OGH 4Ob42/95

OGH4Ob42/9513.6.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Peter P*****, Kaufmann, ***** vertreten durch Zamponi, Weixelbaum & Partner, Rechtsanwälte OEG in Linz, wegen Unterlassung, Beseitigung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 350.000), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 14.März 1995, GZ 2 R 31/95-8, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 27.Dezember 1994, GZ 2 Cg 181/94d-3, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S

29.367 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten S 4.894,50 Umsatzsteuer) binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Inhaberin der österreichischen Wortmarke Nr 103.094 "Miss Austria" für die Warenklasse 42 (Veranstaltung von Schönheitskonkurrenzen und Miss-Wahlen), welche mit dem Beginn der Schutzdauer vom 22.7.1983 auf Grund eines Verkehrsgeltungsnachweises am 24.8.1983 für E***** R***** registriert worden war und am 19.7.1994 auf die Klägerin umgeschrieben wurde. Die Klägerin organisiert - wie ihr Rechtsvorgänger - Schönheitskonkurrenzen und Miss-Wahlen in ganz Österreich. Zur jährlichen Wahl der "Miss Austria" finden - von Lizenznehmern durchgeführte - Vorwahlen in den einzelnen Bundesländern statt.

Der Beklagte organisiert seit 1987 die Wahl zur "Miss Fitness". Im Rahmen der "Miss Fittness-Tour 1994" wurden Wahlen zur "Miss Fittness Niederösterreich", Miss Fittness Salzburg", "Miss Fittness Burgenland", "Miss Fitness International" und zur "Miss Fitness Austria" durchgeführt. Die Wahl der "Miss Fittness Austria" wurde in Werbeaussendungen, Programmen und auf Plakaten angekündigt. Darauf waren die Wörter "Miss", "Fitness" und "Austria" jeweils in Blockbuchstaben geschrieben, wobei das Wort "Austria" in geringfügig kleinerer Schriftgröße über dem Wort "Fitness" stand. Die Wahl der "Miss Fitness Austria" fand ohne Publikumsbeteiligung in einem Einkaufszentrum in Wien, der sogenannten "Lugner-City", statt.

Bei den vom Beklagten durchgeführten Bewerben wird die konditionsstärkste und hübscheste Teilnehmerin gesucht. Die Bewerberinnen müssen ihre Kondition in drei Disziplinen, nämlich Radfahren auf einem Ergometer, Laufen auf einem Laufband und Treppensteigen auf einem sogenannten "Stepper" unter Beweis stellen. Bewertet werden ferner Körperform und individuelle Präsentation.

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt die Klägerin, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs bei der Ankündigung, Organisation und Durchführung von Schönheitskonkurrenzen und Miss-Wahlen die Bezeichnung "Miss Fitness Austria" oder eine andere Bezeichnung, in der die für die Klägerin geschützte österreichische Marke Nr 103.094 "Miss Austria" enthalten ist, zu verwenden. Die von dem bekannten "Miss-Macher" E***** R***** erworbene Marke besitze infolge Verkehrsgeltung Kennzeichnungskraft. Die Klägerin habe seit der Umschreibung der Marke bereits 100 Veranstaltungen zur Vorwahl der "Miss Austria" durchgeführt. Der Beklagte verwende das Kennzeichen der Klägerin ebenfalls zur Kennzeichnung von Schönheitskonkurrenzen und Miss-Wahlen. Der von ihm dabei gebrauchte Zusatz "Fitness" sei nicht geeignet, die Verwechslungsgefahr auszuschließen. Beide Kennzeichen vermittelten denselben Eindruck, nämlich der schönsten Frau Österreichs. Jedenfalls gebe der Zusatz "Fitness" dem Kennzeichen des Beklagten kein anderes Gepräge, zumal die Worte "Miss Austria" unverändert übernommen würden. Der Bewerb des Beklagten sei nicht rein sportlicher Natur, sondern ebenfalls ein Schönheitswettbewerb.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrages. Die Klägerin führe Schönheitsbewerbe nicht selbst sondern durch Lizenznehmer durch und mache daher von ihrer Marke keinen Gebrauch. Der Bewerb zur Wahl der "Miss Fitness" habe zum Ziel, die konditionsstärkste und zugleich hübscheste Teilnehmerin zu finden. Daher werde nicht die Wahl einer "Miss Austria" sondern die Wahl einer "Miss Fitness" durchgeführt. Das Wort "Fitness" sei nicht bloß Zusatz, sondern Hauptbestandteil des Veranstaltungstitels des Beklagten. Bedingung für die Teilnahme an diesem Bewerb sei, daß die Teilnehmerinnen ihre Fitness regelmäßig in einem Fitness-Studio stärken. Die Veranstaltung des Beklagten richte sich daher an einen anderen Interessentenkreis als jenen von (allgemeinen) Schönheitskonkurrenzen.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Bezeichnung "Miss Austria" sei für einen gesamtösterreichischen Schönheitswettbewerb ein schwaches Kennzeichen mit nur eingeschränktem Schutzbereich. Schon geringe Abweichungen könnten daher die Verwechslungsgefahr beseitigen. Durch das Einfügen des Wortes "Fitness" zwischen die Wörter "Miss" und "Austria" entstehe eine andere Wortverbindung mit einem anderen Sinngehalt. Während Durchschnittsinteressenten mit dem Begriff "Miss Austria" eine nach ästhetischen Kriterien geführte Schönheitskonkurrenz verbänden, erwecke der Begriff "Miss Fitness Austria" die Vorstellung, daß die Bewerberinnen um diesen Titel zumindest auch auf Grund ihrer körperlichen Kondition bewertet würden. Tatsächlich stehe beim Bewerb des Beklagten die Fitness der Bewerberinnen auch im Vordergrund. Die Veranstaltungen fänden demnach auch in Fitness- und Sportzentren statt.

Das Rekursgericht verbot dem Beklagten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs bei der Ankündigung, Organisation und Durchführung von Schönheitskonkurrenzen und Miss-Wahlen die Bezeichnung "Miss Fitness Austria" oder eine andere verwechselbare Bezeichnung, in der die für die Klägerin registrierte Marke enthalten ist, zu verwenden. Weiters sprach es aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Die Marke der Klägerin sei auf Grund eines Verkehrsgeltungsnachweises in das Markenregister aufgenommen worden. Auf Grund dieser Eintragung sei daher davon auszugehen, daß diese Marke ungeachtet ihrer an sich rein beschreibenden Natur in den beteiligten Verkehrskreisen tatsächlich als Kennzeichen der Dienstleistungen der Klägerin gelte. Das vom Beklagten für seine gesamtösterreichische Veranstaltung verwendete Kennzeichen "Miss Fitness Austria" sei der Marke der Klägerin verwechselbar ähnlich. Wohl sei die Bezeichnung "Miss Austria" ein schwaches Kennzeichen, im Hinblick auf die gerichtsbekannt relativ hohe Verkehrsgeltung aber doch nahezu so kennzeichnungskräftig, wie "normale" Kennzeichen auch. Bei schwachen Kennzeichen könnten zwar schon geringe Abweichungen die Gefahr von Verwechslungen beseitigen. Die für die Klägerin geschützte Marke sei jedoch vollständig in die beanstandete Bezeichnung aufgenommen worden. Davon, daß das ältere Kennzeichen der Klägerin in der neuen Wortverbindung "Miss Fitness Austria" untergehe, könne schon deshalb keine Rede sein, weil für das Wort "Fitness" annähernd gleich große Buchstaben verwendet worden seien. Verwechslungsgefahr bestehe hier entweder dadurch, daß die angesprochenen Verkehrskreise beide Kennzeichen demselben Inhaber zuordneten oder der Meinung seien, daß sie zwar von verschiedenen Veranstaltern verwendet würden, zwischen ihnen jedoch wirtschaftliche oder organisatorische Zusammenhänge bestünden. Möge bei der Wahl der "Miss Fitness Austria" auch der Fitness-Gedanke eine wesentliche Rolle spielen, so sei die Veranstaltung des Beklagten doch auch als Schönheitswettbewerb zu bezeichnen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Beklagten erhobene Revisionsrekurs ist - entgegen den Ausführungen in der Revisionsrekursbeantwortung - im Sinne der §§ 78, 402 EO, § 528 Abs 1 ZPO zulässig, weil sich die Lösung der Frage der Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall noch nicht unmittelbar aus der vorhandenen Rechtsprechung zum Schutz schwacher Zeichen und zur mittelbaren Verwechslungsgefahr ergibt; sie ist auch berechtigt.

Wie der Oberste Gerichtshof in der das Kennzeichen der Klägerin betreffenden Entscheidung ÖBl 1986, 7 - Miss Austria bereits ausgesprochen hat, enthält diese Marke eine beschreibende Aussage über den Gegenstand und den Zweck der im Dienstleistungsverzeichnis genannten "Schönheitskonkurrenzen und Miss-Wahlen", so daß sie nur auf Grund eines entsprechenden Verkehrsgeltungsnachweises (§ 4 Abs 2 iVm § 4 Abs 1 Z 2 MSchG) in das Markenregister eingetragen werden konnte; sie ist daher als "schwaches Zeichen" mit entsprechend eingeschränktem Schutzbereich anzusehen. Bloß beschreibende Angaben werden - unter der Voraussetzung der Verkehrsgeltung (§ 4 Abs 2 MSchG) - regelmäßig nur zu den schwachen Kennzeichen gerechnet (ÖBl 1991, 96 - Haus & Grund; ecolex 1993, 538 - Charly). Daß der Grad der Verkehrsgeltung ihrer Marke nach der Registrierung erheblich gestiegen sei, so daß nunmehr ihr Schutzbereich erweitert worden wäre (vgl dazu Fitz-Gamerith, Wettbewerbsrecht 35), hat die Klägerin in erster Instanz nicht vorgetragen. Diese Annahme des Rekursgerichtes beruht daher auch nicht auf einer entsprechenden Tatsachengrundlage.

Auch Zeichen mit nur geringer Kennzeichnungskraft sind nach § 9 UWG gegen mißbräuchliche Verwendung durch Dritte geschützt; der einem solchen "schwachen Zeichen" zu gewährende Schutz muß aber in jedem Fall einschränkend beurteilt werden, so daß häufig schon geringe Abweichungen die Gefahr von Verwechslungen mit anderen Zeichen beseitigen können (SZ 48/128 - ÖBl 1976, 79 Transakta; ÖBl 1981, 104 - Korbstudio/Korkstudio; ÖBl 1986, 7 - Miss Austria; ÖBl 1991, 96 - Haus & Grund; ÖBl 1992, 216 - Harald A.Schmidt; ÖBl 1993, 167 - Tele-Shop uva). Bei der vollständigen Aufnahme eines (schwachen) Zeichens in ein anderes Zeichen ist die Verwechslungsgefahr in der Regel zu bejahen, sofern nicht die ältere Marke innerhalb des jüngeren Zeichens nur eine untergeordnete Rolle spielt und gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des jüngeren Zeichens prägen, ganz in den Hintergrund tritt (Hohenecker/Friedl, Wettbewerbsrecht 193; ÖBl 1976, 23 - Pfeilstern; ÖBl 1984, 104 - UNI Uniton; ÖBl 1991, 247 - West-Side; ecolex 1993, 538 - Charly).

Das gilt aber nicht bei veränderter Übernahme (PBl 1989, 168). Auch ein deutlich verschiedener Begriffsinhalt des neuen Zeichens, das durch vollständige Übernahme des älteren Zeichens gebildet wurde, kann Ähnlichkeiten im Wortbild und Wortklang in den Hintergrund drängen (ÖBl 1986, 92 - Noverox/Verrox; ÖBl 1991, 247 - West-Side; ecolex 1993, 538 - Charly).

Im vorliegenden Fall ist zwar das Kennzeichen der Klägerin in der Bezeichnung "Miss Fitness Austria" zur Gänze enthalten; es ist aber dennoch nicht unverändert übernommen worden, weil die beiden Wörter "Miss" und "Austria" durch das Wort "Fitness" voneinander getrennt wurden. Eine vollständige (unveränderte) Übernahme des fremden Kennzeichens im Sinne der angeführten Rechtsprechung liegt daher nicht vor. Durch diese Trennung der Worte "Miss Austria" durch den Zusatz "Fitness" wurde aber auch der Bedeutungsinhalt des aufgenommenen Zeichens wesentlich verändert. Während die Marke "Miss Austria" die Vorstellung eines von der Klägerin und ihrem Rechtsvorgänger bisher durchgeführten herkömmlichen Schönheitswettbewerbs vermittelt, erweckt die Bezeichnung "Miss Fitness Austria" nicht den Eindruck, daß bei einem so bezeichneten Wettbewerb die schönste Österreicherin gekürt wird; das Wort "Fitness" weist darin vielmehr deutlich darauf hin, daß es bei diesem Wettbewerb in erster Linie auf körperliche Tüchtigkeit ankommt, während dieser Aspekt bei den von der Klägerin und ihrem Rechtsvorgänger bisher durchgeführten "Miss"-Wahlen keine Rolle gespielt hat. Wird aber ein fremdes (schwaches) Kennzeichen - wie hier - bloß in veränderter Form in eine neue Bezeichnung aufgenommen, dann genügt ein deutlicher Hinweis auf Unterschiede der damit bezeichneten Ware oder Dienstleistung regelmäßig schon, um die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen.

Aber auch die Gefahr, daß die beteiligten Verkehrskreise aus den gemeinsamen Zeichenbestandteilen darauf schließen würden, daß beide Bewerbe von der Klägerin durchgeführt werden, besteht nicht. Eine solche mittelbare Verwechslungsgefahr besteht nach ständiger Rechsprechung nur dort, wo der mehreren Zeichen gemeinsame Wortstamm eigenständig hervortritt und schon für sich allein geeignet ist, auf die Herkunft der Ware oder Dienstleistung aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen; bei einem beschreibenden Stammwort (SZ 47/103 = ÖBl 1975, 114 - Pregnex/Pregtest ; ÖBl 1978, 68 - Gerobit/Gerovital; ÖBl 1988, 41 - Easy Rider) oder dann, wenn nur nicht kennzeichnungskräftige Teile gleich sind (ÖBl 1982, 76 - Eurotax/Eurotex) scheidet hingegen die Annahme einer Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Zeichenabwandlung ("Serienzeichen") aus. Das selbe muß aber auch dann gelten, wenn - wie hier - ein schwaches Kennzeichen nicht bloß unmittelbar sondern in veränderter Form übernommen wurde und wegen eines sinnverändernden Zusatzes im neuen Zeichen in den Hintergrund tritt. Mangels einer solchen Ähnlichkeit der Zeichen besteht auch nicht die Gefahr, daß die angesprochenen Verkehrskreise besondere wirtschaftliche oder organisatorische Beziehungen zwischen dem Unternehmen der Streitteile vermuten (Verwechslungsgefahr iwS).

Daher war der abweisende Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 EO, §§ 41, 50, 52 Abs 1 ZPO.

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