OGH 4Ob237/03m

OGH4Ob237/03m16.12.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei V*****, vertreten durch Hasch & Partner Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 36.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 13. August 2003, GZ 6 R 78/03t-30, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte vertritt (wie schon in den Vorprozessen 4 Ob 104/03b und 4 Ob 156/03z) den Standpunkt, der in ihr Vertriebssystem eingegliederte Arzt gehöre nicht zu den in § 108 MPG aufgezählten Funktionsträgern, sodass ein Verstoß gegen diese Bestimmung von vornherein ausscheide. Dazu hat der erkennende Senat in seiner Entscheidung 4 Ob 104/03b bereits erkannt, dass einem in das Vertriebssystem der Beklagten eingegliederten Arzt, der eine Ordination für Allgemeinmedizin betreibe, eine Aufgabe im Rahmen der Abgabe, Inbetriebnahme oder Anwendung des hier gegenständlichen Medizinprodukts zukommt, und zwar unabhängig von der inzwischen durch § 2 MagnetfeldtherapiegeräteVO BGBl II Nr 343/2003 normierten Verschreibungspflicht. Auf die verkaufsfördernde Wirkung des Einsatzes von Magnetfeldtherapiegeräten in der Arztordination zur Behandlung von Patienten hat der Senat ebenso hingewiesen, wie auf den Umstand, dass eine mietweise Nutzung den späteren Ankauf eines derartigen Gerätes keineswegs ausschließt (4 Ob 104/03b). Auch den Einwand der Beklagten, § 108 MPG stehe zum verfassungsgesetzlich geschützten Recht auf Erwerbsfreiheit nach Art 6 Abs 1 StGG in Widerspruch und sei gleichheitswidrig, hat der Senat in seinen Entscheidungen 4 Ob 104/03b und 4 Ob 156/03z bereits behandelt. Vom Normzweck des § 108 MPG ausgehend (ein korrektes Beschaffungswesen im Gesundheitsbereich zu fördern und die Entscheidung über Einsatz und Auswahl von Medizinprodukten möglichst nicht durch finanzielle Interessen der Entscheidungsträger zu beeinflussen) hat der Senat ausgesprochen, dass die mit dieser Bestimmung verbundene Beschränkung der Erwerbsmöglichkeit durch den Zweck des Gesetzes gerechtfertigt sei. Die dadurch bewirkte Einschränkung der Erwerbsmöglichkeiten aller der von § 108 MPG erfassten Personen dient dem Schutz der Gesundheit und damit einem grundsätzlich höherwertigen Rechtsgut, sodass keine unsachliche und damit gleichheitswidrige Differenzierung vorliegt, die einen Verstoß gegen Art 7 B-VG bzw Art 2 StGG bedeutet. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des hier anzuwendenden § 108 MPG hat der Senat in seinen Vorentscheidungen 4 Ob 104/03b und 4 Ob 156/03z bereits verneint.

Soweit der Revisionswerber neuerlich Verjährung geltend macht, ist ihm entgegenzuhalten, dass ein Verstoß gegen § 108 MPG nicht nur durch den tatsächlichen Verkauf von Medizinprodukten und der Zahlung der vereinbarten Provision verwirklicht wird. Schon das Anbieten und Versprechen eines finanziellen Vorteils an den in § 108 MPG angeführten Personenkreis verstößt gegen diese Bestimmung und damit auch gegen § 1 UWG. Das rechtswidrige Verhalten liegt daher solange vor, als ein vertraglicher Anspruch auf Provision oder finanzielle Vorteile für den Fall einer Vermittlung besteht. Das Vertragsverhältnis zum ehemals erstbeklagten Arzt endete erst nach Klageeinbringung, sodass von einer Verjährung der Ansprüche der Klägerin keine Rede sein kann.

Die in der Magnetfeldtherapieverordnung nunmehr vorgesehene ärztliche Verschreibungspflicht führt nicht zum Wegfall der Wiederholungsgefahr. Auch der einem verschreibenden Arzt angebotene oder versprochene finanzielle Vorteil verwirklicht einen Verstoß gegen § 108 MPG und damit auch gegen § 1 UWG.

Zweck der Urteilsveröffentlichung ist es, das Publikum über einen bestimmten Gesetzesverstoß aufzuklären, der auch in Zukunft noch nachteilige Wirkungen besorgen lässt (stRsp ÖBl 2003, 31 - Boss-Zigaretten IV mwN). Das Gericht hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen, ob die besonderen Umstände des Einzelfalls das Veröffentlichungsbegehren (auch seinem Umfang nach) rechtfertigen (ÖBl 2002, 91 - onlaw mwN). Seine Entscheidung hat - vom Fall grober Fehlbeurteilung abgesehen - im Allgemeinen keine über den zu beurteilenden Fall hinausgehende Bedeutung.

Die Vorinstanzen haben die einmalige Urteilsveröffentlichung in den Bundesländer-Ausgaben einer Tageszeitung angeordnet. Ihre Entscheidung bedarf angesichts der Breitenwirkung des auf der Homepage der Beklagten im Internet bekannt gewordenen Verstoßes keiner Berichtigung durch den Obersten Gerichtshof. Auch die Frage, ob eine Veröffentlichung zur Aufklärung des Publikums wegen eines länger zurückliegenden Verstoßes noch nötig ist, richtet sich nach den Umständen des zu beurteilenden Einzelfalls, wobei es auf den Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz ankommt (ÖBl 1999, 229 - Erinasolum). Maßgeblich ist, ob im Einzelfall noch künftige Vorteile des Beklagten oder nachteilige Auswirkungen für den Kläger zu besorgen sind und wie groß der aufzuklärende Personenkreis ist. Erst bei einer drei Jahre übersteigenden aufklärungsrelevanten Zeitspanne hat die Rechtsprechung das Bedürfnis nach einer Urteilsveröffentlichung abgelehnt (ÖBl 1999, 229 - Erinasolum). Mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen wird die außerordentliche Revision zurückgewiesen.

Stichworte