OGH 3Ob284/05v

OGH3Ob284/05v24.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Manuel J*****, geboren am 17. April 1996, wegen pflegschaftsbehördlicher Genehmigung einer Klage, infolge „außerordentlichen" Revisionsrekurses des Minderjährigen, vertreten durch MMag. Dr. Bernhard Garger, Rechtsanwalt in Wien als Verfahrenshelfer, dieser vertreten durch Dr. Gerhard Ebenbichler, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. April 2005, GZ 43 R 161/05b-244, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 23. Februar 2005, GZ 4 P 2466/95t-240, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies den Antrag des durch seinen Vater vertretenen Kindes vom 2. September 2004, eine Klage auf Zahlung von 300 EUR an Schmerzengeld pflegschaftsgerichtlich zu genehmigen, ab. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nach § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.

Den gegen die zweitinstanzliche Entscheidung gerichteten und mit dem Fehlen höchstgerichtlicher Rsp begründeten "außerordentlichen" Revisionsrekurs der Betroffenen legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

Diese Vorgangsweise widerspricht, wie der Oberste Gerichtshof bereits vielfach (etwa 3 Ob 75/02d zum AußStrG 1854) ausgesprochen hat, der seit Inkrafttreten der WGN 1997 geltenden Rechtslage. Daran änderte auch das Inkrafttreten des neuen AußStrG (BGBl I 2003/111) mit 1. Jänner 2005 nichts. Dessen Bestimmungen über den Rekurs und Revisionsrekurs finden zufolge des Entscheidungsdatums erster Instanz (im Jahr 2005) hier Anwendung (§ 203 Abs 7 leg. cit.). Wie nach § 14 Abs 3 AußStrG 1854 idF der WGN 1997 BGBl I 1997/140 und BGBl I 2001/98 ist auch nach § 62 Abs 3 AußStrG der Revisionsrekurs - außer im Falle des § 63 Abs 3 leg. cit. (der nachträglichen Zulassungserklärung) - jedenfalls unzulässig, wenn wie hier der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 20.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Angesichts der insofern völlig gleichgebliebenen Rechtslage kann auf die bisherige Rsp verwiesen werden, wonach die Genehmigung von Klagen über Vermögensrechte ein Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur ist (1 Ob 113/98v = ecolex 1998, 764 = EFSlg 88.559 u.v.a.; RIS-Justiz RS0109789). Das gilt zweifellos auch für den hier zu beurteilende Klage auf Zahlung eines Schadenersatzbetrags (1 Ob 15/00p = EFSlg 95.032), wobei es nicht unmittelbar um ein Personen- oder Familienrecht geht (6 Ob 521/91; RIS-Justiz RS0007110). Da es bei der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung des Einbringens einer solchen Klage um einen geldgleichen Anspruch geht, unterließ die zweite Instanz zu Recht die Bewertung seines Entscheidungsgegenstands (stRsp; Zechner in Fasching/Konecny² § 502 ZPO Rz 165 mwN; ebenso 4 Ob 219/01m; im Ergebnis auch 1 Ob 15/00p; 3 Ob 75/02d). Der Entscheidungsgegenstand der zweiten Instanz beträgt demnach 300 EUR.

Unter diesen Voraussetzungen kann aber eine Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen binnen 14 Tagen nach Zustellung der zweitinstanzlichen Entscheidung beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch darin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde („Zulassungsvorstellung"). Ein solcher Antrag, mit dem zugleich der ordentliche Revisionsrekurs auszuführen ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird.

Im vorliegenden Fall hat der Minderjährige das vorliegende Rechtsmittel eingebracht und darin unter der Bezeichnung „Zulassungsantrag" die Rechtsfragen bezeichnet, die für die Zulässigkeit des Rechtsmittels sprechen sollten. Dem Revisionsrekurs fehlt allerdings die ausdrückliche Erklärung, dass der Antrag auf Abänderung des Zulassungsausspruchs durch das Rekursgericht gestellt werde.

Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage war das Rechtsmittel jedenfalls noch nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen. Eine Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofs ist im derzeitigen Verfahrensstadium nicht gegeben. Vielmehr wird das Erstgericht das Rechtsmittel gemäß § 69 Abs 3 AußStrG dem Rekursgericht vorzulegen haben. Ob der Antrag iSd § 63 Abs 1 AußStrG fehlt oder ob das Rechtsmittel einer Verbesserung (durch Nachholung eines derartigen Antrags) bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (vgl dazu 3 Ob 75/02d uva).

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