OGH 4Ob275/01x

OGH4Ob275/01x29.1.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** GmbH, *****, vertreten durch Schönherr Barfuß Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei V*****, vertreten durch Dr. Gerald Ganzger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 50.870,98 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 17. September 2001, GZ 2 R 149/01y-8, womit der Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 25. April 2001, GZ 39 Cg 35/01f-4 bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss wie folgt zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruchs wird der Beklagten bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr verboten, Produkte, die zur Förderung des Verkaufs der Zeitschrift "F*****", insbesondere als Bestandteil von Kombi-Abonnements der Zeitschrift "F*****" beworben werden, wahrheitswidrig als "beste" oder sinngleich zu bezeichnen, insbesondere wahrheitswidrig anzukündigen: "DAS BESTE NOTEBOOK", wenn es tatsächlich Notebooks gibt, die besser sind als jenes, welches die Beklagte als Teil des Kombi-Abonnements ankündigt."

Die klagende Partei hat die Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen vorläufig, die beklagte Partei hat die Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Medieninhaberin der Zeitschrift "D*****", die Beklagte Eigentümerin, Verlegerin und Produzentin unter anderem der Wochenmagazine "F*****" und "e*****". In mehreren Ausgaben der Zeitschrift "F*****" zwischen Oktober 2000 und Jänner 2001 kündigte die Beklagte folgendes an:

Die Qualität eines Notebooks hängt entscheidend von der Leistungsstärke einzelner Komponenten (zB Kapazität von Hauptspeicher und Festplatte, Geschwindigkeit des CD-ROM-Laufwerks, Leistungsfähigkeit des Prozessors und der Bildschirmkarte uä) und vom Zusammenwirken dieser Komponenten ab. Ein Notebook verfügt somit über objektiv nachprüfbare Qualitätsmerkmale, die für seine Leistungsfähigkeit ausschlaggebend sind. Nicht bescheinigt ist, dass in der Preisklasse von rund 25.000 S ein besseres Notebook als das von der Beklagten angebotene erhältlich ist.

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, Produkte, die zur Förderung des Verkaufs der Zeitschrift "F*****", insbesondere als Bestandteil von Kombi-Abonnements der Zeitschrift "F*****" beworben werden, wahrheitswidrig als "beste" oder sinngleich zu bezeichnen, insbesondere wahrheitswidrig anzukündigen: "DAS BESTE NOTEBOOK", wenn es tatsächlich Notebooks gebe, die besser seien als jenes, welches die Beklagte als Teil des Kombi-Abonnements ankündige. Die beanstandete Ankündigung sei unwahr, weil das angebotene Notebook bloß von mittelmäßiger Qualität sei. Die Leistungsfähigkeit des Prozessors, die Größe des Hauptspeichers, die Speicherkapazität der Festplatte, die Größe des Monitors, sowie die Ausstattung mit Spezialkomponenten seien weit unter der Ausstattung von Top-Notebooks anzusiedeln. Das von der Beklagten angebotene Notebook sei weder besonders leistungsstark, noch könne es als besonders leicht oder multimediatauglich bezeichnet werden. Auch verfüge es nicht über die Standards der von der Beklagten in einem Notebook-Test der Zeitschrift "e*****" geschaffenen Kategorie "Multimedia-Books"; auch seien alle Notebooks dieses Tests in der Kategorie "klein, dünn & clever" trotz durchwegs höherer Speicherkapazität und teilweise höherer Hauptspeicherkapazität leichter. Da die Beklagte den Begriff Notebook ohne jede Einschränkung verwende, beziehe der Leser den Werbevergleich "DAS BESTE NOTEBOOK" auf sämtliche auf dem Markt angebotenen Geräte und erwarte, dass das von der Beklagten angepriesene Notebook besser sei als sämtliche anderen. Die Leistung eines Notebooks lasse sich objektiv vergleichen, die Beurteilung mehrerer Geräte sei daher nicht bloß eine Geschmacksfrage. Die Ankündigung der Beklagten verstoße gegen § 2 UWG.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags. Ein Notebook sei eine Funktionseinheit, die nicht nach einzelnen Komponenten zergliedert und unter Außerachtlassung von Zweck und Preis beurteilt werden könne. Auch das Testergebnis der Zeitschrift "e*****" sei subjektiv. Aus dem Gesamtbild der beanstandeten Werbung ergebe sich, dass nicht nur ein Notebook angeboten werde, sondern auch Software und ein Internetzugang. Betrachte man das Gesamtpaket im Lichte der Ankündigung "DAS BESTE NOTEBOOK", könne es - bezogen auf die Leistungsfähigkeit - als hervorragend oder als "das Beste" angesehen werden, dies auch in einem Feld von deutlich teureren Notebooks. Da sich die Beklagte nicht auf ein bestimmtes Merkmal ihres Notebooks festgelegt habe, sei die Ankündigung ein zulässiges Werturteil. Auch sei das begehrte Unterlassungsgebot zu weit gefasst. Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Angaben, deren Richtigkeit nicht überprüft werden können, die also reklameartige Übertreibungen bildeten, die niemand wörtlich nehme, fielen nicht unter § 2 UWG. Die Ankündigung "DAS BESTE NOTEBOOK" sei keine marktschreierische und damit unüberprüfbare Angabe; der Wahrheitsgehalt dieser Aussage lasse sich vielmehr anhand objektiver Merkmale nachvollziehen und prüfen. Die Beklagte habe nicht allein "DAS BESTE NOTEBOOK" als Bestandteil ihres Kombi-Abonnements angekündigt, sondern es werde auch unübersehbar der (mit 24.990 S angegebene) Wert dieses Geräts angeführt. Damit könne das durch die Ankündigung angesprochene Publikum nicht erwarten, es handle sich um das beste Notebook überhaupt, sondern nur um das beste Notebook in der Preisklasse von ca 25.000 S. In dieser Situation hätte die Klägerin bescheinigen müssen, dass in dieser Preisklasse bessere Notebooks als das von der Beklagten angekündigte erhältlich seien. Solches habe die Beklagte weder behauptet noch bescheinigt. Ein Wettbewerbsverstoß liege daher nicht vor.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht zulässig sei. Nach dem Gesamtbild der Werbeeinschaltung habe die Beklagte nicht allein "DAS BESTE NOTEBOOK" als Bestandteil ihres Kombi-Abonnements angekündigt, sondern zugleich auch den Wert des Geräts unübersehbar zum Ausdruck gebracht. Auch bei Erstkäufern sei nicht davon auszugehen, dass sie sich vor dem Erwerb eines Notebook nicht einmal soweit über die Marktverhältnisse informierten, dass ihnen nicht bekannt wäre, dass es teurere Geräte als das von der Beklagten angebotene gäbe, zumal die Ankündigung in einem Wirtschaftsmagazin erfolgt sei. Damit habe nur die Erwartung begründet werden können, es handle sich um das beste Notebook in der Preisklasse von 25.000 S. Die Unrichtigkeit dieser Behauptung sei nicht bescheinigt. Mangels Irreführung liege kein Wettbewerbsverstoß vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht von höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen ist; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Nach Auffassung der Klägerin setze Superlativwerbung eine erhebliche Sonderstellung des Werbenden in sämtlichen nach der Verkehrsauffassung für die Richtigkeit der Behauptung bestimmenden Faktoren voraus; bei einer mehrdeutigen Ankündigung sei auf die ungünstige Auslegung abzustellen. Werde ein Notebook ohne jede Einschränkung als das beste beworben, müsse es unter allen auf dem Markt erhältlichen Geräten dieser Art - unabhängig vom Preis - eine Spitzenstellung besitzen. Dies sei für das von der Beklagten beworbene Gerät nicht bescheinigt. Dazu ist zu erwägen:

Die Beklagte hat mit der beanstandeten Werbung eine Spitzenstellung in Anspruch genommen. Eine derartige Werbung ist primär nach § 2 UWG zu beurteilen und wettbewerbsrechtlich dann zu beanstanden, wenn die ernstlich und objektiv nachprüfbar behauptete Spitzenstellung nicht den Tatsachen entspricht oder die Werbebehauptung sonst zur Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise geeignet ist (MR 2000, 320 = ÖBl 2001, 68 - Das beste Magazin mwN). Ob eine Mitteilung im Einzelfall eine objektiv nachprüfbare Tatsachenbehauptung oder eine rein subjektive, unüberprüfbare Meinungsäußerung - also ein bloßes Werturteil - enthält, muss unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, in den die Äußerung gestellt wird, der Form, in der sie gebracht wird, des Gegenstands, den sie betrifft, und aller sonstigen Umstände, die für den Eindruck auf das angesprochene Publikum maßgebend sein können, beurteilt werden (ÖBl 1977, 166 - Österreichs bester Kaffee mwN; ÖBl 1981, 119 - Österreichs bestes Bier; MR 1991, 74 = ÖBl 1991, 180 - Die Tageszeitung Österreichs mwN; MR 2000, 320 = ÖBl 2001, 68 - Das beste Magazin). Das Rekursgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Qualität eines Notebook nachgeprüft (und nicht nur subjektiv bewertet) werden kann, und führt beispielhaft einige hiebei in Betracht kommende Kriterien an. Die Aussage, dass ein bestimmtes Notebook das beste sei, ist demnach eine überprüfbare Tatsachenbehauptung (so schon 4 Ob 270/01m zu einem nahezu identen Sachverhalt).

Den Vorinstanzen kann nicht darin gefolgt werden, die für das beworbene Gerät in Anspruch genommene Spitzenstellung beziehe sich nicht ganz allgemein auf den Markt für Notebooks, sondern (nur) auf Geräte einer bestimmten Preisklasse (nämlich jener bis ca 25.000 S):

Mag nämlich auch in der beanstandeten Werbeaussage der Wert des beworbenen Gerätes nahezu gleich auffällig angeführt sein wie die Ankündigung seiner Spitzenstellung, kann doch den angesprochenen (breiten) Verkehrskreisen schon deshalb nicht von vornherein das Wissen unterstellt werden, es gäbe teurere Geräte dieser Art, weil Notebooks (noch) nicht zur Standardausrüstung eines durchschnittlichen Haushalts gehören. Die Adressaten der Ankündigung werden den darin enthaltenen ergänzenden Hinweis auf den Wert des beworbenen Notebooks daher zwar möglicherweise überwiegend zur Kenntnis nehmen, daraus aber noch nicht automatisch den (einschränkenden) Schluss ableiten, die für das Gerät in Anspruch genommene Spitzenstellung gelte nicht ganz allgemein, sondern nur für eine bestimmte Preisklasse.

Ist demnach nicht ausgeschlossen, dass die beanstandete Ankündigung von breiten Kreisen der Bevölkerung dahin verstanden wird, das bei der Beklagten erhältliche beste Notebook auf dem Markt habe einen Wert von rund 25.000 S, verstößt eine solche Ankündigung jedenfalls dann gegen § 2 UWG, wenn bessere (weil leistungsstärkere) Geräte als das so beworbene erhältlich sind; dass solches der Fall ist, ist gerichtsbekannt und wird auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Hat demnach die beanstandete Aussage einen eindeutigen (unrichtigen) Inhalt, braucht die Unklarheitenregel gar nicht herangezogen zu werden (MR 2002, 371 - Informationshonorar mwN). Ob Konsumenten oder Konsumentenschutzverbände zu Testzwecken auch Notebooks verschiedener Preiskategorien miteinander vergleichen, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.

Dem Revisionsrekurs ist Folge zu geben und der Sicherungsantrag zu erlassen.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO, jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.

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