OGH 1Ob239/03h

OGH1Ob239/03h17.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Marie-Luise Safranek, Rechtsanwältin in Graz, wider die beklagte Partei L***** Gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Werner Bachlechner und Dr. Klaus Herunter, Rechtsanwälte in Köflach, wegen 45.958,30 EUR sA infolge "außerordentlichen Revisionsrekurses" der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 1. Juli 2003, GZ 5 R 92/03v-40, womit der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 13. Mai 2003, GZ 11 Cg 24/01z-37, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der "außerordentliche Revisionsrekurs" der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluss des damals als Berufungsgericht eingeschrittenen Rekursgerichts vom 10. 3. 2003 wurde die von der beklagten Partei gegen das Urteil des Erstgerichts vom 23. 12. 2002 (ON 28) erhobene Berufung als verspätet zurückgewiesen. Das Urteil war der beklagten Partei nämlich am 30. 12. 2002 zugestellt, deren Berufung aber erst am 4. 2. 2003 überreicht worden.

Am 17. 4. 2003 beantragte die beklagte Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist, weil beim Vermerken des Endes der Rechtsmittelfrist ein Fehler unterlaufen sei, der nur einen "minderen Grad des Versehens" darstelle. Das Erstgericht wies den Wiedereinsetzungsantrag ab. Dem Beklagtenvertreter hätte bei Abfassung der Berufungsschrift auffallen müssen, dass zu diesem Zeitpunkt (4. 2. 2003) die Berufungsfrist bereits abgelaufen gewesen sei, weil auf der Urteilsausfertigung auch das Eingangsdatum des Ersturteils vermerkt gewesen sei. Er habe aber die ihm ab diesem Zeitpunkt offen stehende 14-tägige Frist des § 148 ZPO ungenützt verstreichen lassen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, dass es den Wiedereinsetzungsantrag der beklagten Partei zurückwies, und sprach aus, dass der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei. Es vertrat ebenso wie das Erstgericht die Ansicht, dem Beklagtenvertreter hätte die Verspätung der am 4. 2. 2003 verfassten Berufungsschrift bereits an diesem Tage auffallen müssen. Das Verschulden des Beklagtenvertreters übersteige den minderen Grad des Versehens, die 14-tägige Frist für den Wiedereinsetzungsantrag habe bereits mit 4. 2. 2003 zu laufen begonnen. Der am 17. 4. 2003 zur Post gegebene Wiedereinsetzungsantrag sei demnach verspätet, und das Erstgericht habe daher die Wiedereinsetzung ohne Rechtsirrtum verweigert. Die erstinstanzliche Entscheidung sei zu bestätigen, wenngleich mit der Maßgabe, dass der Wiedereinsetzungsantrag zurückzuweisen sei, weil bereits das Erstgericht nach seiner zutreffenden Begründung den Wiedereinsetzungsantrag nicht ab-, sondern zurückweisen hätte müssen.

Rechtliche Beurteilung

Der "außerordentliche Revisionsrekurs" der beklagten Partei ist unzulässig.

Bestätigt das Rekursgericht den Beschluss der ersten Instanz mit einer "Maßgabe", dann kann darin eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses liegen; dient aber die Neufassung des Spruchs nur der Verdeutlichung der erstgerichtlichen Entscheidung, ohne dessen Rechtskraftwirkung zu berühren, so liegt eine echte Bestätigung vor. Von einem bestätigenden Beschluss ist dann auszugehen, wenn die vom Gesetz gebotene Erledigungsart in beiden Instanzen übereinstimmt, und zwar in dem Sinn, dass entweder in beiden Instanzen meritorisch oder formal entschieden wurde (SZ 73/56; Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 4 zu § 528).

Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht seine Entscheidung, den Wiedereinsetzungsantrag der beklagten Partei abzuweisen, damit begründet, dass der Beklagtenvertreter diesen Antrag nicht innerhalb der 14-tägigen Frist des § 148 ZPO eingebracht habe (S 4 f des Beschlusses des Erstgerichts). In Wahrheit handelt es sich bei dieser Entscheidung also um eine Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags; das Gericht erster Instanz hat sich lediglich im Ausdruck vergriffen. Dies hat das Rekursgericht klargestellt und dem Spruch eine eindeutige und richtige Fassung gegeben. Es handelt sich daher bei der "Maßgabebestätigung" des Gerichts zweiter Instanz nicht um eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung, sondern tatsächlich um einen bestätigenden Beschluss, gegen den gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist. Der Ausnahmetatbestand des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO - Zurückweisung der Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen - oder ein ihm vergleichbarer Fall liegt hier nicht vor. Auch die Verweigerung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - in welcher Form immer - ist einer Zurückweisung der Klage nicht gleichzuhalten (3 Ob 212/02a; 6 Ob 292/99f).

Der absolute Rechtsmittelausschluss des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO geht der weiteren Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 528 Abs 1 ZPO vor und verhindert jede Anfechtung des voll bestätigenden rekursgerichtlichen Beschlusses. Dieser entzieht sich damit einer meritorischen Überprüfung, ohne dass das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO geprüft werden könnte (6 Ob 121/01i uva). Der Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.

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