OGH 3Ob303/04m

OGH3Ob303/04m26.1.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 12. Jänner 2000 verstorbenen Ali F*****, zuletzt wohnhaft gewesen in *****, wegen Feilbietung von Wohnungseigentumsanteilen, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der erbl. Kinder 1.) Haleh F*****, 2.) Hodda K*****, 3.) Heschmat S*****, 4.) Mohammed-Reza F***** und 5.) Hossein F*****, alle vertreten durch Dr. Franz Leopold, öffentlicher Notar in Graz, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 4. November 2004, GZ 1 R 351/04a-95, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der in Österreich verstorbene Erblasser, ein iranischer Staatsangehöriger, hinterließ u.a. einen Mindestanteil an einer Liegenschaft in Graz, womit Wohnungseigentum an einer näher bezeichneten Wohnung untrennbar verbunden ist. Seine acht Kinder gaben zum Teil auf Grund letztwilliger Verfügung, zum Teil auf Grund des Gesetzes, zum Teil bedingte, zum Teil unbedingte Erbserklärungen ab. Ein Erbübereinkommen zwischen allen Miterben, welche(r) von ihnen die Eigentumswohnung übernehme, kam ebenso wie die Gründung einer entsprechenden Erwerbsgesellschaft nicht zustande. Über Antrag von zwei Erben vom 24. November 2003 und 2. Mai 2004 ordnete das Erstgericht am 28. Juli 2004 gemäß § 12 Abs 2 WEG 2002 (im Folgenden nur WEG) die öffentliche Feilbietung des Mindestanteils und des damit verbundenen Wohnungseigentums durch Versteigerung an und trug dem Gerichtskommissär die Schätzung und Feilbietung derselben auf, weil auf Grund des in § 12 WEG normierten Unteilbarkeitsgrundsatzes der Mindestanteil nicht erbquotenmäßig geteilt werden könne. Die zweite Instanz bestätigte diesen Beschluss unter Entfall des genannten Auftrags an den Gerichtskommissär.

Der außerordentliche Revisionsrekurs von fünf Erben ist mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen iSd § 14 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

a) Der Auffassung der Rechtsmittelwerber, iranisches Recht sei anzuwenden und nicht die Vorschrift des § 12 des österr. WEG, kann nicht beigepflichtet werden.

Da der Erblasser als iranischer Staatsangehöriger in Österreich verstorben ist, findet der Freundschafts- und Niederlassungsvertrag zwischen der Republik Österreich und dem Kaiserreich Iran BGBl 45/1966 Anwendung. Nach dessen Art 10 bleiben u.a. in Angelegenheiten der gesetzlichen und testamentarischen Erbfolge die Angehörigen einer Hohen Vertragschließenden Partei auf dem Gebiete der anderen Partei den Bestimmungen des in ihrem Heimatstaat geltenden Rechtes unterworfen. Dies entspricht § 28 IPRG. Gemäß § 28 Abs 1 IPRG ist die Rechtsnachfolge von Todes wegen nach dem Personalstatut (§ 9 Abs 1 IPRG = Staatsbürgerschaft) des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes - in casu somit nach iranischem Recht - zu beurteilen. Zu den aber nach österr. Recht zu beurteilenden materiellen Erbrechtsfragen gehören u.a. (vorbehaltlich des § 28 Abs 2 IPRG und des § 32 IPRG) der gesamte Erbschaftserwerb (4 Ob 522/91 = JBl 1992, 460 = ZfRV 1993, 35 [Zemen] mwN). § 28 Abs 2 IPRG, wonach dann, wenn eine Verlassenschaftsabhandlung wie hier in Österreich durchgeführt wird, u.a. der Erbschaftserwerb (also insbesondere das Erfordernis der Erbserklärung und der Einantwortung) nach österr. Recht zu beurteilen sind, greift nur zusätzlich in jenen Fällen ein, in denen, ohne dass § 28 Abs 1 IPRG anzuwenden wäre, in Österreich abzuhandeln ist. Der Grund für diese Regelung liegt darin, dass bei manchen Fragen wie etwa dem Erwerb der Erbschaft eine Loslösung des materiellen Rechts vom Verfahrensrecht geradezu unmöglich ist (4 Ob 522/91, 8 Ob 2343/96h = SZ 70/273, je mwN u.a.; RIS-Justiz RS0076678). Bei Abhandlung einer in Österreich gelegenen Liegenschaft geht das Liegenschaftsstatut dem Erbstatut vor (4 Ob 522/91 mwN). Dies gilt auch für einen Liegenschaftsanteil oder einen Mindestanteil, mit dem Wohnungseigentum verbunden ist. Gemäß § 31 Abs 1 IPRG sind der Erwerb und der Verlust dinglicher Rechte an körperlichen Sachen einschließlich des Besitzes nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem sich die Sachen bei Vollendung des dem Erwerb oder Verlust zugrunde liegenden Sachverhalts befinden. Für dingliche Rechte an einer unbeweglichen Sache ist gemäß § 32 IPRG der § 31 auch dann maßgebend, wenn diese Rechte in den Anwendungsbereich einer anderen inländischen Verweisungsnorm fallen. Nach dieser Bestimmung ist das Erbstatut eine "andere inländische Verweisungsnorm", welche durch die lex rei sitae ausgeschlossen ist (4 Ob 522/91 mwN). Der Erbschaftserwerb dinglicher Nachlaßrechte an Liegenschaften ist daher nach dem Recht des Lageortes zu beurteilen. Unter "Erwerb" ist dabei nur der sachenrechtliche Erwerbsakt (Modus), nicht aber auch der Erwerbstitel gemeint. Demgemäß richtet sich der Modus für den Erwerb durch Erben eines Iraners bei einer in Österreich gelegenen Eigentumswohnung nach dem WEG und im Speziellen nach dessen § 12.

b) Der Rechtsmittelstandpunkt, der Ausrufungspreis sei von den Beteiligten festzusetzen, entspricht der bereits von der zweiten Instanz herangezogenen Bestimmung des § 275 AußStrG; dass der Ausrufungspreis von Amts wegen festzulegen wäre, entspricht nicht dem Inhalt des angefochtenen Beschlusses. Der Antrag der drei antragstellenden Erben auf Versteigerung ist entgegen dem im Rechtsmittel geäußerten Auffassung auch nicht verfrüht, ist doch die vom Erstgericht gesetzte Frist (1. Juli 2004) für eine Einigung der Erben, welche(r) von ihnen die Eigentumswohnung übernimmt, längst abgelaufen.

Einer weiteren Begründnung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte