume zu Wohnzwecken an Dritte ohne Zustimmung des Erstantragstellers nicht gestattet sei, was als inhaltlicher Verweis auf § 507 ABGB verstanden werden könnte. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang aber letztlich dass bereits mit 1. Oktober 1993 an Frau Stana E***** die Überlassung der beiden südseitlichen Zimmer im Erdgeschoß samt Mitbenützung von Küche, Bad und WC zu ebener Erde um pauschal 300 Schilling mit Zustimmung des Erstantragstellers erfolgt war und auch nach Abschluss des Dienstbarkeitsvertrags offenbar weithin zulässig sein sollte. Jedenfalls diese teilweise Weitergabe des Wohnungsrechts an Dritte ist einer Exekution durch Zwangsverwaltung zugänglich, sodass die Rechte der Zweitantragstellerin aus dem Dienstbarkeitsvertrag jedenfalls nicht zur Gänze als konkursfrei erkannt werden können. Damit bestehen dann aber auch Bedenken im Sinne § 94 Abs 1 Z 2 GBG an der alleinigen Antragsbefugnis der Zweitantragstellerin, sodass auch aus diesem Grund mit Antragsabweisung vorzugehen war.

Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin ist daher nicht Folge zu geben.

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