Spruch:
Ing. Leopold S***** und Alfred S***** wurden im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Ing. Leopold S***** befindet sich seit 7. August 2001 und Alfred S***** seit 1. Juni 2001 aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 1 und Abs 2 Z 1, Z 3 lit a und lit b StPO in Untersuchungshaft. Mit noch nicht rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 28. März 2003, GZ 14 Hv 15/02w-386, wurden die beiden Angeklagten des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 15 Abs 1 StGB schuldig erkannt und Ing. Leopold S***** zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren sowie Alfred S***** zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von acht Jahren und neuneinhalb Monaten verurteilt.
Danach haben sie in Ebensee und anderen Orten mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen, teils unter Verwendung von falschen Urkunden und anderen solchen Beweismitteln zu Handlungen verleitet und zu verleiten versucht, wobei der durch die Tat entstandene Schaden und der beabsichtigte Schaden 40.000 Euro überstieg, und zwar
A./ Ing. Leopold S***** und Alfred S***** teils alleine, teils im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter I./ Verfügungsberechtigte der A***** AG
1. Ing. Leopold S***** und Alfred S***** ab Ende März 2000 und von April 2000 bis Ende 2000 dadurch, dass sie die der Schadensmeldung zugrunde gelegten Mengenangaben an verbrannten Steco-Boxen und das den Gutachtern der K***** GmbH und der E*****gesellschaft mbH vorgelegte Zahlenmaterial wiederholt, teils konkludent, teils dezidiert als richtig bestätigten, und
a./ dabei verschwiegen, dass der Lagerbestand bereits im Jahr 1997 um
681.120 Stück Steco-Boxen fiktiv erhöht worden war, und b./ in der Versicherungsmeldung einen um 1,679.862 Stück überhöhten Lagerbestand von Kunststoffboxen verschiedener Größen im Gesamtwert von 89,316.891 S (= 6,490.897,07 Euro) behaupteten, wobei dieses Zahlenmaterial mangels anderer Informationen von den Sachverständigen der K***** GmbH und E*****gesellschaft mbH ihren Schadensberechnungen zugrunde gelegt wurde und sodann auf dieser Basis die Schadensliquidierung teils erfolgte, teils erfolgen sollte; 2./ Alfred S***** alleine dadurch, dass er
a./ Ende März 2000 gegenüber Klaus H***** von der A***** AG die Anzahl der verbrannten Boxen mit 2,5 bis 3 Millionen Stück bezifferte;
b./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt nach dem 24. März 2000 inhaltlich unrichtige Transportscheine zum Nachweis dafür, dass 54 % der fiktiv angegebenen Steco-Boxen von der Firma W***** von Ebensee nach Aurachkirchen transportiert worden wären, im Nachhinein erstellte bzw erstellen ließ;
c./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt nach dem 24. März 2000 den Gutachtern der K***** GesmbH im Zusammenhang mit der Berechnung des Betriebsunterbrechungsschadens verschwieg, dass die Prognosezahlen für das Jahr 2000 bereits überholt und wesentlich überhöht dargestellt waren, zumal die Verhandlungen mit der Firma B***** und R***** Mitte des Jahres 1999 gescheitert waren; 3./ Ing. Leopold S***** alleine
a./ am 31. März 2000 dadurch, dass er dem Brandsachverständigen Franz D***** die über seinen Auftrag per 27. März 2000 von Friedrich Bu***** als Logistikleiter erstellten fiktiven Inventurlisten übergab und damit vorspiegelte, die überhöht angegebene Menge von zusätzlich 1,679.862 Kunststoffkisten wäre im Zeitpunkt des Brandes am 24. März 2000 als Umlaufvermögen der Firma S***** GmbH im Außenlager in Pinsdorf/Aurachkirchen gelagert gewesen;
b./ Ende April 2000 eine über seinen Auftrag vom Logistikleiter Friedrich Bu***** und vom EDV-Administrator Thomas K***** verfälschte Produktionsstatistik der S***** GmbH (als Produzentin der Kunststoffboxen) für das Jahr 1999 den Gutachtern der E*****gesellschaft mbH zum Beweis dafür vorlegte, dass die in Frage stehenden 1,679.862 Stück Steco-Boxen im Laufe des Jahres 1999 in Ebensee produziert worden sind;
c./ zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt Mitte 2000 dadurch, dass er den Gutachtern der E*****gesellschaft mbH eine inhaltlich unrichtige Produktionsstatistik für die Monate April bis Juli 2000 vorlegte;
d./ am 21. Juni 2000 dadurch, dass er anlässlich eines Gespräches zur Schadensermittlung versicherte, die angegebene Anzahl an verbrannten Boxen sei im versicherten Firmenareal gelagert gewesen, zur Zahlung von zumindest 146,682.867,17 S (= 10,659.859,68 Euro) aus dem Titel des Betriebsunterbrechungsschadens zu verleiten versucht, wobei die Vollbringung der Tat durch einen Zufall, nämlich infolge weiterer Überprüfung der geltend gemachten Ansprüche aus dem Brandschadensfall vom 24. März 2000, beim Versuch geblieben ist;
II./ Ing. Leopold S***** und Alfred S***** am 16. Jänner 2001 im
bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter KR Hans As*****
und Dr. Manfred As***** durch die Vorgabe, die noch offene
Schadenersatzforderung gegenüber der A***** AG in Höhe von
180,000.000 S (= 13,081.110,15 Euro) um 120,000.000 S (= 8,720.740,10
Euro) verkaufen zu wollen, und Vorspiegelung, die Auszahlung seitens
der A***** AG stehe unmittelbar bevor, jedenfalls aber Zusicherung,
diesen Betrag bis spätestens August 2001 zurückzahlen zu wollen,
wobei sie jedoch wussten, dass die abgetretene Forderung gegenüber
der A***** AG nicht werthaltig war, zumal dieser eine manipulierte
Schadensmeldung zugrunde lag und letztlich auch eine Zahlung durch
die SI***** nicht mehr zu erwarten war, zum Forderungskauf und zu
nachstehenden Zahlungen verleitet, und zwar
1./ am 16. Jänner 2001 von 30,000.000 S (= 2,180185,03 Euro);
2./ am 26. Jänner 2001 von 30,000.000 S (= 2,180185,03 Euro);
3./ am 14. Februar 2001 von 60,000.000 S (= 4,360.370,06 Euro).
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Linz den gegen die anlässlich der Haftverhandlungen vom 30. Juli 2003 jeweils beschlossenen Fortsetzung der Untersuchungshaft erhobenen Beschwerden der Angeklagten nicht Folge und ordnete seinerseits die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus den genannten Haftgründen an.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobenen Grundrechtsbeschwerde, mit der eine unzureichende Begründung des Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr sowie eine Anwendung des gelinderen Mittels der Sicherheitsleistung moniert wird, kommt keine Berechtigung zu.
Beim von den Beschwerdeführern dem Grunde nach nicht bemängelten, vom Oberlandesgericht Linz mit dem Verweis auf die in der Vorentscheidung vom 25. Juli 2002 (AZ 7 Bs 226,227/02) näher beschriebenen Umstände begründeten Haftgrund der Fluchtgefahr wurde die Untersuchungshaft vom Beschwerdegericht infolge der vom Erstgericht über Ing. Leopold S***** und über Alfred S***** verhängten Freiheitsstrafen als durch das gelindere Mittel einer Sicherheitsleistung nicht substituierbar bewertet, weil das im Fall eines Schuldspruches drohende und nunmehr erstmals näher konkretisierte erhebliche Strafausmaß den schon in den Vorentscheidungen aufgezeigten und bei beiden Beschwerdeführern bestehenden Anreiz zur Flucht maßgeblich verstärkte. Der dagegen erhobene Einwand, dass angesichts der bereits mehr als zwei Jahre dauernden Untersuchungshaft dieser Haftgrund bereits abgeschwächt und die Haft durch ein Surrogat ersetzbar wäre, überzeugt nicht. Zum einen vermag die bislang in Haft verbrachte Zeit angesichts des von der ersten Instanz bestimmten Strafausmaßes, welches als Richtschnur für die Prüfung der Angemessenheit einer Untersuchungshaft dient (vgl Hager/Holzweber GRBG § 2 E 5), keine konkrete Verminderung der Fluchtgefahr zu bewirken. Zum anderen haben die beiden Angeklagten im Fall eines Schuldspruchs und einer sich an der Entscheidung des Erstgerichtes orientierenden Straffestsetzung eine noch erhebliche Haft zu verbüßen, sodass weiterhin eine maßgebliche und durch Sicherheitsleistung nicht abwendbare Motivation für eine zu befürchtende Flucht besteht.
Im Hinblick auf das Vorliegen des Haftgrundes der Fluchtgefahr erübrigt sich bei Prüfung der Frage einer Grundrechtsverletzung auch ein Eingehen auf die von den Beschwerdeführern weitwendig vorgebrachten Einwände gegen den Haftgrund der Tatbegehungsgefahr (vgl Hager/Holzweber GRBG § 2 E 25; 13 Os 109/02; 14 Os 116/03 uva). Die Grundrechtsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.
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