OGH 12Os60/05y

OGH12Os60/05y4.8.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. August 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Zehetner, Dr. Philipp und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wagner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Erwin S***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 24. November 2004, GZ 14 Hv 156/04a-48, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftigen (Teil-)Freispruch enthaltenden Urteil wurde der Angeklagte des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (2) sowie (richtig:) mehrerer Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 (zu ergänzen:) Z 1 und Z 2 StGB (1 und 3) schuldig erkannt.

Danach hat er

1. im August 1993 seinen am 19. Juni 1979 geborenen Sohn Markus S***** dazu veranlasst,

a) sein Glied bis zum Samenerguss zu reiben, während er an dessen Glied manipulierte, sowie

b) sein Glied in den Mund zu nehmen und ihn oral zu befriedigen,

2. im Jahr 1999 mit der am 7. März 1989 geborenen Denise W***** dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternommen, indem er die Scheide der Genannten wiederholt digital penetrierte und in der Folge leckte, sowie

3. durch die zu Punkt 2 beschriebenen Handlungen unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber einer seiner Aufsicht unterstehenden minderjährigen Person diese „zur Unzucht missbraucht".

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wies das Erstgericht den Antrag auf Einvernahme zahlreicher - zuvor namentlich bekanntgegebener (ON 46) - Zeugen sowie auf ergänzende Einvernahme des Tatopfers und dessen Gegenüberstellung mit dem Angeklagten „zum Beweis der Richtigkeit der Angaben des Angeklagten" (S 387) ohne Verletzung von Verteidigungsrechten ab (S 387 f), weil dem Beweisantrag nicht zu entnehmen war, aus welchem Grund die beantragte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse, und er solcherart auf eine unzulässig Erkundungsbeweisführung abzielte.

Hinsichtlich Denise W***** kommt hinzu, dass diese im Vorverfahren kontradiktorisch vernommen worden ist (ON 18) und anlässlich dieser Vernehmung - rechtsgültig (vgl 12 Os 38/04) - die Aussage in der Hauptverhandlung verweigert hat und der Antrag weder erkennen ließ, aus welchem Grund die Genannte von ihrer bisherigen Aussage abweichen sollte, noch glaubhaft machte, dass sie nunmehr auf ihr Entschlagungsrecht verzichten werde (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 331). Das den Beweisantrag ergänzende Beschwerdevorbringen hat auf sich zu beruhen, weil bei der Prüfung der Berechtigung eines Antrags stets von der Verfahrenslage im Zeitpunkt der Antragstellung auszugehen ist (SSt 41/71; zuletzt 12 Os 43/05).

Mit der Mängelrüge (Z 5), die sich darin erschöpft, Plausibilitätserwägungen zum Verhalten der Tatopfer anzustellen, werden aus Z 5 beachtliche Verfahrensmängel inhaltlich nicht einmal behauptet.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO).

Rechtlich verfehlt ist die Subsumtion der Tathandlungen (auch) unter den Tatbestand des § 212 Abs 1 StGB idF vor BGBl I 2004/15, weil die neue Fassung des § 212 StGB nach Art VII iVm Art VI StRÄG 2004 BGBl I 2004/15 grundsätzlich nur in Strafsachen nicht anzuwenden ist, in denen vor dem 1. Mai 2004 das Urteil erster Instanz gefällt worden ist, was hier nicht zutrifft. Da dem Beschwerdeführer aber aus diesem Rechtsfehler kein Nachteil erwachsen ist, bietet er keinen Anlass für ein Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO.

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte