OGH 15Os37/05p

OGH15Os37/05p21.4.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. April 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Fuchsloch als Schriftführer, in der Strafsache gegen DDr. Wolf Dieter F***** wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26. Jänner 2005, GZ 053 Hv 176/03v-71, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

DDr. Wolf Dieter F***** wurde des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt, weil er sich im Oktober 2002 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz ein Gut im Wert von mehr als 50.000 Euro, das ihm anvertraut worden ist, zugeeignet hat, indem er 82.000 Euro, die er von seiner Klientin Mag. Jana W***** erhalten hatte, nicht vereinbarungsgemäß an Mag. Andreas R***** weiterleitete, sondern für sich behielt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 4, 5, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel. Zu Unrecht reklamiert die Verfahrensrüge (Z 4) die Ablehnung der in der Hauptverhandlung vom 26. Jänner 2005 gestellten Beweisanträge auf

1) nochmalige Vernehmung des Zeugen Dr. B***** zum Beweis dafür, „dass er wirklich nicht zu den 45.000 Euro gekommen ist";

2) Vernehmung des Geschäftsführers im Hotel in Ising in Deutschland zum Beweis dafür, „dass der Angeklagte diese Woche dort gewesen ist und er am 31. Oktober 2002 nicht in Österreich gewesen ist";

3) Vernehmung der Frau Be***** zum Beweis dafür, „dass der Angeklagte nicht nach Österreich gekommen ist und die ganze Woche in Deutschland mit ihr zusammen verbracht hat. Dies wiederum zum Beweis dafür, dass der Angeklagte am 31. Oktober 2002 nicht in Österreich gewesen ist". Wie das Erstgericht in seinem abweisenden Zwischenerkenntnis (S 49/II) im Ergebnis zutreffend darlegt, konnte die Vernehmung dieser Zeugen ohne Verletzung von Verteidigungsrechten unterbleiben. Dem Begehren auf nochmalige Vernehmung des Zeugen Dr. B***** gebricht es an jeglicher Darlegung, aufgrund welcher Umstände zu erwarten sei, dass dieser Zeuge nunmehr - entgegen seiner diesbezüglichen (früher auch anderslautende Angaben ausdrücklich richtigstellenden) Aussage in der Hauptverhandlung vom 26. Jänner 2005 (S 23/II) - zur Überlassung von 45.000 Euro an den Angeklagten am 25. Oktober 2002 nunmehr abweichende Angaben machen werde.

Den Anträgen laut Punkt 2 und 3 lässt sich nicht entnehmen, welche Wahrnehmungen, die eine Tagesfahrt des Angeklagten nach Österreich am 31. Oktober 2002 während eines behaupteten Aufenthaltes in Ising ausschließen würden, von den Zeugen gemacht worden wären und inwieweit dadurch eine Erweiterung der Beweisgrundlage zu erwarten wäre.

Denn nach Jahrzehnte zurückreichender, gefestigter Rechtsprechung muss im Beweisantrag, soweit dies nicht auf der Hand liegt, angegeben werden, aus welchen Gründen erwartet werden kann, dass die Durchführung des begehrten Beweises das vom Antragsteller behauptete Ergebnis haben werde und inwieweit dieses - sofern es nicht offensichtlich ist - für die Schuld- oder Subsumtionsfrage von Bedeutung ist (siehe 11 Os 40/80, 9 Os 130/80 mit Bezugnahmen auf RZ 1970, 18, die zahlreichen weiteren in RIS-Justiz RS0099453 und RS0107040 dokumentierten Entscheidungen, zuletzt unter anderem 15 Os 31/04 und 15 Os 146/04 sowie Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327 und Mayerhofer/Hollaender, StPO5 § 281 Z 4 E 19).

Dementsprechend wurden die Beweisanträge zu Recht abgewiesen, weil dem hiezu vorgebrachten zufolge eine Klärung erheblicher Umstände durch die Vernehmung der genannten Zeugen nicht erwartet werden konnte.

Die in der Beschwerde dazu nachgetragenen Erwägungen haben dabei außer Betracht zu bleiben, weil bei Prüfung der Berechtigung eines Antrags stets von der Verfahrenslage zum Zeitpunkt der Entscheidung darüber und den dazu vorgebrachten Gründen auszugehen ist (Mayerhofer/Hollaender, StPO5 § 281 Z 4 E 40 und 41). Soweit die Mängelrüge (Z 5) einleitend behauptet, die Feststellungen des Erstgerichtes seien „immer wieder unvollständig, undeutlich, wenn nicht sogar widersprüchlich oder lassen sich aus den Aussagen nicht mit der erforderlichen Sicherheit ableiten", lässt sie deutliche und bestimmte Bezeichnung eines Sachverhaltes vermissen, der den Prüfungskriterien eines ebenso bezeichneten Nichtigkeitsgrundes entspricht (Ratz, WK-StPO § 285d Rz 10). Ab wann die Zeugin R***** die Auszahlung des Kaufpreises durch den Angeklagten urgiert hat, betrifft ebensowenig eine für den Ausspruch über die Schuld des Beschwerdeführers oder den auf diesen anzuwendenden Strafsatz entscheidende Tatsache (aaO WK-StPO § 281 Rz 390) wie Details der finanziellen Situation des Angeklagten und seines Motives anlässlich der Tatbegehung. Die vermissten Feststellungen über den Zeitpunkt, ab dem dem Angeklagten und Vertragserrichter die Löschungsquittungen schließlich tatsächlich zur Verfügung standen, sind samt Begründung dazu im Urteil enthalten (vgl US 5 iVm S 9).

Insofern die Feststellungen des Erstgerichtes über die wirtschaftliche Situation des Angeklagten als aktenwidrig bezeichnet werden, verkennt die Beschwerde, dass nur die Wiedergabe des Inhalts einer bei den Akten befindlichen Urkunde oder einer Aussage, nicht aber Feststellungen Gegenstand des geltend gemachten Begründungsmangel sein können (WK-StPO § 281 Rz 461 ff). Das weitere Vorbringen der Mängelrüge versucht zum einen die Glaubwürdigkeit der Zeugen Dr. B***** und Dr. Gertrud und Regine R***** in Zweifel zu ziehen, zum andern zur Frage der Umstände der Geldübergabe und der finanziellen Lage des Angeklagten unter Anstellen eigener Beweiserwägungen unter Hinweis auf selektiv hervorgehobene, dem Angeklagten entlastend scheinender Teile des Beweisverfahrens unzulässig die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer in kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung zu bekämpfen, ohne damit einen formalen Begründungsmangel aufzuzeigen. Diese haben - dem Gebot der gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) zu Rechnung tragend - im Einklang mit den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen begründet dargelegt, von welchen Verfahrensergebnissen ausgehend sie die leugnende Verantwortung des Angeklagten und die ihn entlastenden Depositionen der Familienmitglieder als Schutzbehauptung angesehen haben. Dabei sind sie auch auf die Widersprüchlichkeiten in der Aussage der Belastungszeugen und die Angaben der anderen Zeugen eingegangen (US 9 ff, insbesondere 12 ff). Dass sie der leugnenden Verantwortung des Angeklagten nicht gefolgt sind und die aus den im Ersturteil angeführten Beweismitteln gezogenen Schlüsse dem Beschwerdeführer nicht überzeugend genug erscheinen, vermag den herangezogenen Nichtigkeitsgrund ebensowenig herzustellen wie der Umstand, dass die Tatrichter sich nicht mit jeden gegen die Beweiswürdigung möglichen, im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde konkret erhobenen Einwand im Voraus auseinandergesetzt haben.

Der Einwand, es mangle an Feststellungen des Erstgerichtes über einen allenfalls vorhandenen präsenten Deckungsfonds (inhaltlich Z 9 lit a), beinhaltet keinen Hinweis auf einen nicht durch Feststellungen geklärten, aber indizierten Sachverhalt, sondern stellt generelle Spekulationen über allfällig mögliche Erhebungen zur Verfügbarkeit anderer Geldquellen an, aus welchen der Treuhanderlag erstattet hätte werden können und beruft sich gar nicht auf in der Hauptverhandlung vorgekommene Indizien (WK-StPO § 281 Rz 600).

Gegenstand von Rechts- und Subsumtionsrüge ist ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt. Unerheblich ist, ob die mit dem Gesetz zu vergleichenden Feststellungen einwandfrei zustandegekommen oder dargestellt sind oder erheblichen Bedenken begegnen (WK-StPO § 281 Rz 581 ff).

Im Gegensatz zu den angeführten Voraussetzungen argumentiert die Rechts- (Z 9 lit a) und Subsumtionsrüge (Z 10) in Richtung § 167 StGB abweichend von den diesbezüglichen unmissverständlichen Urteilsfeststellungen über die Zueignung des Treuhandgeldes im Oktober 2002, Auszahlungsverpflichtung spätestens ab 24. Oktober 2002 und Anzeige an die Staatsanwaltschaft am 31. Oktober 2002 (US 4 bis 7 und 21) urteilsfremd auf Basis eines Verzuges der Weiterleitung des Treuhandgelds von „einigen Tagen", der „verfrühten" Anzeige der Rechtsanwaltskammer an die Staatsanwaltschaft, somit fristgerechter Auszahlung vor Anzeigeerstattung und verfehlt damit die Ausrichtung am Verfahrensrecht. Soweit behauptet wird, es könne nicht „ernsthaft davon ausgegangen werden, dass durch die leere Anzeige bei der Staatsanwaltschaft die Wohltat des Gesetzes vernichtet wird" lässt die Beschwerde eine methodisch vertretbare Ableitung aus dem Gesetz vermissen (vgl WK-StPO § 281 Rz 588 und 589, 13 Os 151/03, 15 Os 19/04).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO, zum Teil iVm § 285a Z 2 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a StPO.

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