OGH 5Ob37/00b

OGH5Ob37/00b29.2.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wohnungseigentümergemeinschaft *****, vertreten durch GWS Gemeinnützige Alpenländische Gesellschaft für Wohnungsbau und Siedlungswesen m. b. H., 8010 Graz, Steyrergasse 5, diese vertreten durch Held Berdnik Astner Held Rechtsanwaltskanzlei OEG, 8010 Graz, Schlögelgasse 1, gegen die beklagte Partei Ida S*****, wegen S 12.684,-- sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 31. Dezember 1999, GZ 3 R 332/99m-8, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 11. November 1999, GZ 54 C 51/99z-4, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit der am 13. 9. 1999 eingebrachten Mahnklage begehrte die Klägerin von der Beklagten die Bezahlung des Betrages von S 12.684,-- sA als "Wohnungsvergütung" für das im Haus G*****, gelegene Objekt Nr 5, betreffend den Zeitraum Mai 1999 bis einschließlich August 1999. Der antragsgemäß erlassene Zahlungsbefehl wurde der Beklagten am 23. 9. 1999 (durch Hinterlegung) zugestellt. Ein Einspruch wurde nicht erhoben.

Am 28. 10. 1999 beantragte die Klägerin beim Gericht, das den Zahlungsbefehl erlassen hatte, die Anmerkung der Klage beim Liegenschaftsanteil der Beklagten. Die Beklagte sei Wohnungseigentümerin des in der Mahnklage beschriebenen Objekts; für die eingeklagten Forderungen komme der Klägerin das gesetzliche Vorzugspfandrecht nach § 13c Abs 3 WEG zu.

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, dass er gemäß § 13c Abs 4 WEG zugleich mit der Klage hätte eingebracht werden müssen. Selbst bei weniger strenger Auslegung des Gesetzestextes sei der Zeitpunkt der Beendigung des durch die Klage eingeleiteten Verfahrens als jene Zäsur zu werten, ab der die Klagsanmerkung nicht mehr zulässig sei. Das vorliegende Verfahren sei seit 7. 10. 1999 (Rechtskraft des Zahlungsbefehles) beendet, weshalb der (erst) am 28. 10. 1999 bei Gericht eingelangte Antrag abzuweisen gewesen sei.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Einem Forderungsberechtigten komme gemäß § 13c Abs 4 WEG idF der WRN 1999 das Vorzugspfandrecht iSd § 13c Abs 3 WEG nur zu, wenn er die dadurch besicherte Forderung samt dem Pfandrecht binnen 6 Monaten (ab Fälligkeit der Forderung) klagsweise geltend macht und die Anmerkung der Klage im Grundbuch beantragt.

Die Abweisung des vorliegenden Antrages sei schon deshalb gerechtfertigt, weil - materiellrechtliches Übergangsrecht fehle - die Bestimmungen über das Vorzugspfandrecht (erst) am 1. 9. 1999 in Kraft getreten seien (Art IX Z 3 der WRN 1999), sodass die mit sechs Monaten befristeten Forderungen iSd § 13c Abs 4 WEG nicht vor diesem Zeitpunkt für das gesetzliche Vorzugspfandrecht wirksam hätten entstehen können; daher sei § 13c Abs 4 WEG auf den vorliegenden Fall (Forderungen von Mai bis August 1999) nicht anzuwenden (Call in WoBl 1999, 358 ff).

Selbst wenn man dieser Meinung nicht folgt, gelange man zu keinem anderen Ergebnis. Das Gesetz enthalte keine eindeutige Regelung, wann der Kläger die Klagsanmerkung zu beantragen hat. Dem Erstgericht sei darin beizupflichten, dass bei nicht zu strenger Auslegung ein Antrag noch bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz möglich sei, wenngleich mit der Ausdehnung dieser Frist die Warnfunktion der Klagsanmerkung leiden würde (vgl Call aaO). Jedenfalls dürfe aber nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens, mit welchem die Streitanhängigkeit endet, die Anmerkung nicht mehr bewilligt werden (vgl REDOK 1588 hinsichtlich der Anmerkung der Hypothekarklage). Der vorliegende Zahlungsbefehl sei bereits vor Einbringung des Antrages auf Klagsanmerkung in Rechtskraft erwachsen, weshalb die begehrte Anmerkung auch aus diesem Grund nicht mehr bewilligt werden könne.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Weder zur Frage, ob auch vor dem 1. 9. 1999 entstandene Forderungen das Vorzugspfandrecht begründen können, noch zur Frage, zu welchem Zeitpunkt der Antrag auf Anmerkung der Klage (spätestens) einzubringen ist, liege nämlich Judikatur des Obersten Gerichtshofes vor.

Im vorliegenden Revisionsrekurs vertritt die Klägerin in beiden Fragen eine andere Rechtsmeinung als das Rekursgericht:

So könne das in § 13c Abs 3 WEG normierte Vorzugspfandrecht auch für Forderungen in Anspruch genommen werden, die vor dem Inkrafttreten der fraglichen Gesetzesbestimmung am 1. 9. 1999 entstanden sind, weil dem Gesetzgeber der WRN 1999 unterstellt werden müsse, den Schutz der Wohnungseigentümer und nicht den der Pfandgläubiger im Auge gehabt zu haben. Diese Bevorzugung der Wohnungseigentümer sei angesichts ihrer Haftung für Ausfälle bei der Eintreibung von Forderungen gegen zahlungsunwillige oder insolvente Miteigentümer auch sachgerecht. Das Fehlen einer Übergangsregelung zu § 13c Abs 3 bis 5 WEG idF der WRN 1999 sei demnach als gewollte Rückwirkung des Vorzugspfandrechtes auch für vor dem 1. 9. 1999 entstandene Forderungen zu deuten. Außerdem habe das über die Klagsanmerkung entscheidende Prozess- oder Grundbuchsgericht die Fälligkeit der Forderung, für die das Vorzugspfandrecht in Anspruch genommen wird, gar nicht zu prüfen; ob das Vorzugspfandrecht schlagend wird, habe allein das Exekutionsgericht im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens zu prüfen.

Es sei auch nicht einsichtig, warum es nicht möglich sein sollte, die Anmerkung der Klage auch noch nach Schluss der erstinstanzlichen Verhandlung über die Klage zu verlangen. Bei aller Ähnlichkeit zur Anmerkung der Hypothekarklage sei doch zu bedenken, dass die in § 13c Abs 4 WEG vorgesehene Anmerkung das Vorzugspfandrecht erst entstehen lässt. Dazu müssten auch noch andere Voraussetzungen - etwa die Einklagung einer längstens sechs Monate vorher geltend gemachten Forderung - erfüllt sein. Weitere Einschränkungen für die Ausnützung des Vorzugspfandrechtes seien mit dem Normzweck des § 13c Abs 3 bis 5 WEG nicht zu vereinbaren.

Der Revisionsrekursantrag geht dahin, die angefochtene Entscheidung entweder so abzuändern, dass die Klagsanmerkung bewilligt wird, oder aber sie aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurück zu verweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Der erkennende Senat teilt die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, dass das in § 13c Abs 3 WEG normierte Vorzugspfandrecht für Forderungen, die vor dem 1. 9. 1999 - dem Inkrafttreten der fraglichen Gesetzesbestimmung - entstanden sind, nicht in Anspruch genommen werden kann (so schon Call, Anmerkungen zum gesetzlichen Vorzugspfandrecht gem § 13c Abs 3 bis 5 WEG, WoBl 1999, 358 [360]). Ein deutlich zum Ausdruck gebrachtes Anliegen des Gesetzgebers der WRN 1999 war es nämlich, einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen der von Ausfallhaftungen bedrohten Wohnungseigentümer einerseits und den Interessen der Hypothekargläubiger andererseits zu finden (vgl den AB zu Art III Z 3 der WNR 1999, abgedruckt bei Würth/Zingher, Wohnrecht 99, 277 f). Der Schutz jener Gläubiger, die auf den vor der Rechtsänderung bestehenden Liegenschaftskredit vertraut haben, erfordert es aber, das Rückwirkungsverbot des § 5 ABGB so auszulegen, dass mangels einer gegenteiligen Übergangsvorschrift das neu geschaffene gesetzliche Vorzugspfandrecht nur nach dem 30. 8. 1999 entstandenen Forderungen zukommt (idS Call aaO).

Dass das über den Antrag auf Klagsanmerkung entscheidende Gericht nicht zu prüfen hätte, ob eine Forderug geltend gemacht wird, für die das in § 13c Abs 3 WEG normierte gesetzliche Vorzugspfandrecht in Anspruch genommen werden kann, trifft nicht zu. Auch die Anmerkung der Hypothekarklage, die dem Gesetzgeber als Vorbild für die Klagsanmerkung nach § 13c Abs 4 WEG diente (vgl Stabentheiner, Die miet- und wohnungseigentumsrechtlichen Teile der Wohnrechtsnovelle 1999, WoBl 1999, 285 [], setzt den Nachweis voraus, dass der Gläubiger Befriedigung aus einem ihm haftenden Pfand sucht (EvBl 1993/87 ua). Beim "latenten" gesetzlichen Vorzugspfandrecht des § 13c Abs 3 WEG (vgl Würth/Zingher aaO, Anm 3 zu § 13c WEG) bedarf es dazu der Einklagung einer Forderung, die nach § 13c Abs 4 WEG die Haftung des Pfandobjekts zu effektuieren vermag. Nur unter dieser Voraussetzung darf die Klagsanmerkung bewilligt werden.

Schon die Entstehung der eingeklagten Forderungen vor dem 1. 9. 1999 stellt demnach einen Grund für die Abweisung des Gesuches um Klagsanmerkung dar. Auf mögliche weitere Abweisungsgründe ist nicht einzugehen, weil eine erfolgversprechende Wiederholung des Gesuches um Anmerkung der Klage vom 13. 9. 1999 nicht in Frage kommt.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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