Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 749,70 EUR (darin 124,95 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Beklagte erwarb am 20. Februar 2002 bei der Versteigerung im Zuge
einer Fahrnisexekution einen - am 17. Jänner 2002 gepfändeten - näher
bezeichneten Kombi. Vor Durchführung der Versteigerung gab der
Geschäftsführer der verpflichteten Partei, einer GmbH, vor den
anwesenden Personen, nämlich neben dem Beklagten dem
Gerichtsvollzieher, dem Sachverständigen und dem gewerberechtlichen
Geschäftsführer der verpflichteten Partei, mündlich bekannt, dass die
verpflichtete Partei nicht Eigentümerin des zu versteigernden
Fahrzeugs sei. Zu diesem Zweck hatte er eine von ihm unterfertigte
Urkunde, deren wesentlicher Inhalt eine Beschreibung dieses Fahrzeugs
umfasste und weiters lautete: „.... Es handelt sich hier um ein
Leasingfahrzeug und wir sind nicht Eigentümer. Dies wurde durch
unsere Anwältin .... dem Gerichtsvollzieher telefonisch mitgeteilt.
Der Eigentümer dieses Fahrzeuges ist [die klagende Partei] und die [klagende Partei] wird mit diesem Verkauf nicht einverstanden sein. Für den „möglichen gutgläubigen Käufer" mit diesem Wissen sicher nicht ohne Folgen ...". Der Beklagte steckte eine Ausfertigung dieser Erklärung, die ihm übergeben wurde, ungelesen ein, und erklärte, dass ihn dies nicht interessiere. Der Gerichtsvollzieher setzte ohne Durchsicht des Schriftstücks die Versteigerung fort, nachdem er dem Beklagten auf dessen Nachfragen erklärt hatte, die behauptete Eigentümerin des Fahrzeugs habe trotz seiner Aufforderung seit einem Monat keine Schritte unternommen, ihr Eigentum urkundlich nachzuweisen. Es seien weder ein Exekutionseinstellungsantrag noch eine Exszindierungsklage bei Gericht eingelangt, weshalb er die Versteigerung trotz dieser Erklärung durchführen werde. Der Beklagte ersteigerte das Fahrzeug um 10.000 EUR, zahlte in der Folge diesen Betrag ein, worauf ihm das Fahrzeug übergeben wurde. Der Versteigerungserlös wurde an den Gläubiger der verpflichteten Partei verteilt. Keine der anwesenden Personen bekam eine Ausfertigung des Leasingvertrags oder ein darauf bezugnehmendes Schreiben der Leasinggeberin ausgehändigt.
Tatsächlich hatte die verpflichtete Partei mit einem Autohändler einen Kaufvertrag über das Fahrzeug geschlossen und danach mit der klagenden Partei einen Leasingvertrag auf 36 Monate geschlossen, der im Zeitpunkt der Versteigerung noch aufrecht war. Das Fahrzeug wurde an die verpflichtete Partei geliefert und von dieser übernommen. Die klagende Partei war bis zum Versteigerungstermin von niemandem von der Pfändung und Versteigerung dieses Fahrzeugs informiert worden.
Die klagende Partei begehrte vorerst die Herausgabe des Fahrzeugs, dessen Eigentümerin sie als Leasinggeberin sei, und nach Weiterverkauf am 27. März 2002 um 13.000 EUR die Zahlung dieses Betrags samt 4 % Zinsen seit 27. März 2002. Der Beklagte habe mangels Redlichkeit im Zuge der Versteigerung nicht gutgläubig Eigentum erworben.
Der Beklagte wendete ein, er habe alle wesentlichen Umstände erst nach Zuschlagserteilung erfahren. Aus dem Titel des Schadenersatzes wendete er eine Gegenforderung von 11.707,86 EUR, uzw 10.000 EUR Meistbot, 1.448,06 EUR Reparaturaufwendungen und 259,80 EUR Typisierungskosten, aufrechnungsweise ein.
Das Erstgericht erkannte im zweiten Rechtsgang, dass die Klagsforderung mit 13.000 EUR zu Recht bestehe, nicht hingegen die Gegenforderung des Beklagten von 11.707,86 EUR, und verpflichtete den Beklagten zur Zahlung von 13.000 EUR sA; es stellte den im Wesentlichen eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und führte in rechtlicher Hinsicht aus, ein gutgläubiger Erwerb finde überall dort nicht statt, wo irgendein Merkmal den Erwerb als objektiv verdächtig erscheinen lasse. Unredlich sei der Erwerber, wenn er wusste oder wissen musste, dass der Veräußerer nicht Berechtiger sei, wobei bereits leichte Fahrlässigkeit schade. Dies gelte auch im Falle des Erwerbs in einer öffentlichen Versteigerung. Der Erwerber müsse, sobald er vom Verpflichteten erfahre, dass die Sache im Eigentum eines Dritten stehe, von der Erstehung der Sache Abstand nehmen, wenn ihm nicht die Unwahrheit dieser Behauptung bekannt sei. Dem Beklagten sei zwar zugutezuhalten, dass er als Reaktion auf die Erklärung des Geschäftsführers der verpflichteten Partei vor der Versteigerung mit dem Gerichtsvollzieher Rücksprache über die weitere Vorgangsweise gehalten habe. Dessen Antwort, er habe die Klägerin bereits vor einem Monat aufgefordert, ihr behauptetes Eigentum urkundlich nachzuweisen, worauf diese aber nicht reagiert habe, sei jedoch nicht geeignet gewesen, die Zweifel an der Eigentümerstellung der verpflichteten Partei auszuräumen. Anstatt mit den anwesenden Geschäftsführern der verpflichteten Partei das Gespräch zu suchen oder deren Schreiben durchzulesen bzw. die Vorlage von Urkunden zu verlangen, habe er sich nicht weiter für deren Behauptung interessiert. Die Kenntnis einer nicht völlig geklärten Rechtslage reiche jedoch für den Fahrlässigkeitsvorwurf aus. Folglich habe der Herausgabeanspruch der klagenden Partei zu Recht bestanden, der durch den Verkauf der Sache in einen bereicherungsrechtlichen Wertersatzanspruch übergeleitet worden sei. Somit sei dem Begehren auf Zahlung des Erlöses aus dem Verkauf des Fahrzeugs stattzugeben, der bei diesem Fahrzeug, dessen Schätzwert 20.000 EUR betragen habe, weit unter dem am Markt erzielbaren Preis gelegen sei. Der Beklagte habe die aufrechnungsweise eingewendeten Forderungen ausschließlich auf Schadenersatz gestützt; der klagenden Partei sei jedoch kein Verschulden zuzurechnen.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und ließ die ordentliche Revision zu, weil zur Frage, ob bei behauptetem Fremdeigentum des Verpflichteten die Äußerung des Vollstreckers dem Bieter gegenüber, ein Dritter habe trotz Aufforderung sein behauptetes Eigentum nicht nachgewiesen, geeignet sei, Zweifel des Bieters am Eigentum des Verpflichteten zu beseitigen und damit redlich im Zuge der Versteigerung zu erwerben, höchstgerichtliche Judikatur fehle.
In rechtlicher Hinsicht wies das Berufungsgericht darauf hin, dass es bereits in seinem Aufhebungsbeschluss im ersten Rechtsgang abschließend entschieden habe, dass der Beklagte nicht als redlicher Erwerber anzusehen sei, weshalb dem wahren Eigentümer die Eigentumsklage gegen den Erwerber zustehe. Der Beklagte habe in seiner Berufung ausschließlich diese bereits abschließend geklärte Frage der Gutgläubigkeit releviert.
Die Revision des Beklagten ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist, nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 367 ABGB findet gegen den redlichen Besitzer einer beweglichen Sache die Eigentumsklage u. a. dann nicht statt, wenn er die Sache in einer öffentlichen Versteigerung „an sich gebracht" hat. Die für den Eigentumserwerb nach dieser Gesetzesstelle demnach erforderliche Gutgläubigkeit wird schon durch leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen (5 Ob 630/79 = JBl 1980, 589; 3 Ob 535/93 = SZ 66/120; Spielbüchler in Rummel3 § 367 ABGB Rz 7; Klicka in Schwimann3, § 367 ABGB Rz 10, § 368 ABGB Rz 2, 6 f; Eccher in Koziol/P.
Bydlinski/Bollenberger, § 367 ABGB Rz 3 f). Zu der Frage, auf Grund
welcher Umstände der Ersteher begründeten Verdacht haben muss, dass
der Verpflichtete bereits Eigentümer des Exekutionsobjekts sei, liegt
bereits Rsp des Obersten Gerichtshof vor (RIS-Justiz RS0010869). Nach
der E 5 Ob 630/79 = JBl 1980, 589 ist der gute Glaube des Erwerbers
ausgeschlossen, wenn der Verpflichtete in der Versteigerung
behauptet, dass die Sache nicht ihm gehört; dieser Verdacht ist nicht schon deshalb zerstreut, weil der Verpflichtete nicht sogleich den Nachweis fremden Eigentums erbringen kann. Wer weiß oder wissen musste, dass eine zur Versteigerung gelangende Sache nicht dem gehört, als dessen Eigentum sie ausgegeben wird und versteigert werden soll, der kann nicht als redlicher Erwerber iSd § 367 ABGB angesehen und geschützt werden. Erfährt er von demjenigen, als dessen angebliches Eigentum die Sache von dem öffentlich autorisierten Veranstalter zur Versteigerung gebracht wird, dass die Sache im Eigentum eines Dritten steht, dann muss er von der Erstehung der Sache abstehen, wenn ihm nicht die Unwahrheit dieser Behauptung bekannt ist oder die ihm zumutbare Rückfrage bei dem angeblichen wahren Eigentümer den behaupteten Verdacht entkräften konnte. Im vorliegenden Fall wurde dem Beklagten als Bietinteressenten ebenfalls vom Geschäftsführer des Verpflichteten bei der Versteigerung mitgeteilt, dass ein bestimmter Dritter, nämlich die nun klagende Partei, als Leasinggeberin Eigentümerin des zu versteigernden Fahrzeugs sei. Der Beklagte nahm die Mitteilung entgegen, ohne hiezu weitere Aufklärungen zu verlangen, nahm jedoch vom Bieten nicht Abstand.
Auf die Erklärung des Gerichtsvollziehers, er werde die Versteigerung dennoch durchführen, kann sich der Beklagte zur Begründung seines guten Glaubens nicht berufen. Die Erklärung des Gerichtsvollziehers bezog sich nämlich keineswegs darauf, dass etwa das Eigentumsrecht des Verpflichteten unzweifelhaft sei und der Beklagte daher Eigentum erwerben werde, sondern ausschließlich darauf, dass er die Versteigerung durchführen werde. Schon in der E 7 Ob 634/92 hat der Oberste Gerichtshof erkannt, dass - dort durch entsprechende Behauptungen des Vertreters des Verpflichteten und Vorlage des Leasingvertrags begründete - Verdachtsmomente, dass das zu versteigende Fahrzeug nicht im Eigentum des Verpflichteten steht, nicht durch Erklärungen des Gerichtsvollziehers ausgeräumt werden, die (dort) die Möglichkeit der Anmeldung des Fahrzeugs ohne Typenschein und die Verpflichtung des Gerichtsvollziehers zur Fortsetzung des Versteigerungsverfahrens betrafen.
Die E 3 Ob 535/93 = SZ 66/120 betrifft einen anders gelagerten Fall, der mit dem hier vorliegenden nicht gleichgesetzt werden kann. Dort hat der Oberste Gerichtshof erkannt, die Redlichkeit des Erstehers eines (geleasten) Fahrzeugs werde allein durch das Fehlen des Typenscheins bei der Versteigerung noch nicht ausgeschlossen. Der Oberste Gerichtshof hat in dieser E aber auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das - dort zu beurteilende - Fehlen des Typenscheins allein nicht mit dem - hier vorliegenden Fall gleichgesetzt werden kann, dass der Verpflichtete ausdrücklich bekannt gibt, die gepfändete Sache stehe im Eigentum eines Dritten. Ob die Bedenken des Erstehers dadurch ausgeräumt würden, wenn der Gerichtsvollzieher die Frage des Eigentumserwerbs des Erstehers unrichtig beantwortet, kann - wie schon in der E 7 Ob 634/92 - dahingestellt bleiben, weil ein derartiger Sachverhalt nicht vorliegt.
Schon aus diesen Überlegungen ist die Revision des Beklagten zurückzuweisen, weil das Berufungsgericht bei der Verneinung des guten Glaubens des Beklagten als Voraussetzung des Eigentumserwerbs nach § 367 ABGB der bereits vorliegenden Rsp des Obersten Gerichtshofs von der abzugehen kein Anlass besteht, gefolgt ist. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41, 50 ZPO. Die klagende Partei hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hingewiesen.
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