Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Nach § 115 Abs 3 ArbVG dürfen die Mitglieder des Betriebsrates in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht beschränkt und wegen dieser, insbesondere hinsichtlich des Entgeltes und der Aufstiegsmöglichkeiten, nicht benachteiligt werden. Eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes ist etwa dann anzunehmen, wenn ein Betriebsratsmitglied aus dem durch die zitierte Gesetzesstelle missbilligten Motiv bei Zuteilung von besonderen Zuwendungen nicht berücksichtigt oder hinsichtlich der Aufstiegsmöglichkeiten schlechtergestellt wird. Hiebei genügt in Analogie zu § 105 Abs 5 ArbVG die Glaubhaftmachung des Motivs (SZ 61/198; ZAS 1992/3; ecolex 1992, 114: RIS-Justiz RS0051211). Macht daher der Arbeitnehmer glaubhaft, dass die Benachteiligung auf das verpönte Motiv zurückzuführen ist, dann ist eine unzulässige Benachteiligung anzunehmen, sofern nicht der Arbeitgeber glaubhaft macht, dass ein anderes Motiv mit höherer Wahrscheinlichkeit ausschlaggebend war (SZ 61/198; ZAS 1992/3).
Im hier zu beurteilenden Verfahren ist in tatsächlicher Hinsicht überhaupt nicht strittig, dass die Beklagte dem Kläger deshalb (zunächst) die Einstufung als "Ehrenfacharbeiter" und die damit verbundene höhere Entlohnung verweigert hat, weil er im Anschluss an Betriebsratssitzungen in seiner Eigenschaft als Betriebsratsmitglied zweimal - nach vorheriger Verständigung der Betriebsleitung, aber ohne deren Zustimmung bzw gegen deren Willen - mit einem Gewerkschaftssekretär, dem er die Überprüfung angezweifelter Arbeitsplatzbeschreibungen ermöglichen wollte, den Produktionsbereich besichtigt hatte.
§ 39 Abs 4 ArbVG ermöglicht es den Organen der Arbeitnehmerschaft, zu ihrer Beratung in allen Angelegenheiten die zuständige freiwillige Berufsvereinigung oder die gesetzliche Interessenvertretung der Arbeitnehmer beizuziehen und deren Vertretern - nach Unterrichtung des Betriebsinhabers oder seines Vertreters - Zugang zum Betrieb zu gewähren. Auf dieses Recht hat sich der Kläger gestützt, sodass der Einwand der Beklagten, das Verhalten des Klägers sei unabhängig von seiner Eigenschaft als Betriebsratsmitglied zu sehen, weil es objektive Kriterien betreffe, die für alle Mitarbeiter Geltung hätten, nicht nachvollziehbar ist.
Damit kommt es aber auf die Frage, ob § 39 Abs 4 ArbVG das Verhalten des Klägers in jeder Hinsicht und in vollem Umfang deckt, nicht an. § 115 Abs 3 ArbVG steht jedenfalls einer Benachteiligung eines Betriebsratsmitglieds wegen eines Verhaltens entgegen, das in der (nicht offenbar unvertretbaren) Absicht gesetzt wurde, damit in berechtigter Weise das Betriebsratsmandat auszuüben. Der gegenteilige Standpunkt, dass eine Benachteiligung eines Betriebsratsmitglieds erlaubt sei, wenn zwischen dem Betriebsinhaber und einem Betriebsratsmitglied unterschiedliche Rechtspositionen über die Zulässigkeit eines Verhaltens des Betriebsratsmitglieds vertreten werden und sich nachträglich dessen (nicht offenbar unvertretbare) Rechtsposition als unrichtig erweist, ist mit den Erfordernissen und dem Wesen des Betriebsratsmandats nicht vereinbar und würde zu einer unerträglichen Beschränkung der Betriebsratstätigkeit führen.
Nähere Ausführungen zur Frage, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die Organe der Arbeitnehmerschaft iSd § 39 Abs 4 ArbVG berechtigt sind, den Vertretern der zuständigen freiwilligen Berufsvereinigung Zugang zum Betrieb zu gewähren, sind für die Entscheidung daher nicht erforderlich, zumal von einer offenbar unvertretbaren Auslegung seiner Rechte durch den Kläger jedenfalls nicht die Rede sein kann.
Daran ändert der Hinweis auf die Notwendigkeit der Vermeidung von "Betriebsspionage" nichts, weil - wie schon das Berufungsgericht ausgeführt hat - gemäß § 39 Abs 4 iVm § 115 Abs 4 ArbVG auch die Vertreter der Gewerkschaften und der Arbeiterkammern, denen iSd § 39 Abs 4 ArbVG der Zugang zum Betrieb ermöglicht wird, der Verschwiegenheitspflicht unterworfen sind.
Im Gegensatz zur Meinung der Revisionswerberin ist der Urteilsspruch des Erstgerichtes auch nicht in sich widersprüchlich. Da die Beklagte dem Kläger während des Verfahrens die Einstufung als Ehrenfacharbeiter gewährt hat, ist das rechtliche Interesse des Klägers an der insofern begehrten Feststellung weggefallen, sodass das dessen ungeachtet aufrecht erhaltene Feststellungsbegehren abzuweisen war (RIS-Justiz RS0039201; zuletzt etwa 1 Ob 58/01p). Mit der Frage, ob die Beklagte den Kläger schon früher zum Ehrenfacharbeiter hätte machen müssen und ihm daher die entsprechende Gehaltsdifferenz nachzahlen muss, hat das nichts zu tun.
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