OGH 7Ob109/04m

OGH7Ob109/04m26.5.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Herbert L*****, vertreten durch Dr. Peter Hauser, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Heide L*****, vertreten durch Dr. Elizabeth Pira-Stemberger, Rechtsanwältin in Salzburg, wegen EUR 16.060,70 und Feststellung (Gesamtstreitwert EUR 19.694,34), über den Revisionsrekurs (richtig Rekurs an den Obersten Gerichtshof) des Klägers gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 29. Oktober 2003, GZ 21 R 190/03t-36, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 3. Februar 2003, GZ 43 R 24/01k-30, infolge Berufung des Klägers teilweise aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Beschluss des Berufungsgerichtes wird in seinem angefochtenen Umfang, sohin betreffend den Ausspruch, dass das Ersturteil hinsichtlich der Punkte 1.), 2.) und 4.) als unbekämpft in Rechtskraft erwachsen sei, aufgehoben und dem Berufungsgericht aufgetragen, über die Berufung auch hinsichtlich dieser Punkte des Ersturteiles zu entscheiden.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der aus seinem alleinigen Verschulden geschiedene Kläger ist laut Scheidungsvergleich vom 30. 6. 1999 verpflichtet, der Beklagten einen monatlichen Unterhalt von S 17.000,-- (= EUR 1.235,44) beginnend ab 1. 7. 1999 zu bezahlen.

Mit der Behauptung, die Beklagte unterhalte seit Juli 2000 mit Peter T***** eine eheähnliche Lebensgemeinschaft, weshalb sie seit damals keinen Unterhaltsanspruch mehr habe, begehrte der Kläger die Beklagte schuldig zu erkennen, ihm S 221.000,-- (= EUR 16.060,70) sA zu bezahlen und festzustellen, dass seine Verpflichtung zur Unterhaltszahlung seit Juli 2000 ruhe, in eventu dass seine monatliche Unterhaltsverpflichtung seit diesem Zeitpunkt um S 10.000,-- (= EUR 726,73) vermindert sei.

Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Sie führe mit dem Genannten keine eheähnliche Lebensgemeinschaft.

Das Erstgericht wies mit Urteil vom 3. 2. 2003 die Hauptbegehren ab und gab dem Eventualbegehren teilweise Folge, wobei es dahin entschied, dass es 1.) die vom Kläger monatlich zu leistenden Unterhaltsbeträge ab 1. 7. 2000 bis laufend auf im Urteilsspruch genannte, gestaffelte Beträge herabsetzte, zuletzt ab 1. 7. 2002 auf EUR 510,95, 2.) das Herabsetzungsmehrbegehren abwies, 3.) das Klagebegehren auf Zahlung von EUR 16.060,70 abwies, 4.) das Begehren auf Feststellung, dass die Unterhaltspflicht des Klägers seit Juli 2000 ruhe, abwies und 5.) den Kläger zu Kostenersatz an die Beklagte verpflichtete.

Das Gericht zweiter Instanz gab der gegen das Ersturteil erhobenen Berufung des Klägers wie folgt Folge: "Das angefochtene Urteil, das hinsichtlich der Punkte 1., 2.) und 4.) als unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist, wird im übrigen Umfang, sohin in den Punkten 3.) und

5.) aufgehoben und die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen." Ein Ausspruch, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof gegen die Aufhebung zulässig sei, wurde nicht getroffen.

Dieser Beschluss des Berufungsgerichtes wird vom Kläger mit Revisionsrekurs (richtig Rekurs an den Obersten Gerichtshof) im Umfang des Ausspruches, dass das Ersturteil hinsichtlich der Punkte 1.), 2.) und 4.) als unbekämpft in Rechtskraft erwachsen sei, angefochten. Die Annahme des Berufungsgerichtes, das Ersturteil sei nur hinsichtlich der Punkte 3.) und 5.) angefochten worden, sei unrichtig. Die Berufung habe ausdrücklich den gesamten klagsabweislichen Teil der erstinstanzlichen Entscheidung bekämpft. Das Berufungsgericht habe daher einen wesentlichen Teil der Berufung nicht erledigt bzw irrtümlich unrichtig über den Umfang der Anfechtung ausgesprochen. Dies komme einer teilweisen Zurückweisung der Berufung gleich.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Klägers ist zulässig: Das Berufungsgericht hat einen Teil des Hauptbegehrens sowie das Eventualbegehren für rechtskräftig erledigt angesehen. Die damit hinsichtlich dieses Teiles der klagsweise geltend gemachten Ansprüche erfolgte Verneinung des Fortbestehens eines ehemals unzweifelhaft rechtmäßig begründeten Prozessrechtsverhältnisses bedeutet zwar nicht eine Zurückweisung der Berufung, stellt aber ebenso wie eine solche eine (teilweise) Ablehnung einer weiteren Behandlung des gestellten Rechtschutzbegehrens dar. Die verfahrensrechtliche Bedeutung einer solchen Ablehnung ist der förmlichen Ablehnung einer Behandlung der Berufung ganz vergleichbar. Aus dieser Erwägung ist in Analogie zu § 519 Abs 1 Z 1 ZPO die Zulässigkeit des Rekurses jedenfalls - unabhängig von der Höhe des Streitwertes (RIS-Justiz RS0043893) und vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0043882) - gegeben (vgl 5 Ob 565/94), wobei der Rekurs - anders als jener gegen die Zurückweisung der Klage - einseitig ist und die Rekursfrist daher 14 Tage beträgt (RIS-Justiz RS0098745 und RS0043760; Fasching Zivilprozessrecht2 Rz 1980; Kodek in Rechberger2 Rz 3 zu § 519 ZPO).

Der Rekurs ist auch berechtigt: Bereits eingangs seiner Berufung hat der Kläger erklärt, das Ersturteil "seinem gesamten klagsabweisenden Inhalte nach sowie im Kostenpunkt" anzufechten. Seine Berufungsausführungen münden in den Antrag, das Berufungsgericht wolle das angefochtene Urteil - allenfalls nach Verfahrensergänzung - dahin abändern, dass dem Klagebegehren (gemeint den Hauptbegehren, in eventu - für den Fall der Abweisung der Hauptbegehren - dem Eventualbegehren) voll inhaltlich stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Behauptung des Rekurswerbers, er habe nicht nur die Punkte 3.) und 5.) des Ersturteiles angefochten, sondern die erstinstanzliche Entscheidung auch im übrigen klagsabweisenden Umfang bekämpft, ist also ebenso zutreffend wie die Auffassung des Rekurswerbers, die - also unrichtige - Ansicht des Berufungsgerichtes über den Umfang der gegenständlichen Berufung komme deren teilweiser Zurückweisung gleich (vgl RZ 1982/42). Dies bedingt die Aufhebung des Beschlusses des Berufungsgerichtes im Umfang des unrichtigen Ausspruches betreffend die rechtskräftige Erledigung eines Teiles des Ersturteiles, kann aber nicht zu einer vom Rekurswerber beantragten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst führen: Voraussetzung dafür, dass der Oberste Gerichtshof die richtige Entscheidung in der Sache selbst treffen könnte, wäre es, dass die zweite Instanz die Sache in merito behandelt hätte (vgl RIS-Justiz RS0007060 und RS0065254). Wird der Oberste Gerichtshof - wie hier - gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO angerufen, so ist es ihm grundsätzlich (auch wenn die Sachverhaltsbasis unstrittig wäre) verwehrt, in der Sache selbst zu entscheiden; die Bestimmung des § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO ist auf den Fall des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO nicht analog anwendbar (1 Ob 41/93, RIS-Justiz RS0043874 ua).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Stichworte