OGH 12Os23/05g

OGH12Os23/05g28.4.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. April 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krammer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Abdul K***** sowie andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 3 erster und zweiter Fall und Abs 4 Z 3 SMG sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Abdul K***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 12. März 2004, GZ 28 Hv 140/03b-252, sowie dessen Beschwerde gegen den unter einem gefassten Widerrufsbeschluss nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftigen Teilfreispruch enthaltenden Urteil wurde Abdul K***** des als Bestimmungstäter (§ 12 zweiter Fall StGB) begangenen, teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 3 erster und zweiter Fall und Abs 4 Z 3 SMG und § 15 Abs 1 StGB (A/II), des Verbrechens der Geldfälschung nach § 232 Abs 2 StGB (zu ergänzen:) iVm § 241 StGB (A/III) sowie der Vergehen der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB (A/I), des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB (A/IV), des Gebrauchs fremder Ausweise nach § 231 Abs 1 StGB (A/V) und der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB (A/VI) verurteilt, weil er

A/I. sich im Jahr 2002 in Linz durch die zu Punkt A/II beschriebenen Tathandlungen als Mitglied an einer kriminellen Vereinigung beteiligte,

A/II. in Linz als Bestimmungstäter (§ 12 zweiter Fall StGB) Suchtgift gewerbsmäßig sowie als Mitglied einer kriminellen Vereinigung aus- und einführte sowie in Verkehr setzte, indem er Gabriela Kl***** als Drogenkurier anwarb, sie entlohnte und die Schmuggelfahrten organisierte, wobei er die Taten jeweils mit Beziehung auf eine zumindest das 25-fache der Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) ausmachende Suchtgiftmenge beging, nämlich

1. a) im März 2002 hinsichtlich des Schmuggels von rund 3,5 kg Kokain mit ca 60 %-igem Reinheitsgrad von Curacao nach Amsterdam und der dortigen Übergabe an ein weiteres Mitglied der kriminellen Vereinigung sowie

1. b) im April 2002 hinsichtlich des Schmuggels von 744,7 Gramm Kokain mit etwa 60 %-igem Reinheitsgrad von Curacao nach Amsterdam, wobei die Tathandlung des Inverkehrsetzens im Hinblick auf die gescheiterte Übergabe an ein weiteres Mitglied der kriminellen Vereinigung beim Versuch blieb;

A/III. Ende des Jahres 2001 in Linz nachgemachtes Geld im Einverständnis mit einem an der Fälschung Beteiligten oder einem Mittelsmann mit dem Vorsatz übernahm, es als echt und unverfälscht in Verkehr zu bringen, indem er einen Koffer mit gefälschten US-Dollar-Banknoten im Nennwert von mindestens 500.000 übernahm und aufbewahrte, um zu veranlassen, dass die Falsifikate in Italien gegen echte Banknoten eingetauscht werden;

A/IV. andere mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitete, die diese in einem 2.000 EUR übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen schädigten, indem er

a) am 17. Juni 2002 in Wien im einverständlichen Zusammenwirken mit einem abgesondert verfolgten Mittäter den Münür Ku***** durch die Vorgabe, zwecks Eröffnung eines Juweliergeschäftes kurzfristig 30.000 EUR bei der amerikanischen Botschaft vorzeigen zu müssen, zur Ausfolgung des genannten Betrags in bar bewegte und

b) am 26. September 2002 in Linz Verantwortliche des Krankenhauses der B***** durch die wahrheitswidrige Behauptung, Seth A***** zu sein, zu einer stationären Behandlung verleitete, die den Rechtsträger des Krankenhauses um 23,34 EUR und die O***** um 1.180 EUR am Vermögen schädigte, wobei er zur Täuschung die Versicherungskarte des Seth A***** benützte;

A/V. am 23. Dezember 2002 in Schwechat den österreichischen Reisepass des Seth A*****, Nr *****, dadurch, dass er ihn bei der Ausreise Grenzbeamten vorwies, im Rechtsverkehr gebrauchte, als wäre für ihn ausgestellt;

A/VI. am 28. Juli 2002 in Wien den österreichischen Personalausweis des Seth A*****, Nr *****, der durch das Anbringen seines Lichtbildes verfälscht worden war, bei seiner Anhaltung durch Sicherheitswachebeamte zum Identitätsnachweis gebrauchte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wies das Erstgericht den Antrag auf Ausforschung und Einvernahme der Zeugin „A***** bzw Ag*****" zum Beweis dafür, „dass der Beschuldigte Abdul K***** das Verbrechen der kriminellen Organisation nach § 278a StGB; das teils vollendete, teils versuchte Verbrechen als Bestimmungstäter nach den §§ 12 zweiter Fall StGB, 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 3 erster Fall und Abs 4 Z 2 und Z 3 SMG, 15 Abs 1 StGB nicht begangen hat", (S 45/VI iVm ON 247) schon deshalb ohne Verletzung von Verteidigungsrechten ab (S 47/VI), weil der Beweisantrag nicht erkennen ließ, aus welchem Grund die begehrte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse, und solcherart auf eine unzulässige Erkundungsbeweisführung abzielte (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330). Das ergänzende Beschwerdevorbringen hat auf sich zu beruhen, weil allein der Antrag den Gegenstand der Entscheidung der Tatrichter bildet und demnach auch der Oberste Gerichtshof dessen Berechtigung stets auf den Antragszeitpunkt bezogen überprüft (SSt 41/71; zuletzt 11 Os 26/04).

Die Mängelrüge (Z 5) bezeichnet mit der ohne Bezugnahme auf die Aktenlage vorgetragenen Behauptung, das Erstgericht habe die Aussagen des Zeugen A***** und der Mitangeklagten M*****, „dass der Angeklagte weder mit Drogen noch mit Geldwäscherei etwas zu tun hat", stillschweigend übergangen, die angeblich unberücksichtigt gebliebenen Beweisergebnisse nicht konkret und bringt solcherart den herangezogenen Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungskonform zur Darstellung (zuletzt 13 Os 110/02).

Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass das Erstgericht eingehend darlegte, aus welchen Gründen es den (belastenden) Depositionen der Gabriela Kl***** folgte (US 23 bis 29) und demnach (ua) die in der Hauptverhandlung gewählte Verantwortung der Viorica M***** als widerlegt erachtete (US 28). Seth A***** gab gegenüber dem erkennenden Gericht an, nicht zu wissen, ob der Beschwerdeführer mit Drogen handle (S 7/VI) oder Mitglied einer kriminellen Organisation sei (S 8/VI), womit die Erörterung seiner Aussage mangels Entscheidungsrelevanz für die diesbezüglichen Tatvorwürfe zu Recht unterblieb.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) argumentiert zur Gänze nicht auf der Basis der Aktenlage, indem sie sich einerseits auf die rein spekulative Prämisse stützt, der Reisepass der Gabriela Kl***** habe keine Einreisevermerke aufgewiesen, und andererseits die Angaben der Genannten nur rudimentär und damit sinnentstellt wiedergibt. Die Zeugin Kl***** fügte nämlich der Aussage, ihren Pass verloren zu haben, unmittelbar an, zeitnah einen neuen erlangt zu haben (S 547/V letzter Absatz).

Der Einwand der Rechtsrüge (Z 9 lit a), das Erstgericht habe zu den Urteilsfakten A/I und A/II keine Feststellungen darüber getroffen, ob der Beschwerdeführer überhaupt in Österreich aufhältig war, übergeht die diesbezüglichen Konstatierungen, wonach er Gabriela Kl***** in Linz zu den Schmuggelfahrten bestimmt hat (US 14, vgl auch US 24). Die Behauptung fehlender Feststellungen zur Verwechslungstauglichkeit der Falsifikate (A/III) vernachlässigt die Urteilsannahmen in ihrer Gesamtheit, wonach der Beschwerdeführer schon vor den gegenständlichen Taten mehrfach gefälschte US-Dollar-Noten im Nominalwert von jeweils mindestens 500.000 in Verkehr gebracht hat (US 20, vgl auch US 27).

Aus welchem Grund die konstatierte Absicht, die vorsätzlich von einem an der Fälschung Beteiligten oder einem Mittelsmann übernommenen Falsifikate durch Eintausch gegen echte Banknoten als unverfälscht in Verkehr zu bringen (US 19 f), den Schuldspruch A/III in subjektiver Hinsicht nicht tragen soll, vermag die Beschwerde nicht darzulegen. Ebenso wenig lässt die Rüge erkennen, aus welchen Gründen angesichts der Feststellung, der Beschwerdeführer habe zum Schuldspruch A/IV.a) (ua) mit dem Vorsatz gehandelt, durch sein Verhalten Münür Ku***** mit einem 2.000 EUR übersteigenden Betrag am Vermögen zu schädigen (US 21), der Schädigungsvorsatz nicht hinreichend determiniert sein soll.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung und die (implizite) Beschwerde kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Wenngleich nicht in Beschwer gezogen, so doch verfehlt ist die Annahme zweier Vergehen des schweren Betruges (A/IV), mit der das für wertqualifizierte strafbare Handlungen bestehende Gebot der Bildung einer Subsumtionseinheit (§ 29 StGB) verletzt wird. Ebenso erfolgte die Subsumtion (auch) unter den Tatbestand des § 147 Abs 1 Z 1 StGB (A/IV.b) zu Unrecht, weil die bei der betreffenden Betrugshandlung verwendete Versicherungskarte des Seth A***** nach den - mit der Aktenlage übereinstimmenden (S 25 f, 105/V; 8/VI) - Urteilsfeststellungen (US 21) weder unecht noch inhaltlich unrichtig war. Zu einem Vorgehen nach § 290 Abs 1 StPO (iVm § 281 Abs 1 Z 10 StPO) bieten diese Rechtsfehler dennoch keinen Anlass, weil sie den (durch § 28 Abs 4 SMG vorgegebenen) Strafsatz nicht beeinflussen und auch in den Strafzumessungsgründen (US 29) keinen Niederschlag finden.

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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