OGH 15Os21/05k

OGH15Os21/05k21.4.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. April 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Fuchsloch als Schriftführer, in der Strafsache gegen Dr. Heinrich W***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 22. Oktober 2004, GZ 11 Hv 51/04k-41, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dr. Heinrich W***** der Verbrechen des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (A.) und der Veruntreuung nach den §§ 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB (B.) sowie des Vergehens nach dem § 114 Abs 1 ASVG (C.) schuldig erkannt.

Danach hat er - soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung - zu nachfolgenden Zeitpunkten in Liezen A./ mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen zu nachstehenden Handlungen verleitet, die diese in einem 40.000 Euro übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen schädigten, und zwar 1./ Anfang Mai 2000 Anton L***** durch die Zusicherung, er werde keinesfalls zur Haftung herangezogen, zur Übernahme einer Bürgschaft sowie zur Besicherung einer dem Angeklagten von der L***** AG gewährten Girokontoüberziehung von bis zu 2 Millionen S durch die Verpfändung zweier Sparbücher mit Einlageständen von 1,1 Millionen und 649.000 S;

2./ am 31. Oktober 2000 den Bankangestellten Johann R***** durch die Vortäuschung, die zu A./1./ beschriebenen und verpfändeten Sparbücher lediglich kurzfristig zum Zweck der Legitimierung zu benötigen, zu deren Ausfolgung, wodurch die kreditgewährende Bank um Sicherheiten in Höhe von 1,1 Millionen und 649.000 S geschädigt wurde; 3./ im Zeitraum 6. Juni bis August 2002 Anton L***** durch die Vorgabe, er werde ihm die gewährten Darlehen ehestmöglich zurückzahlen, in wiederholten Angriffen zur Überlassung von Geldbeträgen von insgesamt 132.940 Euro.

Dagegen richtet sich die - ausdrücklich den Schuldausspruch zu A./1./ bis 3./ (inhaltlich nur jenen zu A./1./ und 2./) bekämpfende - auf § 281 Abs 1 Z 5a, 9 lit a und 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl.

Rechtliche Beurteilung

Der - eine Unzulässigkeit der Kreditvergabe und der Inanspruchnahme des Bürgen behauptenden - Tatsachenrüge (Z 5a) steht entgegen, dass selbst eine Kreditgewährung trotz Konkursreife an sich nicht als rechtswidrig anzusehen (Avancini/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht, Bd II, Rz 1/213) und die kreditgewährende Bank grundsätzlich auch nicht verpflichtet ist, einen Bürgen über die Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers aufzuklären. Eine Warn- und Aufklärungspflicht der Bank ist dann anzunehmen, wenn für sie eine besonders gefährliche Situation des Bürgen beim Eingehen der Verpflichtung erkennbar ist. Dies wäre etwa der Fall, wenn der wirtschaftliche Ruin (die Zahlungsunfähigkeit) des Kreditnehmers bevorsteht, die Bank weiß, dass dieser den Kredit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht selbst zurückzahlen kann, und sie zudem damit rechnen muss, dass dem Bürgen diese Umstände nicht ebenfalls bewusst sind (vgl ÖBA 1995, 909; ÖBA 1993, 61 ff; HS 27.389). Die Aufklärungspflicht der Bank ist somit restriktiv auszulegen (9 Ob 85/02v, 4 Ob 61/99w, 3 Ob 526/83) und nur ausnahmsweise anzunehmen, weil es beim Bürgen liegt, Informationen über das zu besichernde Kreditgeschäft selbst einzuholen und auf deren Grundlage das eigene wirtschaftliche Risiko einzuschätzen (8 Ob 81/03z). Darüber hinaus darf der Bürge nicht damit rechnen, die Bank werde in seinem Interesse eine Bonitätsprüfung durchführen und ihn in der Folge über das Ergebnis informieren (1 Ob 93/02m). Im konkreten Fall vermag die Beschwerde keine aus den Akten abzuleitenden Anhaltspunkte dafür aufzuzeigen, dass die bevorstehende Zahlungsunfähigkeit des Angeklagten der kreditgewährenden Bank bekannt oder für sie zumindest erkennbar gewesen wäre. Vielmehr vernachlässigt sie mit ihrer Argumentation die Urteilsannahmen (US 12 f), denen zufolge der Angeklagte vorgab, die Rückzahlung des überzogenen Girokontos durch den Verkauf der Liegenschaft EZ ***** (Wert nach Angabe des Angeklagten: 14 Millionen S) vornehmen zu wollen, welche ihm in Kürze im Rahmen eines Verlassenschaftsverfahrens eingeantwortet werden solle. Wenngleich die Bank bei der Schätzung der Liegenschaft von einem geringeren Wert (8 Millionen S) ausgegangen ist (US 13), liegen keine aktenkundigen Tatsachengrundlagen für die Annahme einer Warn- und Aufklärungspflicht vor.

Den weiteren Ausführungen zu A./1./ zuwider wurde der Bürge - entgegen den Versprechungen des Angeklagten - durch einen rechtswirksamen Prozessvergleich mit 75.000 Euro tatsächlich in Anspruch genommen und somit geschädigt (US 16 iVm S 79/III), woran auch Hypothesen über den Ausgang eines allfälligen Zivilprozesses der Bank gegen den Bürgen nicht zu ändern vermögen.

Das Begehren der Tatsachenrüge zu A./2./, den dort festgestellten Schaden der Bank um 75.000 Euro zu kürzen, betrifft keine entscheidenden, nämlich die Wertqualifikation des Betrugs tangierenden Tatsachen.

Insgesamt vermag die Beschwerde daher keine aus den Akten abzuleitenden erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Die Rüge nach Z 9 lit a vernachlässigt mit der bloßen Rechtsbehauptung, dass infolge Ausschöpfung des Kreditrahmens die Kreditvergabe und die Inanspruchnahme des Bürgen unzulässig gewesen seien, die oben aufgezeigten weiter gehenden Konstatierungen der Tatrichter, und legt nicht dar, warum dies - entgegen der bereits dargelegten differenzierenden Rechtsprechung - ganz allgemein der Fall sein solle. Der angeführte Nichtigkeitsgrund wurde daher nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz abgeleitet (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584, 588 ff; Fabrizy StPO9 § 281 Rz 3).

Mit der Behauptung des Vorliegens des Rechtfertigungsgrundes der Nothilfe (§ 3 StGB) zu A./2./ wiederum argumentiert die Beschwerde (Z 9 lit b) weder auf Basis der erstgerichtlichen Feststellungen noch vermag sie darzulegen, worin im Tatzeitpunkt (31. Oktober 2000) ein gegenwärtiger oder unmittelbar drohender rechtswidriger Angriff gegen das Vermögen des - erst nach dem 24. November 2002 in Anspruch genommenen (US 15 f) - Bürgen gelegen sein sollte. Ein Handeln aus Nothilfe ist im Übrigen nicht einmal der Verantwortung des rechtskundigen Angeklagten zu entnehmen (S 75/III), vielmehr wurde diese Behauptung erstmals in der Rechtsmittelschrift geltend gemacht (vgl Mayerhofer/Hollaender StPO5 § 281 Z 9b E 32a). Die - zu A./3./ nicht inhaltlich ausgeführte - Nichtigkeitsbeschwerde war daher - im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, teils als offenbar unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a StPO.

Stichworte