OGH 5Ob261/04z

OGH5Ob261/04z23.11.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eigentümergemeinschaft des Hauses H*****, vertreten durch Ehrlich-Rogner & Schlögl, Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Helmut Heiger, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 11.961,88 s. A., über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg vom 24. Juni 2004, GZ 21 R 78/04z-24, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Klosterneuburg vom 9. Februar 2004, GZ 13 C 412/03i, 411/03t-15, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden wie folgt abgeändert:

Die vom BG Hernals in der Einlage EZ ***** des Grundbuchs ***** zu TZ 3541/03 angemerkte Klage (13 C 412/03i BG Klosterneuburg) ist hinsichtlich der mit Schriftsatz vom 24. 9. 2003 (beim Erstgericht eingelangt am 26. 9. 2003) geltend gemachten Ausdehnung des Klagebegehrens (ON 9) auch bei dem im Eigentum der beklagten Partei stehenden 422585/2536752 Anteil (B-LNR 30) anzumerken. Um den Vollzug dieser Eintragung wird das BG Hernals zu ersuchen sein.

Das Mehrbegehren des Inhalts, die Klage ohne jede Einschränkung auch bei dem im Eigentum der beklagten Partei stehenden 422585/2536752 Anteil (B-LNR 30) an der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuchs ***** anzumerken, wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit der am 11. 7. 2003 beim Erstgericht eingebrachten Mahnklage begehrte die Klägerin von der Beklagten die Zahlung von EUR 9.686,08 s. A. aus dem Titel rückständiger Betriebskosten für die Wohnungen top 15, 18, 19, 23, 44, 46, 48, 49 und 62 im Haus *****. Es gehe dabei um die jeweils am Monatsersten fällig gewordenen Beträge für die Monate Juni 2002 bis Juli 2003. Gleichzeitig beantragte die Klägerin gemäß § 27 Abs 2 WEG 2002 die Anmerkung der Klage bei den 139/1968 (verbunden mit Wohnungseigentum an top 44, 46, 48, 49 und 62) und 106/1968 (verbunden mit Wohnungseigentum an top 15, 18, 19 und 23) Anteilen der Beklagten an der Liegenschaft EZ ***** GB *****. Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag (Beschluss vom 15. 7. 2003, ON 3, berichtigt mit Beschluss vom 24. 7. 2003, ON 5). Mit Schriftsatz vom 24. 9. 2003 (beim Erstgericht eingelangt am 26. 9. 2003) machte die Klägerin weitere Betriebskostenrückstände für die Monate August und September 2003 geltend und dehnte ihr Klagebegehren auf EUR 11.961,88 s. A. aus (ON 9).

Mit Schriftsatz vom 22. 1. 2004 (der an diesem Tag zur Post gegeben wurde und am 23. 1. 2004 beim Erstgericht einlangte) beantragte die Klägerin die "Anmerkung der Klagsführung gemäß § 27 WEG 2002 auch hinsichtlich des 422585/2536752 Anteils (der Beklagten) an der EZ *****". Zur Begründung dieses Begehrens brachte sie vor, die in der Klage angeführten Wohnungen seien teilweise auch diesem Miteigentumsanteil zugeordnet. Die eingeklagten Betriebskosten hätten sich auch auf diesen im Eigentum der Beklagten stehenden Anteil bezogen.

Das Erstgericht wies diesen auf eine Ausdehnung der Klagsanmerkung abzielenden Antrag ab. Es sei nämlich die für eine Klagsanmerkung nach § 27 Abs 2 WEG 2002 geltende Frist von sechs Monaten ab Fälligkeit der eingeklagten Forderungen nicht gewahrt worden. Daran könnten auch die in der Klagsausdehnung geltend gemachten (innerhalb des Sechs-Monats-Zeitraums vor Einbringung des betreffenden Schriftsatzes liegenden) Forderungen nichts ändern. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden rechtlichen Erwägungen:

§ 27 Abs 2 WEG 2002 regle nicht eindeutig, wann die klagende Partei die Klagsanmerkung zu beantragen hat. Der OGH habe jedoch in der Entscheidung 5 Ob 70/02h ausgesprochen, dass der Antrag nicht schon gleichzeitig mit der Klage gestellt werden müsse; ein späterer Antrag reiche aus, wenn er innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 27 Abs 2 WEG 2002 liege. Innerhalb dieser Frist sei eine Klagsausdehnung zulässig; einer Anmerkung der Ausdehnung des Klagebegehrens bedürfe es nicht, weil die Höhe der bevorzugten Forderung vom Verfahrensausgang abhänge und ohnehin nur die Klage und nicht die entsprechende Forderung angemerkt werde (5 Ob 81/00y). Im vorliegenden Fall sei die letzte mit der (ursprünglichen) Klage geltend gemachte Forderung am 1. 7. 2003 fällig geworden. Die sechsmonatige Frist des § 27 Abs 2 WEG 2002 sei daher bei Einbringung des Antrags, die Klage auch beim 422585/2536752 Anteil der Beklagten anzumerken, bereits abgelaufen gewesen. Für die in der Klagsausdehnung geltend gemachten Betriebskosten der Monate August und September 2003 wäre zwar die Sechsmonatsfrist gemessen am Antrag vom 22./23. 1. 2004 Antrag gewahrt, doch trage dies nichts zur Sanierung der Frist für die Klagsanmerkung bei. Die gegenteilige Ansicht würde zum Ergebnis führen, dass eine versäumte und damit nicht mehr zulässige Klagsanmerkung durch eine Klagsausdehnung um mehrere - nun innerhalb der Frist gelegene - Beträge rückwirkend wieder möglich wäre. Es könne daher auch nicht dem Begehren der Klägerin entsprochen werden, die Klagsanmerkung "zumindest für die Klagsforderung betreffend die Betriebskosten August und September 2003 vorzunehmen". Eine solche Anmerkung der Klagsausdehnung würde sich nur auf einen bestimmten Betrag beziehen, was im Gesetz nicht vorgesehen sei.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es liege nämlich keine eindeutige Rechtsprechung des OGH zur Frage vor, ob hinsichtlich eines weiteren, in der Klage nicht genannten Miteigentumsanteils, der noch nicht Gegenstand der Klagsanmerkung war, bei Ausdehnung der Klage auf Forderungen, die innerhalb der Frist des § 27 Abs 2 WEG 2002 fällig wurden, die Anmerkung der ursprünglichen Klagsführung bzw die Anmerkung einer Klagsausdehnung verfügt werden könne. Gegen den rekursgerichtlichen Beschluss hat die Klägerin Revisionsrekurs mit dem Antrag erhoben, ihn aufzuheben, die Klagsanmerkung zu bewilligen und der Beklagten die Kosten des Revisionsrekurses aufzuerlegen.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Rechtsmittel ist zulässig und teilweise auch berechtigt. Die Berechtigung ihres Anmerkungsbegehrens begründet die Klägerin im Wesentlichen damit, dass sie wegen Betriebskostenforderungen, die alle Wohnungen der Beklagten und damit auch alle ihre Miteigentumsanteile beträfen, fristgerecht die Klagsanmerkung beantragt habe. Dass dabei bedauerlicher Weise ein Miteigentumsanteil der Beklagten übersehen wurde, sei mit dem Antrag vom 22. 1. 2004 korrigiert worden. Dementsprechend hätte auch die Anmerkung der Klage erweitert werden müssen. Eine Ausdehnung des Klagebegehrens sei möglich und bedinge keine neue Anmerkung, weil sich diese ohnehin auf die Klage und nicht auf einzelne Forderungen beziehe. Unabhängig davon sei für die Betriebskostenforderungen der Monate August und September 2003 die Sechs-Monats-Frist für den Antrag auf Klagsanmerkung gewahrt worden, weshalb wenigstens insoweit der Anmerkungsantrag hätte bewilligt werden müssen.

Dazu wurde erwogen:

Judikatur und Lehre haben bereits klargestellt, dass der zur Aktivierung (Nutzbarmachung) des Vorzugspfandrechts nach § 27 Abs 1 WEG 2002 notwendige Antrag auf Anmerkung der Klage (Abs 2 leg cit) bei sonstiger Präklusion (3 Ob 162/02y = JBl 2004, 462) innerhalb von sechs Monaten ab Fälligkeit der eingeklagten (privilegierten) Forderung beim zuständigen Gericht gestellt werden muss (5 Ob 70/02h = wobl 2002/136 mit Anm von Call; Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht, Rz 13 f zu § 27 WEG 2002). Ist die Klage angemerkt, dann sind später (im Laufe des Verfahrens) fällig gewordene Forderungen ohne weitere Anmerkung durch das Vorzugspfandrecht gesichert, wenn auf sie das Klagebegehren innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 27 Abs 2 WEG 2002 ausgedehnt wird (Löcker aaO Rz 14 mwN). Ausnützbar wird nämlich das in § 27 WEG 2002 normierte gesetzliche Vorzugspfandrecht schon mit der Anmerkung der Klage; eines Hinweises auf die jeweils gesicherte Forderung (über deren vorzugsweise Befriedigung erst im Exekutionsverfahren entschieden wird) bedarf es nicht (vgl RIS-Justiz RS0113516; 3 Ob 162/02y ua).

Bezogen auf den hier zu beurteilenden Fall bedeutet dies, dass die fristgerechte Ausdehnung des Klagebegehrens auf die Betriebskostenforderungen für die Monate August und September 2003 automatisch eine (vorläufige) Sicherung der neuen Forderungen durch das bereits ausnützbar gemachte Vorzugspfandrecht bewirkte; fraglich ist nur, ob sich die durch die Bewilligung der Klagsanmerkung ausgelöste Aktivierung des Vorzugspfandrechts auf alle Miteigentumsanteile der Beklagten an der betreffenden Liegenschaft oder nur auf die im Bewilligungsbeschluss angeführten Anteile bezog. Würth (in Rummel3, Rz 5 zu § 27 WEG 2002) meint, dass es im Antrag auf Anmerkung der Klage (zur Aktivierung des gesetzlichen Vorzugspfandrechts) keiner Anführung des betreffenden Liegenschaftsanteils bedarf, wenn der Beklagte sowohl Real- als auch Personalschuldner ist. Das trifft im Hinblick auf die vom Gesetzgeber der WRN 1999 (bei der Schaffung des fraglichen Vorzugspfandrechts durch die Novellierung des § 13c WEG 1975) offenkundig angestrebte Verfahrensökonomie (Verzicht auf eine formelle Hypothekarklage etc) wohl dann zu, wenn es nur um einen mit dem Vorzugspfandrecht belasteten Miteigentumsanteil geht, ist aber in Zweifel zu ziehen, wenn die Sachhaftung mehrerer Miteigentumsanteile in Frage kommt. Dann legt nämlich die Orientierung des Gesetzgebers am Modell der Hypothekarklage (vgl 5 Ob 37/00b = wobl 2000, 190/105 mit dem Hinweis auf Stabentheiner, Die miet- und wohnungseigentumsrechtlichen Teile der Wohnrechtsnovelle 1999, wobl 1999, 285 ff) den Schluss nahe, dass im Antrag auf Anmerkung der Klage ausreichend bestimmt angegeben werden muss, welches Objekt (welcher der in Frage kommenden Miteigentumsanteile) für die geltend gemachte Forderung haften soll. IdS ist offensichtlich auch die Anordnung des § 27 Abs 2 WEG 2002 (früher § 13c Abs 4 WEG 1975) zu verstehen, dass das Vorzugspfandrecht dem Forderungsberechtigten nur zukommt, wenn er die Anmerkung der Klage "beim Miteigentumsanteil des Beklagten beantragt". Einer definitiven Lösung der angesprochenen Auslegungsfrage bedarf es hier allerdings nicht, weil die Klägerin im verfahrenseinleitenden Schriftsatz ausdrücklich beantragt hat, die Klage (nur) bei den 139/1968 und 106/1968 Anteilen der Beklagten an der Liegenschaft EZ ***** GB ***** anzumerken. Über diesen Antrag war - obwohl er zutreffend beim Prozessgericht gestellt wurde - nach

grundbuchsrechtlichen Grundsätzen zu entscheiden (5 Ob 81/00y = wobl

2000, 191/106; 5 Ob 303/02y = wobl 2003/119 ua), sodass gemäß § 96 Abs 1 GBG mehr als die Anmerkung der Klage bei den genannten Miteigentumsanteilen gar nicht bewilligt werden durfte. Die Bewilligung der Klagsanmerkung und damit die Aktivierung des Vorzugspfandrechts bezog sich folglich nur auf zwei der drei Miteigentumsanteile der Beklagten, und dabei blieb es auch, als diese Sachhaftung durch eine Ausdehnung der Klage für weitere Betriebskostenforderungen der Klägerin nutzbar gemacht wurde. Insoweit ist die Rechtsansicht des Rekursgerichtes zu billigen. Ihm ist auch darin zu folgen, dass der Antrag vom 22./23. 1. 2004 zu spät kam, um das (auch) auf dem 422585/2536752 Anteil (B-LNR 30) der Beklagten lastende Vorzugspfandrecht für die ursprünglich eingeklagten Forderungen ausnützbar zu machen. Die Fälligkeit dieser Forderungen lag nämlich bei Überreichung des fraglichen Antrags auf (Erweiterung der) Klagsanmerkung schon mehr als sechs Monate zurück. Damit war die Klagsanmerkung präkludiert (3 Ob 162/02y); sie hätte die angestrebte Aktivierung des Vorzugspfandrechts gar nicht mehr bewirken können. Anders verhält es sich jedoch mit der Klagsanmerkung (Aktivierung des Vorzugspfandrechts) für jene Forderungen, deren Fälligkeit bei Überreichung des Antrags vom 22./23. 1. 2004 noch nicht außerhalb der sechsmonatigen Frist des § 27 Abs 2 WEG 2002 lag. Diese Forderungen (die Beitragsrückstände der Monate August und September 2003) hätte die Klägerin gesondert einklagen und damit den Antrag auf Klagsanmerkung bei allen Miteigentumsanteilen der Beklagten verbinden können. Warum derselbe Effekt nicht auch durch eine Ausdehnung der bereits anhängigen Klage erreichbar sein sollte, ist nicht einzusehen. Dass es damit zu einer im Gesetz nicht vorgesehenen Anmerkung einzelner Forderungen anstelle der Anmerkung der Klage kommen würde, trifft nicht zu. Es muss lediglich vermieden werden, dass sich die Wirkungen der früheren Klagsanmerkung (die Ausdehnung der dadurch aktivierten Sachhaftung auf neue Forderungen) mit den Wirkungen einer neuen (den Erweiterungen Rechnung tragenden) Anmerkung überschneiden. Das ist durch die Formulierung, die bereits früher bewilligte Klagsanmerkung hinsichtlich der neu eingeklagten Forderungen auf einen zusätzlichen Miteigentumsanteil der Beklagten auszudehnen, geschehen.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung trägt dem Umstand Rechnung, dass über die Antrag auf Klagsanmerkung nach den Vorschriften des GBG zu entscheiden war (5 Ob 81/00y ua), das keinen Kostenersatz kennt (5 Ob 270/98m = NZ 1999, 384/451 uva).

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