OGH 5Ob158/05d

OGH5Ob158/05d30.8.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Wolfgang W*****, 2. Hadwig W*****, ebendort, 3. Heinrich H*****, ebendort, 4. Mag. Karl A*****, ebendort, 5. DI Friedrich S*****, ebendort, 6. Erika J*****, ebendort, 7. Gerhard L*****, ebendort, 8. Philipp H*****, ebendort, 9. John B*****, ebendort, 10. Anni B*****, ebendort, 11. B***** N***** Gilbert, ebendort, 12. A***** Abbad, ebendort, und 13. Marylin C*****, ebendort, alle vertreten durch Dr. Herbert Schöpf, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. W***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Christian Margreiter, Rechtsanwalt in Hall in Tirol, und 2. Gabriela B*****, vertreten durch Dr. Stephan Rainer, Rechtsanwalt in Innsbruck, und dem auf der Seite der beklagten Parteien diesem Verfahren beigetretenen Nebenintervenienten Dr. Stefan W*****, wegen Feststellung (Streitwert EUR 60.000 sA), infolge der außerordentlichen Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. April 2005, GZ 4 R 72/05b-30, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 22. Dezember 2004, GZ 59 Cg 25/04h-24, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Mit der vorliegenden Klage begehrten die Kläger festzustellen, dass die auf Grundlage eines (unrichtigen) Nutzwertgutachtens grundbücherlich durchgeführte Wohnungseigentumsbegründung nichtig sei, in eventu dass die Wohnungseigentumsbegründung insoweit rechtsunwirksam sei, als sie die Top Nr. 15 (4,5 m² großer Lagerraum) und die damit im Wohnungseigentumszubehör stehenden Pkw-Abstellplätze AF 1 bis 7 betreffe. Die Wohnungseigentumsbegründung sei widmungswidrig erfolgt, weil sowohl Top 15 (Kinderwagen- und Fahrradabstellraum) als auch die Abstellplätze im Freien nach der getroffenen Vereinbarung der allgemeinen Benützung dienen sollten. Es liege sowohl ein Verstoß gegen die noch anzuwendende Bestimmung des § 1 Abs 4 WEG 1975 als auch gegen § 24 Abs 1 WEG 1975 vor, weil die Erstbeklagte als Wohnungseigentumsorganisatorin tätig gewesen sei.

Das rechtliche Interesse der Kläger an der begehrten Feststellung ergebe sich daraus, dass die Nichtigkeit der Wohnungseigentumsbegründung von den Beklagten bestritten werde, aber als Vorfrage für eine Neufestsetzung der Nutzwerte im Außerstreitverfahren rechtsverbindlich abzuklären sei.

Die nunmehr vorliegende außerordentliche Revision richtet sich ausschließlich gegen die Verneinung der Zulässigkeit der Feststellungsklage durch das Berufungsgericht, worin eine erhebliche Rechtsfrage begründet sein soll. Soweit das Berufungsgericht „materielle" Fragen der (Un)Zulässigkeit der Wohnungseigentumsbegründung am Kinderwagen- und Fahrradraum und der rechtlichen Verbindung der Autoabstellplätze als Zubehör zu dieser Räumlichkeit geklärt habe, entspreche dies weithin einhelliger Judikatur des Obersten Gerichtshofes und vollinhaltlich dem Prozessstandpunkt der klagenden Parteien.

Der berufungsgerichtlichen Entscheidung wird vorgeworfen, die vorliegende Klage nur als Feststellungsklage, nicht jedoch als Rechtsgestaltungsklage beurteilt zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Dabei übersehen die Rechtsmittelwerber zunächst, dass eine richterliche Rechtsgestaltung durch Urteil nur dort erfolgen kann, wo das Gesetz sie entweder ausdrücklich zulässt oder sie anhand bestimmter Ausnahmekriterien in vorsichtiger und einschränkender Analogie zugelassen werden kann (RIS-Justiz RS0097752; Fasching in Fasching Zivilprozessgesetze² Rz 26 zu § 226 ZPO). Aus dem Vorbringen der klagenden Parteien ergibt sich auch kein Rechtsgestaltungsanspruch; ihrer Behauptung einer vertrags- und gesetzwidrigen Verbücherung ihres Wohnungseigentums lässt sich allenfalls der Anspruch auf Durchsetzung eines vertraglichen Rechts entnehmen.

Soweit die Revisionswerber entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes ein Feststellungsbegehren für zulässig erachten, weil § 9 Abs 2 Z 1 WEG 2002 kein vorab zu erwirkendes Löschungsurteil voraussetze und anders als durch ein Feststellungsurteil gar nicht mit Rechtskraftwirkung über die Nichtigkeit der Verbücherung entschieden werden könne, ist ihnen Folgendes entgegenzuhalten:

Was den vermeintlichen Verstoß gegen § 24 Abs 1 WEG 1975 (bzw § 38 Abs 1 WEG 2002) betrifft, entspricht es übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung, dass zur Beseitigung einer demnach nichtigen Wohnungseigentumsbegründung nach deren grundbücherlicher Durchführung nur mehr die Löschungsklage in Betracht kommt (MietSlg 38.667/56 mwN; Würth in Rummel² Rz 3 zu § 24 WEG 1975; Ofner in Schwimann² Rz 10 zu § 24 WEG 1975; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 Rz 3 zu § 38 WEG 2002; A. Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht Rz 28 zu § 38 WEG 2002).

Die Frage, ob eine Feststellungsklage zulässig ist, obwohl eine Leistungsklage möglich wäre, wird von der Rechtsprechung danach entschieden, ob das mögliche Leistungsbegehren alles bieten kann, was mit dem Feststellungsbegehren angestrebt wird. Die Feststellungsklage ist dann unzulässig, wenn durch den möglichen Leistungsausspruch der Feststellungsausspruch voll ausgeschöpft wird (vgl Fasching aaO Rz 108 zu § 228 ZPO mit Rechtsprechungshinweisen).

Mit einer Löschungsklage nach § 61 GBG wird eine das materielle Recht des Klägers verletzende Eintragung bekämpf; das Begehren richtet sich auf Unwirksamerklärung und Löschung der angefochtenen Eintragung. Sie ist daher in einem Fall wie dem vorliegenden der richtige und umfassende Rechtsbehelf; mit der bloßen Feststellung der Nichtigkeit oder Unrichtigkeit des bekämpften Bucheintrags ist es nicht getan.

Soweit sich die Revisionswerber darauf stützten, dass die Verbücherung des Wohnungseigentums entgegen der wohnungseigentumsvertraglichen Widmung erfolgte, rechtfertigt das allenfalls eine selbständige Feststellung der Rechtsbeziehungen der Vertragsparteien im ordentlichen Rechtsweg (WoBl 1990, 80/44 [Call]). Soweit die außerordentliche Revision darauf verweist, ist ihr allerdings entgegenzuhalten, dass hier nur die Zulässigkeit der konkreten Feststellungsklage, gerichtet auf Nichtigkeit der grundbücherlichen Eintragungen zu prüfen war, nicht aber eine Klage auf Feststellung der tatsächlichen Rechtsbeziehungen der Vertragsparteien, nämlich die im Wohnungseigentumsvertrag festgelegte Widmung der einzelnen Objekte und die eingeräumten Nutzungsrechte.

Soweit das Klagebegehren darauf gerichtet ist, die Wohnungseigentumsbegründung sei hinsichtlich bestimmter Einverleibungen (Top 15 samt den im Zubehör stehenden Pkw-Abstellplätzen) rechtsunwirksam, verkennen die Revisionswerber ebenfalls die Rechtslage. Durch eine auf den Wohnungseigentumsvertrag gestützte Klage auf Zustimmung zur Einverleibung des Wohnungseigentums gemäß der tatsächlichen Widmung könnten die Kläger ihren Anspruch unmittelbar durchsetzen. Eine selbständige Feststellung der Rechtsunwirksamkeit (Nichtigkeit) der bücherlichen Eintragung kommt aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen nicht in Betracht. Daneben steht den Klägern zur Vorbemerkung einer vertraglichen Regelung noch der Weg der Antragstellung nach § 9 Abs 2 Z 1 WEG 2002 offen, in welchem Verfahren sowohl die Vertragswidrigkeit der Nutzwertberechnung als auch der Verstoß gegen zwingende Grundsätze geltend gemacht werden kann.

Insgesamt vermag daher die außerordentliche Revision der klagenden Parteien zur Frage der Zulässigkeit der erhobenen Feststellungsbegehren keine Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Das hatte zur Zurückweisung ihres Rechtsmittels zu führen.

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