OGH 15Os132/04

OGH15Os132/042.12.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Dezember 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pablik, als Schriftführer, in der Strafsache gegen Michael K***** wegen des Verbrechens der versuchten Bestimmung zum Missbrauch der Amtsgewalt nach §§ 12 zweiter Fall, 15, 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 7. Juli 2004, GZ 7 Hv 110/04i-21, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Michael K***** wurde des Verbrechens der versuchten Bestimmung zum Missbrauch der Amtsgewalt nach §§ 12 zweiter Fall, 15, 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 30. September 2003 in Ehrenhausen den Gendarmeriebeamten Rev. Insp. Andreas O***** durch die Aufforderung mit dem Wortlaut: "Ich bin sicher, dass es mit 20 Euro auch gehen wird. Ich brauche ja keinen Zettel. Wir verstehen uns!? Ich kenne sehr viele Gendarmen und habe in diesen Kreisen auch sehr gute Freunde.", wobei er dem genannten Gendarmeriebeamten zwei 10 Euro Geldscheine entgegenhielt, mit dem Vorsatz zu bestimmen versucht, dadurch die Republik Österreich in ihrem Recht auf Durchführung eines Organstrafverfahrens gemäß den §§ 50 Abs 1 VStG wegen Übertretung nach § 18 Abs 3 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 zu schädigen, seine Befugnis im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich dadurch zu missbrauchen, dass er gegen Zahlung von 20 Euro auf die Ausstellung einer Organstrafverfügung als Sanktion für die Übersetzung der Eisenbahnkreuzung auf der Bundesstraße 69 in Fahrtrichtung V***** vor Erlöschen der Rotlichtanlage und vollständiger Öffnung der Schrankenbäume oder die Erstattung einer Anzeige zur Einleitung des ordentlichen Verwaltungsstrafverfahrens verzichtet.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel. Entgegen der Behauptung der - zum Teil undifferenziert ausgeführten - Mängel (Z5)- und Tatsachenrüge (Z 5a) hat das Erstgericht das Wissen des Angeklagten um die beabsichtigte Ausstellung einer Organstrafverfügung oder Erstattung einer Anzeige - im Einklang mit den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen hinreichend begründet (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 444) - aus der vom Zeugen Rev. Insp. O***** bekundeten und vom Angeklagten auch zugestandenen (S 113 - wonach der Beamte von einer Ermahnung nicht gesprochen und er an eine solche nicht gedacht habe) unmittelbar davor erfolgten Mitteilung über die Möglichkeiten der Art der Bestrafung erschlossen (US 4-6).

Soweit die Beschwerde die Urteilsausführungen des Erstgerichtes zur Begründung der subjektiven Tatseite als "Leerformel ohne wahren Aussagegehalt" beanstandet, bezeichnet ihrerseits, ebenso wie mit den pauschal gehaltenen Einwand, das Gericht dürfe sich nicht mit der kumulativen Anführung von Beweismitteln im Urteil begnügen, Nichtigkeitsgründe bildende Tatumstände nicht deutlich und bestimmt (Ratz aaO § 285d Rz 10).

Dass der Zeuge Rev. Insp. O***** dem Angeklagten nicht schon an Ort und Stelle mitgeteilt hat, ihn wegen Amtsmissbrauchs anzuzeigen, betrifft ebenso wie die Frage, inwieweit er zur unmittelbaren Anzeige des Verdachtes des Verbrechens der versuchten Bestimmung zum Amtsmissbrauch bzw zur vorläufigen Verhaftung des Beschwerdeführers verhalten gewesen wäre, keine für die Schuldfrage oder den anzuwendenden Strafsatz entscheidende Tatsache (aaO § 281 Rz 399). Weder mit dem - zur Aktenlage (vgl die fortgesetzte Vernehmung durch den Untersuchungsrichter, S 27a) im Widerspruch stehenden - Hinweis, der Zeuge Rev. Insp. O***** habe "seltsamer Weise" erstmals in der Hauptverhandlung angegeben, bereits vor der Amtshandlung den Entschluss gefasst zu haben, den Angeklagten nicht abzumahnen und der Behauptung fehlender Beweisergebnisse für die Annahme eines über § 307 StGB hinausgehenden qualifizierten Tatvorsatzes, noch mit dem nicht weiters konkretisierten Vorwurf insgesamt unzureichender Begründung gelingt es der Tatsachenrüge (Z 5a), sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken. Die Beschwerde trachtet vielmehr insgesamt, wie bereits der Hinweis auf den Zweifelsgrundsatz zeigt, in einer auch unter diesem Nichtigkeitsgrund nicht vorgesehenen Art die Beweiswürdigung der Tatrichter in Zweifel zu ziehen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) bringt mit der auf dem bloßen Verweis auf die "kriminalpolitische Brisanz der weitreichenden Pönalisierung eines erfolglosen Bestimmungsversuchs", die sich alleine auf die Äußerung eines "bösen Willens" und eine dadurch begründete - allenfalls potenzielle - Gefahr stütze, beruhenden Behauptung der Straflosigkeit des dem Angeklagten angelasteten Verhaltens eine fehlerhafte Rechtsanwendung methodisch vertretbar nicht zur Darstellung (vgl dazu 13 Os 151/03 und die dortigen Erwägungen zur methodengerechten Argumentation bei Geltendmachung der Nichtigkeitsgründe der Z 9 und 10 des § 281 Abs 1 StPO, weiters RIS-Justiz RS0117321; JBl 2003, 884).

Weshalb im Fall bloß versuchter Bestimmung ein in objektiver und subjektiver Hinsicht wissentlicher Befugnismissbrauch des Beamten notwendige Vorraussetzung für eine Strafbarkeit des extranen Beteiligten wegen § 302 Abs 1 StGB sein sollte, legt die Beschwerde nicht dar.

Die Konstatierungen, wonach der Gendarmeriebeamte dem Angeklagten unter Hinweis auf die soeben begangene Verwaltungsübertretung mitteilte, er habe eine Organstrafverfügung in Höhe von 35 Euro sofort als Sanktion zu bezahlen, könne aber auch die Durchführung eines ordentlichen Verwaltungsstrafverfahrens durch Erstattung der Anzeige an die zuständige Bezirkshauptmannschaft begehren (US 4), und sein daraus resultierendes Wissen um die Aufgaben des Beamten (US 9) lassen Rechtsrüge (Z 9 lit a) und ein im Wesentlichen inhaltsgleiches Vorbringen der Subsumtionsrüge (Z 10) außer Acht, wenn sie die Feststellung vermissen, der Angeklagte habe trotz des zweifellos völlig unbedeutenden Verkehrsdeliktes nicht mit einer bloßen Abmahnung gemäß § 21 VStG rechnen können. Damit werden sowohl Rechtsals auch Subsumtionsrüge dem Gebot strikten Festhaltens am gesamten Urteilsachverhalt bei der Geltendmachung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes nicht gerecht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581). Schließlich wird in der auf eine Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes in Richtung § 307 Abs 1 Z 1 StGB abzielenden Subsumtionsrüge (Z 10) nicht dargetan, weshalb die vom Angeklagten beabsichtigte Abstandnahme von der Durchführung eines Organstrafverfahrens gemäß § 50 Abs 1 VStG, schon infolge des damit verbundenen Einnahmeentfalls in der Höhe des vorgeschriebenen Strafbetrages, keine über den bloßen Befugnismissbrauch hinausgehende Rechtsschädigung begründen sollte.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der die Argumente der Nichtigkeitsbeschwerde im Wesentlichen wiederholenden bzw erläuternden Äußerung der Verteidigung gemäß § 35 Abs 2 StPO teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO, zum Teil iVm § 285a Z 2 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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