OGH 3Ob212/03b

OGH3Ob212/03b26.9.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern Regionalbüro Oberösterreich, Linz, Huemerstraße 21, vertreten durch Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Johann L*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Aigner, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wegen 29.789,30 EUR sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 7. August 2003, GZ 6 R 196/03w-6, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht bewilligte der betreibenden Partei - der Sozialversicherungsanstalt der Bauern - aufgrund des Rückstandsausweises vom 18. Juni 2003 über die für den Zeitraum vom 1. Juni 1997 bis 31. März 2003 vorgeschriebenen "Beiträge zur Kranken-, Betriebshilfe-, Pensions- und Unfallversicherung der Bauern" sowie für die "gemäß § 80 Abs 5 BSVG vorgeschriebenen Behandlungsbeiträge für Krankenscheine" aus demselben Zeitraum die Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung an einer Liegenschaft des Verpflichteten.

Das Rekursgericht wies den Exekutionsantrag ab und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Nach der Rsp des Obersten Gerichtshofs (3 Ob 255/01y; 3 Ob 91/90 = SZ 63/212) sei vor einer Exekutionsbewilligung zu prüfen, ob ein Rückstandsausweis "neben den allgemeinen Anforderungen an einen Exekutionstitel auch den nach der für diesen Rückstandsausweis in Betracht kommenden Norm vorgeschriebenen Inhalt" habe. Der als Exekutionstitel herangezogene Rückstandsausweis erfülle die Inhaltserfordernisse nach § 36 Abs 2 BSVG nicht. Die Ausweisung der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherungsbeiträge als einheitliche Summe sei die Ausnahme zur "betraglich getrennten Ausweisung der einzelnen rückständigen Beitragsarten". Demnach entspreche die Einbeziehung der Betriebshilfeversicherungsbeiträge in den Gesamtbeitragsrückstand ohne deren gesonderte Ausweisung nicht dem Gesetz. Der ordentliche Revisionsrekurs sei auf dem Boden der zitierten Rsp und des eindeutigen Gesetzeswortlauts unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

1. Der erkennende Senat wiederholte zuletzt in der Entscheidung 3 Ob 255/01y die durch die stRsp des Obersten Gerichtshofs geprägte Leitlinie, das Gericht müsse prüfen, ob der betreibende Gläubiger - als Voraussetzung einer Exekutionsbewilligung - zur Ausstellung eines Rückstandsausweises für die betriebene Forderung berechtigt sei, ob der Rückstandsausweis den allgemeinen Anforderungen an einen Exekutionstitel (§ 7 Abs 1 EO) genüge und überdies den nach der für ihn in Betracht kommenden Norm vorgeschriebenen Inhalt aufweise. Daran ist festzuhalten.

2. Die betreibende Partei zieht die soeben erläuterte Rechtslage im Kern nicht in Zweifel. Sie meint jedoch, das Rekursgericht habe die ihren Standpunkt stützende Entscheidung 6 Ob 533/83 nicht beachtet. Das ist jedoch deshalb unzutreffend, weil diese Entscheidung nicht den § 36 Abs 2 BSVG, sondern den § 64 Abs 2 ASVG mit einem im entscheidenden Punkt signifikant anderen Wortlaut betrifft.

Die im Anlassfall maßgebende Bestimmung des § 36 Abs 2 BSVG lautet:

"... Im Rückstandsausweis können, wenn dies aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung angezeigt erscheint, die Beiträge zur Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung als einheitliche Summe und die darauf entfallenden Beitragszuschläge und Nebengebühren ebenfalls als einheitliche Summe ausgewiesen werden."

Der § 64 Abs 2 ASVG hat dagegen folgenden Wortlaut:

" ... Im Rückstandsausweis können, wenn dies aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung angezeigt erscheint, die Beiträge zur Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sowie alle sonstigen von den Krankenversicherungsträgern einzuhebenden Beiträge und Umlagen als einheitliche Summe und die darauf entfallenden Verzugszinsen und Nebengebühren ebenfalls als einheitliche Summe ausgewiesen werden."

Was bei Anwendung des § 64 Abs 2 ASVG allenfalls in Betracht käme, ist nach § 36 Abs 2 BSVG ausgeschlossen, dürfen doch nach dem eindeutigen Wortlaut letzterer Norm Beiträge zur Betriebshilfeversicherung im Rückstandsausweis eben nicht bloß in einer einheitlichen Summe mit den Beiträgen zur Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung ausgewiesen werden. Die betreibende Partei versucht gar nicht, zu begründen, weshalb § 36 Abs 2 BSVG allenfalls eine unechte Gesetzeslücke anhaften könnte, sodass die den § 64 Abs 2 ASVG tragenden Wertungen des Gesetzgebers auch den § 36 Abs 2 BSVG ergänzen sollten. Dieser Frage ist somit nicht weiter nachzugehen, müsste doch die betreibende Partei in einem außerordentlichen Rechtsmittel zumindest eine erhebliche Rechtsfrage als Voraussetzung seiner meritorischen Erledigung aufgezeigt haben (5 Ob 127/01i; vgl ferner die Entscheidungskette zu RIS-Justiz RS0048272). In der Berufung auf eine für die Lösung des Anlassfalls nicht einschlägige Entscheidung des Obersten Gerichtshofs ist die Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage nicht zu erblicken.

Die betreibende Partei führt aber auch sonst keine erhebliche Rechtsfrage aus. Die Regelung des § 80 Abs 5 BSVG bezieht sich nicht auf Beiträge zur Betriebshilfeversicherung. Dort wird überdies ausdrücklich angeordnet, dass für die Einhebung des behandelten Kostenanteils u. a. auch die §§ 36 bis 40 BSVG gelten. Durch die bloße Erwähnung, das Landesgericht Korneuburg und das LGZ Graz hätten sich in 1989 und 1998 ergangenen - offenkundig unveröffentlichten und nicht vorgelegten - Entscheidungen mit der Aufnahme der "Betriebshilfebeiträge" in den "Gesamtbeitragsrückstand" nach den als Exekutionstitel herangezogenen Rückstandsausweisen begnügt, wird schon mangels konkreter Ausführungen zu deren Gründen ebenso keine erhebliche Rechtsfrage aufgeworfen.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 78 EO iVm §§ 528a, 510 Abs 3 ZPO).

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