Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie - einschließlich des als unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Teils - wie folgt zu lauten haben:
„Teilurteil
Die Beklagten sind schuldig, ab sofort die Weiterentwicklung, Verbreitung oder sonstige Verwertung der von der Klägerin weiterentwickelten Quellcodes des Programms TerraCAD, welche über den Stand April 2000 hinausgehen, zu unterlassen.
Die Beklagten sind schuldig, der Klägerin über die seit 1. April 2001 weiterentwickelten und verbreiteten Werkstücke des Quellcodes des Programms TerraCAD Rechnung zu legen und die Richtigkeit der gelegten Rechnung durch einen allgemein gerichtlich beeideten Sachverständigen prüfen zu lassen.
Der Ausspruch über die Zahlung eines angemessenen Entgelts, über die Herausgabe eines Gewinns, über die Leistung eines Schadenersatzes sowie der Kostenausspruch bleiben der Endentscheidung vorbehalten."
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens wird der Endentscheidung vorbehalten.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin bietet EDV‑Leistungen an. Der Erstbeklagte war von 19. April 2000 bis Ende September 2001 zunächst im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses, anschließend als Dienstnehmer und zuletzt fallweise bei bzw für die Klägerin tätig. Mit Gesellschaftsvertrag vom 15. März 2001 gründete er mit zwei weiteren Personen die am 23. März 2001 zum Firmenbuch angemeldete Zweitbeklagte, welche ebenfalls EDV‑Leistungen anbietet.
Bei der S ***** GmbH (S*****) waren diverse Computerprogramme für das Vermessungswesen, etwa das DOS‑Programm Memoplott und das Windows‑Programm TerraCAD entwickelt worden; an diesen Programmen stand S***** daher auch das Urheberrecht zu. Der Erstbeklagte war vor seiner Tätigkeit für die Klägerin Mitarbeiter der S***** und dort schon mit den genannten Programmen befasst gewesen.
Etwa im April 2000 schlossen die S*****, die T***** GmbH (T*****) und die Klägerin eine Vereinbarung zum gemeinsamen Vertrieb und zur gemeinsamen Entwicklung unter anderem der Programme Memoplott und TerraCAD. Mit dieser Vereinbarung trat die S***** die ausschließlichen und unbeschränkten Werknutzungsrechte an diesen Computerprogrammen zu je einem Drittel an die Klägerin und T***** ab, welche die Programmweiterentwicklung vornehmen sollten. Zu Beginn der Zusammenarbeit übergab die S***** den Quellcode von TerraCAD an die Klägerin.
Den Großteil der Weiterentwicklungsarbeit an TerraCAD besorgte der Erstbeklagte. Ab April 2000 erfolgten folgende Entwicklungsschritte:
Mit der Programmversion April 2000 war es noch nicht möglich gewesen, Bildausschnitte herauszunehmen. Der Erstbeklagte entwickelte diese Möglichkeit einer Polygonausnehmung im April/Mai 2000. Er bediente sich dabei bereits vorhandener Leadtools, ohne welche es einer wesentlich umfangreicheren Programmierarbeit bedurft hätte. Die gewählte Variante war die einfachste und sicherste. Das Arbeitsergebnis war vorgegeben; Konkurrenzprodukte verfügten damals bereits über die Möglichkeit einer Polygonausnehmung.
Mit der Programmversion April 2000 war zwar der Ausdruck von Plänen auch auf Windows‑Druckern und nicht nur auf Plottern möglich; dabei kam es aber häufig zu Fehlern. Der Erstbeklagte nahm in diesem Bereich - im Wesentlichen vorgegebene - technische Verbesserungen vor. Fehlerhaft war in der Version April 2000 auch der Ausdruck von True‑Type‑Schriften beim Plotten; auch in diesem Bereich behob der Erstbeklagte Fehler.
Unter Windows werden Fenster an vorgegebenen Stellen geöffnet und bleiben dort auch erhalten. Der Erstbeklagte schuf die Möglichkeit, dass der Benutzer Fenster dort öffnen kann, wo er sie haben will und wo sie auch erhalten bleiben. Die Programmierarbeit dafür war im Wesentlichen eine technische Bearbeitung, bei der es keine großen Spielräume gibt; der Weg war vom System im Wesentlichen vorgegeben.
Im Programm Memoplott war es möglich, Ziffern über eine Tablettlupe einzugeben. Der Erstbeklagte leistete dazu eine Übersetzungsarbeit und stellte auch in TerraCAD diese Eingabemöglichkeit her. Es handelte sich dabei um eine technische Adaption zur Komfortverbesserung durch eine Funktionsübersetzung von DOS nach Windows. Die Tablettlupe funktionierte in TerraCAD im Jänner 2001 so wie zuvor in Memoplott.
Für einen Datenaustausch mit anderen Zeichenprogrammen war als Schnittstelle eine DXF‑Datei erforderlich. Diese Schnittstelle zwischen TerraCAD und der neuen Version des weit verbreiteten AutoCAD musste neu hergestellt werden. Das Ergebnis dieser aufwendigen Programmierarbeit war vorgegeben; das Grundgerüst für die Kompatibilität war bereits vorhanden. Davon ausgehend fand eine Anpassung an die Neuentwicklung von AutoCAD statt.
Die Ergebnisse all dieser Entwicklungsarbeiten waren durch Kundenwünsche, den Standard von Konkurrenzprodukten, Neuentwicklungen in anderen Programmen und durch den Eingabekomfort vorgegeben; der Weg dorthin erforderte vom Programmierer Kreativität mit unterschiedlich großen Spielräumen.
Im Jahr 2000 kam es zu ersten Unstimmigkeiten zwischen der Klägerin und der T*****, ab dem ersten Quartal 2001 verschlechterte sich auch das Verhältnis zwischen der Klägerin und der S*****. Die Vertragspartner beendeten daraufhin ihre Zusammenarbeit faktisch im Sommer 2001; eine förmliche Vertragsaufhebung erfolgte jedoch nicht.
Die Klägerin hatte den Erstbeklagten über ihre Vereinbarungen mit der S***** und der T***** sowie über die bestehenden Differenzen informiert. Er wusste auch, dass wegen dieses Zerwürfnisses die S***** und die T***** jemand benötigen würden, der für sie die Weiterentwicklung und Fehlerbehebung bei TerraCAD durchführt.
Bereits im Laufe des Jahres 2000 versuchte die S***** mehrmals, den aktuellen TerraCAD‑Sourcecode von der Klägerin zu bekommen. Der Prokurist der Klägerin wies den Erstbeklagten mehrfach darauf hin, dass Sourcecodes nicht außer Haus gegeben werden dürften. Im Jänner 2001 übergab der Erstbeklagte dennoch den aktuellen TerraCAD‑Sourcecode an den Geschäftsführer der S*****, wovon der Prokurist der Klägerin nichts wusste. Er hatte daher auch seine Zustimmung nicht erteilt.
Wegen der Schwierigkeiten mit der Klägerin wandte sich die S***** schließlich im Mai 2001 an den Erstbeklagten mit der Frage, ob er bzw die Zweitbeklagte künftig im Auftrag von S***** und T***** TerraCAD entwickeln und warten würden. Ebenfalls im Mai 001 brannte der Erstbeklagte den gesamten aktuellen TerraCAD‑Sourcecode auf eine CD, die er mit nach Hause nahm. Der Prokurist der Klägerin wusste von alldem nichts und hatte dazu auch seine Zustimmung nicht erteilt.
Am 27. Mai 2001 schlossen die S*****, die T***** und die Zweitbeklagte einen Rahmenvertrag, in dem sich die Zweitbeklagte verpflichtete, ab 1. Juni 2001 exklusiv für die beiden Vertragspartner (unter anderem) TerraCAD weiter zu entwickeln und zu warten; der Erstbeklagte verpflichtete sich, seine Tätigkeit für die Klägerin nach Ablauf der mit dieser bestehenden Vereinbarung nicht mehr fortzusetzen. Der Klägerin gegenüber verschwieg der Erstbeklagte die Zusammenarbeit mit S***** und T*****. Er verwendete zur Erfüllung der erwähnten Rahmenvereinbarung den TerraCAD‑Sourcecode Stand Jänner und Mai 2001.
Die Klägerin begehrt von den Beklagten, es zu unterlassen, von ihr weiterentwickelte TerraCAD‑Quellcodes, welche über den Stand April 2000 hinausgehen, insbesondere Quellen mit Stand Jänner, Mai und September 2001 weiter zu entwickeln, zu verbreiten oder sonst zu verwerten; die Beklagten hätten über die seit 1. April 2001 weiter entwickelten und verbreiteten Werkstücke dieses Quellcodes Rechnung zu legen, dafür ein angemessenes Entgelt zu leisten, den übersteigenden Gewinn herauszugeben und Schadenersatz zu leisten. Der Erstbeklagte habe sich widerrechtlich den gesamten Quellcode verschafft und selbstständig Weiterentwicklungen vorgenommen, um die vertraglichen Verpflichtungen der Zweitbeklagten gegenüber der S***** und der T***** zu erfüllen. Dieses Verhalten sei wettbewerbswidrig und verstoße gegen die Nutzungsrechte der Klägerin an den eigenständigen Weiterentwicklungen des TerraCAD‑Quellcodes. Die Zweitbeklagte müsse sich das Verhalten des Erstbeklagten zurechnen lassen, weil es zu ihren Gunsten erfolgt sei und der Erstbeklagte ihr Organ sei.
Die Beklagten beantragen Klagsabweisung. Die Programmänderungen seien lediglich unwesentliche Modifikationen oder Fehlerbehebungen, wofür kein selbstständiger Urheberrechtsschutz in Anspruch genommen werden könne.
Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren statt, wies jedoch das übrige Klagebegehren ab. Der Erstbeklagte habe „die Seiten gewechselt" und sich dabei einer Programmierarbeit bedient, die der Klägerin zugestanden sei. Das sei sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG. Bei den Ansprüchen auf Rechnungslegung, entgangenen Gewinn und Schadenersatz handle es sich um Ansprüche nach dem UrheberrechtsG. Die von der Klägerin vorgenommenen Weiterentwicklungen seien jedoch im Wesentlichen technischer Art gewesen. Es habe sich dabei um Fehlerbehebungen sowie Anpassungen an Kundenwünsche, Konkurrenzprodukte und neue Versionen anderer Programme gehandelt. Dies seien keine eigentümlichen geistigen Schöpfungen und daher urheberrechtlich nicht schutzfähig.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei; zu den Anforderungen an die urheberrechtliche Schutzfähigkeit der Bearbeitung einer Anwendersoftware liege keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor. Die Klägerin habe ihre Ansprüche auf Rechnungslegung, angemessenes Entgelt und Schadenersatz ausdrücklich auf die einschlägigen urheberrechtlichen Bestimmungen gestützt. Urheberrechtsschutz komme den Weiterentwicklungen nicht zu, weil es sich nicht um Bearbeitungen im Sinne des § 5 Abs 1 UrhG gehandelt habe. Einerseits seien Fehler beim Drucken von Plänen beseitigt sowie das Öffnen von Fenstern an individuell bestimmten Stellen des Computerbildschirms und die Zifferneingabe über eine Tablettlupe ermöglicht worden; andererseits sei die Polygonausnehmung eine in Konkurrenzprodukten bereits verfügbare und daher ihrer Art nach keine neuartige Funktion gewesen, zu deren Einbau auch Leadtools zur Verfügung gestanden seien. Und schließlich sei die Schnittstelle zur neuen Version von AutoCAD zwar das Ergebnis einer aufwendigen Programmierarbeit gewesen, die auch eine gewisse Kenntnis des Konkurrenzprodukts erfordert habe. Die laufende Gewährleistung der Kompatibilität zum Zweck des Datenaustauschs mit marktführenden Programmen sei allerdings eine Standardanforderung der Programmpflege, der nicht per se Werkschutz zukomme. Hinsichtlich weiterer Details sei die Klägerin den ihr obliegenden Behauptungs- und Beweispflichten nicht nachgekommen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin ist zulässig, weil zur urheberrechtlichen Schutzfähigkeit von Bearbeitungen von Computersoftware Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht vorliegt; sie ist auch berechtigt.
Die Klägerin macht geltend, die Vorinstanzen hätten den - großteils vom Erstbeklagten als ihrem Dienstnehmer vorgenommenen - Bearbeitungen des Computerprogramms TerraCAD zu Unrecht keinen Werkcharakter zuerkannt.
1. Nach § 2 Z 1, § 40a UrhG sind Computerprogramme Werke der Literatur (und damit urheberrechtlich geschützt), wenn sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind. Geschützt wird dabei nicht ein durch ihre Anwendung erzieltes Arbeitsergebnis, sondern die durch die Kombination vieler Programmschritte erreichte und damit individuell geprägte Problemlösung (4 Ob 282/99w = MR 1999, 346 - RANKING; 4 Ob 35/05h mwN). Sie sind häufig mühevolle, unter entsprechendem Arbeitsaufwand hergestellte Leistungen. Voraussetzung für ihren Schutz ist, dass sie eine gewisse Komplexität aufweisen (4 Ob 35/05h mwN), wie dies der Fall ist, wenn die gestellte Aufgabe mehrere Lösungen zuließ und der Programmierer genügend gedanklichen Spielraum für die Entwicklung individueller Merkmale hatte (Größe der Variationsbreite der Gestaltungsmöglichkeiten für den Programmierer [Röttinger, Der Urheberrechtsschutz von Computersoftware in Österreich, ÖJZ 1990, 33]). Dies ist entweder bei komplexen Programmen oder dann anzunehmen, wenn sich im Werk ein ungewöhnlicher Grad an Erfahrung, Gewandtheit und Fachkenntnis manifestiert. Maßgeblich ist auch, ob ein Programm neu geschaffen wird oder ob der Programmierer im Wesentlichen auf bereits vorhandene Programmbausteine zurückgreifen kann (vgl OLG Wien MR 1986, 17 mwN). Der rein äußerliche Umfang eines Programms (Programmlänge, Zeilenzahl) ist zwar für sich allein nicht maßgebend (Wolff, Der Urheberrechtsschutz von Computer‑Software - steuer- und abgabenrechtliche Aspekte, EDVuR 1986/2, 6), kann aber ein Indiz sein (Röttinger aaO).
Eine bestimmte Werkhöhe ist auch bei Computerprogrammen nicht zu fordern (Renner, Rechtsschutz von Computerprogrammen [1998] 54; Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht [2001] Art 1 Software‑RL Rz 41 ff; zum Wegfall des Erfordernisses einer bestimmten Werkhöhe im Allgemeinen vgl 4 Ob 36/92 = SZ 65/51 = MR 1992, 199 [Walter] - BUNDESHEER‑FORMBLATT; 4 Ob 58/95 = ÖBl 1996, 56 - PFEILDARSTELLUNG). Unter „Computerprogramm" werden auch Maschinen- bzw Quellcodes und das Material zur Entwicklung des Computerprogramms verstanden (§ 40a Abs 2 UrhG; Kucsko, Geistiges Eigentum [2003] 1115).
2. Computerprogramme werden im Sinne des § 5 Abs 1 UrhG bearbeitet, wenn sie an besondere Gegebenheiten beim Anwender angepasst oder weiter entwickelt werden (Ciresa, Urheberrecht [2004] § 5 UrhG Rz 35 mwN; vgl auch 4 Ob 273/00a = ÖBl 2001, 279 - C‑COMPASS). Weiterentwicklung ist dabei jedenfalls die Herstellung eines Updates (Walter aaO Art 2 Rz 16; Ciresa aaO Rz 35), also die Weiterentwicklung eines Computerprogramms von einer Entwicklungsstufe in die nächsthöhere(Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht [2001] Art 4 Software‑RL Rz 21) oder von einer Programmversion in die nächste (Ciresa aaO Rz 35 mwN).
Eine Bearbeitung lässt das bearbeitete Werk in seinem Wesen unberührt; sie liegt vor, wenn dem Werk wenigstens in der äußeren Form eine neue Gestalt gegeben wird, die als eigentümliche geistige Schöpfung des Bearbeiters zu werten ist (4 Ob 13/92 = SZ 65/49 = MR 1992, 238 [Walter] - SERVUS DU; 4 Ob 51/94 = SZ 67/70 - HUNDERTWASSERHAUS; Kucsko aaO 1121; Ciresa aaO Rz 3). Der Bearbeiter behält also in der Regel die wesentlichen individuellen Züge des Originalwerks bei, nimmt aber Veränderungen daran vor, die Ausdruck seines eigenen individuellen Schaffens sind, sodass die fertige Bearbeitung sowohl den individuellen Geist des Originalurhebers als auch den des Bearbeiters zum Ausdruck bringt (Rehbinder, Urheberrecht13 [2004] Rz 152; Ciresa aaO). Geringfügige Änderungen oder Umgestaltungen des Originals sind keine Bearbeitungen im Rechtssinn (Walter, MR 1992, 203; Ciresa aaO Rz 4), ebenso wenig reine Fehlerbeseitigungen, Anpassungen an geänderte Hardware und Aktualisierungen infolge Änderungen im Anwenderunternehmen oder gesetzlicher Bestimmungen (Röttinger aaO).
Wie das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, können Kriterien, die Rückschlüsse auf die Individualität einer bestimmten Bearbeitung eines Computerprogramms zulassen, seine Länge, die Anzahl der Programmschritte, die Eigenart der visuellen Gestaltung, Zeit und (Kosten‑)Aufwand für die Entwicklung, die kreative Auswahl aus zur Verfügung stehenden Variationsmöglichkeiten sowie die Verfügbarkeit und der Einsatz von vorhandenen Bausteinen und Entwicklungstools sein (vgl Svoboda/Zanger, Softwareurheberrecht für Hersteller und Anwender [1993] 26; Haberstumpf, Der urheberrechtliche Schutz von Computerprogrammen, in Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen² [1993] 119). Auch hier kommt es auf eine bestimmte Werkhöhe zwar nicht an, von einer urheberrechtlichen Schutzfähigkeit der Bearbeitung eines Computerprogramms kann aber nur dann ausgegangen werden, wenn diese eine gewisse Komplexität aufweist (vgl Renner aaO 12).
3. Ob ein Erzeugnis menschlichen Geistes eine eigentümliche geistige Schöpfung (ein „Werk") im Sinne des UrheberrechtsG ist, ist eine vom Gericht zu lösende Rechtsfrage. Die konkrete Ausgestaltung eines menschlichen Erzeugnisses, aus der sich erst sein Werkcharakter ergibt, hat jedoch - als Tatfrage - derjenige zu behaupten und zu beweisen, der für ein bestimmtes Erzeugnis urheberrechtlichen Schutz in Anspruch nimmt (4 Ob 95/91 = ÖBl 1991, 272 - LE‑CORBUSIER‑LIEGE; 4 Ob 3/92 = MR 1992, 67 [Walter] - GAME BOY). Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die Schutzfähigkeit eines Werks nicht aus der Vorlage des Werks von selbst ergibt (4 Ob 125/91 = MR 1992, 197 [Walter] - OBERÖSTERREICH‑KARTE I ua), also bei Werkkategorien, die sich - wie etwa Computerprogramme - der unmittelbaren richterlichen Beurteilung entziehen (Walter, MR 1998, 100; vgl auch Haberstumpf in Lehmann aaO 122). Die Anforderungen an die Behauptungs- und Darlegungslast des Klägers dürfen dabei aber auch nicht überspannt werden (Walter, MR 1998, 100).
4. Nach dem festgestellten Sacherhalt hat die Klägerin die ausschließlichen und unbeschränkten Werknutzungsrechte an den beiden Computerprogrammen eingeräumt erhalten, um die Programme weiter zu entwickeln. Sie hat damit den Erstbeklagten betraut. Um die ihm vorgegebenen Ziele, wie insbesondere den Datenaustausch mit anderen Zeichenprogrammen, zu erreichen, war vom Erstbeklagten Kreativität mit unterschiedlich großen Spielräumen gefordert. Für den Datenaustausch war eine DXF‑Datei notwendig. Eine solche Schnittstelle musste zwischen TerraCAD und der neuen Version von AutoCAD hergestellt werden. Die dazu notwendige Programmierarbeit war aufwendig.
Diese Feststellungen reichen aus, um den Werkcharakter der verfahrensgegenständlichen Bearbeitungen bejahen zu können: Der Erstbeklagte konnte zwischen verschiedenen Möglichkeiten wählen, um die vorgegebenen Ziele zu erreichen. Seine Kreativität war gefordert; die ihm übertragene Aufgabe war komplex, wie die Notwendigkeit zeigt, Anpassungen an Neuentwicklungen anderer Programme vorzunehmen, um den gewünschten Datenaustausch mit anderen Zeichenprogrammen zu erreichen.
Sind die Bearbeitungen urheberrechtlich geschützt, so hat der Erstbeklagte mit der Weitergabe und Verwendung des Quellcodes das ausschließliche Werknutzungsrecht der Klägerin verletzt. Damit stehen der Klägerin neben dem bereits rechtskräftig zuerkannten Unterlassungsanspruch grundsätzlich auch die geltend gemachten Ansprüche nach § 86 UrhG (angemessenes Entgelt), § 87 UrhG (Herausgabe des Gewinns und Schadenersatz) und § 87a UrhG (Rechnungslegung) zu.
Der Revision war daher Folge zu geben. Über Unterlassungsanspruch und Rechnungslegungsbegehren war mit Teilurteil zu erkennen; über die Leistungsbegehren ist im Endurteil zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 2 ZPO.
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