Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerald T***** zweier Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I) sowie zweier Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 (zu ergänzen:) Z 2 StGB (II) schuldig erkannt, weil er
I) mit der am 22. Juni 1995 geborenen Jessica S***** dem Beischlaf
gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternahm, nämlich
1) im Frühsommer 2002 oder später, indem er einen Finger in deren Scheide einführte und mehrere Minuten lang bewegte, sowie
2) am 20. Juli 2004, indem er sie veranlasste, sein entblößtes Glied zu streicheln, ihre nackte Scheide - mit seiner Zunge leicht eindringend - leckte und bis zum Samenerguss onanierte, sowie
II) durch die zu Punkt I beschriebenen Tathandlungen eine seiner Aufsicht unterstehende minderjährige Person „zur Unzucht missbrauchte".
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 4, 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wies das Erstgericht den zum Nachweis dafür, dass Jessica S***** gegenüber Nachgenannten angegeben hatte, vom Beschwerdeführer nicht sexuell belästigt worden zu sein, gestellten Beweisantrag auf zeugenschaftliche Einvernahme der Betreuerinnen Mag. Christina U***** und Barbara Sp***** (S 352) ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten ab (S 354), weil es den unter Beweis zu stellenden Umstand seiner Entscheidung ohnedies (als unstrittig) zugrundelegte (US 12). Soweit der Antrag darauf abzielte zu erweisen, dass die inkriminierten Handlungen (tatsächlich) nicht stattgefunden hatten, war er auf eine unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet, indem er nicht erkennen ließ, aus welchem Grund die begehrte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330).
Auch dem - materiell auf Überprüfung des Gutachtens der Sachverständigen Dr. Isabella Sa***** (S 348 - 354 iVm ON 24) gerichteten - Antrag auf Einholung einer weiteren Expertise aus dem Fachgebiet der Kinder- und Jugendpsychologie folgten die Tatrichter zu Recht nicht, weil gegebenenfalls zu einem Verbesserungsverfahren nach §§ 125 f StPO führende Mängel des vorhandenen Gutachtens nicht einmal behauptet wurden (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 351). Die Anträge auf zeugenschaftliche Einvernahme dreier Personen zum Beweis dafür, dass „Jessica S***** während ihres stationären Aufenthaltes im LKH Klagenfurt einen unter Medikamenteneinfluss stehenden Eindruck machte" (Caroline F***** - S 308), „die Familie Ts***** häufig nackt in der Wohnung herumgeht und Bilder mit nackten Männern und Frauen in der Wohnung herumhängen" (Trude A***** - S 309) und „offensichtlich am 20. Juli 2004 am Abend in der Wohnung der Familie Ts***** Jessica S***** ein mit einer Ecstasy-Tablette versetztes Getränk konsumiert hat" (Rainer Ts***** - S 309), beziehen sich nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Tatsachen und verfielen demgemäß ebenfalls zu Recht der Abweisung (S 354). Das ergänzende Beschwerdevorbringen zu den einzelnen Beweisanträgen hat auf sich zu beruhen, weil allein der Antrag den Gegenstand der Entscheidung der Tatrichter bildet und demnach auch der Oberste Gerichtshof dessen Berechtigung stets auf den Antragszeitpunkt bezogen überprüft (SSt 41/71; zuletzt 12 Os 23/05). Der Einwand der Mängelrüge (Z 5), der Urteilstenor lasse im Schuldspruch I 1 die Tatzeit nicht hinreichend deutlich erkennen (inhaltlich Z 3), legt nicht dar, aus welchem Grund dies der Individualisierung der Tat entgegenstehen solle, und entzieht sich solcherart einer meritorischen Erledigung (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 290).
Indem die Beschwerde - im Übrigen ohne Aktenbezug - die Erörterung der Depositionen des Beschwerdeführers sowie der Zeuginnen Sandra und Gertraud S***** zum Beginn der häuslichen Gemeinschaft zwischen Jessica S*****, deren Mutter Sandra sowie deren Lebensgefährten (dem Beschwerdeführer) vermisst, verkennt sie, dass der Tatbestand des § 212 Abs 1 Z 2 StGB keineswegs ein dauerndes Aufsichtsverhältnis voraussetzt. Der Vorwurf, die Konstatierung eines solchen Verhältnisses im Tatzeitpunkt des Schuldspruchs I 1 sei unbegründet, übersieht die beweiswürdigende Bezugnahme auf die als glaubwürdig erachteten Aussagen der Zeugin Jessica S***** (US 7 f), die ua angab, sich alleine mit dem Beschwerdeführer - der schon damals der Freund ihrer Mutter gewesen ist (US 4, 6) - in der Wohnung ihrer Mutter aufgehalten zu haben (S 123), womit sich - insbesonders auch mit Blick auf das geringe Lebensalter des Tatopfers - der tatrichterliche Schluss auf das Aufsichtsverhältnis als mängelfrei erweist. Mit dem Vorbringen, die angefochtene Entscheidung begründe die Feststellung, Jessica S***** habe dem Beschwerdeführer von sexuellen Übergriffen eines Jungen erzählt (US 4), nicht hinreichend und erörtere weder die Depositionen der Jessica S*****, dieser Junge habe sie zweimal sexuell belästigt, ferner sie (Jessica S*****) habe gemeinsam mit einer Freundin ein „Sexheft" angesehen, noch die Aussage des Beschwerdeführers, Jessica S***** habe ihm gegenüber geäußert, sie wolle „Sex mit dem Lehrer haben", bezieht sich die Rüge erneut nicht auf entscheidende Tatsachen.
Die Kritik, das Erstgericht sei zu Unrecht dem Gutachten der Sachverständigen Dr. Isabella Sa***** gefolgt, wendet sich nach Art einer in kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) beschränkt sich darauf, die wesentlichen Argumente der Verfahrensrüge inhaltlich zu wiederholen und auf dieser Basis eigene - für den Beschwerdeführer günstige - Beweiswerterwägungen anzustellen, und ist solcherart nicht geeignet, (erhebliche) Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO).
Rechtlich verfehlt ist die Subsumtion der Tathandlungen (auch) unter den Tatbestand des § 212 Abs 1 StGB idF vor BGBl I 2004/15, weil die neue Fassung des § 212 StGB nach Art VII iVm Art VI StRÄG 2004 BGBl I 2004/15 grundsätzlich nur in Strafsachen nicht anzuwenden ist, in denen vor dem 1. Mai 2004 das Urteil erster Instanz gefällt worden ist, was hier nicht zutrifft. Da dem Beschwerdeführer aber aus diesem Rechtsfehler kein Nachteil erwachsen ist, bietet er keinen Anlass für ein Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO.
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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