Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Antragstellerin ist die eheliche Tochter des Antragsgegners. Sie schloss am 3. 5. 2002 eine Ehe und stellte am 16. 6. 2003 den Antrag, den Antragsgegner zur Leistung eines Heiratsgutes von EUR 10.000,-- zu verpflichten; der Antragsgegner verdiene monatlich netto EUR 2.000,- -.
Der Antragsgegner wendete dagegen ein, die Antragstellerin verfüge selbst über hinlängliches Vermögen und habe mit ihrem nunmehrigen Ehemann, mit welchem sie eine 11-jährige Tochter habe, seit über 10 Jahren in einer Lebensgemeinschaft gelebt. Ein Anspruch auf Heiratsgut bestehe nicht mehr, weil eine Unterhaltsverpflichtung des Elternteiles wegen der seit Jahren bestehenden aufrechten Lebensgemeinschaft nicht mehr zweckmäßig sei und sich die Antragstellerin ein eigenes Leben aufgebaut habe.
Das Erstgericht verpflichtete den Antragsgegner, der Antragstellerin ein Heiratsgut von EUR 4.000,-- zu bezahlen und wies das Mehrbegehren von EUR 6.000,-- (rechtskräftig) ab. Das Heiratsgut sei als Gewährung einer Starthilfe für die erste Ehe der Antragstellerin zu leisten; eine Langzeitlebensgemeinschaft mit dem nunmehrigen Ehemann schließe die Bestellung von Heiratsgut bei Erreichen wirtschaftlicher Unabhängigkeit nicht aus. Ausgehend von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Antragstellerin, die über eine Eigentumswohnung und ein monatliches Nettoeinkommen von rund EUR 560,-- verfüge, sowie des Antragsgegners, der im Jahr 2002 über ein Einkommen von EUR 24.650,-- verfügt habe, kein nennenswertes Vermögen besitze und für eine 13-jährige eheliche Tochter sorgepflichtig sei, sei ein Heiratsgut von EUR 4.000,-- angemessen.
Das vom Antragsgegner angerufene Rekursgericht gab dessen Rekurs nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Nach § 1220 ABGB (idF Art I Z 6 UeKindG und Art I KindG) seien die Eltern oder Großeltern nach der Reihenfolge und nach den Grundsätzen nach denen sie für den Unterhalt der Kinder zu sorgen hätten, verpflichtet, den Töchtern oder Enkelinnen bei ihrer Verehelichung ein Heiratsgut zu geben und dazu verhältnismäßig beizutragen, sofern die Braut kein eigenes, zu einem angemessenen Heiratsgut hinlängliches Vermögen besitze. Der Ausstattungsanspruch habe den Zweck, dem ausstattungsbedürftigen Kind eine den Lebensverhältnissen der Eltern angemessene Starthilfe bei der Gründung einer eigenen Familie zu gewähren (1 Ob 215/99w = EvBl 2000/1 = NZ 2000, 118 [Jud] = ÖA 2000, 70). Die Rechtsnatur des Anspruches sei als Unterhaltsanspruch anzusehen und stelle oftmals den letzten Akt der Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind dar (Brauneder in Schwimann2 Rz 5 zu § 1221 mwN). Anspruchsvoraussetzung sei das Fehlen eines hinlänglichen Vermögens der zukünftigen Ehefrau (Brauneder aaO Rz 8). Der Anspruch entstehe jedenfalls mit der Verlobung oder einer ernstlichen Heiratsabsicht, doch trete die Fälligkeit erst mit Eheschließung ein. Die Geltendmachung des Anspruches für einen beliebigen Zeitpunkt während der Ehe sei zulässig. (Brauneder aaO Rz 9). Sei bisher kein Heiratsgut begehrt worden und sei der Anspruch noch nicht konsumiert, so könne auch aus Anlass einer zweiten Eheschließung und während der zweiten Ehe Heiratsgut genauso geltend gemacht werden, wie während der ersten Ehe (Brauneder aaO Rz 2). Zwar vertrete ein Teil der Lehre die Auffassung, dass die Geltendmachung des Heiratsgutes wegen seines Zweckes als Starthilfe zumindest in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Eheschließung stehen müsse, weshalb der Ausstattungsanspruch nur solange geltend gemacht werden könne, als der mit ihm verbundene Zweck noch erreicht werden könne, doch hätten diese Argumente noch keinen Eingang in die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes Eingang gefunden. Bei Geltendmachung eines Ausstattungsanspruches aus Anlass der zweiten Eheschließung komme der Gedanke einer "Starthilfe" noch weniger zum Tragen als bei einer ersten Eheschließung nach langjähriger Lebensgemeinschaft.
Da die negativen Voraussetzungen des Dotationsanspruches (fehlendes hinlängliches Vermögen bzw Einkommen der Braut) gegeben seien, bestehe der Dotationsanspruch zu Recht. Gegen die nach den Umständen des Einzelfalles vorzunehmende Festsetzung des Heiratsgutes unter Berücksichtigung des Einkommens der Berechtigten sowie des Verpflichteten bestünden keine Bedenken.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil Rechtsprechung des Höchstgerichtes zu der Frage fehle, ob der Anspruch auch dann bestehe, wenn der Zweck der Gewährung einer Starthilfe bei der Gründung einer eigenen Familie bereits erreicht sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Der Antragsgegner macht im Wesentlichen geltend, die Antragstellerin habe sich bereits 1991 eine Eigentumswohnung angeschafft und lebe seit 1990 mit ihrem Lebensgefährten, mit welchem sie eine gemeinsame Tochter habe, zusammen. Den Lebensgefährten habe sie am 3. 5. 2002 geheiratet. In diesem Fall sei der Zweck des Heiratsgutes, eine Starthilfe bei Gründung einer eigenen Familie zu gewähren, nicht mehr zu erreichen.
Vorweg ist auf die ausführliche, sowohl die ständige Judikatur als auch die Lehre berücksichtigende Begründung des Rekursgerichtes zu verweisen.
Weiters ist noch anzuführen.
Zweck des Heiratsgutes nach § 1220 ABGB ist eine angemessene Starthilfe bei der Gründung einer eigenen Familie durch das Kind. Mit dem Heiratsgut erfüllen die Eltern letztmals ihre Unterhaltsverpflichtung; daher ist der Anspruch auf Bestellung eines Heiratsgutes seiner Rechtsnatur nach im weitesten Sinn ein Unterhaltsanspruch und liegt unterhaltsrechtlichen Grundsätzen (JBl 2002, 176; EvBl 2000/1; ÖA 1998, 28 ÖA 1998, 132 vgl SZ 64/120; SZ 53/110; M. Bydlinski in Rummel ABGB3 Rz 1 f zu § 1220; Brauneder in Schwimann ABGB2 Rz 5 und 7 zu § 1220 f; Jud, Ausgewählte Fragen zu Heiratsgut und Ausstattung in NZ 1999, 37).
Nach ständiger Rechtsprechung ist das Begehren auf Bestellung eines Heiratsgutes zu jedem beliebigen Zeitpunkt während der Ehe zulässig, weil die Unterlassung der Anspruchsverfolgung durch längere Zeit grundsätzlich nicht als Verzicht auf das Heiratsgut beurteilt werden kann (SZ 56/169; EF 43.505; 1 Ob 61/03g; Brauneder aaO Rz 9 zu § 1220 f; dagegen Jud aaO 44 und 46).
Zutreffend hat das Rekursgericht darauf verwiesen, dass nach Lehre und Rechtsprechung ein Ausstattungs-Heiratsgut auch aus Anlass einer zweiten Eheschließung und während der zweiten Ehe ebenso geltend gemacht werden kann wie während der (eventuell lang andauernden) ersten Ehe, sofern der Anspruch noch nicht konsumiert ist (Brauneder in Schwimann ABGB2 Rz 2 zu § 1223; 2 Ob 10/99f = SZ 73/63 = EvBl 2000/178). Für die Gewährung eines Heiratsgutes anlässlich einer zweiten Eheschließung ist - sofern der Anspruch nicht bei Abschluss der ersten Ehe konsumiert wurde - die Dauer der ersten Ehe nicht von Bedeutung.
Nichts anderes kann aber gelten, wenn die Ehefrau ihren langjährigen Lebensgefährten heiratet, weil ihr Anspruch auf Heiratsgut jedenfalls noch nicht konsumiert war. Überdies wurde der Dotationsanspruch der Antragstellerin erst rund ein Jahr vor der Antragstellung durch die Eheschließung fällig. Hier ist daher auch - von der herrschenden Rechtsprechung gar nicht geforderter - zeitlicher Zusammenhang zwischen Eheschließung und Dotationsantrag anzunehmen. Aber auch die Bedürftigkeit der Antragstellerin war im Zeitpunkt der Eheschließung wie auch im Zeitpunkt der Antragstellung gegeben (vgl Jud aaO 43 f). Dass sie bereits 1991 eine Eigentumswohnung angeschafft hat, besagt dazu allein nichts. Wesentlich ist, dass ein dafür aufgenommenes Darlehen nicht mit EUR 61.420,13 aushaftet. Das zuerkannte Heiratsgut kann daher auch noch jetzt, wenn auch Jahre nach der Anschaffung der Wohnung das Erfordernis der Starthilfe für das bedürftige anspruchsberechtigte Kind erfüllen.
Die Entscheidung des Rekursgerichtes entspricht daher der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, weshalb dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben war.
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