OGH 4Ob187/04k

OGH4Ob187/04k28.9.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Prof. Haslinger & Partner, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. P*****gmbH & Co KG, 2. P*****gmbH, beide *****, beide vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 70.000 EUR), über die außerordentliche Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 10. Februar 2004, GZ 3 R 222/03t-30, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagten machen als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass Rechtsprechung zur Frage fehle, ob ein unbestimmtes, nur auf Vermutungen aufgebautes Vorbringen die Verjährung selbst dann nicht unterbreche, wenn der Schriftsatz innerhalb der Verjährungsfrist verlesen werde. Die Entscheidung 7 Ob 36/02y spreche für ihren Standpunkt.

In der Entscheidung 7 Ob 36/02y hat der Oberste Gerichtshof auf die herrschende Meinung verwiesen, wonach ein Beweis dann nicht als unzulässiger Ausforschungsbeweis anzusehen ist, wenn die antragstellende Partei einen konkreten rechtserheblichen Sachverhalt als Beweisthema vorträgt, selbst wenn sie im Zeitpunkt der Antragstellung von dem Bestand und der Richtigkeit des vorgetragenen Sachverhalts nicht überzeugt ist. Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Wertung eines Beweis(anbot)es als Ausforschungsbeweis, sondern um die Frage, ob das Vorbringen der Klägerin zur Klageänderung ausgereicht hat, um die Verjährung der damit behaupteten Wettbewerbsverstöße zu unterbrechen. Nach der Rechtsprechung reicht hiefür auch ein ergänzungsbedürftiges Vorbringen aus, wenn die Unvollständigkeit in der Folge behoben wird. Die nachträgliche Ergänzung wirkt dann auf den Zeitpunkt der Klage oder - wie hier -

auf den der Klageänderung zurück (4 Ob 333/87 = ÖBl 1988, 17 -

Autobus-Werbefahrten; 4 Ob 525/92; 8 Ob 135/03s = EvBl 2004/145,

uva). Es kann daher offen bleiben, ob die Klägerin nicht bereits mit ihrem ursprünglichen Vorbringen hinreichend deutlich die Nichterfüllung von Auflagen behauptet hat (ON 18); mit der - auf den Zeitpunkt der Klageänderung zurückwirkenden - Ergänzung (ON 23) war das Vorbringen aber jedenfalls ausreichend bestimmt, um die Verjährung zu unterbrechen.

Die Beklagten machen weiters geltend, dass die angefochtene Entscheidung trotz erheblicher Feststellungsmängel gefällt worden sei. Es sei nicht festgestellt, dass die Beklagten die zu Unrecht als Auflagen beurteilten Aufträge vor Rechtskraft des Bescheides nicht erfüllt hätten. Das Erstgericht habe sich mit der Wiedergabe des Verwaltungsakts begnügt.

Aufgrund welcher Beweismittel Feststellungen getroffen werden, ist für die rechtliche Beurteilung unerheblich. Maßgebend ist allein, dass die Beklagten den Betrieb in den neu errichteten Betriebsanlageteilen vor Rechtskraft des Bewilligungsbescheides aufgenommen haben und dass in diesem Zeitpunkt, wie sich aus den aufgrund der Ergebnisse des Verwaltungsverfahrens getroffenen Feststellungen ergibt, nicht bereits sämtliche Auflagen erfüllt waren.

Keine erhebliche Rechtsfrage bilden auch die im Zusammenhang mit der Fassung des Unterlassungsgebots geltend gemachten Fragen. Den Beklagten wird geboten, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, in ihrem Einkaufszentrum Betriebsanlagen zu errichten, ohne über die erforderliche Genehmigung zur Errichtung der Betriebsanlage zu verfügen, und/oder Gebäudeteile Dritten zur Benützung zur Ausübung von Handelstätigkeiten zu überlassen, wenn für diese Gebäudeteile zum Zeitpunkt der Benützung lediglich ein nicht rechtskräftiger Genehmigungsbescheid der Gewerbebehörde vorliegt und von den Beklagten nicht sämtliche Auflagen des Genehmigungsbescheides eingehalten werden.

Die Beklagten machen geltend, dass das Begehren unschlüssig sei, weil es auf die "Errichtung" der Betriebsanlage abstelle, während es in Wahrheit um eine Änderung einer genehmigten Anlage handle. Sie lassen dabei außer Acht, dass die Änderung durch Aufstockung und damit durch Errichtung eines Zu- und Umbaues erfolgt ist. Nicht nachvollziehbar sind die Ausführungen, soweit die Beklagten geltend machen, es liege ein Verstoß gegen § 405 ZPO vor, weil "das Begehren der klagenden Partei auch betreffend der 'Errichtung' auf den Zeitraum der Befugnisse des § 78 Abs 1 GewO eingeschränkt ist, also auf den Zeitraum zwischen Bescheidzustellung am 12. 3. 2002 und der Rechtskraft des Bescheides mit 27. 3. 2002". Wie sich aus dem Unterlassungsgebot ergibt, wird den Beklagten einerseits verboten, eine Betriebsanlage zu errichten, ohne über die erforderliche Genehmigung zu verfügen, andererseits erfasst das Verbot die Überlassung von Gebäudeteilen an Dritte zur Ausübung von Handelstätigkeiten vor Rechtskraft des Genehmigungsbescheides und vor Erfüllung sämtlicher Auflagen dieses Bescheids. Das Unterlassungsgebot entspricht dem Begehren; worin ein Verstoß gegen § 405 ZPO liegen soll, ist nicht ersichtlich.

Für die Entscheidung unerheblich ist die Frage, ob unter "Errichtung" im Sinne des § 74 Abs 2 GewO erst die Fertigstellung der Betriebsanlage anzusehen ist. Auch wenn dies der Fall wäre, hätten die Beklagten die Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung errichtet, weil im Zeitpunkt der Fertigstellung weder ein rechtskräftiger Genehmigungsbescheid vorlag noch sämtliche Auflagen erfüllt waren.

Nach dem Wortlaut des Genehmigungsbescheids wurden den Beklagten zwar zum Schutz der gemäß § 74 Abs 2 GewO 1994 und § 356b Abs 1 GewO wahrzunehmenden Interessen "Aufträge" erteilt; aus dem Gesamtzusammenhang geht jedoch eindeutig hervor, dass damit Auflagen gemeint sind. Die Frage, ob § 78 Abs 1 GewO auch für gewerbliche "Aufträge" gilt, ist daher für die Entscheidung unerheblich. Gleiches gilt für die Frage, ob ein Wettbewerbsverstoß auch dann vorliegt, wenn in einem gewerberechtlichen Betriebsanlagenbewilligungsbescheid der Auftrag zur Vorlage von technischen Abnahmeattesten erteilt wird, für diese Vorlage keine Frist von der Behörde gesetzt wurde und die inhaltlichen technischen Voraussetzungen erfüllt wurden. Nach dem festgestellten Sachverhalt trifft es keineswegs zu, dass der aufgetragene Zustand vor Rechtskraft des Genehmigungsbescheids hergestellt und nur bloß nicht nachgewiesen war. Ebenso wenig trifft es zu, dass sich die Beklagten nur während eines Zeitraums von 15 Tagen gesetzwidrig verhalten hätten. Die Beklagten haben sich bereits bei der Errichtung über das Erfordernis einer (rechtskräftigen) Betriebsanlagengenehmigung hinweggesetzt.

Die weiters geltend gemachte Frage, ob das Unterlassungsgebot ausreichend bestimmt ist, bildet ebenso wenig eine erhebliche Rechtsfrage wie die Frage, ob ein berechtigtes Interesse an der begehrten Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung besteht. Beide Fragen hängen so sehr von den Umständen des konkreten Falles ab, dass ihnen keine darüber hinausgehende Bedeutung zukommt. Keine erhebliche Rechtsfrage bildet schließlich auch die Frage, ob bei Vorliegen eines gewerberechtlichen Genehmigungsbescheids die Überprüfung, ob sämtliche Aufträge erfüllt und alle technischen Atteste vorgelegt wurden, ausschließlich der Gewerbebehörde und nicht dem Gericht obliegt. Wird - wie hier - ein Wettbewerbsverstoß durch Verletzung gewerberechtlicher Vorschriften geltend gemacht, so ist schon nach allgemeinen Grundsätzen auch die Vorfrage, ob gewerberechtliche Vorschriften verletzt wurden, durch das Gericht zu prüfen.

Stichworte