Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung nunmehr zu lauten hat:
"Die beklagte Partei ist schuldig, es ab sofort im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, den Firmenbestandteil 'GfB' zu verwenden. Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 11.767,49 EUR (darin 1.860,33 EUR USt und 605,51 EUR Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 6.627,64 EUR (darin 768,75 EUR USt und 2.015,10 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerinnen, die sich vorwiegend mit Unternehmens-, Investitions- und Finanzierungsberatung sowie mit Betriebsgründungen und Unternehmenssanierung beschäftigen, führen seit etwa 1990 die Firmen „GFB & Partner UNTERNEHMENSBERATUNG Gesellschaft für betriebswirtschaftliche Beratung Ges.m.b.H. & Co" bzw „GFB & Partner UNTERNEHMENSBERATUNG Gesellschaft für betriebswirtschaftliche Beratung Ges.m.b.H.". Die Beklagte betreibt eine Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei und führt seit 1999 die Firma "GfB Treuhand Gesellschaft für Betriebswirtschaft Wien Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungs GmbH".
Die Klägerinnen begehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, es ab sofort im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, den Firmenbestandteil "GfB" - hilfsweise, diesen Firmenbestandteil in Verbindung mit den Worten "Gesellschaft für Betriebswirtschaft" - zu verwenden. Zwischen den Firmen der Streitteile bestehe Verwechslungsgefahr. Die von den Streitteilen angebotenen Dienstleistungen entsprächen einander weitgehend. Die Klägerinnen seien unter dem Firmenschlagwort "GFB" bekannt; dieses besitze Namensfunktion.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die Firmen der Streitteile seien nicht verwechslungsfähig. Für den strittigen Firmenbestandteil bestehe ein Freihaltebedürfnis; er besitze keine Unterscheidungskraft und damit auch keine Namensfunktion, auch liege keine Verkehrsgeltung vor. Die Unternehmensgegenstände sowie die angebotenen Dienstleistungen der Streitteile seien unterschiedlich. Das Erstgericht wies Haupt- und Eventualbegehren ab. Nicht aussprechbare Buchstabenkombinationen seien ohne Verkehrsgeltung nicht unterscheidungskräftig. Die Klägerinnen hätten nicht bewiesen, unter dem Firmenschlagwort "GFB" bekannt zu sein. Verwechslungsgefahr liege nicht vor, weil die von der Beklagten verwendeten Firmenzusätze ausreichende Unterscheidbarkeit bewirkten.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei. Die Buchstabenkombination „GFB" sei nicht ungewöhnlich oder herausragend eigenständig; sie besitze keine selbstständige Namensfunktion. Mangels Nachweises der Verkehrsgeltung scheide ein kennzeichenrechtlicher Schutz aus. Das Hauptbegehren sei daher unbegründet. Das Zeichen "GfB" in Verbindung mit der Bezeichnung "Gesellschaft für Betriebswirtschaft" sei kein eigenständiger, zusammenhängender und damit kennzeichnungskräftiger Firmenbestandteil, weil die genannten Teile des Firmenwortlauts durch das Wort "Treuhand" verbunden seien. Auch liege für mögliche Auftraggeber nahe, dass "GfB" die Abkürzung für "Gesellschaft für Betriebswirtschaft" sei. Die Bezeichnung sei ein beschreibender Hinweis auf die Art des Unternehmens; es werde auf die Erbringung betriebswirtschaftlicher Leistungen (im weiteren Sinn) hingewiesen. Auch das im Eventualbegehren genannte Kennzeichen besitze keine individualisierende Unterscheidungskraft; Verkehrsgeltung sei nicht erwiesen. Verwechslungsgefahr sei zu verneinen: Das in den Firmen der Klägerinnen hervorstechende Wort "Unternehmensberatung" beschreibe einen anderen Unternehmensgegenstand als das Wort "Treuhand" in der Firma der Beklagten. Die Firmen der Streitteile unterschieden sich auch im Wortbild und im Klang.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, ihr Firmenbestandteil „GFB" sei herausragend eigenständig und unterscheidungskräftig und falle unter den Schutz des § 9 UWG, auf den sich die Klägerinnen, entgegen der Behauptung der Beklagten, bereits in der Klage berufen haben. Die Firmen der Streitteile seien einander verwechselbar ähnlich. Bestandteile einer Firma sind als Firmenschlagwort zufolge der ihnen innewohnenden Namensfunktion schutzfähige Kennzeichen iSd § 9 Abs 1 UWG, wenn sie Unterscheidungskraft (Kennzeichnungskraft) besitzen, also etwas Besonderes, Individuelles an sich haben, das sich schon ihrer Art nach dazu eignet, ihren Träger von anderen Personen oder Unternehmen zu unterscheiden (4 Ob 73/01s = ÖBl 2001, 263 = pro-solution.at mwN; vgl RIS-Justiz RS0078808).
Für die besondere Bezeichnung des Unternehmens (§ 9 Abs 1 UWG) gelten die gleichen Grundsätze wie für Marken (stRsp: 4 Ob 117/03i = MR 2004, 69 - computerdoktor.com mwN).
Art 2 der Ersten Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken 89/104/EWG (MarkenRL) bestimmt, dass Marken alle Zeichen sein können, die sich grafisch darstellen lassen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen und die Form oder Aufmachung der Ware, soweit solche Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Nach Art 3 Abs 1 lit b MarkenRL sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen. Die MarkenRL geht somit von einem weiten Markenbegriff aus, der Buchstaben(kombinationen) generell Unterscheidungskraft zuerkennt.
Schon bevor der österreichische Gesetzgeber mit der Markenrechts-Novelle 1999 diese europarechtlichen Vorgaben in der Neufassung des § 1 MSchG übernommen hat, hat der Oberste Gerichtshof in richtlinienkonformer Interpretation des MSchG ausgesprochen, dass der Gedanke eines generellen, abstrakten Freihaltebedürfnisses des Verkehrs an Buchstaben(-gruppen), die kein eigenes Wort mit Phantasiecharakter ergeben, sondern erkennbar ihren Eigencharakter behalten, durch das Eintragungshindernis eines im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung bestehenden konkreten Freihaltebedürfnisses an einer bestimmten Buchstabenkombination zu ersetzen ist. Bei Prüfung der Frage, ob einer bestimmten Buchstabengruppe Unterscheidungskraft als Eintragungsvoraussetzung zukommt, ist daher in erster Linie darauf abzustellen, ob ein konkreter Grund vorliegt, aus welchem diese Buchstabengruppe zur Kennzeichnung einer bestimmten Ware oder Dienstleistung keinesfalls geeignet ist (4 Ob 145/99y = ÖBl 1999, 26 - ASP; RIS-Justiz RS0078803[T12]).
Beurteilt man den Firmenbestandteil "GFB" in den Firmen der Klägerinnen nach diesen Grundsätzen, kann ihm im Zusammenhang mit Dienstleistungen auf dem Gebiet der Betriebswirtschaft - entgegen der Auffassung der Vorinstanzen - auch ohne Verkehrsgeltung Kennzeichnungskraft nicht abgesprochen werden:
Der genannten Buchstabengruppe folgt bei den für die Schutzfähigkeit des Firmenbestandteils der Klägerinnen allein maßgeblichen Firmen der Klägerinnen - anders als in der Firma der Beklagten - nicht der Firmenbestandteil "[...] Gesellschaft für Betriebswirtschaft", sondern, nach „"& Partner", die Wortgruppe "[...] Gesellschaft für betriebswirtschaftliche Beratung" nach. Für das angesprochene Publikum liegt es damit keinesfalls nahe, die Buchstabengruppe als Abkürzung des nicht einmal unmittelbar nachfolgenden Firmenbestandteils „Gesellschaft für betriebswirtschaftliche Beratung" und damit als beschreibenden Hinweis auf die Art des Unternehmens zu verstehen. Auf den ersten Blick und ohne längeres Nachdenken lässt sich das strittige Firmenschlagwort, das aus drei Großbuchstaben besteht und dem die Zeichen „& Partner" unmittelbar nachfolgen, als Abkürzung eines oder mehrerer Eigennamen („GFB & Partner"), jedenfalls aber nicht als Abkürzung deuten, die den Tätigkeitsbereich der Unternehmen beschreibt. Sind demnach zum Verständnis des Firmenschlagworts der Klägerinnen noch weitere Überlegungen und Schlussfolgerungen erforderlich, ist dieses nicht glatt beschreibend, sondern besitzt auch ohne Verkehrsgeltung Unterscheidungskraft.
Der Firmenbestandteil „GfB" in der prioritätsjüngeren Firma der Beklagten weicht allein in der Kleinschreibung des mittleren Buchstabens vom unterscheidungskräftigen Firmenschlagwort der Klägerinnen ab und steht wie dieses am Beginn der Firma. Er fällt damit ins Auge und lässt aufgrund des übereinstimmenden Wortklangs und des nahezu übereinstimmenden Wortbilds (der in der Kleinschreibung des zweiten Buchstabens bestehende Unterschied fällt nur bei genauer Betrachtung auf) an einen Zusammenhang wirtschaftlicher oder organisatorischer Natur der beiden Unternehmen denken. Damit wird Verwechslungsgefahr (im weiteren Sinn) begründet (4 Ob 13/95 = SZ 68/27 - PRO; 4 Ob 42/95 = ÖBl 1996, 93 - Miss Fitness Austria, jeweils mwN). Der Unterlassungsanspruch der Klägerinnen ist daher berechtigt.
Der Revision ist Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 Abs 1 ZPO, im Rechtsmittelverfahren iVm § 50 Abs 1 ZPO. Der Vertagungsantrag vom 5. 2. 2004 (ON 16) ist nach TP 1 RAT zu honoriereren. Fahrtkosten zu den Tagsatzungen sind mit dem doppelt verzeichneten Einheitssatz abgegolten (§ 23 Abs 5 RATG).
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