Spruch:
Das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 3. Oktober 2003, GZ 44 U 6/03t-9, verletzt § 37 SMG iVm § 35 Abs 1 SMG sowie § 33 Z 2 StGB und §§ 1 Abs 4, 2 Abs 1 und 3 Abs 1 Z 2 TilgG.
Dieses Urteil wird aufgehoben und die Sache zur Verfahrenserneuerung an das Bezirksgericht Klagenfurt verwiesen.
Text
Gründe:
Die Bundespolizeidirektion Klagenfurt erstattete am 25. März 2003 bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt Anzeige gegen Dieter B***** wegen "Übertretung nach § 27 Abs 1 SMG", weil der Genannte von 1999 bis zum 7. Jänner 2003 "regelmäßig in 14-tägigen Abständen Cannabiskraut aus Rauchgeräten" konsumiert habe.
Die der Anzeige beigefügte Strafregisterauskunft wies eine (einschlägige) Vorstrafe auf. Danach war Dieter B***** mit Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 7. Juli 1998, AZ 19 U 286/98z, nach § 27 Abs 1 SMG schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Als Vollzugsdatum schien der 10. August 1998, als Tag der voraussichtlichen Tilgung der 10. August 2003 auf.
Die Bezirksanwältin beim Bezirksgericht Klagenfurt stellte auf Grund dieser Anzeige am 28. März 2003 einen Antrag auf Bestrafung Dieter B*****s wegen eines Vergehens nach "§ 27 Abs 1 SMG". Das Bezirksgericht Klagenfurt ordnete hierauf - vorerst infolge Abwesenheit des Beschuldigten zwei Mal erfolglos - die Hauptverhandlung an, unterließ aber die Einholung von Anfragen gemäß § 35 Abs 3 SMG.
Mit gemäß § 458 Abs 3 StPO gekürzt ausgefertigtem Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 3. Oktober 2003, GZ 44 U 6/03t-9, wurde Dieter B***** des Vergehens nach "§ 27 Abs 1" (erster und zweiter Fall) SMG schuldig erkannt. Danach hat er in der Zeit von Anfang 1999 bis 7. Jänner 2003 in Klagenfurt den bestehenden Vorschriften zuwider Cannabiskraut, mithin Suchtmittel, erworben und besessen. Dieter B***** wurde hiefür zu einer (unbedingten) Geldstrafe verurteilt. Bei der Strafbemessung wurde unter anderem "eine Vorstrafe" als erschwerend gewertet.
Nach dem Inhalt des Protokollvermerks wurden in der Hauptverhandlung weder Zeugen noch Sachverständige vernommen. Das Bezirksgericht Klagenfurt unterließ die Einholung einer neuen Strafregisterauskunft und schaffte ersichtlich auch den Vorstrafakt 19 U 286/98z des selben Gerichtes nicht bei. Demgemäß erkannte es auch nicht, dass Dieter B***** die in jenem Verfahren verhängte Geldstrafe tatsächlich - worauf schon das erwähnte Vollzugsdatum in der Strafregisterauskunft hinwies - am 10. August 1998 bezahlt hatte und die (bei jener Verurteilung gegebene) fünfjährige Tilgungsfrist nicht durch spätere Verurteilungen verlängert worden, sondern im Urteilszeitpunkt bereits abgelaufen war. Dieter B***** war daher wieder als gerichtlich unbescholten anzusehen (§ 1 Abs 4 TilgG iVm § 2 Abs 1 und § 3 Abs 1 Z 2 TilgG).
Rechtliche Beurteilung
Das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 3. Oktober 2003 verletzt, wie der Generalprokurator in der deswegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, zum Nachteil des Beschuldigten in zweifacher Hinsicht das Gesetz. Bei dem von Dieter B***** laut Strafanzeige im Abstand von zwei Wochen gerauchten Cannabiskraut handelt es sich um jeweils geringe Mengen Suchtgift im Sinne des § 35 Abs 1 SMG. Bei dieser Sachlage hätte zwar schon die Bezirksanwältin das indizierte temporäre Verfolgungshindernis (13 Os 15/04, 15 Os 128/02 mwN) nach § 35 Abs 1 SMG beachten müssen. Eine Zusammenrechnung von zu verschiedenen Zeiten zum eigenen Gebrauch erworbenen und besessenen geringen Suchtmittelmengen findet nicht statt (abermals 15 Os 128/02 mwN). Nach dem Gesetz schließt auch eine einschlägige Vorstrafe eine vorläufige (bedingte) Anzeigerücklegung nicht aus.
Im Hinblick darauf, dass die Aktenlage keine der Anwendung des § 35 Abs 1 (§ 37) SMG entgegenstehenden Umstände erkennen lässt - im gerichtlichen Verfahren wurde nur mehr der Beschuldigte vernommen und der Urteilstenor entspricht dem Bestrafungsantrag - hätte das Bezirksgericht Klagenfurt vorerst gemäß § 37 SMG die Auskünfte und Stellungnahmen nach § 35 Abs 3 SMG einholen und sodann das Vorliegen der Voraussetzungen des temporären Verfolgungshindernisses nach § 35 Abs 1 SMG prüfen müssen. Der ohne diese Prüfung erfolgte Schuldspruch steht daher mit dem Gesetz nicht im Einklang (vgl 15 Os 128/02). Bei Urteilsfällung war der Beschuldigte Dieter B***** zudem bereits wieder als unbescholten anzusehen, weil die Vorstrafe (19 U 286/98z des Bezirksgerichtes Klagenfurt) getilgt war (EvBl 1999/110). Auch die Annahme einer (einschlägigen) Vorstrafe als Erschwerungsgrund war demnach verfehlt.
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