OGH 10ObS278/03k

OGH10ObS278/03k16.3.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Dietmar Strimitzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Gerda Höhrhan-Weiguni (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Günther B*****, vertreten durch Dr. Alfred Windhager, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5. November 2003, GZ 11 Rs 122/03w-25, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Soweit die Zulassungsbeschwerde der "Revision" des Klägers eine Abänderung des Unzulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes dahin anstrebt, dass seine (ordentliche) Revision doch zugelassen werde, ist sie verfehlt, weil in Streitigkeiten in Arbeits- und Sozialrechtssachen (§ 502 Abs 5 Z 4 ZPO idF ZVN 2002, BGBl I Nr 76/2002) gemäß § 505 Abs 4 ZPO eine außerordentliche Revision erhoben werden kann, wenn das Berufungsgericht im Berufungsurteil - wie hier - nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO ausgesprochen hat, dass die ordentliche Revision nicht nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig ist. Einer Abänderung des Ausspruches für die Zulässigkeit der Revision durch das Berufungsgericht bedarf es in diesem Fall nicht (10 ObS 4/04t mwN). Das vorliegende Rechtsmittel des Klägers ist daher (auch iSd diesbezüglichen Eventualantrages) als außerordentliche Revision zu behandeln, deren Zulässigkeit vom Obersten Gerichtshof - ohne Bindung an den entsprechenden Ausspruch des Berufungsgerichtes - ausschließlich nach § 502 Abs 1 ZPO zu beurteilen ist (10 ObS 159/03k mwN ua; zuletzt: 10 ObS 4/04t und 10 ObS 5/04i mwN; RIS-Justiz RS0110049 [T8]).

Danach ist die Revision gegen das Urteil des Berufungsgerichtes nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes oder des Prozessrechtes abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Der (in erster Instanz ordnungsgemäß zur Verhandlung geladene, aber nicht erschienene) Revisionswerber wiederholt in seinem ao Rechtsmittel die bereits in der Berufung gerügte Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Er hält daran fest, dass ihm die Möglichkeit genommen worden sei, vor Gericht zu verhandeln, und vertritt nunmehr den Standpunkt, durch sein Fernbleiben sei mangels entsprechender Antragstellung der beklagten Partei gemäß § 170 ZPO Ruhen des Verfahrens eingetreten.

Davon abgesehen, dass diese Bestimmung (über das Ruhen des Verfahrens infolge Nichterscheinens der Parteien [vgl dazu Fink in Fasching II/2² Rz 5 ff zu § 170 ZPO mwN aus Rsp und Lehre]) gemäß § 75 Abs 1 ASGG in der vorliegenden Sozialrechtssache (nach § 65 Abs 1 Z 1 ASGG) nicht anzuwenden ist, wird mit diesen Rechtsmittelausführungen verkannt, dass angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, die vom Berufungsgericht verneint wurden (hier: Unterlassung der Parteienvernehmung bzw der amtswegigen Einholung weiterer Gutachten sowie angebliche Verletzung der Anleitungspflicht), nach stRsp des erkennenden Senates auch im Verfahren nach dem ASGG in der Revision nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden können (Kodek in Rechberger² Rz 3 Abs 2 zu § 503 ZPO; MGA, ZPO15 E 38 zu § 503 mwN; SSV-NF 11/15; 7/74; 5/116 ua; RIS-Justiz RS0042963 [T47] und RS0043061). Das gilt insbesondere für den vorliegenden Fall; hat der Kläger doch die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz - wie er selbst festhält - bereits in seiner Berufung erfolglos gerügt (vgl Seite 3 ff der Berufungsentscheidung).

Eine vor dem Obersten Gerichtshof geltend zu machende Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens könnte daher nur dann vorliegen, wenn das Berufungsgericht infolge unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen oder sie mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen hätte (Kodek aaO Rz 3 Abs 2 aE; MGA aaO E Nr 40 mwN; SSV-NF 15/13 mwN; RIS-Justiz RS0043086 [T7 und T8]; jüngst: 10 ObS 250/03t mwN). Derartiges wird in der ao Revision des Klägers aber - zu Recht - nicht einmal behauptet, weil sich das Gericht zweiter Instanz mit der Mängelrüge seiner Berufung auseinandergesetzt und diese mit einer der Aktenlage nicht widersprechenden Begründung als nicht berechtigt erkannt hat (Seite 4 und 5 der Berufungsentscheidung).

Was hingegen die in der Rechtsrüge als "verfehlt" bekämpfte Ansicht des Berufungsgerichtes betrifft, "die Arbeitslosenversicherung könnte Pensionsleistungen ersetzen", wird offenbar missverstanden, dass die (behauptete) Unmöglichkeit, einen konkreten Arbeitsplatz zu erlangen, nach ständiger, vom Berufungsgericht zutreffend wiedergegebener Rechtsprechung nicht zum Risikobereich der Pensionsversicherung, sondern zu jenem der Arbeitslosenversicherung gehört (RIS-Justiz RS0084720 [T8], RS0084833; zuletzt: 10 ObS 399/02b mwN und 10 ObS 7/03g). Der in der ao Revision weiterhin angestrebten Berücksichtigung der konkreten "Situation auf dem Arbeitsmarkt" bei der Beurteilung, ob beim Kläger Invalidität vorliegt, steht nämlich - wie der erkennende Senat bereits mehrfach ausgesprochen hat (10 ObS 85/02a mwN) - entgegen, dass der Gesetzgeber die Kompetenzbereiche von Unfallversicherung und Pensionsversicherung einerseits und Arbeitslosenversicherung andererseits exklusiv festgelegt hat. Während in der Unfall- und Pensionsversicherung Leistungen zu erbringen sind, wenn die Fähigkeit zum Erwerb durch Umstände gemindert ist, die auf der persönlichen Eigenart des Menschen beruhen, gehört die fehlende Nachfrage nach Arbeit nicht zu deren Risikobereich, sondern zu jenem der Arbeitslosenversicherung. Der Gesetzgeber hat die Minderung der Arbeitsfähigkeit abstrakt durch Vergleich mit jener von körperlich und geistig gesunden Versicherten und durch Festlegung eines in den einzelnen Pensionsgesetzen differenzierten Kreises der Verweisungstätigkeiten, an denen die Restarbeitsfähigkeit gemessen wird, geregelt. Eine Berücksichtigung gesunkener Nachfrage nach Arbeit in der Pensionsversicherung könnte nicht durch Änderung der auf den bestehenden Gesetzen basierenden Rechtsprechung, sondern nur vom Gesetzgeber durch Einschränkung des Verweisungsfeldes erfolgen, wobei der erkennende Senat auch für eine Vorgangsweise nach Art 140 Abs 1 B-VG in Bezug auf § 255 Abs 3 ASVG keine Veranlassung sieht (10 ObS 85/02a).

Mangels erheblicher, für die Entscheidung des Verfahrens relevanter Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision daher zurückzuweisen.

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