OGH 13Os14/05s

OGH13Os14/05s2.3.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. März 2005 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Petö als Schriftführer in der Maßnahmensache des Ing. Günter R***** wegen Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 13. Oktober 2004, GZ 11 Hv 86/04i-113, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung des Ing. Günter R***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet.

Danach hat er unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht (chronisch-psychotische Erkrankung mit paranoid eingefärbten wahnhaften Realitätsverkennungen), folgende Personen „mit einer Gefährdung durch Sprengmittel gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar

1. am 9. September 2003 in Wien Mag. Alfred B***** des Bürgerservice des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten telefonisch durch die sinngemäße Äußerung, er sei der ,Man in black', er werde in Wien, Graz und etwa 50 anderen Orten im Ausland Attentate durch Bombardierungen begehen,

2. am 19. März 2004

a) in Raabe Anita W***** unmittelbar durch die gegenüber der Telefondienst versehenden Mitarbeiterin der Raiffeisenlandesbank R*****, Anna S*****, telefonisch abgegebene Äußerung, sie solle der Anita W***** ausrichten, dass sie eine Briefbombe bekommen werde,

b) in Wien-Schwechat Angestellte der Fa M***** im World Trade Center am Flughafen Wien-Schwechat durch die gegenüber der Angestellten der dortigen M***** Zentrale Brigitte L***** telefonisch abgegebene Äußerung, es werde ihnen ,genau so gehen wie in Amerika', dies sei das World Trade Center, dies werde jetzt überall passieren, sie seien ein amerikanisches Unternehmen, da gehe es dann überall ,puff, puff'",

somit Taten begangen, die ihm außer diesem Zustand als die Vergehen nach § 107 Abs 1 und 2 StGB zuzurechnen gewesen wären, wobei nach seiner Person, seinem Zustand und nach der Art der Taten zu befürchten ist, dass er sonst unter dem Einfluss seiner geistigen und seelischen Abartigkeit gleichartige mit Strafe bedrohte Handlungen mit schweren Folgen begehen werde.

Rechtliche Beurteilung

Die formell auf § 281 Abs 1 Z 5a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen verfehlt ihr Ziel. Die Tatsachenrüge (Z 11 erster Fall iVm Z 5a) befasst sich mit dem auf einen Vorfall vom 25. Juni 2003 bezogenen Vorbringen gar nicht mit Feststellungen zu einem Unterbringungskriterium und ist daher nicht zielführend (vgl Ratz in WK² Vorbem zu §§ 21 - 25 Rz 9). Die gegen Feststellungen zur Gefährlichkeit des Betroffenen erhobenen Einwände stellen der Sache nach ein Berufungsvorbringen dar (vgl RIS-Justiz RS0113980).

Entgegen der Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) wurden die zu befürchtenden gleichartigen Taten (US 8) zu Recht als solche mit schweren Folgen beurteilt.

Der - deckungsgleich in § 180 Abs 2 Z 3 lit a StPO verwendete - Begriff der „schweren Folgen" erfasst, wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat (US 13), über die tatbestandsmäßigen Folgen hinaus alle konkreten Tatauswirkungen in der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Dabei sind Art, Ausmaß und Wichtigkeit aller effektiven Nachteile sowohl für den betroffenen Einzelnen als auch die Gesellschaft im Ganzen, der gesellschaftliche Störwert einschließlich der Eignung, umfangreiche und kostspielige Abwehrmaßnahmen auszulösen und weit reichende Beunruhigung und Besorgnisse herbeizuführen, zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0108487, RS0090054, RS0090221). Die vom Gesetz verlangten schweren Folgen müssen (jeweils) aus einer einzigen Tat resultieren (Ratz in WK² § 21 Rz 27).

Davon ausgehend wurden die Prognosetaten zu Recht als solche mit schweren Folgen beurteilt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Stichworte