OGH 4Ob5/05x

OGH4Ob5/05x14.3.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Ö*****, und 2.) Ö*****, Landesverband *****, beide vertreten durch Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Univ. Prof. Dr. Gerhard L*****, vertreten durch Dr. Georg-Christian Gass und Dr. Alexander M. Sutter, Rechtsanwälte in Graz, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 34.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 25. November 2004, GZ 6 R 244/04f-14, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78 und 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen haben den Beklagten mit einstweiliger Verfügung verboten, im Zusammenhang mit der Neuerrichtung oder Erweiterung einer Blutbank unwahre Behauptungen, die das Fortkommen der Kläger gefährden oder diese schädigen könnten, zu tätigen, insbesondere es zu unterlassen, den Klägern hinsichtlich des Betriebs einer Blutbank mangelndes Fachwissen zu unterstellen, oder - in welcher Form auch immer - den Eindruck zu erwecken, die Kläger seien für den Betrieb einer Blutbank nicht geeignet, oder sonstige Ausführungen gleichen oder ähnlichen Inhalts in Bezug auf die Kläger zu verbreiten.

Als erhebliche Rechtsfrage bezeichnet es der Beklagte, ob Wiederholungsgefahr vorliegt, wenn der Grund für seine beanstandeten Äußerungen weggefallen ist, weil in den tatsächlichen Umständen eine grundlegende Änderung eingetreten sei.

Die Gefahr künftiger Rechtsverletzungen ist eine materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung und demnach grundsätzlich vom Kläger zu beweisen. Hat sich aber der Beklagte bereits rechtswidrig verhalten, so ist zu vermuten, dass er sich auch in Zukunft nicht an das Gesetz halten werde. Daher kommt es bei der Wiederholungsgefahr - nicht aber bei der Erstbegehungsgefahr - zu einer Umkehr der Beweislast: Der Beklagte muss besondere Umstände dartun, die eine Wiederholung seiner gesetzwidrigen Handlung als ausgeschlossen oder zumindest äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen (stRsp 4 Ob 193/00m = ÖBl 2001, 267 - Einkaufszentrum U II mwN). Ob Wiederholungsgefahr besteht, ist nach der Sach- und Rechtslage bei Schluss der Verhandlung erster Instanz zu beurteilen (stRsp 4 Ob 244/01p = ÖBl 2002/302 - Alpentrio Tirol mwN).

Der vom Beklagten ins Treffen geführte Umstand, dass die S***** Landesregierung bereits vor der Entscheidung erster Instanz beschlossen habe, die Blutbank im Rahmen jener Organisation zu errichten, für die der Beklagte tätig ist, und nicht das von den Klägern angestrebte Projekt zu verwirklichen, lässt im Rahmen der Beurteilung der Gefahr künftiger Rechtsverletzungen keineswegs den sicheren Schluss zu, der Beklagte werde in Hinkunft keine Äußerungen über die Kläger im Zusammenhang mit der Neuerrichtung oder Erweiterung der Blutbank im Sinne der zum Gegenstand des Verfahrens gemachten (negativen) Äußerungen mehr machen. Angesichts der Tatsache, dass von den Klägern bzw den mit ihnen verbundenen Rechtsträgern an mehreren Stellen in Österreich Blutbanken tatsächlich geführt werden, und der zusätzliche oder erhöhte Bedarf an derartigen Einrichtungen in Zukunft keinesfalls ausgeschlossen werden kann, besteht durchaus die Möglichkeit, dass wieder eine ähnliche Konkurrenzsituation zwischen den Klägern und der Organisation, für die der Beklagte tätig ist, auftritt und der Beklagte sich daher neuerlich über die Fähigkeiten der Kläger im Zusammenhang mit der Neuerrichtung oder Erweiterung einer Blutbank (auch allenfalls am selben Ort) äußert. Der Revisionsrekurswerber vermag daher keinen Widerspruch zu den Grundsätzen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs aufzuzeigen.

Ob die vom Rekursgericht festgestellte Absicht des Beklagten, mit seinen Behauptungen die Absicht zu verfolgen, fremden Wettbewerb zum Nachteil der Kläger zu fördern, gegenüber dem ideellen Beweggrund des Beklagten (seiner Zielsetzung, dem Wohl der Patienten bestmöglich zu entsprechen), allenfalls völlig in den Hintergrund tritt, ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und bildet daher keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO. Eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung vermag der Beklagte jedenfalls nicht aufzuzeigen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die Wettbewerbsabsicht nicht die einzige oder auch nur die wesentliche Zielsetzung für die beanstandete Handlung sein muss; es genügt vielmehr, dass sie gegenüber dem eigentlichen Beweggrund nicht völlig in den Hintergrund tritt (4 Ob 135/99w = ÖBl 2000, 109 - Bezirkstelefonbuch mwN).

Ebensowenig vermag der Revisionsrekurswerber zur Beurteilung der Aktivlegitimation des erstklagenden Verbands bei Anwendung der Unklarheitenregel eine krasse Fehlbeurteilung durch das Rekursgericht aufzuzeigen. Eine spätere Präzisierung des ins Auge gefassten Personenkreises vermag die nach dem maßgeblichen Verständnis des angesprochenen Empfängerkreises der Wochen früher verbreiteten beanstandeten Äußerung zu beurteilende Aussage nicht mehr zu verändern.

Der Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.

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