Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der am 15. 8. 1954 geborene Kläger hat sich im Jahr 1974 durch eine Blutplasmaspende mit dem Hepatitis C-Virus infiziert. Bereits 1974 wurde wegen akuter Hepatitis ein Spendeverbot über ihn ausgesprochen. Der Kläger wurde am 17. 12. 1974 wegen Hepatitis in einem Heeresspital behandelt und anschließend an seinen Hausarzt zur weiteren Betreuung verwiesen. Ab 1974 bestanden beim Kläger Beschwerden, die ganz eindeutig auf eine chronische Hepatitis C-Erkrankung zurückzuführen waren. Er litt unter wiederkehrendem Völlegefühl und Druck im Oberbauch, bis zu 14 Tage andauernd, etwa in einer Frequenz von fünf- bis zwölfmal pro Jahr. Aufgrund dieser Beschwerden befanden sich ab Dezember 1974 auch mehrfach in stationärer Behandlung. Schon 1974 lag beim Kläger zumindest eine geringe entzündliche Aktivität der Leber vor und bestanden erhöhte Leberwerte. Wegen dieser gesundheitlichen Beeinträchtigungen ist der Kläger seit 1974 von Arbeiten ausgeschlossen, die durch Dämpfe, Gase oder Lacke belasten, ebenso auch von schweren körperlichen Tätigkeiten.
Bis Ende der 90-iger Jahre waren die Laborbefunde beim Kläger im Wesentlichen unverändert. Im Jahr 1998 wurden seine Beschwerden stärker und länger und wurde bei der in der Folge durchgeführten Leberhistologie eine chronische Hepatitis C diagnostiziert.
Aufgrund der beim Kläger vorliegenden Oberbauchbeschwerden und der erhöhten Leberwerte ist der Beginn der Hepatitis C-Erkrankung mit 17. 12. 1974 anzusetzen.
Am 3. 5. 2000 beantragte der Kläger die Anerkennung der Hepatitis C-Erkrankung als Berufskrankheit und die Gewährung einer Versehrtenrente.
Mit Bescheid vom 13. 12. 2000 anerkannte die beklagte Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, die Erkrankung, die sich der Kläger als Plasmaspender zugezogen hat, gemäß § 177 Abs 1 Anlage 1 Nr 38 in Verbindung mit § 176 Abs 2 ASVG als Berufskrankheit, stellte die Bemessungsgrundlage mit ATS 91.574 (EUR 6.654,94) fest, sprach aus, dass als Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles gemäß § 174 Z 2 ASVG der 17. 12. 1974 gilt, und gewährte auf Basis einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 vH ab 3. 5. 2000 eine monatliche Versehrtenrente von ATS 3.297,30 (EUR 239,62) als Dauerrente.
Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei im zweiten Rechtsgang schuldig, dem Kläger ab 3. 5. 2000 eine Versehrtenrente im Ausmaß von 30 vH der Vollrente als Dauerrente im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren und stellte die Bemessungsgrundlage mit EUR 7.983,28 sowie den Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles mit 17. 12. 1974 fest. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren, den Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles mit 1994 festzusetzen (und eine höhere Bemessungsgrundlage als EUR 7.983,28 festzulegen), wurde abgewiesen. Über den eingangs dargestellten Sachverhalt hinaus stellte es noch fest, dass ab 17. 12. 1974 beim Kläger eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 vH bestand und dass seit Oktober 1998 die Minderung der Erwerbsfähigkeit 30 vH beträgt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. In seiner rechtlichen Beurteilung führte es aus, dass der (zusammengefasst dargestellte) Sachverhalt ausreiche, um in rechtlicher Hinsicht nachprüfen zu können, ob die medizinische Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers im Dezember 1974 mit 20 vH zutreffe. Anhaltspunkte dafür, dass die begründete medizinische Einschätzung des Ausmaßes der MdE nicht richtig sei oder der Sachverständige dabei wichtige Gesichtspunkte nicht berücksichtigt habe und ein Abweichen von dieser ärztlichen Schätzung zur Vermeidung unbilliger Härten geboten sei, seien nicht erkennbar. Da der Beginn der Krankheit des Klägers mit dem Beginn der Minderung der Erwerbsfähigkeit zusammenfalle, wirke sich der vom Kläger angestrebte Günstigkeitsvergleich iSd § 174 Z 2 ASVG im Ergebnis nicht aus.
Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung nicht von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen sei; die Frage, wann erstmals beim Kläger eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im berentungsfähigen Ausmaß eingetreten sei, betreffe nur den Einzelfall.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagsstattgebenden Sinn. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei erstattete die ihr freigestellte Revisionsbeantwortung und begehrt darin, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig, weil die Feststellungen der Vorinstanzen nicht ausreichen, um im „dreistufigen Verfahren" den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit festlegen zu können; sie ist auch im Sinne einer Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen berechtigt.
Der Oberste Gerichtshof hat sich in seiner Entscheidung vom 17. 6. 2003, 10 ObS 145/03a (SSV-NF 17/73 = DRdA 2004, 456, Albert), ausführlich mit der Frage des - auch für die Höhe der Bemessungsgrundlage maßgeblichen - Zeitpunkts des Eintritts des Versicherungsfalles auseinandergesetzt. Gemäß § 174 Z 2 ASVG gilt der Versicherungsfall bei Berufskrankheiten entweder mit dem Beginn der Krankheit (§ 120 Abs 1 Z 1 ASVG) oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, mit dem Beginn der Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 203 ASVG) als eingetreten. Der Gesetzgeber meinte, mit der Präzisierung des Begriffs "Eintritt des Versicherungsfalles" werde die Fassung der folgenden Bestimmungen erleichtert, für die dieser Begriff von Bedeutung sei (RV zur Stammfassung des ASVG 599 BlgNR 7. GP 62). Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SSV-NF 5/43 = DRdA 1991, 373, Ivansits; RIS-Justiz RS0084146) ist der Begriff "günstiger" im Sinne von wirtschaftlich vorteilhafter zu verstehen. "Günstiger" ist demnach nicht schematisch der frühestmögliche Zeitpunkt, sondern je nach Lage des Einzelfalles unter Umständen auch der spätestmögliche, nämlich wenn sich erst hiedurch ein Leistungsanspruch begründen lässt oder eine höhere Leistung in Betracht kommt. Es ist daher jeweils nach dem wirtschaftlichen Gesamtergebnis zu beurteilen, ob bei Vorliegen einer Berufskrankheit als Zeitpunkt des Versicherungsfalles gemäß § 174 Z 2 ASVG der Beginn der Krankheit oder der Beginn der Minderung der Erwerbsfähigkeit im rentenbegründenden Ausmaß (20 vH) günstiger ist.
Vom Wortlaut des § 174 Z 2 ASVG wird zwar für den Eintritt des Versicherungsfalles nicht gefordert, dass ein bestimmter Grad der MdE erreicht wird. Die höchstgerichtliche Rechtsprechung geht aber unter Berufung auf ältere deutsche Rechtsprechung und Literatur und unter Hinweis auf das Klammerzitat „(§ 203)" davon aus, dass das Erreichen eines rentenbegründenden Ausmaßes erforderlich ist (SSV-NF 5/43 = DRdA 1991/373, [zust] Ivansits; 10 ObS 145/03a = SSV-NF 17/73 = DRdA 2004/456, [krit] Albert).
Im vorliegenden Fall will der Kläger erreichen, dass - ungeachtet des nicht strittigen Beginns der Krankheit im Jahr 1974 (die dem Kläger damals allerdings noch nicht als Hepatitis C-Infektionserkrankung bekannt war) - die durch die Berufskrankheit hervorgerufene Minderung der Erwerbsfähigkeit im rentenbegründenden Ausmaß erst ab 1994 und nicht schon ab 1974 angenommen wird. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist es für ihn im Hinblick auf die höhere Bemessungsgrundlage zweifellos günstiger, einen Eintritt des Versicherungsfalles erst im Jahr 1994 (statt 1974) anzunehmen.
Der Oberste Gerichtshof hat in der ebenfalls eine Hepatitis C-Erkrankung betreffenden, schon vom Berufungsgericht angeführten Entscheidung 10 ObS 122/00i (SSV-NF 14/57 = JBl 2001, 120) unter Hinweis auch auf die vergleichbare deutsche Praxis darauf verwiesen, dass bei der Ermittlung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) vor allem zwei Faktoren von Bedeutung seien, nämlich der medizinisch festzustellende Umfang der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens durch die Folgen des Versicherungsfalls einerseits und der Umfang der dem Verletzten (Erkrankten) dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens andererseits. Bei Berufskrankheiten richte sich die MdE - ähnlich wie bei Unfallfolgen - einerseits nach der Schwere des noch vorhandenen akuten Krankheitszustandes und andererseits nach dem Umfang der dem Erkrankten verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Für eine vereinfachte Beurteilung der MdE unter Berücksichtigung der Einsatzmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt habe sich im Laufe der Zeit ein "Gerüst von MdE-Werten" herausgebildet, die die Grundlage für eine gleiche und gerechte Einschätzung der MdE in vergleichbaren Fällen bilde und als ständige Übung Beachtung beanspruchen könne.
In diesem Sinn misst die Rechtsprechung im Regelfall der medizinischen Einschätzung eine besondere Bedeutung zu. Der Oberste Gerichtshof hat unter anderem in der Entscheidung 10 ObS 50/99x = SSV-NF 13/36 hervorgehoben, dass dem Gericht aber die Aufgabe bleibt, im Rahmen der rechtlichen Beurteilung nachzuprüfen, ob die medizinische Einschätzung der MdE zutreffen kann oder ob dabei wichtige Gesichtspunkte nicht berücksichtigt wurden, weshalb ein Abweichen geboten ist, etwa zur Vermeidung unbilliger Härten (RIS-Justiz RS0043587; näher etwa Mosler, Die Verweisung im Recht der Unfallversicherung, in Tomandl [Hrsg], Die Verweisung im Sozialrecht [2002] 27 [37 ff]; kritisch zu der die medizinische Beurteilung in den Vordergrund rückenden Judikatur etwa Wachter, Die Berücksichtigung von Vorschädigungen bei der Bemessung von Versehrtenrenten, DRdA 1992, 8 ff [10 ff] und Ackerl, Was heißt 'Erwerbsfähigkeit'? DRdA 1989, 85 [90 ff]).
Darüber hinaus hat der Oberste Gerichtshof in der schon genannten Entscheidung 10 ObS 122/00i (SSV-NF 14/57 = JBl 2001, 120) ausgeführt, dass es ausnahmsweise zur Einschätzung des Grades der MdE der Heranziehung eines "dreistufigen Verfahrens" bedürfe, wenn die Auswirkungen einer Berufskrankheit auf die Einsetzbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht offenkundig seien. Dabei sei zunächst die Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens durch die Berufskrankheit festzustellen, weiters der Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens und schließlich der Grad der MdE.
Diesen Standpunkt hat der Oberste Gerichtshof im Aufhebungsbeschluss 10 ObS 398/01d (SSV-NF 16/9) bekräftigt. Dem Erstgericht wurde in dieser Entscheidung aufgetragen, insbesondere Feststellungen darüber zu treffen, in welchem Umfang die Leistungsfähigkeit des Klägers durch die Folgen seiner Berufskrankheit beeinträchtigt und von welchen Arbeiten der Kläger dadurch ausgeschlossen sei. Schließlich sei mit dem internistischen Sachverständigen zu erörtern, ob sich aufgrund dieser Beurteilungskriterien und unter Bedachtnahme auf die in der deutschen Praxis für die Virushepatitis entwickelten Bewertungsschemen eine Änderung in der Einschätzung der medizinischen Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers ergebe.
Wie diesen beiden Entscheidungen 10 ObS 122/00i (SSV-NF 14/57 = JBl 2001, 120) und 10 ObS 398/01d (SSV-NF 16/9) zu entnehmen ist, kann im Rahmen des „dreistufigen Verfahrens" nicht nur in Härtefällen von der medizinischen Einschätzung abgewichen werden. Grund für das dreistufige Verfahren ist vielmehr der Umstand, dass mangels eines schon durch längere Zeit erprobten Bewertungsschemas eine Nachprüfbarkeit der medizinischen Einschätzung in Bezug auf die Auswirkungen der konkret bei einem Versehrten gegebenen Einschränkung der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gewährleistet sein muss.
Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht dem Erstgericht im Aufhebungsbeschluss vom 21. 5. 2003 (ON 22) ebenfalls vorgegeben, nach diesem "dreistufigen Verfahren" vorzugehen. Das Erstgericht veranlasste daraufhin eine mündliche Ergänzung des Gutachtens des hepatologischen Sachverständigen, der seine Einschätzung der MdE ab 1974 auf einen in Deutschland erschienenen Leitfaden zur Begutachtung von Virus-Hepatitis als Berufskrankheit stützte. Daraus ergebe sich eine MdE von 20 vH, wenn eine geringe entzündliche Aktivität in der Leberhistologie und keine bis geringe Fibrose vorliege. In der Beweiswürdigung führte das Erstgericht aus, dass es nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen bei der Einschätzung der MdE „aufgrund des in der deutschen Praxis ermittelten Bewertungsschemas lediglich auf die tatsächlich vorliegenden erhöhten Leberwerte" ankomme.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts reicht der festgestellte Sachverhalt aber nicht aus, um in rechtlicher Hinsicht nachprüfen zu können, ob die medizinische Einschätzung der MdE des Klägers zum Zeitpunkt Dezember 1974 mit 20 % zutrifft. Wie schon erwähnt lässt es die Rechtsprechung in typischen Fällen, in denen ausreichende Erfahrungswerte für die Beurteilung bestimmter Gesundheitsschäden aus der bisherigen Entscheidungspraxis der Sozialversicherungsträger und der Gerichte vorliegen (Mde-Erfahrungswerte), zu, dass die MdE nach diesen Erfahrungswerten beurteilt wird, was auch eine Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle gewährleistet (Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII K § 56 Rz 36). Wenn sich solche Richtwerte noch nicht in ausreichendem Maß entwickelt haben, ist es notwendig, im „dreistufigen Verfahren" zunächst die Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens durch die Berufskrankheit festzustellen, weiters den Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens und daraus schließlich den Grad der MdE.
Das Erfordernis eines „dreistufigen Verfahrens" ist auch im vorliegenden Fall gegeben, fehlt es doch bei der Feststellung der auf eine Erkrankung an Hepatitis C zurückzuführenden Minderung der Erwerbsfähigkeit derzeit noch an ausreichenden MdE-Erfahrungswerten. Das Erstgericht hat zwar die Beeinträchtigung des Leistungsvermögens durch die Berufskrankheit festgestellt, ist jedoch auf die Frage der dadurch verschlossenen (= unzumutbaren) Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens nicht näher eingegangen. Dies ist im weiteren Verfahren nachzuholen. Bei der Ermittlung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit aus medizinischer Sicht ist es durchaus als zulässig anzusehen, Anhaltspunkte aus den für Regelfälle entwickelten Richtwerten zu gewinnen. Dies erfordert aber eine Offenlegung, welche vergleichbaren Funktionseinbußen im einen und im anderen Fall vorliegen und zu welchen MdE-Einschätzungen diese führen. Reicht diese Vergleichsmethode nicht aus, ist ein berufskundlicher Sachverständiger zur Klärung der Frage der dem Kläger verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens beizuziehen. Während nämlich die Prüfung der Frage, welche (im Erwerbsleben bedeutsamen) körperlichen und geistigen Funktionen infolge der Berufskrankheit beeinträchtigt sind, in erster Linie medizinische Sachkunde erfordert, betrifft die Prüfung der nachfolgenden Frage nach der Relevanz der körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen im Erwerbsleben einen Wertungsakt, in den vor allem auch berufskundliche Aspekte einfließen. Die Frage, wie hoch der Anteil der dem Versicherten aufgrund der Folgen des Versicherungsfalls im Einzelfall verschlossenen Erwerbstätigkeiten ist, lässt sich am ehesten durch berufskundliche Erhebungen klären. Erneut zu betonen ist, dass eine solche Vorgangsweise eine Konsequenz des nur ausnahmsweise durchzuführenden „dreistufigen Verfahrens" und nicht den Regelfall darstellt.
Wenn in der Revision der Standpunkt vertreten wird, es müssten der Lebenslauf und der konkrete individuelle Krankheitsverlauf des Klägers in die Beurteilung der MdE einbezogen werden, ist dem zu entgegnen, dass die Einschätzung des Ausmaßes der MdE ohne Berücksichtigung der tatsächlichen beruflichen Situation des Versehrten nach dem Unfall ausschließlich unter Zugrundelegung allgemeinen Erfahrungswissens über die üblicherweise auftretenden Folgen einer Verletzung bzw Berufskrankheit bei den in Betracht kommenden Verweisungsberufen zu erfolgen hat (10 ObS 352/90 = SZ 63/196 = SSV-NF 4/142; 10 ObS 50/99x = SSV-NF 13/36 uva; RIS-Justiz RS0088964, RS0088972 [T2]; Tomandl in Tomandl, SV-System 8. ErgLfg 333 [2.3.3.2.3.2.]). In diesem Sinn spielt es für die Beurteilung keine Rolle, ob sich der Kläger subjektiv in den von ihm zu verrichtenden konkreten Tätigkeiten beeinträchtigt fühlen musste oder nicht.
Abgesehen von den im Rahmen des „dreistufigen Verfahrens" zu klärenden Fragen ist noch auf folgenden Aspekt hinzuweisen: Das Erstgericht hat die beklagte Partei verpflichtet, dem Kläger ab 3. 5. 2000 eine Versehrtenrente im Ausmaß von 30 vH der Vollrente als Dauerrente im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren. Als Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles wurde der 17. 12. 1974 und als Bemessungsgrundlage der Betrag von EUR 7.983,28 festgelegt. Ein Zuspruch der Versehrtenrente in ziffernmäßiger Höhe ist nicht erfolgt. Nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes ist aber die Höhe der Bemessungsgrundlage keiner Feststellung durch das Gericht zugänglich (RIS-Justiz RS0116477); sie bildet nur eine Vorfrage für die Rentenhöhe (10 ObS 186/04g). Ist - wie hier - eine Geldleistung nur der Höhe, nicht jedoch dem Grunde nach strittig, liegt auch kein Anwendungsfall des § 89 Abs 2 ASGG vor, sondern ist die Leistung in ziffernmäßig bestimmter Höhe zuzusprechen (RIS-Justiz RS0111070).
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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