OGH 4Ob159/03s

OGH4Ob159/03s7.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei k*****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 29.040 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 3. April 2003, GZ 5 R 51/03m-11, womit das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten vom 20. Dezember 2002, GZ 2 Cg 73/02z-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:

1. Die beklagte Partei ist schuldig, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, irreführende und/oder unrichtige Angaben über die für die Kunden ihrer Möbelhäuser k***** zur Verfügung stehende Auswahl österreichischer Markenküchen zu machen, insbesondere, dass die beklagte Partei alle österreichischen Markenküchen in ihren Möbelhäusern auf einem Platz vereint hat und diese zum Verkauf anbietet, wenn die beklagte Partei keine Küchen der H***** anbietet.

2. Der klagenden Partei wird die Ermächtigung erteilt, binnen sechs Monaten nach Rechtskraft, den dem Unterlassungs- und Urteilsveröffentlichungsbegehren stattgebenden Teil des Urteilsspruchs und den Urteilskopf samt vorangehender Überschrift "Im Namen der Republik" auf Kosten der beklagten Partei in einer Sonntag-Ausgabe der "Neuen Kronen-Zeitung" Ausgabe Oberösterreich in der Größe einer Achtelseite im Textteil, in Normallettern wie für redaktionelle Artikel verwendet, mit Fettdruckumrandung, Fettdrucküberschrift und gesperrt und fett geschriebenen Prozessparteien veröffentlichen zu lassen.

Die beklagte Partei hat der klagenden Partei die mit 9.731,58 EUR (darin 2.460 Barauslagen und 1.211,93 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin - ein Unternehmen mit Sitz in Oberösterreich - produziert Küchen. Sie vertreibt diese in Österreich und im Ausland. Ihr Marktanteil am österreichischen Küchenmarkt beträgt ca 10 %. Die Beklagte, eine Möbelhandelsgesellschaft hatte in der Oberösterreich-Ausgabe der "Neuen Kronen-Zeitung" vom 30. 9. 2001 eine zweiseitige Werbeanzeige eingeschaltet. Darin hatte sie unter den hervorgehobenen Überschriften "k***** All-Inclusive-Küchen" und "Warum k***** den besseren Küchenservice hat?" mit der Aussage geworben "Alle österreichischen Markenküchen und die führenden internationalen Gerätehersteller auf einem Platz vereint - das gibts nur bei k*****". Diese Aussage war insofern unrichtig, als die Beklagte von der Klägerin hergestellte Küchen nicht in ihrem Angebot hat.

Die Klägerin beanstandete diese Werbeaussage und forderte die Beklagte zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf, worin sich die Beklagte gegenüber der Klägerin verpflichten sollte, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs irreführende und/oder sittenwidrige Angaben über die für den Kunden bei der Beklagten zur Verfügung stehende Auswahl der von ihr vertriebenen österreichischen Markenküchen zu unterlassen, insbesondere, dass sie alle österreichischen Markenküchen in ihren Möbelhäusern auf einem Platz vereint habe und diese zum Verkauf anbiete. Die Beklagte sollte sich ferner verpflichten, die unrichtige Behauptung durch Schaltung eines neuen Inserats im selben Auffälligkeitswert wie das beanstandete in der "Kronen Zeitung" sowie in allen anderen sonstigen Medien, in denen ein derartiges Inserat geschaltet war, binnen vier Wochen im Sinn der Unterlassungserklärung auf Kosten der Beklagten richtigzustellen und die Klägerin davon zu informieren. Sie begehrte ferner Ersatz der Kosten ihres Einschreiters. In seiner Äußerung vom 26. 11. 2001 teilte der Beklagtenvertreter dazu mit, er bestätige namens seiner Mandantin der Beklagten, dass diese es künftig unterlassen werde, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu behaupten, dass k***** alle österreichischen Markenküchen auf einem Platz vereint habe und diese zum Verkauf anbiete. Im Übrigen werde seine Mandantin die begehrten Kosten überweisen. Die Veröffentlichung einer Erklärung halte er für entbehrlich. In einem weiteren Schriftsatz schlug der Klagevertreter vor, anstelle der zunächst begehrten Richtigstellung pauschalierten Schadenersatz in Höhe von 7.200 EUR zu leisten und die Unterlassungsverpflichtung mit einer Konventionalstrafe in Höhe von 36.000 EUR zu besichern. Der Beklagtenvertreter wies darauf hin, dass die Erklärung in seinem Schreiben vom 26. 11. 2001 eine ausdrückliche unwiderrufliche Unterlassungserklärung sei, die von der Formulierung des Klagevertreters nur deshalb abweiche, weil die gewünschte Formulierung weder ausreichend bestimmt noch vollstreckbar sei. Die Beklagte werde die geforderte Richtigstellung veröffentlichen.

Eine Aufklärung des Publikums nahm die Beklagte in der Form vor, dass sie in der Ausgabe der "Neuen Kronen Zeitung" vom 14. 2. 2002 - einer Donnerstag-Ausgabe - ein Inserat schalten ließ. Darin fand sich vor dem dunklen Hintergrund einer dort abgebildeten Küche nachstehender - mit einer wenig kontrastreichen Umrandung versehener - Text: "Zum k***** Küchen-Angebot: Im September 2001 haben wir in einer Anzeige darauf hingewiesen, dass k***** alle österreichischen Markenküchen auf einem Platz vereint. Dazu wollen wir klarstellen, dass k***** Küchen der Firma H***** nicht im Programm hat". Der Klagevertreter vertrat dazu die Auffassung, die Gestaltung dieser Erklärung habe nicht denselben Auffälligkeitswert wie die ursprüngliche Aussage. Sie sei in ein Foto mit relativ dunklem Hintergrund integriert, vor dem sich der Text nicht ordentlich abhebe und schwer leserlich sei. Die Klägerin fordere daher letztmalig eine angemessene Richtigstellung.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin schließlich, die Beklagte schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, irreführende und/oder unrichtige Angaben über die für die Kunden ihrer Möbelhäuser k***** zur Verfügung stehende Auswahl österreichischer Markenküchen zu machen, insbesondere, dass die Beklagte alle österreichischen Markenküchen in ihren Möbelhäusern auf einen Platz vereint habe und diese zum Verkauf anbiete, wenn die beklagte Partei keine Küchen der Klägerin anbiete. Sie begehrt ferner Urteilsveröffentlichung auf Kosten der Beklagten in einer Sonntag-Ausgabe der "Neuen Kronen Zeitung" Ausgabe Oberösterreich. Die Angaben der Beklagten im Inserat vom September 2001 seien unrichtig und irreführend. Die Beklagte habe weder die geforderte Unterlassungserklärung abgegeben noch eine Richtigstellung im gleichen Auffälligkeitswert veranlasst.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung und wendete ein, sie habe alle Forderungen der Klägerin erfüllt, die Wiederholungsgefahr sei weggefallen. Die Klägerin habe nur eine Unterlassungserklärung gefordert, sie habe dieser Forderung mit Schreiben vom 26. 11. 2001 entsprochen. Eine Erklärung hinsichtlich irreführender und/oder sittenwidriger Angaben sei zu unbestimmt und damit nicht vollstreckbar. Die Richtigstellung sei zumindest im gleichen Auffälligkeitswert wie der ursprüngliche Inserattext gebracht worden. Die Beklagte habe auch die Kosten des Klagevertreters gezahlt, sie biete nun an, sich in einem gerichtlichen Vergleich zu der im Brief des Beklagtenvertreters vom 26. 11. 2001 formulierten Unterlassung zu verpflichten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Vom eingangs festgestellten Sachverhalt ausgehend vertrat es die Auffassung, die Wiederholungsgefahr sei weggefallen. Die Beklagte habe sofort nach Beanstandung durch ihren Vertreter die Erklärung abgegeben, die beanstandete Äußerung nicht mehr zu wiederholen und habe in der Folge eine Klarstellung im Inserat der "Kronen Zeitung" veröffentlicht. Sie habe damit Maßnahmen zur Berichtigung des Wettbewerbsverstoßes ergriffen und nicht den Standpunkt vertreten, der Inhalt ihres Inserats sei richtig gewesen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Auch das Berufungsgericht ging vom Wegfall der Wiederholungsgefahr aus. Die Beklagte habe Handlungen vorgenommen, die als deutliches Indiz dafür angesehen werden könnten, dass sie gewillt sei, von künftigen Störungen abzusehen. Sie habe sofort nach Aufforderung die Unrichtigkeit ihrer Äußerungen zugestanden, die vorprozessualen Kosten des Klagevertreters ersetzt und eine deutliche Richtigstellung in einem anderen Inserat veranlasst. Sie habe danach im Verfahren den Abschluss eines exekutionsfähigen Vergleichs angeboten. Dass die beanstandete Aussage in einer Sonntag-Ausgabe und ihre Richtigstellung in einer Donnerstag-Ausgabe der "Neuen Kronen Zeitung" erfolgt sei, sei für die Annahme einer Sinnesänderung ebensowenig von Bedeutung wie der Umstand, dass der Text der Klarstellung nicht leicht lesbar gewesen sei. Die Beklagte habe die angebotene Unterlassungserklärung auch ausreichend weit gefasst.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig, weil das Rekursgericht den Wegfall der Wiederholungsgefahr unrichtig beurteilt hat. Sie ist auch berechtigt.

Die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass die beanstandete Werbeaussage über die ihrem Kunden zur Verfügung stehende Auswahl an Markenküchen gegen das Irreführungsverbot des § 2 UWG verstößt. Nach ständiger Rechtsprechung hat sich das Unterlassungsgebot in seinem Umfang immer am konkreten Verstoß zu orientieren, doch ist eine gewisse allgemeine Fassung in Verbindung mit konkreten Einzelverboten zulässig, um Umgehungen des Verbots nicht allzu leicht zu machen (RIS-Justiz RS0037733). Das hier angestrebte Gebot, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, irreführende und/oder unrichtige Angaben über die für die Kunden der Beklagten zur Verfügung stehende Auswahl österreichischer Markenküchen zu machen, insbesondere, dass die Beklagte alle österreichischen Markenküchen in ihren Möbelhäusern auf einem Platz vereint hat und diese zum Verkauf anbietet, wenn die Beklagte keine Küchen der Klägerin anbietet, entspricht diesem Grundsatz. Dieses Begehren ist weder zu weit noch unbestimmt.

Bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr kommt es stets darauf an, ob dem Verhalten des Verletzers in seiner Gesamtheit wichtige Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, dass er ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen (stRsp SZ 51/87 - Umsatzbonus II; 4 Ob 106/03x uva). Die Beweislast für den Wegfall der Wiederholungsgefahr trifft den Verletzer, der diese Vermutung der Wiederholungsgefahr nur durch eindeutiges Verhalten widerlegen kann (6 Ob 51/01w). Bietet der Beklagte einen vollstreckbaren Vergleich an, so ist das Vergleichsangebot ein Indiz für den Wegfall der Wiederholungsgefahr, wenn der Kläger dadurch alles erhält, was er durch ein stattgebendes Urteil erhalten könnte. Das Vergleichsangebot muss daher auch einem berechtigten Veröffentlichungsbegehren Rechnung tragen (stRsp zuletzt 4 Ob 106/03x). Der von der Beklagten angebotene Unterlassungsvergleich, sie werde es künftig unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu behaupten, dass sie alle österreichischen Markenküchen auf einem Platz vereint habe und diese zum Verkauf anbiete, erfüllt diese Voraussetzungen schon deshalb nicht, weil er nur den konkreten Verstoß berücksichtigt und weder dem Veröffentlichungsanspruch noch dem Anspruch der Klägerin auf eine gewisse allgemeine Fassung des Unterlassungsbegehrens Rechnung trägt.

Der Nachweis des Wegfalls der Wiederholungsgefahr kann zwar nicht nur in Form des Angebots eines umfassenden Unterlassungsvergleichs erbracht werden, sondern kann sich auch aus dem Gesamtverhalten des Beklagten ergeben, sofern diesem gewichtige Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, dass er ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen (stRsp RIS-Justiz RS0079692). Auch diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Zum einen umfasst die Unterlassungserklärung der Beklagten (ebenso wie der angebotene Unterlassungsvergleich) nur den konkreten Verstoß und berücksichtigt nicht den Anspruch der Klägerin auf eine allgemeinere Formulierung. Zum anderen konnte die von der Beklagten vorgenommene "Richtigstellung" die Ziele einer dem Kläger zustehenden Urteilsveröffentlichung nicht erreichen. Die beanstandete Werbeaussage fand sich in einer Sonntag-Ausgabe, die "Richtigstellung" erfolgte in einer Donnerstag-Ausgabe der "Neuen Kronen Zeitung", somit in einer Ausgabe mit weit geringerer Verbreitung. Sie hatte überdies nicht denselben Auffälligkeitswert, sondern war auf dunklem Hintergrund in ein Foto eingefügt; ihr Text war schwer lesbar. Davon abgesehen diente die Richtigstellung der Beklagten eher einer Herabsetzung der Klägerin als einer Aufklärung des Publikums. Mit ihrer Formulierung stellte die Beklagte nämlich in einer für die Klägerin eher abträglichen Weise klar, dass sie zwar alle österreichischen Markenküchen anbiete, jene der namentlich angeführten Klägerin aber nicht in ihrem Programm habe. Damit konnte für die Leser der Eindruck entstehen, die Küchen der Klägerin würden anders als jene der übrigen österreichischen Erzeuger den Anforderungen der Beklagten nicht entsprechen. Anders wäre es für die Leser nicht erklärbar, dass die Beklagte Küchen eines Erzeugers mit einem Anteil von 10 % auf dem österreichischen Markt nicht im Programm hatte. Der durch die Formulierung erweckte herabsetzende Eindruck hindert die Annahme, die Richtigstellung diene dem Nachweis einer Sinnesänderung der Beklagten, sie sei ernstlich gewillt, zur Irreführung geeignete Angaben über die bei ihr zur Verfügung stehende Auswahl an österreichischen Markenküchen in Hinkunft zu unterlassen.

Mangels Wegfalls der Wiederholungsgefahr war in Stattgebung der Revision das Unterlassungsgebot zu erlassen. Die Urteilsveröffentlichung trägt dem berechtigten Interesse der Klägerin an der Richtigstellung Rechnung und erfolgt in einem zur Wirkung der beanstandeten Aussage angemessenen Verhältnis.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 ZPO.

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