OGH 13Os44/05b

OGH13Os44/05b27.7.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juli 2005 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lang als Schriftführer in der Strafsache gegen Otto H***** wegen des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Oberwart vom 3. März 2004, GZ 3 U 125/02v-14, nach öffentlicher Verhandlung in Gegenwart der Generalanwältin Mag. Fuchs als Vertreterin der Generalprokuratur zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Bezirksgerichtes Oberwart vom 3. März 2004, GZ 3 U 125/02v-14, verletzt im Schuldspruch Punkt 3. „wegen Vergehen nach § 27 Abs 1 SMG" das Gesetz im § 37 SMG iVm § 35 Abs 1 und 3 SMG. Es werden dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird in diesem Schuldspruchpunkt 3. und demgemäß auch im Strafausspruch sowie die Beschlüsse nach § 50 Abs 1 [iVm § 51 Abs 3] StGB und § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO aufgehoben.

Die Sache wird zur Beendigung des Verfahrens wegen Todes des Beschuldigten an das Erstgericht verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem - in gekürzter Form ausgefertigten - rechtskräftigen Urteil des Bezirksgerichtes Oberwart vom 3. März 2004, GZ 3 U 125/02v-14, wurde Otto H***** der Vergehen der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB (1.), der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (2.) und „nach § 27 Abs 1" (zu ergänzen: erster und zweiter Fall) SMG (3.) schuldig erkannt und zu einer für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt. Zugleich wurde beschlussmäßig die Bewährungshilfe angeordnet und Otto H***** die Weisung erteilt, „sich einer stationären Behandlung in Bezug auf die körperliche Abhängigkeit zu unterziehen sowie einer Therapiemaßnahme für die Dauer der Probezeit". Vom Widerruf der Otto H***** in den Verfahren AZ 8 E Vr 283/01 des Landesgerichtes Eisenstadt und AZ 3 U 217/01x des Bezirksgerichtes Oberwart jeweils gewährten bedingten Strafnachsicht wurde abgesehen und die Probezeit zum letztbezeichneten Verfahren auf fünf Jahre verlängert. Die Verurteilung wegen (der) „Vergehen nach § 27 Abs 1 SMG" erfolgte, weil Otto H***** „von 1997 bis Herbst 2002 den bestehenden Vorschriften zuwider in Riedlingsdorf, Wien, Oberwart und anderen Orten Österreichs Suchtgift, nämlich noch festzustellende Mengen an Heroin, Kokain, Cannabiskraut, Cannabisharz sowie opiumhältige Mohnkapsel erworben und besessen hat". Ein Vorgehen des Gerichtes nach § 37 SMG iVm § 35 Abs 1 SMG unterblieb.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Generalprokurator in der von ihm gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, steht diese Verurteilung mit dem Gesetz nicht im Einklang. Bei dem von Otto H***** aktenkundig erworbenen und besessenen Suchtmittel handelte es sich jeweils um geringe Mengen im Sinn des § 35 Abs 1 SMG (S 15 f). Eine Zusammenrechnung von zu verschiedenen Zeiten zum eigenen Gebrauch erworbenen und besessenen geringen Suchtmittelmengen findet nicht statt. Da der Aktenlage der Anwendung des § 35 Abs 1 (§ 37) SMG entgegenstehende Umstände nicht zu entnehmen sind (siehe auch S 19; der Urteilstenor entspricht dem Bestrafungsantrag der Staatsanwaltschaft Eisenstadt ON 4, welche § 35 SMG ebenso unbeachtet ließ), hätte das Bezirksgericht Oberwart vorerst gemäß § 37 SMG die Auskünfte und die Stellungnahme nach § 35 Abs 3 SMG einholen und sodann das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 35 Abs 1 SMG prüfen müssen (15 Os 85/04, 15 Os 21/04 jeweils mwN). Der ohne diese Prüfung erfolgte Schuldspruch „nach § 27 Abs 1 SMG" verstieß somit zum Nachteil des Verurteilten gegen die angeführten Bestimmungen (§ 292 letzter Satz StPO).

Nach einem vom Landesgericht Eisenstadt im Verfahren AZ 9 Hv 17/04z (13 Os 37/05y) übermittelten Telefax-Bericht ist Otto H***** am 9. Mai 2005 gestorben.

Ungeachtet seines Todes war der Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung jedoch durchzuführen und über die Nichtigkeitsbeschwerde zu entscheiden (Ratz, WK-StPO § 292 Rz 4; Fabrizy StPO9 § 33 Rz 4). Das Institut der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes dient nämlich seiner Zielsetzung nach auch der Gewährleistung der Richtigkeit und Einheitlichkeit der Rechtsanwendung und ist insoweit von Parteieninteressen losgelöst. Diesem Ziel widerspräche es, die Feststellung einer Gesetzwidrigkeit davon abhängig zu machen, ob der Angeklagte zum Zeitpunkt der Entscheidung noch am Leben ist (15 Os 27/96).

Es waren daher die Gesetzesverletzung festzustellen, dieser Schuldspruch zusammen mit dem Strafausspruch, desgleichen die genannten Beschlüsse aufzuheben, und die Sache zur Beendigung des Verfahrens an das Erstgericht zu verweisen (SSt 58/44; 13 Os 37/05y, ebenfalls Otto H***** betreffend).

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