OGH 4Ob57/04t

OGH4Ob57/04t16.3.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei H***** AG, *****, vertreten durch Ploil, Krepp & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, Widerruf und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 50.600 EUR), über die außerordentliche Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 19. Jänner 2004, GZ 2 R 204/03i-31, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Beklagte macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass Rechtsprechung zur Frage fehle, ob Befürchtungen Werturteile sind und ob die Bekanntgabe einer Befürchtung und Erwartung, die als objektiv berechtigt festgestellt sei, zur Irreführung geeignet sein könne. Sie macht weiters geltend, dass das Berufungsgericht die in einem an Ärzte und Apotheker gerichteten Brief wiedergegebene Wendung, "...dass auch die von uns georderten Mengen zur Befriedigung der uns vorliegenden Bestellungen bereits seit Jänner 2002 massiv gekürzt wurden...", entgegen der Rechtsprechung dahin verstanden habe, dass sie die falsche Vorstellung erwecke, die Beklagte nehme nur Bestellungen inländischer Kunden entgegen und beliefere nur inländische Besteller und nicht auch ausländische, und die (wahre) Mitteilung, ein von einem Produzenten eingeführtes Kontingentierungssystem lasse den Besteller eine Verknappung der von ihm bestellten Medikamente befürchten, entgegen der Rechtsprechung als herabsetzend beurteilt habe.

Rechtliche Beurteilung

Zur zuerst genannten Frage ist auf die ständige Rechtsprechung zur Abgrenzung von Werturteilen und Tatsachenbehauptungen zu verweisen. Danach kommt es - und zwar sowohl bei einer Beurteilung nach § 2 UWG als auch bei einer Beurteilung nach § 7 UWG oder § 1330 ABGB - immer auf den Gesamtzusammenhang und den dadurch vermittelten Gesamteindruck an, den die beanstandete Angabe oder Äußerung erweckt;

dabei ist auf das Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers

oder -hörers, nicht aber auf den subjektiven Willen des Erklärenden

abzustellen (ua 4 Ob 138/99v = SZ 72/118 = MR 1999, 290 -

Inkassobüro; 4 Ob 275/01x = MR 2002, 239 - Das beste Notebook; 4 Ob

297/02h = MR 2003, 177 [Pöchhacker] - Aonspeed 30, jeweils mwN). Für

Befürchtungen, wie sie die Beklagte geäußert hat, gilt nichts anderes; auch in diesem Fall kommt es darauf an, wie die Äußerung nach dem Gesamtzusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck verstanden wird.

Was die weiters als erheblich geltend gemachten Fragen betrifft, so geht es dabei um die Anwendung der oben wiedergegebenen Grundsätze im Einzelfall. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO wird dadurch regelmäßig nicht begründet, wenn sich die Beurteilung, wie hier, im Rahmen der Rechtsprechung hält. Von einer "unvertretbaren Falsch(Fehl)beurteilung", wie sie die Beklagte behauptet, kann angesichts des vom Schreiben erweckten Gesamteindrucks, die allfälligen Lieferschwierigkeiten seien (allein) auf das Kontingentierungssystem der Klägerin zurückzuführen, keine Rede sein.

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