OGH 15Os57/05d

OGH15Os57/05d28.6.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Juni 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Fuchsloch als Schriftführer, in der Strafsache gegen Pawel K***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Pawel K***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 2. Februar 2005, GZ 122 Hv 101/04y-199, sowie die Beschwerde des Angeklagten gegen den unter einem gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefassten Widerrufsbeschluss nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Pawel K***** wurde mit dem angefochtenen Urteil, dass auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch enthält, des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB (A) und des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB (B) schuldig erkannt.

Danach hat er - soweit für die Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung -

(A) in Wien fremde bewegliche Sachen in einem 3.000 Euro übersteigenden Gesamtwert mit Lukasz N***** und den weiteren im Spruch genannten, abgesondert verurteilten bzw abgesondert verfolgten Mittätern nachfolgenden Geschädigten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, wobei er die schweren Diebstähle durch Einbruch in der Absicht begangen hat, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen und zwar

I/1) am 25. März 2004 in Vösendorf Günter C***** durch Einbruch in dessen PKW VW Passat, Kennzeichen BL-80GA, eine schwarze Laptop-Tasche der Marka Hama, ein Laptop der Marke Gericom, ein externes Diskettenlaufwerk, ein Kopfhörerset der Marke Sony sowie 7 Musik-CD´s und 5 Disketten der Marke Sony im Gesamtwert von 1.000,-- Euro

2) am 25. März 2004 Sebastian E***** durch Einbruch in dessen PKW VW Sharan, Kennzeichen G-652DW, einen Terminplaner und eine schwarze Ledertasche im Gesamtwert von ca. 140,-- Euro

3) am 22. März 2004 dem Helmut G***** durch Einbruch in dessen PKW Audi A6, Kennzeichen WU-278BT ein Mobiltelefon der Marke Nokia 6610 in einem nicht mehr genau feststellbaren Wert

4) am 22. März 2004 Verfügungsberechtigten der B***** GesmbH durch Einbruch in deren PKW VW Sharan, Kennzeichen W-IPOS1, ein Laptop der Marke Compaq mit schwarzer Ledertasche und Netzkabel sowie ein Internetverbindungskabel für Gericom 56k Modem im Gesamtwert von ca. 3.000,-- Euro.

II/1) am 22. März 2004 der Johanna M***** durch Einbruch in deren PKW, VW Sharan, Kennzeichen LA-JSM1, ein Beautycase, eine Digitalkamera der Marke Canon S40, ein Ladegerät, zwei Sonnenbrillen, eine Schmucktasche, ein Amulett, ein Paar Ohrstecker (Weißgold mit Rubinen und Diamanten), eine Haarklammer, Ohrgehänge mit roten Steinen, Modeschmuck und Toilettesachen im Gesamtwert von ca. 4.000,-- Euro

2) am 22. März 2004 dem Tiberiu Ma***** durch Einbruch in dessen PKW eine Digitalkamera der Marke Nikon Coolpix 2100 im Wert von ca. 200,-- Euro.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten (nach dem Inhalt der Rechtsmittelausführungen gegen die Fakten A I 1 bis 4 und II 2) aus Z 3, 5 sowie 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel. Die Verfahrensrüge (Z 3) behauptet Nichtigkeit zufolge Verletzung des Gebotes des § 250 Abs 2 StPO, weil dem Angeklagten in der Hauptverhandlung vom 2. Februar 2005 der Inhalt der Aussagen der (vorerst Mit-)Angeklagten B***** und L***** in der Hauptverhandlung vom 8. September 2004 und 29. Oktober 2004, die aufgrund des dort gefassten Beschlusses auf abgesondertes Verhör gemäß § 250 Abs 2 StPO in Abwesenheit des Angeklagten K***** abgelegt worden waren, nicht zur Kenntnis gebracht wurde, übersieht dabei aber, dass aufgrund der Erneuerung der Hauptverhandlung gemäß § 276a StPO am 2. Februar 2005 allfällige Nichtigkeiten, die sich im Zusammenhang mit der ursprünglich durchgeführten Hauptverhandlung ergeben hätten können, obsolet geworden sind (Danek, WK-StPO § 276a Rz 11). Dass in der Hauptverhandlung vom 2. Februar 2005 mit Zustimmung der Verteidigung die Verlesung des Akteninhaltes gemäß § 252 Abs 1 Z 4 StPO samt Vorstrafakt unter Verzicht auf „spezielle Verlesungen" bzw „die wörtliche Verlesung" (S 477/VII) erfolgt ist, gesteht das Rechtsmittel selbst zu. Welche Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 3 StPO über die vermeintliche Verletzung des § 250 Abs 2 StPO hinaus durch den Umstand, dass der Angeklagte der deutschen Sprache nicht mächtig ist und eine tatsächliche Verlesung nicht stattgefunden hat, vorliegen soll, legt die Nichtigkeitsbeschwerde nicht dar, weshalb sie insoweit nicht deutlich und bestimmt bezeichnet ist. Soweit die Mängelrüge (Z 5) das Urteil als unzureichend begründet kritisiert, weil „entgegen den Ergebnissen dieses Beweisverfahrens" nicht festgestellt wurde, wer nun die Fahrzeuge aufgebrochen, ob tatsächlich ein Mittäter eine Aufpasserrolle übernommen oder ob ein Bedarf für technische Anweisungen in concreto bestanden habe (inhaltlich auch Z 9 lit a), lässt sie die deutliche und bestimmte Behauptung eines Sachverhaltes vermissen, der den Prüfungskriterien des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes entspricht (Ratz, WK-StPO §§ 281 Rz 557 und 285d Rz 10 und 14).

Mit dem weiteren Vorbringen bekämpft die Beschwerde mit eigenen Beweiswerterwägungen unter Hinweis auf selektiv hervorgehobene, zum Teil akten- und urteilsfremde Vergleiche (siehe z. B. die Beschwerdebehauptungen S 4 und 5 zum Faktum A I 1 im Gegensatz zu US 17 bis 19), den Angeklagten entlastend scheinende Teile des Beweisverfahrens unzulässig die Beweiswürdigung (vgl Beschwerde S 8 „andere Würdigung der Beweise") der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung, ohne damit einen formalen Begründungsmangel aufzuzeigen. Diese haben - dem Gebot der gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) Rechnung tragend - im Einklang mit den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen begründet - dargelegt, von welchen Verfahrensergebnissen ausgehend sie die leugnende Verantwortung des Angeklagten und die ihn entlastenden Depositionen der Mitangeklagten als Schutzbehauptung angesehen haben. Dabei sind sie auch auf die Widersprüchlichkeiten in den Aussagen sämtlicher Mittäter eingegangen (US 16 bis 26). Dass sie der leugnenden Verantwortung des Angeklagten nicht gefolgt sind und die aus den im Ersturteil angeführten Beweismitteln gezogenen Schlüsse dem Beschwerdeführer nicht überzeugend genug erscheinen, vermag den herangezogenen Nichtigkeitsgrund ebensowenig herzustellen wie der Umstand, dass die Tatrichter sich nicht mit jedem gegen die Beweiswürdigung möglichen, im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde konkret erhobenen Einwand im Voraus auseinandergesetzt haben. Soweit die Beschwerde davon ausgeht, dass die Information eines Mittäters an den Angeklagten über das Tatgeschehen keine Tathandlung des Angeklagten darstellen könne, argumentiert sie wiederum spekulativ beweiswürdigend und negiert neuerlich die begründeten Annahmen des Erstgerichtes, wonach die Täter bei den Einbruchsdiebstählen in Verfolgung ihres gemeinsamen Tatplanes in koordinierter Weise arbeitsteilig vorgingen, während der Einbruchsdiebstähle regelmäßig über Mobiltelefon mit „Handyohrgarnitur" miteinander in Verbindung standen, auf diese Weise jeweils einzelne Täter Aufpasserrollen übernahmen oder technische Anweisungen zum Aufbruch übermittelten und über den Fortgang der Tathandlung berichteten (US 11 und 12).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) verfehlt die Ausrichtung an den Prozessvorschriften, weil sie mit dem Einwand, die Feststellungen des Erstgerichtes zur subjektiven Tatseite (US 11) entsprächen nicht „der Schuldform der Absichtlichkeit" die rechtliche Konsequenz bloß behauptet, jedoch nicht methodengerecht aus dem Gesetz ableitet (vgl WK-StPO § 281 Rz 588 ff, 13 Os 151/03, 15 Os 19/04, 15 Os 20/05p, 15 Os 37/05p). Im Übrigen übergeht die isolierte Betrachtung der Urteilsausführungen zum Vorsatz US 14 die weiteren Konstatierungen zur Absichtlichkeit auf US 11 (wonach die Täter den Entschluss fassten, künftig Einbruchsdiebstähle in erster Linie in Fahrzeuge zu begehen, um sich dadurch über einen längeren Zeitraum eine Einnahmequelle zu verschaffen), somit den Urteilsinhalt in seiner Gesamtheit (WK StPO § 281 Rz 581).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO, zum Teil iVm § 285a Z 2 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a StPO.

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