OGH 3Ob297/03b

OGH3Ob297/03b28.4.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hans Joachim S*****, vertreten durch Eisenberger & Herzog, Rechtsanwaltspartnerschaft in Graz, wider die beklagte Partei Gottfried R*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Muchitsch, Rechtsanwalt in Graz, wegen 26.384,32 EUR sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 23. Oktober 2003, GZ 3 R 158/03k-41, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Am 5. Juni 1999 erlitt der damals 36-jährige Kläger aus einem Verschulden des Beklagten ein schwerwiegendes Quetschtrauma des rechten Vor- und Mittelfußes mit schaft- bzw subcapitaler Fraktur am

2. und 3. Mittelfußknochen rechts sowie eine Fissur an der Basis des 3. Mittelfußknochens. Eine gleichzeitige Druckschädigung des rechten Fußrückennervs führte zu schwerwiegenden Komplikationen im Heilungsverlauf; der langwierige Heilungsprozess erzwang zahlreiche stationäre Krankenhaus- und Rehabilitationsaufenthalte. Trotz der Behandlung zeigte sich beim Kläger eine chronische, therapeutisch weitgehend unbeeinflussbare Schmerzsymptomatik entsprechend dem Bild der Sudeck'schen Krankheit und als Folge anderer im weitesten Sinne dystropher Veränderungen im Bereich der rechten Fußwurzel bzw des rechten Mittelfußes.

Der Kläger leidet seit dem Unglück an zermürbenden, weil dauerhaften und auch nächtens oft stark auftretenden Schmerzen. Noch immer zeigt sich bei Belastungsversuchen eine wesentliche Schmerzzunahme. Komprimiert auf den 24-Stunden-Tag litt der Kläger bis zum 14. Februar 2002 an 45 Tagen an starken, an 110 Tagen an mittelstarken und an 180 Tagen an leichten Schmerzen. Auch in Zukunft wird der Kläger weitere gleichartige Schmerzzustände wie in den letzten Tagen vor der Befundaufnahme am 14. Februar 2002 erleiden. Möglicherweise wird der Kläger pro Monat ungefähr an zwei Tagen an starken, drei Tagen an mittelstarken und an fünf Tagen an leichten Schmerzen leiden; ebensogut sind eine Stunde starke Schmerzen, zwei bis drei Stunden mittelstarke und drei bis fünf Stunden leichte Schmerzen pro Monat anzunehmen. Bis zum 15. Jänner 2003 ergab sich hier keine Besserung. Eine exakte Schätzung der danach anschließenden zukünftigen Schmerzperioden ist jedoch nicht einmal annähernd möglich, weil der gesamte Heilungsprozess noch nicht abgeschlossen ist und jederzeit die Möglichkeit einer Schmerzabnahme mit gleichzeitiger Zunahme der dann pathognomischen Knochenveränderung besteht. Ein konkreter Zeitpunkt des Anhaltens der vom Kläger zu erduldenden Schmerzqualität kann noch nicht genau benannt werden. Zur Zeit ist auch die Frage unbeantwortbar, in welchen Abständen eine Untersuchung des Klägers zur Abklärung der Leidenszustände notwendig sein wird und bis wann es zu einer Änderung im Schmerzbild kommen kann. Eine Amputation des Fußes des Klägers an einem der Gelenkslinien zwischen Sprunggelenk und Mittelfuß könnte die organischen Grundlagen für die derzeitigen Schmerzen beseitigen, wegen der dann aber denkbaren Phantomschmerzen besteht dennoch keine Gewähr für ein Schmerzfreisein.

Auf Grundlage dieser von ihm getroffenen Feststellungen hielt das Berufungsgericht ein Schmerzengeld von 54.000 EUR angemessen und verpflichtete den Beklagten daher unter Berücksichtigung bereits geleisteter Teilzahlungen von 17.586,83 EUR und 10.028,85 EUR zur Zahlung von 26.384,32 EUR. Ausnahmsweise seien die Voraussetzungen für eine zeitliche Begrenzung des Schmerzengeldanspruchs gegeben. Beim Kläger liege nämlich noch kein Endzustand vor, weshalb die Verletzungsfolgen sowie deren Auswirkungen noch nicht endgültig überschaubar seien. Trotz der zeitlichen Befristung wegen des noch nicht abgeschlossenen Heilungsverlaufs, jedoch unter besonderer Berücksichtigung der lang anhaltenden Schmerzzustände und der damit verbundenen erheblichen Einbuße der Lebensqualität erscheine ein Schmerzengeld von 54.000 EUR als angemessen.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Beklagten ist, wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausgesprochen hat, mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Bei der Bemessung des Schmerzengeldes ist einerseits auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, andererseits zur Vermeidung einer völligen Ungleichmäßigkeit der Rsp ein objektiver Maßstab anzulegen. Es darf der von der Judikatur ganz allgemein gezogene Rahmen für die Bemessung im Einzelfall nicht gesprengt werden (RIS-Justiz RS0031075).

Im vorliegenden Fall bewegt sich die Entscheidung des Berufungsgerichts in dem in der Rsp des Obersten Gerichtshofs (s auch jüngst 2 Ob 24/02x) gezogenen Rahmen.

Die Zuerkennung eines Schmerzengeldes für einen bestimmten Zeitraum ist nach stRsp dann zulässig, wenn Schmerzempfindungen für die Zukunft nicht oder nicht im vollen Umfang abgeschätzt werden können (RIS-Justiz RS0031307 T 1). Die Bejahung dieser Voraussetzung im Einzelfall stellt ebenfalls keine auffallende Fehlbeurteilung dar. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte