OGH 5Ob54/04h

OGH5Ob54/04h25.5.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Sabine S*****, 2) Bernfried O*****, 3) Dr. Franz S*****, 4) Mag. Annemarie S*****, 5) Hermann N*****, 6) Margarethe N*****, 7) Dr. Ihor T*****, 8) Mag. Marta T*****, 9) Irmgard A*****, 10) Ing. Gerhard N*****, 11) Dr. Arnulf K*****, 12) Christian K*****, 13) Johann K*****, 14) Ruthilde M*****, 15) Jakob H*****, 16) Dr. Helmut B*****, 17) Gerhard M*****, 18) Gudrun M*****, 19) Othmar Z*****, 20) DI Peter B*****, 21) Mag. Günter O*****, 22) Helene O*****, 23) O***** OEG, *****, 24) Dr. Elke S*****, 25) S***** OEG, *****, 26) Franz G*****, 27) Heinz S*****, 28) Gudrun S*****, 29) Gerhard M*****, 30) Karin S*****, 31) Christian S*****, 32) Ingeborg M*****, 33) Dr. Helmut H*****, 34) Petra H*****, 35) Dr. Richard K*****, 36) Franz E*****, 37) Andreas S*****, 38) Mag. Christine P*****, 39) Ernst A*****, 40) Mag. Karin A*****, alle vertreten durch Dr. Herbert Felsberger und Dr. Sabine Gauper-Müller, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei S***** Bauträger Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Hackenberger und Mag. Jürgen Greilberger, Rechtsanwälte in Graz, wegen Leistung (mit einer Lösungsbefugnis von EUR 67.800,- -) und Feststellung (Streitwert EUR 2.000,- -), über den Revisionsrekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz vom 22. Jänner 2004, GZ 6 R 2/04f-12, mit dem der Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt vom 10. Oktober 2003, GZ 20 Cg 110/03h-7, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind als Kosten des weiteren Verfahrens zu behandeln.

Text

Begründung

Die Kläger begehren als Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** von der Beklagten als Bauträger die Behebung diverser Mängel ihrer Wohnungseigentums-Anlage und die Feststellung der Haftung der Beklagten für zukünftige Schäden. Von ihrer im Leistungsbegehren näher umschriebenen Mängelbehebungspflicht könne sich die Beklagte durch die Zahlung von EUR 67.800,-- sA befreien.

Die Beklagte hat die Zurück- bzw Abweisung des Klagebegehrens beantragt, wobei sie ihren Zurückweisungsantrag mit einem Vollmachtsmangel der für die Kläger einschreitenden Rechtsanwälte begründete. Die Kläger hatten nämlich angegeben, durch die Hausverwaltung B***** GmbH vertreten zu sein, auf deren Vollmacht sich wiederum die Rechtsanwälte Dr. Herbert Felsberger und Dr. Sabine Gauper-Müller gemäß § 30 Abs 2 ZPO beriefen, ohne die von den Klägern der Hausverwaltung erteilten Vollmachten vorzulegen.

Das Erstgericht griff diesen Vollmachtsmangel auf, indem es den Parteienvertretern in der am 11. 8. 2003 verfügten Ladung zur vorbereitenden Tagsatzung am 2. 10. 2003 den Auftrag erteilte, vorbereitende Schriftsätze zu wechseln und die (erforderlichen) Urkunden vorzulegen, "insbesondere die Vollmachten zur Prozessführung seitens der Kläger", und zwar "bis 25. 9. 2003 bei Gericht einlangend" (ON 3). Als dann erst am 26. 9. 2003 ein vorbereitender Schriftsatz der Rechtsanwälte der Kläger vom 25. 9. 2003 einlangte, in dem sie ersuchten, die Frist zur Vorlage der Urkunden bis zur Verhandlung am 2. 10. 2003 zu erstrecken, gleichzeitig aber vorbrachten, nunmehr auch direkt von den Klägern bevollmächtigt zu sein und für sie einzuschreiten, nahm dies das Erstgericht (nach Durchführung der Verhandlung am 2. 10. 2003) zu Anlass, das bisherige Verfahren mit Urteil für nichtig zu erklären und die Klage mit "Urteil" vom 10. 10. 2003 zurückzuweisen. Die tragende Begründung dieser Entscheidung besteht darin, dass die Kläger dem nach § 37 ZPO ergangenen Auftrag zur Vollmachtsvorlage nicht rechtzeitig nachgekommen seien. Die hiefür erteilte Frist sei nach Abs 2 leg cit nicht erstreckbar. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass dem am 26. 9. 2003 bei Gericht eingelangten Schriftsatz der Kläger 24 Vollmachten in Kopien angeschlossen waren und in der Verhandlung am 2. 10. 2003 weitere Vollmachten vorgelegt wurden.

Das Rekursgericht (das die "Berufung" der Kläger gegen das "Urteil" des Erstgerichtes richtig als Rekurs gegen einen Beschluss deutete) bestätigte diese Entscheidung. Eine im Anwaltsprozess überreichte Klageschrift, die den erforderlichen Nachweis der Bestellung eines Rechtsanwalts nicht enthält, sei zurückzuweisen, wenn die Partei nicht innerhalb der ihr vom Gericht gesetzten Frist einen Rechtsanwalt bestellt und ihn dem Gericht namhaft macht. Die Art der Verbesserung liege im Ermessen des Gerichts; der diesbezügliche Auftrag könne auch in einer Ladung erfolgen (MietSlg 49.599); die Verbesserungsfrist sei in einem Fall des § 37 ZPO nicht erstreckbar. Damit erweise sich die Entscheidung des Erstgerichtes als zutreffend.

Der Beschluss des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es fehle nämlich an den in § 528 Abs 1 ZPO normierten Voraussetzungen für die Anrufung des OGH.

Gegen die rekursgerichtliche Entscheidung haben die Kläger ao Revisionsrekurs mit dem Antrag erhoben, sie entweder ersatzlos oder hilfsweise - mit dem Zusatz aufzuheben, dass die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückverwiesen wird.

Der Beklagten wurde die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt. Sie hat von dieser Äußerungsmöglichkeit Gebrauch gemacht und in ihrer Revisionsrekursbeantwortung beantragt, die angefochtene Entscheidung zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist, wie sich aus den folgenden Erwägungen ergeben wird, zulässig (§ 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm Abs 1 leg cit) und auch berechtigt.

Die von den Klägern unter den Rechtsmittelgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung vorgebrachten Argumente lassen sich so zusammenfassen, dass ihnen die Vorinstanzen zu Unrecht die Nichtbefolgung des Verbesserungsauftrags bzw die Versäumung der Verbesserungsfrist unterstellt hätten. Es sei vor allem unbeachtet geblieben, dass sich der Klagevertreter in seinem Schriftsatz vom 25. 9. 2003 gemäß § 30 Abs 2 ZPO auf eine direkte Bevollmächtigung durch alle Kläger berufen hat. Unabhängig davon hätten die mit diesem Schriftsatz sowie in der Verhandlung am 2. 10. 2003 vorgelegten Vollmachten berücksichtigt werden müssen, weil damit - noch bei laufendem Verfahren - der gerügte Vollmachtsmangel behoben worden sei. Dass das der Ablauf der Verbesserungsfrist verbiete, sei nach der Judikatur zur Behebung von Vollmachtsmängeln keineswegs klar. Schließlich sei zu hinterfragen, ob durch den Beisatz "bei Gericht einlangend" zum Endzeitpunkt einer richterlichen Frist die Bestimmung des § 89 GOG außer Kraft gesetzt werden könne.

Dazu wurde erwogen:

Die Vorinstanzen sind kurz gesagt davon ausgegangen, dass dem Verbesserungsauftrag, die Bevollmächtigung der Hausverwalterin durch die Kläger nachzuweisen, spätestens am 25. 9. 2003 "bei Gericht einlangend" hätte nachgekommen werden müssen. Da der Schriftsatz vom 25. 9. 2003, in dem sich der Klagevertreter ua gemäß § 30 Abs 2 ZPO auf die Bevollmächtigung aller Kläger berief, erst am 26. 9. 2003 beim Erstgericht einlangte, sei die Zurückweisung des Verbesserungsschriftsatzes und der Klage gemäß § 37 Abs 2 ZPO unausweichlich gewesen. Das trifft jedoch schon aus folgenden Gründen nicht zu:

Der bei der Wiedergabe des entscheidungswesentlichen Akteninhalts erwähnte Verbesserungsauftrag ist vom Erstgericht am 11. 8. 2003 verfügt und den Klägern (zu Handen der Rechtsanwälte, die für sie eingeschritten waren) am 13. 8. 2003 zugestellt worden. Dieser Auftrag hatte sinngemäß die Nachbringung jener Vollmachten zum Gegenstand, aus denen sich die Einschreiterbefugnis (Vertretungsmacht) der Hausverwalterin ergibt; der aufgegriffene Vollmachtsmangel konnte aber auch dadurch saniert werden, dass die einschreitenden Rechtsanwälte eigene Vollmachten der Kläger vorlegen oder sich gemäß § 30 Abs 2 ZPO auf eine direkte Bevollmächtigung der Kläger berufen (vgl 8 ObA 43/03m = RdW 2004/69). Letzteres ist mit dem am 26. 9. 2003 beim Erstgericht eingelangten und dann in der mündlichen Verhandlung am 20. 10. 2003 vorgetragenen Schriftsatz der Kläger geschehen. Es bleibt daher vorerst zu prüfen, ob dieser Schritt zur Behebung des Vollmachtsmangels tatsächlich außerhalb der vom Gericht nach § 37 Abs 2 ZPO bestimmten Frist gesetzt wurde.

Bei dieser Untersuchung darf nicht außer Betracht gelassen werden, dass der Beginn der Verbesserungsfrist in die verhandlungsfreie Zeit fiel (§ 222 ZPO). Die Frist wurde also, sofern keine Ausnahme greift, gemäß § 225 Abs 1 ZPO um den noch übrigen Teil der verhandlungsfreien Zeit verlängert. Diese Regelung gilt grundsätzlich auch für richterliche Fristen, und zwar auch für solche, bei denen das Ende der Frist gemäß § 125 Abs 3 ZPO durch einen bestimmten Kalendertag bezeichnet wurde (6 Ob 123/72 = SZ 45/77; 1 Ob 30/75 = SZ 48/; 1 Ob 2014/96z ua). Anderes könnte nur gelten, wenn das Gericht bei der Festsetzung einer Frist nach § 125 Abs 3 ZPO (die in den Gerichtsferien eher vermieden werden sollte: SZ 48/2; vgl Schragel in Fasching2, Rz 1 zu § 225 ZPO) unmissverständlich zum Ausdruck brachte, dass die Frist durch die verhandlungsfreie Zeit nicht verlängert wird. Im Zweifel hat es, um Nachteile von den Parteien abzuwenden, bei der uneingeschränkten Geltung des § 225 Abs 1 ZPO zu bleiben.

Im gegenständlichen Fall sind nun tatsächlich Zweifel angebracht, ob mit dem Beisatz "bei Gericht einlangend" eine Fristverlängerung durch die verhandlungsfreie Zeit ausgeschlossen werden sollte. Es könnte beispielsweise auch - ob möglich oder nicht - beabsichtigt gewesen sein, die Fristwahrung durch die Postaufgabe nach § 89 GOG am letzten Tag der Frist auszuschließen. Bedenken gegen eine den § 225 Abs 1 ZPO außer Kraft setzende Anordnung erweckt außerdem der Umstand, dass der erst in der Verhandlung am 2. 10. 2003 relevant werdende Vollmachtsnachweis gleich terminisiert wurde wie jene Aufträge, die zur Vorbereitung der Verhandlung - also sinnvoller Weis vorher - zu erfüllen waren.

Nach der zitierten Judikatur kam bei dieser Sachlage den Klägern die Verlängerung der Verbesserungsfrist nach § 225 Abs 1 ZPO zugute, was die Annahme der Vorinstanzen, der Vollmachtsmangel sei nicht fristgerecht behoben worden, widerlegt. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Behebung des Vollmachtsmangels iSd § 477 Abs 1 Z 5 und Abs 2 ZPO nicht ohnehin bis zur Zurückweisung des Schriftsatzes vom 25. 9. 2003 und der Klage (also jedenfalls noch in der mündlichen Verhandlung am 2. 10. 2003) möglich gewesen wäre.

Aus diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 ZPO.

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