OGH 7Ob292/03x

OGH7Ob292/03x17.12.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Manfred St*****, vertreten durch Dr. Walter Kreisel und Mag. Karl Pichler, Rechtsanwälte in Liezen, gegen die beklagte Partei Josefa B*****, vertreten durch Dr. Christian Puchner, Rechtsanwalt in Leoben, wegen Eigentumseinverleibung (Streitinteresse EUR 19.548,99), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 25. September 2003, GZ 3 R 98/03m-49, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 17. April 2003, GZ 5 Cg 27/01m-43, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihrer Vertreter binnen 14 Tagen die mit EUR 1.063,80 (hierin enthalten EUR 177,30 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger ist der Sohn der Beklagten (auf deren Namen die Bezeichnung der beklagten Partei nach Einantwortung im Berufungsverfahren des ersten Rechtsganges berichtigt worden war: ON 30) und Enkel seines am 3. 1. 1999 verstorbenen Großvaters Adalbert Edwin K*****, des Vaters der Beklagten. Zwischen Vater und Tochter war es zu (vom Erstgericht im Einzelnen festgestellten und aus zahlreichen angeschlossenen Beiakten dokumentierten) "heftigen Streitigkeiten" und "Aggressionshandlungen" (der Tochter und ihres Mannes) gekommen, die letztlich in der Durchsetzung einer zwangsweisen Räumung der im Alleineigentum des Adalbert K***** stehenden Liegenschaft EZ ***** GB P***** samt Wohnhaus gegenüber seiner darin seit 1980 wohnhaft gewesenen beklagten Tochter und deren Familie mündeten. Da eine "zivilisierte Begegnung" zwischen den Genannten nicht mehr möglich war, wollte Adalbert K***** seine Tochter sogar enterben, was jedoch zufolge Formungültigkeit einer darauf ausgerichteten Erklärung im späteren Verlassenschaftsverfahren unbeachtlich blieb.

Als einziges Mitglied der Familie hatte Adalbert K***** zu seinem Enkel (dem nunmehrigen Kläger) ein gutes Verhältnis und entschloss sich daher, diesem die Liegenschaft zu übereignen. Zunächst bot ihm sein Großvater an (nach Freiwerden der Wohnung anlässlich der zwangsweisen Räumung), ins leer stehende Haus einzuziehen, ohne hiefür Miete oder Benützungsentgelt zu verlangen (obwohl der Kläger hiezu bereit gewesen wäre), wobei der Kläger jedoch in der Folge die Bezahlung der Betriebskosten übernahm. Bereits anlässlich des Einzuges im September 1997 erhielt der Kläger die Schlüssel für das Gebäude und sämtliche darin befindliche Räumlichkeiten (insbesondere auch zum Dachgeschoss, in welchem früher Adalbert K***** und seine Ehegattin bis zum Auszug, weil ihnen das Zusammenleben unter einem Dach von seiner Tochter und deren Mann wie geschildert verleidet worden war, gelebt hatten, und wo sich eine unabhängige Wohneinheit befand, hinsichtlich welcher sich Adalbert K***** allerdings vorbehalten hatte, diese auch weiterhin benützen zu dürfen). Gleichzeitig standen auch diese Räumlichkeiten jedoch dem Kläger und seiner Familie zur Benützung offen, welche sie jedoch zufolge der Größe ihrer eigenen Wohneinheit kaum benötigten. Auch diese Räumlichkeiten im Dachgeschoss wurden jedoch von der damaligen Lebensgefährtin des Klägers (und nunmehrigen Ehefrau) gereinigt und zum Wäscheaufhängen verwendet und wäre dem Kläger auch jede andere Verwendung der Dachräumlichkeiten gestattet gewesen.

Das Haus wurde dem Kläger ab September 1997 vorerst nur zur Nutzung übergeben, wobei die Übergabe anlässlich einer gemeinsamen Begehung des Hauses durch den Kläger und seinem Großvater sowie durch die geschilderte Übergabe der Hausschlüssel und durch entsprechende Erklärungen des Großvaters erfolgte. Nachdem sich dessen Gesundheitszustand 1998 erheblich verschlechtert hatte und er keineswegs wollte, dass die Liegenschaft nach seinem Tod der Beklagten zukomme, konkretisierten sich zwischen Sommer 1998 und Anfang Dezember 1998 die Gespräche zwischen Enkel und Großvater immer mehr in Richtung einer Eigentumsübertragung, wobei letzterer eine Kaufsumme von S 400.000,-- als Gegenleistung verlangte, welche er benötigte, um Anwalts- und Verfahrenskosten aus den zahlreichen Rechtsstreitigkeiten mit seiner Tochter zu bezahlen. Zum Zeitpunkt der Festsetzung des Preises von S 400.000,-- war dabei beiden klar, dass die Liegenschaft samt Haus zwar tatsächlich einen höheren (von den Vorinstanzen ziffernmäßig nicht näher festgestellten) Wert repräsentiere, doch forderte Adalbert K***** nicht mehr als diese Summe, sondern war zwischen ihm und dem Kläger abgesprochen, dass er ihm den Rest des Hauses schenkungsweise übereignen würde. Die endgültige Eigentumsübertragung sollte dabei erfolgen, sobald der Kläger den Kaufschilling von S 400.000,-- aufgetrieben haben würde, was in der ersten Woche des Dezember 1998 der Fall war. Daraufhin setzten die beiden am 13. 12. 1998 handschriftlich einen Kaufvertrag auf, der wie folgt lautete: "Verkaufe mein Haus P*****, das Grundstück ***** - EZ *****, meine Möbel sind inbegriffen, an Manfred B***** [= Kläger], P*****, um S 400.000,- -. Die Zahlung war im Voraus. Testament bei Notar ist ungültig."

Diesen Vertrag, den Adalbert K***** dem Kläger vorlegte, unterfertigten beide noch am 13. 12. 1998 und war damit nach beider Vorstellung das Objekt mitsamt der Liegenschaft ins Eigentum des Klägers übergegangen. Gemäß weiterer Absprache wollten sie sich im Jänner 1999 gemeinsam zu einem Notar begeben, um einen grundbuchsfähigen Vertrag ausarbeiten zu lassen, wozu es zufolge des vorzeitigen Ablebens des Adalbert K***** jedoch nicht mehr kam.

Der Kläger begehrte mit der am 8. 2. 2001 eingebrachten Klage, die Beklagte (zunächst die durch einen bestellten Verlassenschaftskurator vertretene Verlassenschaft) schuldig zu erkennen, in die Einverleibung seines Eigentumsrechtes ob der genannten Liegenschaft einzuwilligen.

Die beklagte Partei - bis zur Einantwortung Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Verlassenschaft - bestritt das Klagebegehren und beantragte die Klageabweisung.

Beide Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren (im zweiten Rechtsgang) statt. Das Berufungsgericht, das die wiedergegebenen Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich übernahm, führte - soweit im Revisionsverfahren noch von Wesentlichkeit - in rechtlicher Hinsicht (zusammengefasst) aus, dass der zwischen dem Kläger und dem Erblasser geschlossene Vertrag als teilweise gemischte Schenkung zu qualifizieren sei, wobei Adalbert K***** das Anwesen seinem Enkel schon zu Lebzeiten auch wirklich (im Sinne einer Besitzauflassung gemäß § 428 zweiter Halbsatz ABGB) übergeben habe, welche Traditionsform auch für die Übergabe von Liegenschaften ausreiche. Die festgestellten Handlungsweisen (gemeinsame Begehung des Hauses; Übergabe sämtlicher Schlüssel; entsprechende Erklärungen) seien als Einräumung des Sachbesitzes an den Kläger an der gesamten Liegenschaft und am Haus mit all seinen Räumen zu deuten; auch wenn eine (zusätzliche) ausdrückliche Erklärung Adalbert K*****, der Kläger solle das Anwesen, das er schon innehatte, nun aus einem dinglichen Recht innehaben, fehle, so liege doch insoweit eine ausreichende schlüssige Erklärung vor, seien doch beide sich darüber einig gewesen, dass die endgültige Eigentumsübertragung erfolgen sollte, sobald der Kläger den Kaufschilling auftreibe und habe der Erblasser seinen Übertragungswillen auch durch die schriftliche Erklärung vom Dezember 1998 auf eine "erweisliche Art" im Sinne des § 428 ABGB unzweifelhaft abgegeben; damit sei auch von einer "wirklichen Übergabe" im Sinne des § 943 ABGB auszugehen.

Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, weil die Frage, ob der Kläger trotz des Nutzungsvorbehaltes des Adalbert K***** (an der Dachgeschosswohnung) die ganze Liegenschaft - vorerst ohne ein dingliches Recht - innehatte, und daher die Übergabe durch (schlüssige) Erklärung genügte, "auch anders gesehen werden könnte".

Die dagegen erhobene und auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der beklagten Partei erweist sich - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes (§ 508a Abs 1 ZPO) - mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) als unzulässig, worauf der Kläger in seiner Revisionsbeantwortung auch zutreffend hinweist. Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Rechtliche Beurteilung

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass auch eine Übergabe kurzer Hand wirkliche Übergabe im Sinne des § 943 ABGB und des NotZwG sein kann (RIS-Justiz RS0011212; ausführlich zuletzt 1 Ob 47/99i = SZ 72/182). Diese Übergabeform zeichnet sich dadurch aus, dass jenes Verhältnis zwischen Sache und Erwerber, das sonst durch einen Traditionsakt erst hergestellt werden soll, bereits vorhanden ist (Koziol/Welser I12 238). Daran kann nach den wiedergegebenen Feststellungen und Willensäußerungen der Vertragsteile nicht ernsthaft gezweifelt werden. Traditio brevi manu ist auch dann möglich, wenn sich die zu übergebende Sache in gemeinsamer Gewahrsame des Übergebers und des Übernehmers befindet (RIS-Justiz RS001192) - wie dies hier in der Revision hinsichtlich der Dachgeschosswohnung vermeint wird. Auch wenn es sich beim Rechtsgeschäft um eine "teilweise Schenkung" handelte - weil der Wert der versprochenen (und vom Kläger auch erbrachten) Leistung nicht in vollem Ausmaße dem tatsächlichen Gegenwert (der Liegenschaft samt Haus) entsprach, was beiden Beteiligten klar war -, so lagen doch erkennbare, sinnfällig nach außen zutage tretende und so beschaffene Übergabeakte vor, dass aus ihnen der Wille des Geschenkgebers, das Objekt der Schenkung aus seiner Gewahrsame in den Besitz des Beschenkten zu übertragen, unzweifelhaft hervortrat. Wenn das Berufungsgericht diese Handlungsweisen so rechtlich qualifizierte, befindet es sich im Einklang zur wiedergegebenen oberstgerichtlichen Judikatur. Soweit es diese Beurteilung auch mit dem Argument der Schlüssigkeit (§ 863 ABGB) begründete, handelt es sich um eine von der Singularität der konkreten Verhältnisse abhängige Einzelfallentscheidung, der auch deshalb keine Rechtsfragenqualität im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zukommen kann (5 Ob 2131/96k).

Die Revision ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage ausdrücklich hingewiesen.

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