OGH 6Ob180/03v

OGH6Ob180/03v11.9.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Friederike B*****, vertreten durch Dr. Walter Friedrich, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei DI Hans Helmut B*****, vertreten durch Dr. Ernst Gramm, Rechtsanwalt in Neulengbach, wegen Unterhalts, über die Revision der beklagten Partei gegen das (Teil-)Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgericht vom 19. März 2003, GZ 37 R 15/03m-22, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Neulengbach vom 23. Oktober 2002, GZ 1 C 25/02t-14, als Teilurteil teilweise bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat der klagenden Partei die mit 333,12 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Revision der Beklagten ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts - nicht zulässig:

Rechtliche Beurteilung

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind ausschließlich der ab 1. 9. 2002 zugesprochene monatliche Unterhaltsbetrag von 1.181,46 EUR und eine weitere Unterhaltsleistung für die Vergangenheit (1. 7. 1999 bis 31. 3. 2002) von insgesamt 3.003,25 EUR. Insoweit hat das Berufungsgericht die Entscheidung des Erstgerichts als Teilurteil bestätigt. (Die darüber hinausgehende Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung war - mangels eines entsprechenden Ausspruchs nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO - unanfechtbar.)

Der Revisionswerber macht geltend, das angefochtene Teilurteil berücksichtige nicht den anlässlich der Ehescheidung im Jahr 1996 geschlossenen Unterhaltsvergleich. Danach betrage der Unterhaltsanspruch der Klägerin 35 % (und nicht wie zuerkannt 40 %) des gemeinsamen Einkommens. Änderungen bloß in den Einkommensverhältnissen der Streitteile rechtfertigten ein Abgehen von dieser Vergleichsrelation nicht. Sie sei beizubehalten, wenn sich keine weiteren für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Umstände änderten.

Das Berufungsgericht hat unter Anwendung der Umstandsklausel die sich aus dem Vergleich ergebende Relation unberücksichtigt gelassen und den Unterhalt neu berechnet. Dabei ging es von einer im Verfahren 1 C 1327/97b des Bezirksgerichtes Neulengbach aus Anlass des Pensionsantritts der Klägerin erfolgten Neubemessung des Unterhalts aus, die bereits von der Vergleichsrelation abgegangen war. Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, die damalige Neubemessung (ohne Berücksichtigung der Vergleichsrelation) sei zu Recht erfolgt, weil sich damals nicht nur die Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen, sondern auch die Einkommenslage der Unterhaltsberechtigten durch ihren Pensionsantritt wesentlich geändert habe. Auf die ursprüngliche Relation des Vergleichs könne daher auch bei einer späteren Entscheidung nicht mehr zurückgegriffen werden.

Die Auffassung des Berufungsgerichtes steht mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes im Einklang, wonach jeder Unterhaltstitel der Umstandsklausel unterliegt und eine Änderung der Verhältnisse eine Neubestimmung des Unterhaltsanspruches nach sich zieht (RIS-Justiz RS0018984). Zur Frage der Einhaltung einer im Vergleich vereinbarten Relation zwischen Einkommen des Unterhaltspflichtigen und Unterhaltsleistung anlässlich einer späteren Unterhaltsbemessung vertritt der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, die im Vergleich seinerzeit vereinbarte Relation zwischen Unterhaltsleistung und Einkommen des Unterhaltspflichtigen spiele für die Neubemessung dann keine Rolle, wenn die (zur Anwendung der Umstandsklausel führende) Änderung der Verhältnisse nicht oder nicht nur in einer Änderung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen beruht (ÖA 1994, 26; 1 Ob 123/98i; RIS-Justiz RS0019018; RS0105944; RS0018984).

Dieser ständigen Rechtsprechung folgend wurde der vom Beklagten ab 1. 1. 1998 zu leistende Unterhalt bereits in einem Vorprozess mit Urteil des Bezirksgerichtes Neulengbach vom 14. 7. 1998, C 1327/97b-11, bestätigt durch das Landesgericht St. Pölten am 5. 11. 1998, 10 R 282/98t-18, neu festgesetzt und vom Beklagten in der Folge auch in der damals bestimmten Höhe bezahlt. Die damals zur Neufestsetzung führende Änderung der Verhältnisse bestand in einer Erhöhung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen, einer Verminderung des Einkommens der Unterhaltsberechtigten (sie war in Pension gegangen) und einem Wegfall der Sorgepflicht für eine Tochter. Angesichts dieser Änderungen setzte das Bezirksgericht den Unterhalt mit 40 % des Familieneinkommens neu fest. Die damals zur Neubemessung und zum Abweichen von der ursprünglichen Vergleichsrelation führenden Umstände wirken auch heute noch fort, sodass schon aus diesem Grund die Anwendung der ursprünglich im Vergleich vereinbarten Relation genausowenig in Frage kommt wie anlässlich der Unterhaltsbemessung im Jahr 1998.

Auf die vom Berufungsgericht in seinem Ausspruch über die Zulassung der ordentlichen Revision angesprochene Frage, ob bei einem Ehegattenunterhalt, bei dem die Einkommen beider Ehegatten Bezugsgrößen für die Bemessung des verglichenen Unterhalts darstellen, bei Änderung des Einkommens beider von der Vergleichsrelation abzugehen ist, wenn sich sonst keine für die Bemessung wesentlichen Umstände geändert haben, kommt es daher im vorliegenden Fall nicht an. Ein Wiederaufleben der ursprünglich vereinbarten Relation, von der im Vorprozess angesichts der bereits damals eingetretenen und noch fortwirkenden Änderungen abgegangen wurde, kommt nicht in Betracht.

Zum Unterhalt für die Vergangenheit stellt der Revisionswerber nicht in Abrede, durch eine außergerichtliche, inhaltlich bestimmte Mahnung zur Zahlung aufgefordert worden zu sein. Soweit daher die Vorinstanzen Unterhalts-(Erhöhungs-)Beträge für einen Zeitraum von einem Jahr vor Rechtshängigkeit zugesprochen haben, steht ihre Entscheidung mit § 72 EheG in Einklang. Der Zuspruch von Unterhaltserhöhungsbeträgen für länger als ein Jahr zurückliegende Zeiträume hat das Berufungsgericht damit begründet, dass der Verpflichtete durch seine Weigerung, Auskunft über die Verwendung des Kaufpreiserlöses den Eindruck erweckt habe, er versuche, sich seiner Unterhaltsverpflichtung in dieser Hinsicht zu entziehen. Er könne sich daher nicht auf § 72 EheG berufen. Die Auffassung des Berufungsgerichts ist nicht zu beanstanden. Nach dem Inhalt des Verhandlungsprotokolls hat der Beklagte die Beantwortung der Frage, wie er seinen Anteil am Kauferlös der Liegenschaft verwendet hat, sofort verweigert. Die in der Revision gerügte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Das Erstgericht sah sich außerstande, festzustellen, ob der Beklagte aus einer Veranlagung des Kauferlöses ein separates Einkommen bezieht (oder aus Anpassungsüberlegungen zu beziehen unterlassen hat). Der Beklagte hat in seiner Parteienvernehmung zwar ausgesagt, er beziehe kein Einkommen aus einer derartigen Veranlagung. Mangels weiterer Beweisergebnisse ist das Erstgericht dieser Aussage im Rahmen seiner - beim Obersten Gerichtshof nicht mehr bekämpfbaren Beweiswürdigung - erkennbar nicht gefolgt. Angesichts der Höhe des Kaufpreiserlöses wäre eine gewinnbringende Veranlagung durchaus naheliegend und wurde von der Klägerin auch entsprechend behauptet.

Das vom Kläger bezogene Jubiläumsgeld haben die Vorinstanzen auf das gesamte Jahr 2001 aufgeteilt und bei der Unterhaltsbemessung für diesen Zeitraum entsprechend berücksichtigt. Nach ständiger Rechtsprechung kommt es für die Einbeziehung von Einmalzahlungen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage auf die Umstände des konkreten Einzelfalles an (RS0009667; RS0050466), wobei gegen die Aufteilung einer Abfertigung auf einen Zeitraum von 12 Monaten Bedenken bereits verneint wurden (5 Ob 512/94). Ob im Einzelfall auch andere Einrechnungsmethoden denkbar oder sogar zweckmäßig wären, berührt keine erhebliche Rechtsfrage und rechtfertigt nicht die Anrufung des Obersten Gerichtshofes (5 Ob 1561/94).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO wird die Revision der beklagten Partei zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass ihre Rechtsmittelbeantwortung der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente.

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