OGH 9ObA119/03w

OGH9ObA119/03w5.11.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Krüger und Anton Beneder als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Veyis U*, Arbeiter, * vertreten durch Dr. Walter Silbermayr, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei T*GmbH, *, vertreten durch Prochaska & Partner Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen EUR 13.334,20 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10. Juli 2003, GZ 8 Ra 84/03m‑32, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 21. Jänner 2003, GZ 4 Cga 128/01y‑28, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2003:E71509

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

 

 

Begründung:

 

Der Kläger war seit 30. 11. 1988 als Lkw‑Fahrer bei der beklagten Partei beschäftigt. In der Nacht von Samstag, 5. 5. 2001, auf Sonntag, 6. 5. 2001, wurde er bei einer privaten Pkw‑Fahrt mit einem Blutalkoholwert von 1,32 %o betreten. Nach provisorischer Abnahme des Führerscheins wurde ihm die Lenkerberechtigung für die Zeit von drei Monaten entzogen. Am darauffolgenden Montag, 7. 5. 2001, wurde er vom Geschäftsführer der beklagten Partei wegen seiner Unfähigkeit, die vereinbarten Arbeiten zu verrichten, entlassen.

Der Kläger begehrt mit der Begründung, unberechtigt entlassen worden zu sein, aliquote Sonderzahlungen, Kündigungsentschädigung und Abfertigung.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, dass der Kläger zu Recht entlassen worden sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Vorliegens des Entlassungsgrundes nach § 82 lit b GewO 1859 ab.

Das Berufungsgericht bestätigte im zweiten Rechtsgang das Urteil des Erstgerichtes. Es sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil es bei seiner Aufhebungsentscheidung im ersten Rechtsgang irrig davon ausgegangen sei, dass infolge einer nur geringen Alkoholisierung des Klägers kein Entlassungsgrund vorgelegen habe, nunmehr aber zur gegenteiligen Erkenntnis gelangt sei und sich daher nicht an die in der Vorentscheidung geäußerte Rechtsansicht gebunden erachte.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der Revision (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig.

 

Rechtliche Beurteilung

Wohl ist das Berufungsgericht an seine in einem Aufhebungsbeschluss ausgesprochene Rechtsansicht gebunden, doch bedeutet sein Abgehen im zweiten Rechtsgang keinen Revisionsgrund, wenn sich seine zweite Ansicht - wie hier zumindest im Ergebnis - als richtig erweist (RIS‑Justiz RS0042173, RS 0042181).

Der Revisionswerber vermag darüber hinaus auch keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen:

Nach der Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0116675) ist der Arbeitgeber - besonders bei länger währender Dauer des Arbeitsverhältnisses - verpflichtet, einem partiell arbeitsunfähigen und zu einer anderen Arbeit bereiten Arbeitnehmer nach Möglichkeit und Zumutbarkeit (‑ insbesondere ohne Verpflichtung zur Umorganisation des Betriebes -) eine andere Arbeit zuzuweisen. Der auf Erbringung von Kraftfahrerleistungen gerichtete Arbeitsvertrag würde daher - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes ‑ für sich allein eine andere Beschäftigung nicht ausschließen. Auf Grund der in der Beweiswürdigung des Ersturteils (AS 130) enthaltenen Feststellung, dass eine anderweitige Beschäftigung des Klägers nicht möglich war, weil er insbesondere im Lager des Speditionsunternehmens der beklagten Partei nicht eingesetzt werden konnte (AS 129), bestand aber für die diese keine Verpflichtung, dem Kläger für die Zeit des Führerscheinentzuges eine andere Arbeit anzubieten.

Der erst im Rechtsmittelverfahren behaupteten Möglichkeit eines unbezahlten Urlaubs ist zunächst entgegenzuhalten, dass ein derartiges Anbot des Klägers im Verfahren nicht hervorgekommen ist; darüber hinaus hätte aber auch keine Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Annahme eines solchen Anbots bestanden.

Die Revisionsbeantwortung diente nicht der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung, weil die beklagte Partei darin nicht auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat, und war daher nicht zu honorieren (§ 40 iVm § 50 Abs 1 ZPO).

 

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