OGH 7Ob276/03v

OGH7Ob276/03v14.1.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Uta V*****, vertreten durch Dr. Ernst Stolz em., Dr. Sepp Manhart und Dr. Manfred Einsle, Rechtsanwälte in Bregenz, sowie des auf Seiten der klagenden Partei beigetretenen Nebenintervenienten Bernd E*****, vertreten durch Dr. Walter Geißelmann und Dr. Günther Tarabochia, Rechtsanwälte in Bregenz, gegen die beklagten Parteien 1.) B*****-GmbH, *****, und 2.) B*****-GmbH & Co KG, ebendort, beide vertreten durch Dr. Paul Sutterlüty und andere, Rechtsanwälte Partnerschaft in Dornbirn, wegen EUR 31.580,81 sA (und Feststellung), über die Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 7. August 2003, GZ 1 R 110/03s-38, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Teil-Zwischenurteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 18. März 2003, GZ 8 Cg 170/01d-34, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, das es zu lauten hat:

Das Leistungsbegehren des Inhaltes, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei EUR 31.580,81 samt 4 % Zinsen seit 28. 12. 1999 zu bezahlen, besteht dem Grunde nach zu Recht.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens zweiter und dritter Instanz wird der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die erstbeklagte Partei ist Komplementärin der zweitbeklagten Partei, welche am 19. 9. 1999 Betreiberin einer Sommerrodelbahn in B***** (Vorarlberg) war. Das über die zweitbeklagte Partei mit Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom 19. 2. 2002 zu 14 S 45/02h eröffnete Konkursverfahren wurde zwischenzeitlich mit Beschluss desselben Gerichtshofes vom 31. 3. 2003 - also noch vor Entscheidung des Berufungsgerichtes - wiederum rechtskräftig (nach rechtskräftiger Bestätigung eines angenommenen Zwangsausgleiches) gemäß § 157 Abs 1 KO aufgehoben. Die vom Erstgericht beschlussmäßig erfolgte Berichtigung der Bezeichnung der zweitbeklagten Partei auf die bestellte Masseverwalterin (ON 28) ist damit ebenso hinfällig geworden (§ 59 KO; Buchegger in Bartsch/Pollak/Buchegger, Österr. Insolvenzrecht I4 Rz 55 zu § 7 KO) wie die in derselben Streitverhandlung erfolgte Umstellung des ursprünglichen Leistungsbegehrens gegenüber der (damaligen) Gemeinschuldnerin auf ein entsprechendes Feststellungsbegehren (im anhängigen Konkurs), kam es doch insoweit wiederum zu einem Wiederaufleben des seinerzeitigen Leistungsbegehrens (9 ObA 159/98t).

Gegenstand des Verfahrens bilden Schadenersatzansprüche der Klägerin aus einem Unfall, der sich am 19. 9. 1999 ereignete und bei dem sie schwer verletzt wurde. Hiezu sind folgende Feststellungen der Vorinstanzen hervorzuheben:

Der Start der Sommerrodelbahn liegt im Bereich der Mittelstation einer Doppelsesselbahn, welche die Benützer vom Tal dorthin bringt. Im Bereich sowohl der Tal- als auch der Mittelstation befand sich am Unfalltag je eine Tafel mit den Sicherheitsvorschriften, und zwar im Tal direkt beim Zugang zur Kassa, in der Mittelstation beim Zugang zum Start der Sommerrodelbahn. Diese Vorschriften lauteten wie folgt:

"1) Kinder bis zum 6. Lebensjahr dürfen nur auf dem Schoß Erwachsener fahren. Der Erwachsene hat seine Fahrweise so abzustimmen, dass für das Kind keinerlei Gefahr besteht.

2) Kinder zwischen 6 und 12 Jahren müssen hinter der Aufsichtsperson fahren.

3) Das Personengesamthöchstgewicht pro Roller beträgt 110 kg.

4) Ein Mindestabstand von 20 m zum nächsten Roller ist einzuhalten.

5) Während der Fahrt nicht anhalten.

6) Hinweistafeln auf der Strecke unbedingt beachten.

7) Beide Hände während der Fahrt am Bremshebel lassen.

8) Nicht mit der Hand in die Bahn fassen.

9) bis 12) ...

13) Den Anweisungen des Personals ist unbedingt Folge zu leisten.

14) Die Benützung erfolgt auf eigenes Risiko. Jeder Benützer verpflichtet sich, die Sicherheitsvorschriften unbedingt einzuhalten."

Die von der Bezirkshauptmannschaft Bregenz genehmigte Betriebsvorschrift samt Beförderungsbedingungen für die Bahn enthielten ua folgende Bestimmungen:

" § 8: Die Bediensteten sind verpflichtet dafür zu sorgen, dass die Vorschriften über das Verhalten der Fahrgäste eingehalten werden ...

§ 14: Das Betriebspersonal hat darauf zu achten, dass die Sunny-Roll-Vorrichtungen vorschriftsmäßig benutzt werden.

§ 15: Der Wagen darf nur von einem Fahrgast benutzt werden mit folgenden Ausnahmen:

a) Kinder bis zum vollendeten 6. Lebensjahr dürfen nur am Schoß Erwachsener befördert werden. Hiebei ist durch besonderen Anschlag auf die Notwendigkeit der Überprüfung der Bewegungsfreiheit des Bremshebels hinzuweisen.

b) Kinder zwischen 6 und 12 Jahren dürfen die Bahn nur unter Aufsicht von erziehungsberechtigten Personen benützen, wobei gewährleistet sein muss, dass die Kinder in der Bedienung der Rodel ausreichend unterwiesen werden. Die Aufsichtsperson muss vor dem Kind fahren.

c) Wenn das Gesamtgewicht zweier Personen 110 kg nicht überschreitet und es vom Platzangebot des Wagens her möglich erscheint.

...

§ 24: Bei starker Frequenz ist die Zahl des Betriebspersonals erforderlichenfalls zu erhöhen. Um eine Personenansammlung in der Mittelstation zu vermeiden, ist die Personenbeförderung mit der Doppelsesselbahn zeitweilig zu unterbrechen.

...

§ 33: Die Sunny-Rollwagen sind mit fortlaufenden Nummern zu versehen und die Prüfprotokolle sind nach diesen Nummern zu führen, dh pro Wagen ist ein Prüfprotokoll (Beiblatt) anzulegen, auf welchem jede Überprüfung, jede Reparatur, jeder Bremsbelagswechsel und die jährliche Generalüberprüfung eingetragen werden muss.

§ 34: Monatlich sind die Fahrbetriebsmittel und die Auf- und Abfahrtsstrecke hinsichtlich des Betriebszustandes zu überprüfen und das Ergebnis ist im Betriebstagebuch zu vermerken.

...

§ 36: Für die Sunny-Rollbahn ist ein Betriebstagebuch zu führen, das am Betriebsort aufzubewahren und auf Verlangen der Gewerbebehörde oder deren Sachverständigen zur Einsicht vorzulegen ist.

§ 37: Besondere Bestimmungen:

a) Das Ein- und Aussteigen ist nur an den hiefür bestimmten Stellen zulässig.

b) Die Bedienungsvorschriften am Start und Ziel sind vom Fahrgast zu lesen und zu beachten.

c) Die Mindestabstände von 20 m sind einzuhalten.

d) Den Hinweistafeln auf der Strecke ist unbedingt Folge zu leisten.

e) Stehenbleiben auf der Strecke ist verboten.

f) Das Betreten der Bahn ist verboten.

g) Bei evtl. notwendig werdenden Fahrunterbrechungen ist die Bahn sofort mit der Rodel zu verlassen."

Mit Schreiben vom 24. 7. 2000 hat die genannte Behörde der zweitbeklagten Partei mitgeteilt, dass nach ihrer Ansicht die Bestimmung des § 37 lit e der Betriebsvorschrift/Beförderungsbedingungen für die Rodelbahn so zu verstehen sei, dass das eigenmächtige Stehenbleiben eines Fahrgastes auf der Strecke selbst verboten ist; grundsätzlich stehe fest, dass sich jeder Fahrgast an die Anordnungen des Betriebspersonals zu halten habe.

Am Unfalltag herrschte sehr starker Kundenandrang. Die Mitarbeiter der zweitbeklagten Partei achteten darauf, dass bei der Sesselbahn kein Sessel leer blieb. Dies deshalb, da es nicht nur Gäste gab, die die Sommerrodelbahn benützten, sondern auch solche, die bis zur Bergstation zum Hirschberg fuhren, um dann wandern zu gehen. Die Sesselbahn hatte ein Förderintervall von etwa 450 Personen pro Stunde.

Bei normalem Betrieb waren an der Talstation zwei Personen beschäftigt. Der eine Mitarbeiter war für das "Einsesseln", der andere für das "Aussesseln" zuständig. Bei starkem Betrieb wurde eine weitere Person für das "Aussesseln" eingesetzt. Am Unfallstag waren bei der Talstation drei Personen, bei der Mittelstation zwei Personen beschäftigt. Zudem waren entlang der Rodelbahn zwei Streckenposten eingeteilt, die den Fahrbetrieb zu beobachten hatten. Hinsichtlich der Standpositionen dieser Streckenposten gab es keine fixen Plätze. Es gab aber Erfahrungswerte darüber, wo eine Postierung am sinnvollsten war.

Die Sommerrodelbahn weist eine gesamte Höhendifferenz von ca 315 m auf. Die spätere Unfallstelle befindet sich am Ende des ersten Drittels in einem beiderseits durch Wald eingesäumten Abschnitt, wobei bis dorthin vom Startweg eine Höhendifferenz von etwa 115 m zu durchfahren ist. Vor der Unfallstelle verläuft die Bahn über ca 25 Höhenmeter in einem Waldstück und weist unmittelbar vor der Unfallstelle eine Linkskurve auf.

Die Familie der Klägerin fuhr gegen 16.00 Uhr auf der Rodelbahn talwärts. An vorderster Stelle fuhr der Sohn der Klägerin, dann folgte ihr Ehegatte, dem wiederum ein weiterer Sohn nachfuhr. Zuletzt schloss die Klägerin an. Alle verfügten über gültige Fahrkarten.

Im Bereich des sogenannten "S" (Kurvenkombination) war Siegfried M*****, ein Mitarbeiter der zweitbeklagten Partei, als Streckenposten eingesetzt. Da es in diesem Bereich zu Stauungen kam, hielt er insgesamt 8 bis 10 Rodler an, zuletzt die Familie der Klägerin.

Hinter dieser fuhr Bernd E***** (im Folgenden kurz: Nebenintervenient), der in seiner Rodel vor sich sitzend ein 10-jähriges Mädchen namens Stefanie mitführte. Der Nebenintervenient hatte vor dem Einsteigen die Sicherheitsvorschriften gelesen. Ihm fiel dabei besonders Punkt 3) auf, wonach pro Rodel eine Beschränkung auf 110 kg bestand. Er ging jedoch davon aus, dass er gemeinsam mit dem Mädchen diese Beschränkung nicht überschritt. Der Nebenintervenient wog zum damaligen Zeitpunkt zwischen 70 und 75 kg. Stefanie war damals ca 1,40 m groß; bei einem Kind in diesem Alter liegt das Gewicht bei etwa 31,5 kg.

Auch die Mitarbeiter der Sommerrodelbahn hatten die Anweisung, auf die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften zu achten. Der zur Unfallszeit beim Start der Rodelbahn eingeteilte Mitarbeiter der zweitbeklagten Partei, Daniel B*****, machte den Nebenintervenienten allerdings nicht darauf aufmerksam, dass es nach Punkt 2) der Sicherheitsvorschriften nicht erlaubt war, gemeinsam mit dem 10-jährigen Mädchen in einer Rodel zu fahren. Stefanie sah damals ihrem Alter entsprechend aus. Man hätte sie in ein Alter von 8 bis 12 Jahren überall einstufen können. Um das tatsächliche Alter der Kinder zu ermitteln, wurde von den Mitarbeitern beim Start der Sommerrodelbahn kein Ausweis verlangt. Es gab auch keine Vorrichtung, um die Besucher auf ihr Gewicht zu kontrollieren. Der Nebenintervenient wurde weder durch einen schriftlichen Anschlag noch durch einen Hinweis eines Mitarbeiters der beklagten Partei auf die Notwendigkeit der Überprüfung der Bewegungsfreiheit des Bremshebels hingewiesen. Daniel B***** fragte für gewöhnlich nach, wenn er sich hinsichtlich des Alters eines Kindes unsicher war. Ausschlaggebender als das Alter war für ihn jedoch die Statur des Kindes.

Als der Nebenintervenient mit seiner Tochter an der Reihe waren, war sehr viel Betrieb. Vor dem Start gab es eine Warteschlange. Daniel B***** gab das Signal zum Losfahren, ohne zu beanstanden, dass Bernd E***** gemeinsam mit Stefanie in eine Rodel stieg.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der in den Betriebsvorschriften vorgegebene Mindestabstand von 20 m am Start und auf der Strecke stets eingehalten wurde.

Nachdem der Nebenintervenient gestartet war, musste er zunächst zweimal stehen bleiben, wobei die Bremsen seiner Rodel noch komplikationslos funktionierten. Vor dem zweiten Losfahren wartete er eine Zeitlang zu, um den Abstand zwischen ihm und der vor ihm fahrenden Klägerin zu vergrößern. Als er die Klägerin, die vom Streckenposten angehalten worden war, in der Folge erneut sah, befand er sich gerade in einer Linkskurve. Die Sichtstrecke auf die Klägerin betrug dabei etwa 25 m. Der Nebenintervenient leitete umgehend eine Vollbremsung ein, indem er den Hebel mit aller Kraft gegen sich zog. Es kann nicht festgestellt werden, ob die vor Bernd E***** sitzende Stefanie den Bremsvorgang behindert hat. Nachdem er zunächst kurz eine Bremswirkung wahrgenommen hatte, begann die Rodel zu rütteln; seines Erachtens wurde durch das Rütteln diese versetzt. Obwohl der Nebenintervenient den Bremshebel voll betätigte, war die Bremswirkung zu gering, um noch vor (gemeint: hinter) der Klägerin den Rollwagen anhalten zu können. Die Kollisionsposition befand sich etwa 10 bis 12 m bergwärts von der Tafel "Bremsen" entfernt. Die Rollbahn wies in diesem Bereich einen geraden Verlauf und ein Gefälle von 25 % auf. Es kann nicht festgestellt werden, dass Bernd E***** einen zu knappen Abstand zur Klägerin einhielt oder einen Fahrfehler begangen hat.

Der Streckenposten Siegfried M***** hatte die Kollision nicht beobachtet. Unmittelbar davor sah er talwärts um zu überprüfen, ob er die angehaltenen Rodler wieder fahren lassen konnte. Die Stelle, an der Siegfried M***** die Leute anhielt, war nicht unübersichtlich. Erst danach folgte ein steileres unübersichtliches Stück. Siegfried M***** hielt die Rodler an, weil es überall überfüllt war.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die beklagten Parteien dem Nebenintervenienten für die Benützung der Sommerrodelbahn einen Rollwagen in betriebssicherem Zustand überlassen haben.

Die Aussortierung von Rollwagen funktionierte in der Art, dass während des Betriebes visuell vom Talbediensteten die Rollwagen im Zuge des "Ein- und Aussesselns" in Augenschein genommen wurden. Wenn lediglich die Bremskufen auszuwechseln waren, wurden die Rollwagen zur Bergstation transportiert, um dort die Kufen auszuwechseln. Andere Schäden wurden einer Revision unterzogen. Über die Reparaturarbeiten an den Rollwagen gab es sog. Prüfprotokolle. Es kann nicht festgestellt werden, dass die beklagten Parteien diese Prüfprotokolle in einer der Bestimmung des § 33 der Betriebsvorschrift entsprechenden Weise lückenlos geführt haben. Es kann auch nicht festgestellt werden, ob die beklagten Parteien das im § 36 derselben angeführte Betriebstagebuch für die Sunny-Rollbahn geführt haben.

Mit der am 3. 7. 2001 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin die Verurteilung beider beklagten Parteien zur Zahlung ihres mit insgesamt S 434.561,40 (= EUR 31.580,81) bezifferten Schadens samt 4 % Zinsen seit 28. 12. 1999; weiters erhob sie ein Feststellungsbegehren dahin, dass die beklagten Parteien für alle aus dem Unfall "in ursprünglichem [gemeint wohl: ursächlichem] Zusammenhang stehenden Schadenersatzansprüche, soweit diese noch nicht abgefunden sind", ebenfalls zur ungeteilten Hand haften. Durch den Erwerb einer Fahrkarte sei die zweitbeklagte Partei verpflichtet gewesen, der Klägerin eine sichere Rodel zur Verfügung zu stellen und andererseits zu gewährleisten, dass die Bahn unfallfrei (insbesondere kollisionsfrei) benützt werden könne. Unklarheiten gingen auf Grund der Beweislastumkehr des § 1298 ABGB zu deren Lasten.

Gleichzeitig verkündete die Klägerin dem hinter ihr auffahrenden unfallbeteiligten Bernd E***** den Streit, welcher sich in der Folge auf ihrer Seite als Nebenintervenient dem Verfahren anschloss.

Die beklagten Parteien bestritten das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach; das Alleinverschulden treffe den Nebenintervenienten, dessen Fahrfehler nicht in ihrem Einflussbereich stehe, sodass sich der Unfall für die beklagten Parteien als unvermeidlich dargestellt habe. Die Rodeln seien mängelfrei konstruiert; es treffe sie diesbezüglich keinerlei Verschulden.

Das Erstgericht, welches das Verfahren auf den Grund des Anspruches einschränkte, erkannte mit Teil-Zwischenurteil, dass das Leistungsbegehren des Inhaltes, die erstbeklagte Partei sei schuldig, zur ungeteilten Hand mit der zweitbeklagten Partei den Betrag von EUR 31.580,81 sA zu bezahlen, dem Grunde nach zu Recht besteht (Punkt 1), und weiters festgestellt wird, dass die Schadenersatzforderung der Klägerin mit demselben Betrag gegenüber der zweitbeklagten Partei dem Grunde nach zu Recht besteht, wobei die Konkursmasse zur ungeteilten Hand mit der erstbeklagten Partei haftet (Punkt 2).

Das Erstgericht beurteilte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahin, dass den beklagten Parteien nicht der Beweis gelungen sei, dass die am Unfall beteiligten Rollwagen in einem betriebssicheren Zustand gewesen seien; schon dieser Umstand führe zu einer Verschuldensvermutung im Sinne des § 1298 ABGB, wobei die beklagten Parteien auch für das Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfen einzustehen hätten. Die beklagten Parteien hätten im Sinne der Beweislastumkehr auch nicht nachgewiesen, dass sie die Sicherheitsvorschriften und die Betriebsvorschriften in der gehörigen Form eingehalten hätten. Da die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB nur den Verschuldensbeweis betreffe, habe der Geschädigte den Kausalzusammenhang zwischen der Schlechterfüllung und dem Schaden nachzuweisen. Nach herrschender Rechtsprechung reiche für den Kausalitätsbeweis der sog. Anscheinsbeweis aus. Im vorliegenden Fall habe die Ursache für die Kollision zwar nicht festgestellt werden können, gebe es doch dafür - ausgehend von den Beweisergebnissen - mehrere Möglichkeiten. Allerdings sei die Wahrscheinlichkeit, dass das Mitfahren der 10-jährigen Stefanie zu einem Bremsversagen geführt habe oder dass tatsächlich ein mit sicherheitstechnischen Mängeln behafteter Rollwagen dem Nebenintervenienten zur Verfügung gestellt worden sei, erheblich größer als die Wahrscheinlichkeit eines Fahrfehlers des Nebenintervenienten. Zusammengefasst habe die Klägerin daher den Kausalitätsbeweis erbracht. Die beklagten Parteien hafteten daher dem Grunde nach zur Gänze für die Schadenersatzforderungen der Klägerin. Die Haftung der beklagten Parteien könne dabei nicht zusätzlich auch auf das EKHG gestützt werden, da die vom Betrieb einer Sommerrodelbahn ausgehende besondere Gefahr der Betriebsgefahr einer Eisenbahn bzw eines Kraftfahrzeuges nicht gleichzuhalten sei; auch eine Wegehalterhaftung komme nicht in Betracht. Auf Grund der Einschränkung der Verhandlung auf den Grund des Anspruches sei gemäß § 393 ZPO ein Zwischenurteil zu fällen gewesen, wobei jedoch ein solches in Ansehung eines Feststellungsbegehrens nach ständiger Rechtsprechung nicht in Betracht komme.

Das Berufungsgericht gab der von den beklagten Parteien erhobenen Berufung Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, dass es als Teilurteil das Klagebegehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen EUR 31.580,81 sA zu bezahlen, abwies. Es sprach weiters aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Das Berufungsgericht übernahm die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen insgesamt als unbedenklich und führte in rechtlicher Hinsicht (zusammengefasst) aus:

Ausgehend von der Beweislast des Geschädigten für den Kausalzusammenhang seien sämtliche Negativfeststellungen zu Gunsten der beklagten Parteien auszulegen. Es bestehe demnach die gleiche Wahrscheinlichkeit, dass der Nebenintervenient einen Fahrfehler (zu geringer Tiefenabstand, Reaktionsverzug, Vollbremsung in der Kurve) begangen habe wie, dass das Mitfahren des 10-jährigen Kindes zu einem Bremsversagen geführt oder tatsächlich ein mit sicherheitstechnischen Mängeln behafteter Rollwagen dem Nebenintervenienten zur Verfügung gestellt worden sei (gerade der Umstand, dass es dem Nebenintervenienten vor der Kollision zweimal gelungen sei, die Bremse seiner Rodel komplikationslos zu betätigen, spreche zumindest mit gleich hoher Wahrscheinlichkeit für einen Fahrfehler des Genannten). Hinsichtlich aller möglichen Unfallsursachen seien vom Erstgericht ausschließlich Negativfeststellungen getroffen worden. Die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes über die erheblich größere Wahrscheinlichkeit einer anderen Ursache als eines Fahrfehlers des Nebenintervenienten sei ohne Tatsachensubstrat und im Zusammenhang mit dem Anscheinsbeweis "dogmatisch verfehlt". Im vorliegenden Fall sei keine Tatsache bewiesen worden, aus welcher nach der Lebenserfahrung typischerweise auf eine Verursachung des Unfalles durch Sorgfaltswidrigkeiten der Erstbeklagten zu schließen wäre. Damit habe aber die Klägerin den ihr obliegenden Kausalitätsbeweis nicht erbracht, weshalb bereits aus diesem Grunde das auf Schadenersatz gestützte Klagebegehren der Abweisung verfallen müsse, ohne dass das Vorliegen von Rechtswidrigkeit und Verschulden einer näheren Überprüfung unterzogen werden müsste. Der Betrieb einer Sommerrodelbahn unterliege auch nicht der Gefährdungshaftung nach dem EKHG. Der Klägerin könne schließlich nicht vorgeworfen werden, sie hätte nicht ausreichend am Beförderungsvorgang mitgewirkt, da sie auf der Rodelbahn nicht eigenmächtig angehalten habe, sondern vom Streckenposten angehalten worden sei, von diesem aber keine Aufforderung erhalten habe, die Bahn sofort mit der Rodel zu verlassen; hiezu hätte sie nach dem zeitlichen Ablauf höchstwahrscheinlich auch gar keine Gelegenheit mehr gehabt.

Da über das Feststellungsbegehren durch das Erstgericht noch nicht entschieden worden sei, habe nur ein Teilurteil ergehen können.

Die ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt, weil sich das Berufungsgericht bei der Lösung der Kausalitätsfrage sowie der diesbezüglichen Beweislastverteilung an der gesicherten Rechtsprechung des Höchstgerichtes orientiert habe und die Rechtssache in ihrer Bedeutung über den konkreten Einzelfall nicht hinausgehe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit, Aktenwidrigkeit und unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte außerordentliche Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, in Stattgebung des Rechtsmittels die bekämpfte Entscheidung dahin abzuändern, dass das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt und (infolge Aufhebung des Konkurses über das Vermögen der zweitbeklagten Partei) zu Recht erkannt werde, dass das Klagebegehren, wonach die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand schuldig seien, der Klägerin EUR 31.580,81 sA zu bezahlen, dem Grunde nach zu Recht bestehe.

Die beklagten Parteien haben nach Freistellung eine Revisionsbeantwortung erstattet, in welcher beantragt wird, das gegnerische Rechtsmittel wegen Nichtvorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, in eventu ihm keine Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig, weil die Entscheidung des Berufungsgerichtes mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Beweislastverteilung bei zum Unfallhergang im Zusammenhang mit der Verletzung von Schutzgesetzen getroffenen Negativfeststellungen in Widerspruch steht. Sie ist demgemäß auch berechtigt.

Vorauszuschicken ist, dass es sich bei der Nennung des Berufungsinteresses mit EUR 11.580,81 im Kopf des Berufungsurteiles um einen offensichtlichen Schreib- oder Diktatfehler handelt; da der richtige Umrechnungswert des seinerzeit auf Schillinge lautenden (und bis Schluss der Verhandlung erster Instanz unverändert gebliebenen) Klageleistungsbegehrens EUR 31.580,81 beträgt, liegt somit eine echte außerordentliche Revision im Sinne des § 505 Abs 4 ZPO (ohne Notwendigkeit eines Abänderungsantrages im Sinne des § 508 Abs 1 ZPO) vor.

Die in der Revision behauptete Aktenwidrigkeit, wonach der von den Vorinstanzen festgestellte behördlich vorgeschriebene Mindestabstand nicht 20 m, sondern 30 m betragen habe, liegt nicht vor. Die Feststellung (S 5 des Ersturteils) ergibt sich aus der Betriebsvorschrift samt Beförderungsbedingungen der Verwaltungsbehörde Beilage 1 (§ 37 lit c) und wurde im Übrigen auch in der Berufungsbeantwortung der klagenden Partei nicht als unrichtig gerügt (ON 36), sondern - im Gegenteil - hierin mehrfach ausdrücklich auf den 20-m-Wert Bezug genommen. Einer weitergehenden Begründung durch den Obersten Gerichtshof bedarf dies nicht (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO).

Die bereits in der zitierten Berufungsbeantwortung ON 36 enthaltene und in der Revision (dort auch als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens) wiederholte Rüge eines Feststellungsmangels dahin, dass am Start eine Ampel anzubringen gewesen wäre, die so zu steuern gewesen wäre, dass die Bahn erst freigegeben wird, wenn der Vorausfahrende schon mindestens 30 m vom Start entfernt ist, wurde zwar vom Berufungsgericht tatsächlich in seiner Berufungsentscheidung unbehandelt gelassen; dies ist jedoch aber nicht weiter von Nachteil (und damit als allenfalls zur Aufhebung des berufungsgerichtlichen Urteiles samt Zurückverweisung führender Verfahrensmangel zu qualifizieren), weil die klagende Partei ein diesbezügliches Vorbringen im Verfahren erster Instanz nicht erstattet hat; der erstmals im Rechtsmittelverfahren erhobene Vorwurf eines Verstoßes der beklagten Parteien auch gegen eine derartige Sicherheitsvorschrift muss damit schon am Neuerungsverbot scheitern (§§ 482, 504 ZPO; auch der auf Seiten der Klägerin beigetretene Nebenintervenient hat derartiges nach der Aktenlage nie vorgebracht). Auch dazu, dass der Streckenposten M***** die Klägerin wegen des Staus vor ihr "an einer denkbar ungünstigen Stelle angehalten" habe (Punkt B 5.) der Revision), war in erster Instanz nichts vorgebracht worden.

Soweit in der Revision weiters behauptet wird, es fehle Rechtsprechung zur Haftung des Betreibers einer Sommerrodelbahn für ein Bremsversagen der Rodel, ist zu erwidern, dass ein solches hinsichtlich des vom Nebenintervenienten gelenkten und gegen die Rodel der Klägerin geprallten Gefährtes von den Tatsacheninstanzen gerade nicht festgestellt wurde; insoweit wird daher weder die Rechtsrüge der Revision gesetzmäßig zur Darstellung gebracht noch kann darin (Punkt B 4.) derselben) eine (weitere) Mangelhaftigkeit des berufungsgerichtlichen Verfahrens gelegen sein (§ 510 Abs 3 zweiter Instanz ZPO).

Zum somit verbleibenden Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (§ 503 Z 4 ZPO) hat der Oberste Gerichtshof Folgendes erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Zunächst ist davon auszugehen, dass die beklagten Parteien der Klägerin auf Grund der (unstrittig) gelösten Karte aus Vertrag und nicht aus Delikt haftbar sind, wobei den Sicherheits- und Betriebsvorschriften auch der Charakter einer Schutzvorschrift im Sinne des § 1311 ABGB zugesonnen werden muss. Auch bei der Haftung ex contractu trifft den Geschädigten die Beweislast für den Kausalzusammenhang; die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB betrifft insoweit nur den Verschuldensbereich (RIS-Justiz RS0022686 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen; Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 1298). Dieser Beweis ist der Klägerin - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes, wonach sämtliche Negativfeststellungen zu Gunsten der beklagten Parteien auszulegen seien (S 24 des Berufungsurteiles) - nur insoweit nicht gelungen, als nicht festgestellt werden konnte, dass dem auffahrenden Nebenintervenienten eine technisch nicht einwandfreie Rodel überlassen worden war. Allerdings geht jedenfalls die weitere Negativfeststellung zur allfälligen Behinderung desselben bei der Betätigung des Bremshebels durch das vor ihm sitzende Mädchen zu Lasten der beklagten Parteien, hätte doch deren Bedienstete nach § 8 der Betriebsvorschrift/Beförderungsbedingungen die Verpflichtung getroffen, dafür zu sorgen, dass die diesbezügliche Sicherheitsvorschriften über das Verhalten der Fahrgäste (Punkt 1) und 2) derselben iVm § 15 lit a und b wiederum der Betriebsvorschrift/Beförderungsbedingungen) vom Nebenintervenienten (wie auch allen anderen Fahrgästen) auch tatsächlich eingehalten werden. Handelte es sich hiebei aber um eine Schutzvorschrift nach § 1311 ABGB, so hat Folgendes zu gelten:

Die geschädigte Klägerin brauchte bloß die (objektive) Übertretung dieser Schutznorm(en) durch die Beklagten zu beweisen (welcher Beweis ihr gelungen ist); diesen wäre dann aber der Beweis oblegen, dass sie (bzw ihre Erfüllungsgehilfen) sich entweder vorschriftsmäßig verhalten haben (dieser Beweis misslang) oder dass der Schaden auch im Falle vorschriftsmäßigen Verhaltens eingetreten wäre (rechtmäßiges Alternativverhalten; ausführlich Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 8/60 ff) oder sie an der Übertretung dieses Schutzgesetzes keine subjektive Sorgfaltswidrigkeit, also kein Verschulden traf (ausführlich 2 Ob 181/97z, ZVR 1999/99; seither stRsp, zusammengefasst in RIS-Justiz RS0112234). Dieser (den beklagten Parteien obliegende) Entlastungsbeweis wurde allerdings nicht erbracht. Den Beweis, dass der Schaden auch ohne die Verletzung dieser Schutznorm eingetreten wäre (7 Ob 196/99w), haben die Beklagten nicht einmal angetreten. Dass der Schutz nicht nur der eigenen körperlichen Sicherheit der "Rodler", sondern auch der anderen auf der Strecke befindlichen Teilnehmer im Zweckbereich (vgl SZ 67/198) der Norm, nämlich rechtzeitig und ohne von einem weiteren mitfahrenden Passagier behindert zu werden bremsen zu können, durch das Mitfahren eines über das Alter eines Kleinkindes längst hinausgewachsenen Kindes nicht (mehr) gewährleistet ist, liegt auf der Hand.

Daraus folgt jedoch, dass in Stattgebung des Rechtsmittels sowie in Abänderung des klageabweislichen Teilurteils des Gerichtes zweiter Instanz das stattgebende Teil-Zwischenurteil des Erstgerichtes - in der aus dem Spruch ersichtlichen und zufolge Konkursaufhebung über das Vermögen der zweitbeklagten Partei resultierenden neuen Spruchfassung - wiederherzustellen war. Da sich das Erstgericht zu einem Zwischenurteil lediglich in Ansehung des Leistungs-(Zahlungs-)begehrens und nicht auch, obzwar - entgegen seiner Ansicht - grundsätzlich zulässig (RIS-Justiz RS0106407), auch in Ansehung des Feststellungsbegehrens entschlossen hat, hat es trotz nunmehr endgültig entschiedener Haftungsfrage dem Grunde nach bei der spruchmäßigen Belassung dieses Zwischenurteils als Teil-Zwischenurteil zu verbleiben; ein solches ist auch dann zulässig, wenn ein globaler Schadenersatzbetrag verlangt wird, der sich aus einer Mehrzahl einzelner Schäden zusammensetzt (RIS-Justiz RS0041039).

Der Kostenvorbehalt in in § 52 Abs 2 ZPO begründet.

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