OGH 8ObA59/04s

OGH8ObA59/04s24.6.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Friedrich Stefan und Mag. Thomas Kallab als weitere Richter in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden Partei Dipl. Ing. Hans Dieter M*****, vertreten durch Dr. Manfred Lirk, DDr. Karl Robert Hiebl, Rechtsanwälte in Braunau am Inn, wider die beklagte Partei Ö***** AG, ***** vertreten durch Dr. Karl Nöbauer, Rechtsanwalt in Braunau am Inn, wegen insgesamt 143.726,77 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. September 2003, GZ 12 Ra 51/03m-53, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Klage nach § 105 Abs 3 ArbVG ist eine Rechtsgestaltungsklage, die das Ziel verfolgt, dass eine zunächst schwebende rechtswirksame Kündigung mit Wirkung ex tunc für unwirksam erklärt wird (ARD 4217/15/90; 9 ObA 90/95; SZ 72/200; RIS-Justiz RS0052018; Rebhahn, Die Rechtslage während eines arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzprozesses, DRdA 1988, 16 [19]).

Der Kläger erreichte dieses im Vorverfahren angestrebte Ziel (Anfechtung der zum 31. 12. 1995 ausgesprochenen Kündigung) durch einen mit der beklagten Partei am 20. 6. 1996 geschlossenen Vergleich, mit welchem eine einvernehmliche Beendigung des Dienstverhältnisses zum 31. 12. 1996 vereinbart wurde. Die Behauptung, der dem Kläger vorgeworfene Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit betreffe ein Verhalten in einer "beschäftigungslosen Zeit", ist somit unzutreffend. Dass Entlassungsgründe auch während eines schwebenden Anfechtungsverfahrens verwirklicht werden können und den Dienstgeber zu einer Eventualentlassung berechtigen, wurde bereits ausgesprochen (Arb 9707).

2. Die Ausführungen, dass es dem Dienstnehmer nicht verwehrt sein dürfe, im Interesse der Allgemeinheit Kritik an der wirtschaftlichen Gebarung des im öffentlichen Interesse agierenden Dienstgebers zu üben und dass der Kläger die gegen den Vorstand der beklagten Partei erhobenen Vorwürfe nicht zum Gegenstand einer Anzeige oder Sachverhaltsmitteilung an die Strafverfolgungsbehörde gemacht habe, setzen sich über die bindenden Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen hinweg:

Es steht fest, dass der Kläger, der seit 1981 als Projektleiter für die Planung und Errichtung eines Kraftwerkes zuständig war, trotz genauer Kenntnis der Zusammenhänge im Frühjahr 1996 und somit zwei Jahre, nachdem er wegen seiner illoyalen und kontraproduktiven Vorgangsweise vom Projekt abgezogen worden war, eine "Sachverhaltsdarstellung" verfasste, in der er massive Vorwürfe gegen den Vorstand der beklagten Partei erhob, die er zuvor weder gegenüber Vorstandsmitgliedern noch gegenüber den Mitgliedern des Aufsichtsrates der beklagten Partei geäußert hatte. Diese Darstellung leitete er an eine Bekannte weiter, deren Bruder Staatsanwalt (Leiter der Wirtschaftsabteilung) war. Motiv dieser Vorgangsweise des Klägers war, dass er sich Argumente und finanzielle Vorteile für das Kündigungsverfahren erhoffte und dass die beklagte Partei wegen der Vorwürfe im Prozess zugunsten des Klägers einlenken würde. Der Kläger hatte zwar keine konkreten Vorstellungen, wie das ablaufen sollte. Aufgrund der Stellung eines Staatsanwaltes und dessen Verbindungen hoffte der Kläger jedoch, etwas "lostreten zu können", was die beklagte Partei zu einem finanziell großzügigeren Agieren im Arbeitsgerichtsprozess bewegen sollte.

Feststeht ferner, dass diese Darstellung des Klägers zu einem Ermittlungsverfahren gegen zehn Beschuldigte (darunter unter anderem gegen den Vorstand der beklagten Partei) führte, das letztlich - nachdem der beklagten Partei in diesem Zusammenhang Kosten von rund acht Millionen Schilling entstanden - eingestellt wurde, weil in keinem Fall strafrechtlich relevante Verdachtsmomente gegeben waren.

3. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass dieses Verhalten des Klägers den Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit verwirklichte, ist unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes zumindest vertretbar.

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