OGH 5Ob106/04f

OGH5Ob106/04f7.12.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö***** B*****, vertreten durch Dr. Klaus Fattinger und Mag. Martin Prett, Rechtsanwälte in Villach, wider die beklagte Partei prot. Firma S***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Wolfgang Gewolf und Dr. Gernot Murko, Rechtsanwälte in Klagenfurt, und der Nebenintervenientin Firma W***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Klaus Messiner und Dr. Ute Messiner, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Wiederherstellung und EUR 7.104,57 (Gesamtstreitwert EUR 14.104,57), über die Revisionen und Rekurse der beklagten Partei und der Nebenintervenientin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 15. Jänner 2004, GZ 4 R 248/03b-28, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 1. September 2003, GZ 25 Cg 74/02z-21, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Revisionen und Rekursen wird Folge gegeben.

Das angefochtene Teilurteil und der angefochtene Beschluss werden dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei und der Nebenintervenientin jeweils die mit EUR 1.354,68 (darin EUR 225,78 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen. Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei deren mit EUR 1.873,52 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin EUR 1.061 an Barauslagen und EUR 135,42 USt) sowie der Nebenintervenientin deren mit EUR 812,52 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin EUR 135,42 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei hat am 9. und 13. 4. 1981 mit der T***** GmbH einen Anschlussbahnvertrag zu deren Firmengelände in ***** abgeschlossen. Die Anschlussstelle befindet sich bei Kilometer

155.544 rechts der Bahnstrecke B*****-I*****. Der Anschluss erfolgte gemäß dem Lageplan, der einen wesentlichen Bestandteil des Vertrages bildete. Diesem Vertrag lagen die Allgemeinen Bestimmungen der Anschlussbahnverträge, BH 510, Ausgabe 1979, zugrunde. Die Beklagte ist Rechtsnachfolgerin der Firma T***** in diesem Anschlussbahnvertrag.

Mit Kaufvertrag vom 5./25. 5. 1998 verkaufte die beklagte Partei die Betriebsliegenschaft EZ 144 Grundbuch ***** an die Nebenintervenientin. In diesem Vertrag vereinbarten die Vertragsteile unter anderem Folgendes:

"Punkt 3,3

Der Umfang der mit Besitz und Eigentum auf den Käufer übergehenden

Rechte bestimmt sich aus dem bisherigen Besitzstand des Verkäufers.

Punkt 4,1

....

Die Vertragsteile kommen überein, dass die Kosten allfälliger Entsorgungs- und Sanierungskosten nach dem Abfallwirtschaftsgesetz, dem Altlastensanierungsgesetz oder sonstigen gesetzlichen Bestimmungen vom Käufer zu tragen sind.

Im Übrigen leistet der Verkäufer Gewähr für die Freiheit des Kaufgegenstandes von allen bücherlichen und außerbücherlichen Lasten oder Rechten Dritter, mit Ausnahme der zu Punkt 1,1 bezeichneten Dienstbarkeiten.

Punkt 4,2

Der Käufer bestätigt, dass ihm der Kaufgegenstand nach Lage, Umfang und Beschaffenheit genauestens bekannt ist, er entlässt daher den Verkäufer aus jeder, über die Bestimmungen des Punktes 4,1 hinausgehenden Gewährleistungshaftung."

Vor Abschluss des Kaufvertrages haben die Beklagte und die Nebenintervenientin nicht über den bestehenden Anschlussbahnvertrag gesprochen. Dem Geschäftsführer der Nebenintervenientin war nicht bekannt, dass die Beklagte jemals einen Vertrag mit der klagenden Partei hatte. Er wusste jedoch, dass Gleisanlagen vorhanden waren. Da er einen Bahnanschluss für die Nebenintervenientin nicht benötigte, interessierte er sich auch nicht für einen Anschlussbahnvertrag mit der klagenden Partei. Die Beklagte und Nebenintervenientin haben im Zuge des Kaufvertrages nicht darüber gesprochen, dass mit den vorhandenen Gleisanlagen irgendwelche Pflichten, insbesondere Abtragungsverpflichtungen oder Abtragungskosten verbunden wären. Mit Schreiben vom 23. 6. 1998 teilte die Beklagte der klagenden Partei mit, dass sie die Liegenschaft an die Nebenintervenientin veräußert habe und das gesamte Areal inklusive Anschlussbahn in den Besitz der Nebenintervenientin übergegangen sei. Betreffend die Verhandlungen über eine etwaige Weiterführung der Anschlussbahn (durch die Nebenintervenientin) möge die Klägerin mit einer bestimmten Kontaktperson Gespräche aufnehmen.

Die Nebenintervenientin zeigte kein Interesse am Weiterbestand der Anschlussbahnanlage (September 1998).

Danach hatte die klagende Partei bis April 2000 weder mit der Beklagten noch mit der Nebenintervenientin Kontakt. Mit Schreiben vom 12. 4. 2000 kündigte die Klägerin der Beklagten den Anschlussbahnvertrag unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist mit Wirkung zum 31. 10. 2000 auf und verlangte von ihr die Wiederherstellung des früheren Zustandes gemäß Punkt 31 Abs 1 der AGB. Die beklagte Partei lehnte mit Schreiben vom 17. 4. 2000 eine Wiederherstellung bzw Übernahme der Kosten für die Wiederherstellung ab. Daraufhin nahm die klagende Partei mit der Nebenintervenientin Kontakt auf. Diese lehnte wiederum den Abschluss eines Anschlussbahnvertrages mit der Klägerin ab.

Einen Vorschlag der Klägerin, dass diese die Rückbaumaßnahmen im Zuge des Umbaus des Bahnhofs F***** kostengünstig durchführen werde können, lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 27. 7. 2000 mit der Begründung ab, dass die Nebenintervenientin sämtliche Anlagen gekauft habe und eine Rechtsverpflichtung der Beklagten gegenüber der klagenden Partei nicht mehr bestünde.

In der Folge führte die klagende Partei auf Bahngrund im Herbst 2001 einen Teil der Rückbauarbeiten, insbesondere die Entfernung einer Anschlussweiche, durch und übermittelte der beklagten Partei darüber eine Rechnung über EUR 7.104,57.

Folgende wesentliche vertragliche Vereinbarungen wurden zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der klagenden Partei getroffen:

Im Punkt IV des Anschlussbahnvertrages vereinbarten sie, dass die gesamte Anschlussbahnanlage einschließlich der Anschlussweiche Eigentum des Anschlussbahnunternehmers ist, hingegen die Bauteile in der Fahrdienstleitung und im Relaisraum sowie die Kabel im Eigentum der klagenden Partei stehen.

Die Allgemeinen Bestimmungen der Anschlussbahnverträge (BH 510) enthalten zur Verjährung, Dauer und Kündigung des Anschlussbahnvertrages und zur Wiederherstellung des früheren Zustandes folgende Bestimmungen:

"Punkt 29: Verjährung

(1) Forderungen aus dem AB-Vertrag verjähren drei Jahre nach ihrer Entstehung.

...

Punkt 30: Dauer und Kündigung des AB-Vertrages

(1) Der AB-Vertrag wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

(2) Jeder Vertragspartner kann den AB-Vertrag schriftlich unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines jeden Kalendermonats kündigen.

(3) Der AB-Vertrag erlischt im Fall des Ablebens des AB-Unternehmers, soferne nicht die ÖBB dem Eintritt des Rechtsnachfolgers in den AB-Vertrag zustimmen.

(4) Die Übertragung des Eigentumsrechtes an einer AB oder an den mit der AB verbundenen Unternehmen an einen Dritten, aber auch die Verpachtung hat der AB-Unternehmer den ÖBB schriftlich nachweislich anzuzeigen. Den ÖBB steht in diesen Fällen das Recht zu, den AB-Vertrag innerhalb von 14 Tagen ohne Kündigung für aufgelöst zu erklären. Diese Frist beginnt mit dem Tag, der dem Einlangen der schriftlichen Verständigung unmittelbar folgt und ist gewahrt, wenn die Auflösungserklärung am letzten Tag der Frist zur Post gegeben wurde.

(5) Machen die ÖBB vom vorstehenden Recht nicht Gebrauch, so geht der AB-Vertrag auf den Nachfolger des bisherigen AB-Unternehmers über, und zwar

  1. a) bei Eigentumsübertragung ohne weiteres,
  2. b) bei Verpachtung mit der Maßgabe, dass sämtliche Bestimmungen des AB-Vertrages auf den Pächter sinngemäß Anwendung finden, dass ferner der Eigentümer und sein Pächter für die Erfüllung der mit diesem Vertrag übernommenen Verbindlichkeiten zur ungeteilten Hand haften.

(6) Die ÖBB können aus Gründen des Punktes 25 (3), lit a bis lit f den Vertrag mit sofortiger Wirksamkeit einseitig auflösen.

....

Punkt 31: Wiederherstellung des früheren Zustandes

(1) Den ÖBB steht das Recht zu, bei Auflösung des AB-Vertrages den AB-Unternehmer zu verpflichten, auf ÖBB-Grund den früheren Zustand wiederherzustellen. Das Gleiche gilt im Fall der Einstellung eines begonnenen Baues. Kommt der AB-Unternehmer dieser Verpflichtung innerhalb einer angemessenen Frist nicht nach, so sind die ÖBB berechtigt, den früheren Zustand auf Kosten des AB-Unternehmers wiederherzustellen.

(2) Die ÖBB sind berechtigt, bei Auflösung des AB-Vertrages oder Baueinstellung die auf ihrem Grunde liegenden und dem AB-Unternehmer gehörenden Teile der AB binnen sechs Monaten ganz oder teilweise zu übernehmen. Machen sie von diesem Recht Gebrauch, vergüten sie dem AB-Unternehmer den Zeitwert seiner Eisenbahnbaustoffe."

Mit der am 14. 3. 2002 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten Zahlung eines Betrages von EUR 7.104,57 sowie die Wiederherstellung des früheren Zustandes durch Beseitigung der auf Bahngrund nach wie vor befindlichen Gleisanlagen und Fahrleitungsanlagen laut einem bestimmten Lageplan. Der Klägerin stehe gemäß Punkt 31 Abs 1 der AGB der Anspruch auf Wiederherstellung des früheren Zustandes zu, damit der Anspruch auf Entfernung jener Einrichtungen der Anschlussbahnanlage, die sich auf ÖBB-Grund befänden. Soweit die Klägerin selbst den früheren Zustand auf ihre Kosten teilweise wiederhergestellt habe, sei sie berechtigt, die dafür aufgewendeten Kosten vom AB-Unternehmer zu begehren. Es habe kein Übergang des Vertragsverhältnisses auf die Nebenintervenientin stattgefunden. Weder habe die Beklagte ihre Berechtigungen und Verpflichtungen aus dem Vertrag auf die Nebenintervenientin überbunden noch wirke Punkt 30 Abs 5 der AGB gegen die Nebenintervenientin, mit der es nicht zu einem Vertragsabschluss gekommen sei. Das Vertragsverhältnis mit der Beklagten sei daher aufrecht gewesen bis zur Kündigung per 31. 10. 2000. Darüber hinaus gründet die klagende Partei ihr Begehren auf Schadenersatz, weil die Beklagte es unterlassen habe, ihre Rechte und Pflichten aus dem Vertrag auf die Nebenintervenientin zu überbinden. Die Beklagte bestritt primär ihre Passivlegitimation, weil es zu einem Eintritt der Nebenintervenientin in ihre Rechtsposition gekommen sei. Zufolge Punkt 30 Abs 5 der AGB trete bei einem Eigentumsübergang eine automatische Rechtsnachfolge ein, eine Kündigung durch die Klägerin sei innerhalb von 14 Tagen nach der Anzeige des Eigentumsübergangs nicht erfolgt. Nicht sie, sondern die Nebenintervenientin hafte daher für die Wiederherstellung des früheren Zustandes. Im Übrigen wendete die Beklagte ein, dass die geltend gemachten Kosten überhöht seien.

Weiters sei der Anspruch der Klägerin verjährt und gemäß § 1111 ABGB präkludiert. Der Anschlussbahnvertrag trage wesentliche Züge eines Bestandvertrages, was aus Punkt 4 der AGB über die Grundbenützung hervorgehe.

Im Weiteren berief sich die beklagte Partei darauf, dass in den AGB der Klägerin mit Punkt 30 Abs 5 eine unklare Bestimmung über die Beendigung des Vertragsverhältnisses enthalten sei, die zufolge § 915 zweiter Satz ABGB zum Nachteil der Klägerin auszulegen sei, die sich derselben bedient habe. Für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen werde allgemein die Unklarheitenregelung des § 915 herangezogen. Unklarheiten gingen daher zu Lasten des Verwenders. Die Beklagte habe diese Regelung so verstehen dürfen, wie aus ihrem Schreiben vom 23. 6. 1998 hervorgehe, nämlich dass das Vertragsverhältnis mit ihr jedenfalls geendet habe, dies durch den Neueintritt des Erwerbers.

Die Nebenintervenientin schloss sich im Wesentlichen dem Vorbringen der Beklagten in Bestreitung des Klagebegehrens an, hielt dem jedoch entgegen, dass sie selbst niemals in die Vereinbarung eingetreten sei. Weder durch Vereinbarung mit der Klägerin noch durch eine Überbindung des Vertrags seitens der Beklagten an sie. Insbesondere sei der Anspruch aber verjährt.

Das Erstgericht wies das gesamte Klagebegehren ab. Eingangs von den oben wiedergegebenen Feststellungen erachtete es in rechtlicher Hinsicht, dass es sich bei dem zwischen der Klägerin und der Beklagten bestandenen Vertrag nicht um eine reine Flächenmiete gehandelt habe, sondern um einen gemischten Vertrag, einen Vertrag sui generis. Der Einwand der Präklusion nach § 1111 ABGB gehe daher ins Leere.

Im Weiteren meinte das Erstgericht, mit der Nebenintervenientin sei kein Vertragsverhältnis zustande gekommen. Weder aufgrund der Bestimmung Punkt 30 Abs 5 der AGB noch aufgrund einer Vereinbarung mit der Beklagten, wonach sie in deren Rechte und Pflichten eintrete. Die Beklagte habe allerdings gegen eine vertragliche Verpflichtung verstoßen, weil sie eine Überbindung der Rechte und Pflichten an die Nebenintervenientin im Kaufvertrag unterlassen habe. Das mache sie grundsätzlich schadenersatzpflichtig.

Die Beklagte habe aber Verjährung des geltend gemachten Anspruchs eingewendet.

Die klagende Partei habe bereits am 23. 6. 1998 Kenntnis davon erlangt, dass die Beklagte die Liegenschaft an die Nebenintervenientin veräußert habe. Auch wenn sie von ihrem Recht, den Vertrag innerhalb von zwei Wochen ohne Kündigung für aufgelöst zu erklären, nicht Gebrauch gemacht habe, hätte sie doch gemäß Punkt 30 Abs 4 der AGB den Vertrag einseitig auflösen können. Wenn man der Klägerin eine Frist zugestehe, mit dem neuen Eigentümer über eine Weiterführung des Anschlussbahnvertrages zu verhandeln, reiche doch jedenfalls ein halbes Jahr nach Kenntnis vom Eigentumsübergang dazu aus, um festzustellen, dass ein Anschlussbahnvertrag mit dem neuen Eigentümer nicht zustande komme. Daher hätte die klagende Partei spätestens Ende des Jahres 1998 mit der Möglichkeit des Schadenseintritts rechnen müssen, sodass ab diesem Zeitpunkt die Verjährungsfrist laufe. Damit seien die klagsgegenständlichen Ansprüche aber im Zeitpunkt der Klagseinbringung bereits verjährt gewesen.

Einer dagegen von der klagenden Partei erhobenen Berufung gab das Gericht zweiter Instanz Folge. In Abänderung der erstinstanzlichen Abweisung verpflichtete es die beklagte Partei zur Wiederherstellung durch Entfernung der auf der Liegenschaft der klagenden Partei (Bahngrund) gelegenen Gleisanlage und Fahrleitungsanlagen und hob die Entscheidung insoweit auf, als das Begehren auf Zahlung von EUR 7.104,57 sA abgewiesen worden war. Die Rechtssache wurde in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Prozessgericht erster Instanz zurückverwiesen. Die Höhe des Anspruchs sei noch nicht abschließend geklärt. Das Gericht zweiter Instanz erklärte die ordentliche Revision und den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig, weil Judikatur des Obersten Gerichtshofs zu einem Anschlussbahnvertrag fehle.

In rechtlicher Hinsicht teilte das Berufungsgericht die Ansicht des Erstgerichtes, dass ein Anschlussbahnvertrag zwar Elemente eines Bestandvertrages enthalte, wie etwa die in Punkt 4 der AGB vereinbarte Benützung des für die Errichtung der Anschlussbahn erforderlichen Grundes der klagenden Partei, im Übrigen aber Bestimmungen über die Herstellung und den Betrieb und zahlreiche eisenbahnfrachtrechtliche Normen gegen die Qualifikation des gesamten Vertragsverhältnisses als Bestandverhältnis sprächen. Der Vertrag sei als Vertrag sui generis zu qualifizieren, weshalb die Anwendung des § 1111 ABGB ausscheide.

Zutreffend sei weiters die Ansicht des Erstgerichtes, dass die Rechte und Pflichten der beklagten Partei aus dem Anschlussbahnvertrag vertraglich nicht auf die Nebenintervenientin überbunden worden seien. Dazu hätte es zumindest einer schlüssigen Vereinbarung bedurft. Weder ausdrücklich noch schlüssig sei nach den dazu maßgeblichen Feststellungen eine Übernahme des Vertragsverhältnisses durch die Beklagte erfolgt. Dabei sei schließlich auch noch zu berücksichtigen, dass nur ein Teil der Anlage auf der der Nebenintervenientin verkauften Liegenschaft gelegen sei, ein anderer Teil hingegen auf ÖBB-Grund. Durch den nur die Liegenschaft der Beklagten umfassenden Kaufvertrag sei es daher weder zu einer Übertragung des Eigentumsrechts an der Anschlussbahn noch zu einer Übertragung des Eigentumsrechts an den vormals mit der Anschlussbahn verbundenen Unternehmen gekommen. Nur im Fall einer solchen Eigentumsübertragung wäre der klagenden Partei das Recht zur Auflösung des Vertrages binnen 14 Tagen zugestanden. Es könne der Klägerin daher nicht zum Nachteil gereichen, dass sie eine solche Auflösung - zu der sie ohnedies nicht berechtigt gewesen wäre - nicht erklärt habe.

Auch nach der Veräußerung der Liegenschaft an die Nebenintervenientin sei der Anschlussbahnvertrag zwischen den Streitteilen weiterhin aufrecht geblieben, bis er mit der ordentlichen Kündigung durch die klagende Partei zum 31. 10. 2000 im Sinn des Punktes 30 Abs 2 der AGB zur Auflösung gebracht worden sei. Erst mit dieser Vertragsauflösung sei gemäß Punkt 31 Abs 1 der AGB das Recht der Klägerin entstanden, von der Beklagten als Anschlussbahnunternehmerin die Wiederherstellung des früheren Zustandes zu begehren. Die dreijährige Verjährungsfrist sowohl für die aus dem Titel des Vertrages als auch des Schadenersatzes geltend gemachten Ansprüche der Klägerin sei daher im Zeitpunkt der Klage noch nicht abgelaufen gewesen. Es sei daher das Wiederherstellungsbegehren der Klägerin schon aufgrund der vertraglichen Verpflichtung der Beklagten nach Punkt 31 Abs 2 der AGB berechtigt.

Dem Grunde nach sei auch das Zahlungsbegehren der Klägerin berechtigt, das sich auf Punkt 31 Abs 1 der AGB stützen könne. Insoweit die Klägerin die Wiederherstellung bereits selbst durchgeführt habe, also den früheren Zustand auf Kosten der Beklagten wiederhergestellt habe, sei diese zum Ersatz der Kosten verpflichtet, der allerdings mangels geeigneter Feststellungen der Höhe nach noch nicht endgültig feststehe. Deshalb erweise sich eine Aufhebung insoweit als unumgänglich.

Gegen dieses Teilurteil und diesen Aufhebungsbeschluss richten sich die Revisionen und Rekurse der beklagten Partei und der Nebenintervenientin jeweils mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen und Rekurse der Beklagten und Nebenintervenientin sind zwar nicht aus den vom Berufungsgericht bezeichneten Gründen, doch wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache zulässig. Sie sind im Sinne des Begehrens auf Wiederherstellung des Urteils der ersten Instanz auch berechtigt.

Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor

(§ 510 Abs 3 ZPO).

Zur Rechtsrüge der Revisionen bzw Rekurse:

Um ein bestimmtes Vertragsverhältnis - hier ein Anschlussbahnvertragsverhältnis - in einen bestimmten Vertragstypus einzuordnen oder das Überwiegen eines bestimmten Vertragstypus zugrundezulegen, bedarf es jedenfalls einer grundlegenden Feststellung über die gegenseitigen Rechte und Pflichten. Dass der vorliegende Anschlussbahnvertrag auch bestandrechtliche Elemente haben mag, weil es auch um die Zurverfügungstellung eines Bahngrunds zur Herstellung einer Anschlussbahn geht, löst die endgültige Frage nach dem Charakter des Vertragsverhältnisses nicht. Völlig außer Betracht blieben etwa bisher die von der Klägerin zu erbringenden Frachtleistungen (Bedienungsfahrten) sowie die dafür geltenden Regeln und Tarife.

Es lässt sich also eine Anwendbarkeit der bestandrechtlichen Bestimmung des § 1111 ABGB auf das gegenständliche Vertragsverhältnis nicht abschließend klären. Das ist jedoch auch nicht erforderlich, weil die Sache ohnedies im Sinn der begehrten Klagsabweisung entscheidungsreif ist. Dazu hat der erkennende Senat Folgendes erwogen:

Zwischen den Parteien wurde unter Punkt II ihres Vertrages die Geltung der "Allgemeinen Bestimmungen der Anschlussbahnverträge, BH 510, Ausgabe 1979" zum Vertragsinhalt gemacht. Deren Punkt 30 Abs 5 lit a regelt, dass bei Übertragung des Eigentumsrechts an einer Anschlussbahn der Anschlussbahnvertrag ohne weiteres auf den Nachfolger des bisherigen Anschlussbahnunternehmers übergeht, wenn die ÖBB nicht innerhalb von 14 Tagen nach Anzeige der Eigentumsübertragung den Anschlussbahnvertrag für aufgelöst erklären.

Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass durch diese zwischen der Klägerin und der Beklagten geltende Vereinbarung bei Ablehnung des Vertragseintritts der Nebenintervenientin kein Rechtsübergang an diese stattgefunden hat. Dazu hätte es einer zumindest schlüssigen Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Nebenintervenientin bedurft. Eine bloße Kenntnis vom Bestehen einer Anschlussbahn bei gleichzeitiger Ablehnung des Eintritts oder einer Vertragsübernahme kann nach rechtsgeschäftlichen Grundsätzen das Zustandekommen eines Vertrages zwischen der Klägerin und der Nebenintervenientin nicht bewirken.

Auch hat eine Überbindung der Rechtsposition der Beklagten aus dem Anschlussbahnvertrag an die Nebenintervenientin weder im Rahmen des Kaufvertrages noch sonst - auch nicht schlüssig - stattgefunden, wie sich aus den entsprechenden Feststellungen ergibt.

Die Nebenintervenientin wurde also nicht Rechtsnachfolgerin der Beklagten hinsichtlich der Rechte und Pflichten aus dem Anschlussbahnvertrag.

Feststellungen, aus denen sich eine vertragliche Verpflichtung der Beklagten ergäbe, bei Verkauf der Liegenschaft die Rechte und Pflichten aus dem Anschlussbahnvertrag auf jeglichen Rechtsnachfolger im Eigentum zu überbinden, gibt es - entsprechend fehlender Behauptungen der klagenden Partei - nicht.

Die Verpflichtung des Anschlussbahnunter- nehmers, bei Beendigung des Anschlussbahnvertrages auf dem ÖBB-Grund den früheren Zustand wieder herzustellen sowie die Berechtigung der ÖBB, bei Säumnis mit dieser Verpflichtung den früheren Zustand auf Kosten des Anschlussbahnunternehmers wiederherzustellen, ergibt sich zweifelsfrei aus Punkt 31 der AGB.

Daraus folgt, dass die Beklagte nach Beendigung des Vertragsverhältnisses eine solche Verpflichtung traf. Diese kann nur dann nicht gegen sie durchgesetzt werden, wenn der Anspruch, wie die Beklagte einwendet, verjährt ist.

Weil der Anspruch erst mit Beendigung des Vertragsverhältnisses entsteht, ist der Einwand, es habe seit 1985 überhaupt kein Frachtbetrieb mehr stattgefunden, irrelevant.

Es kommt daher maßgeblich darauf an, wann das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten beendet wurde und damit die Forderung der Klägerin auf Wiederherstellung des früheren Zustandes fällig wurde.

Die Klägerin hat mit Kündigungsschreiben vom 12. 4. 2000 das Vertragsverhältnis per 31. 10. 2000 gemäß Punkt 30 Abs 2 der AGB (ordentliche Kündigung) gekündigt und Wiederherstellung begehrt. Die Beklagte hält dem entgegen, dass das Vertragsverhältnis bereits aufgrund der schriftlichen Mitteilung vom 23. 6. 1998 über den Verkauf der Liegenschaft geendet habe, weil die Klägerin von ihrem Auflösungsrecht nicht innerhalb von 14 Tagen Gebrauch gemacht habe, sondern mit ihrem Rechtsnachfolger über eine Weiterführung des Vertrages mit ihm verhandelt habe.

Die Klägerin macht demgegenüber geltend, dass infolge Unterlassung einer Kündigung nach der erfolgten Mitteilung vom Verkauf und mangels Vertragseintritts der Nebenintervenientin das Vertragsverhältnis bis zur ordentlichen Kündigung per 31. 10. 2000 angedauert habe. Fraglich ist daher, ob die Beklagte trotz vertragsgemäßer Anzeige der Veräußerung der Anschlussbahnanlage durch Veräußerung der Liegenschaft, auf der diese teilweise liegt, bei Geltung der Vertragsbestimmung des Punktes 30 Abs 5 lit a der AGB noch eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten (Punkt 30 Abs 2 der AGB) vornehmen hätte müssen, um das Vertragsverhältnis zur Beendigung zu bringen.

Das ist zufolge der Regelung des § 915 ABGB und der dazu ergangenen höchstgerichtlichen Rechtsprechung im Ergebnis zu verneinen. Soweit AGB nicht Gegenstand von Vertragsverhandlungen waren, sind sie objektiv auszulegen, wie sie sich einem durchschnittlichen Angehörigen des angesprochenen Adressatenkreises erschließen (EvBl 1982/94; VersRdSch 1992/277; 6 Ob 160/00y; 7 Ob 262/02h ua). Unklarheiten gehen also zu Lasten des Verwenders (SZ 62/29: Auslegung von Versicherungsbedingungen auch ÖBA 1991/273; JBl 1992, 717). In allen Fällen ist der einem objektiven Beobachter erkennbare Zweck einer Bestimmung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu berücksichtigen (7 Ob 205/02a; 7 Ob 262/02h).

Nach diesen Auslegungsgrundsätzen muss die Klausel der hier vorliegenden AGB der Österreichischen Bundesbahnen über die Allgemeinen Bestimmungen der Anschlussbahnverträge Punkt 30 Abs 2 bis 5 insoweit als unklar bezeichnet werden, als Abs 4 iVm Abs 5 dieser Klausel rechtsunrichtig den Eindruck erwecken, bei Übertragung des Eigentumsrechts an einer Anschlussbahn (Liegenschaft, auf der die Anschlussbahn liegt) komme es zu einem automatischen Vertragsübergang auf den Liegenschaftskäufer, wenn nicht die ÖBB binnen 14 Tagen dies ablehne. Wie schon oben ausgeführt, ist dieser von der bezeichneten Klausel erweckte Eindruck unrichtig, weil die Vertragsübernahme durch den Liegenschaftserwerber dessen Zustimmung voraussetzt. Im Anschlussbahnunternehmer wird damit der unrichtige Eindruck erweckt, mit der Anzeige und dem Verstreichen der 14-tägigen Frist sei sein Vertragsverhältnis beendet, weil sein Rechtsnachfolger im Eigentum in dieses eintrete, wenn nicht die ÖBB diesen Vertragseintritt ohnedies ablehne und damit das Vertragsverhältnis beendet sei. Eine Auslegung der fraglichen Bestimmung des Punktes 30 der vorliegenden AGB am Maßstab eines verständigen durchschnittlichen Vertragspartners ergibt daher, dass durch die ordnungsgemäße Anzeige der Übertragung des Eigentumsrechts das Rechtsverhältnis des Anschlussbahnunternehmers zur ÖBB jedenfalls beendet ist. Sei es dadurch, dass sein Rechtsnachfolger im Liegenschaftseigentum in diesen Vertrag eintritt, sei es dass die ÖBB einen solchen Eintritt ablehnt. Dieses Verständnis der Beklagten ist auch seinem oben zitierten Schreiben vom 23. 6. 1998, mit dem der Eigentumsübergang angezeigt wurde, zu entnehmen, weil die Beklagte darin die klagende Partei betreffend der Verhandlungen über eine etwaige Weiterführung der Anschlussbahn an ihren Rechtsnachfolger verweist. Dass die Beklagte rechtsirrig der Ansicht war, der Vertrag sei quasi automatisch (Punkt 3 Abs 5 lit a der AGB) auf die Nebenintervenientin übergegangen, schadet jedenfalls insofern nicht, als der Beendigungswille im Schreiben vom 23. 6. 1998 eindeutig ist.

Die Beklagte durfte daher davon ausgehen, dass es keiner weiteren Kündigung, insbesondere keiner ordentlichen Kündigung des Vertragsverhältnisses mehr bedurfte. Nach Ablauf von zwei Wochen nach Zugang des Schreibens vom 23. 6. 1998 an die klagende Partei war daher das Vertragsverhältnis jedenfalls beendet.

Die erst nahezu zwei Jahre später erfolgte ordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses durch die klagende Partei vermochte daher keine Rechtswirkungen mehr zu entfalten.

Damit war aber der Wiederherstellungsanspruch der Klägerin im Zeitpunkt der Klagseinbringung verjährt. Das hatte zur Abweisung der Klage zu führen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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