Spruch:
Die Genehmigung der Übertragung des bisher beim Bezirksgericht Salzburg zu 2 P 159/04p anhängigen Pflegschaftsverfahrens an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien wird abgelehnt.
Text
Begründung
Am 14. 6. 2004 stellte die damals noch mj Esther P*****, damals vertreten durch das Land Salzburg als Jugendwohlfahrtsträger, den Antrag, ihre Mutter Mag. Theresa P***** ab 1. 8. 2003 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von EUR 348,-- zu verpflichten. Esther P***** war im August 2003 aus der Wohnung ihrer Mutter ausgezogen. Am 11. 11. 2004 entschied das Erstgericht über das Unterhaltsbegehren. Einem dagegen von der Mutter erhobenen Rekurs wurde Folge gegeben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen (LG Salzburg vom 14. 6. 2005, GZ 21 R 181/05x-43). Das Rekursgericht trug dem Erstgericht umfassende Verfahrensergänzungen auf, sowohl zur Frage, ob der mittlerweile volljährig gewordenen Esther P***** von ihrem Lebensgefährten Naturalunterhalt geleistet wird, als auch darüber, ob ein von der Mutter bezogenes Pflegegeld auch zur Befriedigung eigener Unterhaltsbedürfnisse verwendet werde und insofern ihrem sonstigen Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit hinzuzurechnen sei.
Esther P***** ist seit 15. 1. 2005 volljährig. Sie hat ihren Wohnsitz zu ihrem Lebensgefährten Christoph P***** in die ***** in ***** Wien verlegt.
Das Bezirksgericht Salzburg übertrug mit rechtskräftigem Beschluss vom 12. 7. 2005, GZ 2 P 159/04p-45 die Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache gemäß § 111 Abs 1 und 2 JN an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien. Dieses lehnte am 5. 9. 2005 die Übernahme ab. Als Grund dafür wurde angegeben, dass eine Übertragung nach § 111 JN bei volljährig gewordenen Unterhaltsberechtigten nicht vorgesehen sei. Auch lägen die sonstigen Voraussetzungen des § 111 JN nicht vor. Das Rekursgericht habe die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und dem Bezirksgericht Salzburg als Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen. Dieses sei dazu auch berufen, weil es mit dem Verfahrensgegenstand bestens vertraut sei.
Das Bezirksgericht Salzburg legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung nach § 111 Abs 2 JN vor.
Rechtliche Beurteilung
Zufolge des am 1. 1. 2005 in Kraft getretenen Außerstreitgesetzes gilt für sämtliche Unterhaltsstreitigkeiten zwischen in gerader Linie verwandten Personen, dass sie von den Bezirksgerichten im Verfahren Außerstreitsachen zu erledigen sind (§ 1 Abs 2, §§ 101 AußStrG, § 49 Abs 2 Z 2, § 114 JN), wobei für Ansprüche Minderjähriger das zur Führung der Pflegschaft berufene Gericht (§ 114 Abs 1 JN) zuständig ist, für Ansprüche Volljähriger der allgemeine Gerichtsstand des Unterhaltsberechtigten (§ 114 Abs 2 JN).
Weil der verfahrenseinleitende Antrag jedoch vor dem 1. 1. 2005 bei Gericht eingebracht wurde, gilt hier noch die alte Rechtslage. Nach dieser hat die Entscheidung über einen Unterhaltsantrag selbst dann weiterhin im außerstreitigen Verfahren zu ergehen, wenn das Kind inzwischen (nach Einleitung des Verfahrens) volljährig geworden ist (RZ 1990/117 = ÖA 1991/136; SZ 63/81; SZ 57/84; Ballon in Fasching2 Rz 20 zu § 29 JN).
Für eine Anwendung des § 111 Abs 1 JN ist aber Voraussetzung, dass die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht im Interesse des Minderjährigen oder Pflegebefohlenen gelegen erscheint, insbesondere, dass dadurch die wirksame Handhabung des diesen Personen zugedachten Schutzes voraussichtlich gefördert wird. Nur unter dieser Voraussetzung kann der Grundsatz, dass jedes Gericht in Rechtssachen, die rechtmäßigerweise bei ihm anhängig gemacht wurden, bis zu deren Beendigung zuständig bleibt, auch wenn sich die Umstände, die bei Einleitung des Verfahrens für die Bestimmung der Zuständigkeit maßgebend waren, während des Verfahrens geändert haben (§ 29 JN), durchbrochen werden. Als Ausnahmebestimmung ist § 111 JN grundsätzlich einschränkend auszulegen (vgl Mayr in Rechberger2 Rz 1 zu § 111 JN; 3 Nc 19/05g). Von daher ist eine sinngemäße Anwendung der Bestimmung des § 111 Abs 1 JN auf Erwachsene, die nicht zugleich Pflegebefohlene sind, abzulehnen.
Darauf, ob andere Übertragungshindernisse vorliegen, muss nicht mehr eingegangen werden.
Die Ablehnung der Genehmigung der Übertragung gründet sich auf § 111 Abs 2 JN.
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