OGH 10ObS146/04z

OGH10ObS146/04z12.10.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch als weitere Richter (Senat nach § 11a Abs 3 Z 1 ASGG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Helene P*****, Großbritannien, vertreten durch Dr. Andreas A. Lintl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Alterspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. Mai 2001, GZ 9 Rs 25/01i-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 26. Juli 2000, GZ 20 Cgs 123/99w-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Das Verfahren wurde durch den Tod der Klägerin am 28. April 2001 unterbrochen.

2. Aus Anlass der Revision wird das angefochtene Urteil des Berufungsgerichtes als nichtig aufgehoben.

3. Zur Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens sind die im § 76 Abs 2 ASGG genannten Personen in der dort festgelegten Rangordnung und unter den dort geregelten Voraussetzungen berechtigt.

4. Die Akten werden dem Berufungsgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte mit Urteil vom 26. 7 2000, der Klägerin eine Alterspension "in gesetzlicher Höhe" ab 18. 7. 1995 zu gewähren und wies das Mehrbegehren auf Gewährung einer Alterspension in gesetzlicher Höhe auch für den Zeitraum 1. 9. 1962 bis 17. 7. 1995 ab. Dieses Urteil wurde den Parteien am 3. 11. 2000 zugestellt.

Am 1. 12. 2000 erhob die Klägerin gegen dieses Urteil Berufung mit dem Antrag, es im Sinne einer gänzlichen Klagstattgebung abzuändern. Der Akt wurde am 18. 1. 2001 dem Berufungsgericht vorgelegt. Das Berufungsgericht gab mit dem in nichtöffentlicher Sitzung gefällten Urteil vom 18. 5. 2001 der Berufung der Klägerin keine Folge. Dieses Urteil wurde dem Klagevertreter am 21. 6. 2001 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 18. 6. 2001 hatte der Klagevertreter bekannt gegeben, dass die Klägerin am 28. 4. 2001 verstorben sei. Da die Klägerin eine Rechtsanwaltsvollmacht erteilt habe und diese durch den Tod der Partei nicht erlösche, werde der Antrag auf Berichtigung der Parteienbezeichnung der klagenden Partei auf "Verlassenschaft nach Helene P*****" und auf Fortsetzung des Verfahrens (Entscheidung über die Berufung) gestellt. Nach der von der Beklagten in der Folge vorgelegten Sterbeurkunde ist die Klägerin am 28. 4. 2001 in London verstorben.

Am 20. 7. 2001 langte beim Erstgericht eine von dem mit Prozessvollmacht der Klägerin ausgestatteten Klagevertreter rechtzeitig am 19. 7. 2001 zur Post gegebene Revision ein, die von der beklagten Partei nicht beantwortet wurde. Erst am 19. 8. 2004 wurde der in der Zwischenzeit in Verstoß geratene Akt dem Obersten Gerichtshof vorgelegt.

Rechtliche Beurteilung

Der Senat hat erwogen:

Gegenstand der vorliegenden Rechtsstreitigkeit ist der Bestand des Anspruches auf eine Versicherungsleistung, nämlich auf eine Alterspension ab dem 1. 9. 1962. Es handelt sich daher um eine Sozialrechtssache nach § 65 Abs 1 Z 1 ASGG. In einer solchen Rechtsstreitigkeit wird das Verfahren durch den Tod des Klägers kraft Gesetzes und nicht erst aufgrund einer gerichtlichen Anordnung in jeder Lage des Verfahrens gemäß § 76 Abs 1 ASGG - im Gegensatz zu § 155 Abs 1 ZPO - auch dann unterbrochen, wenn der verstorbene Kläger durch einen Rechtsanwalt oder eine andere von ihm mit Prozessvollmacht ausgestattete Person vertreten war (SSV-NF 8/78 mwN; RIS-Justiz RS0116063). Eine Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens gemäß § 76 Abs 2 ASGG erfolgte bisher nicht. Nach Eintritt der Unterbrechung sind Gerichtshandlungen, die nicht bloß dem durch die Unterbrechung des Verfahrens geschaffenen Zustand Rechnung tragen, während des Stillstandes des Verfahrens unzulässig. Ein nach Eintritt der Unterbrechung des Rechtsstreites gefälltes Urteil leidet - ausgenommen den hier nicht vorliegenden Fall des § 163 Abs 3 ZPO - an dem Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO (SSV-NF 3/12 mwN ua). Daher war das Urteil des Berufungsgerichtes aus Anlass der Revision als nichtig aufzuheben.

Die Prozessnachfolge richtet sich nach § 76 Abs 2 ASGG. Danach sind zur Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens nacheinander der Ehegatte, die leiblichen Kinder, die Wahlkinder, die Stiefkinder, die Eltern und die Geschwister berechtigt, alle diese Personen jedoch nur, wenn sie mit dem Kläger zur Zeit seines Todes in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben; steht der Anspruch mehreren Kindern oder Geschwistern des Klägers zu, so sind sie nur bezüglich ihres Teiles zur Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens berechtigt. Letztlich sind hiezu die Verlassenschaft nach dem Versicherten bzw dessen Erben berechtigt. Die Verlassenschaft nach der am 28. 4. 2001 verstorbenen früheren Klägerin wäre somit nur dann zur Fortsetzung des Verfahrens berechtigt, wenn die frühere Klägerin weder einen Ehegatten noch leibliche Kinder, Wahlkinder, Stiefkinder, Eltern oder Geschwister hinterlassen hätte, die mit ihr zur Zeit ihres Todes in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben (SSV-NF 7/105 ua). Dass diese Voraussetzungen der Prozessnachfolge auf die Revisionswerberin zutreffen, wurde bisher weder behauptet noch erhoben. Hinsichtlich der Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens wird auf die nach § 2 Abs 1 ASGG auch in Sozialrechtssachen anzuwendenden §§ 164 ff ZPO hingewiesen. Zur Zeit des Eintritts des Unterbrechungsgrundes (28. 4. 2001) war die Rechtssache beim Berufungsgericht anhängig. Der zur Erwirkung der Aufnahme des Verfahrens erforderliche und auf die dargestellte Rechtslage nach § 76 Abs 2 ASGG Bedacht nehmende Antrag ist daher nach § 165 Abs 1 ZPO beim Berufungsgericht zu stellen.

Stichworte