OGH 6Ob321/02b

OGH6Ob321/02b11.9.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F*****, Hausfrau, *****, vertreten durch Dr. Christian Margreiter, Rechtsanwalt in Hall in Tirol, gegen die beklagte Partei T*****, Kraftfahrer, *****, vertreten durch Mag. Laszlo Szabo, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 19.991,51 EUR, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 23. September 2002, GZ 1 R 151/02v-31, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 27. Mai 2002, GZ 18 Cg 107/01m-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat der klagenden Partei die mit 1.063,80 EUR (darin enthalten 177,30 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Hält der Oberste Gerichtshof entgegen dem ihm nach § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO für nicht zulässig, kann sich die Zurückweisung der ordentlichen Revision auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Das Berufungsgericht begründete seinen (nachträglich abgeänderten) Zulässigkeitsausspruch damit, dass die Rechtsfrage erheblich sei, ob auf die am 9. 6. 2000 einen Tag vor der Hochzeitsfeier zweier türkischer Staatsbürger geschlossene Vereinbarung bereits das am 1. 1. 2002 und damit vor Schluss der Verhandlung erster Instanz in Kraft getretene (neue) türkische Zivilgesetzbuch Anwendung finde. Diese Frage ist jedoch in Art 1 des türkischen Einführungsgesetzes zum türkischen Zivilgesetzbuch, das ebenso wie dieses am 1. 1. 2002 in Kraft trat, im Sinne eines grundsätzlichen Ausschlusses der Rückwirkung geregelt. Demnach ist auf die Rechtsfolgen von Ereignissen, die vor diesem Zeitpunkt aufgetreten sind, grundsätzlich dasjenige Gesetz anzuwenden, das sich im Zeitpunkt des Ereignisses in Kraft befunden hat (Abs 1). Auf die rechtliche Bindungswirkung und Rechtsfolgen von Rechtsgeschäften, die vor dem Inkrafttreten des (neuen) türkischen Zivilgesetzbuches getätigt worden sind, ist das im Zeitpunkt der Tätigung des Rechtsgeschäftes geltende Gesetz auch dann anzuwenden, wenn Bindungswirkung und Rechtsfolgen nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des türkischen Zivilgesetzbuches eingetreten sind (Abs 2). Auf die nach dem Inkrafttreten des türkischen Zivilgesetzbuches eingetretenen Ereignisse sind vorbehaltlich der im Gesetz vorgesehenen Ausnahmen die Bestimmungen des türkischen Zivilgesetzbuches anzuwenden (Abs 3).

Da sowohl die festgestellte Vereinbarung, vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geschlossen als auch das Verlöbnis vor diesem Zeitpunkt aufgelöst wurde, kann nicht zweifelhaft sein, dass sowohl die Klageforderung als auch die eingewendeten Gegenforderungen noch nach der alten Rechtslage zu beurteilen sind, wovon auch die Vorinstanzen ausgegangen sind. Dass auf die hier maßgeblichen Rechtsfolgen nach dem Grundsatz der stärksten Beziehung (§ 1 Abs 1 IPRG) und der analog anzuwendenden §§ 18 bis 20 IPRG infolge türkischer Staatsangehörigkeit beider Streitteile türkisches Recht anzuwenden ist (vgl Art 11 türkisches IPRG), wurde vom Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der von ihm zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 1 Ob 577/93 zutreffend dargelegt. Damit ist auf Grund der zitierten türkischen Übergangsbestimmung allein die alte Rechtslage vor ihrer Änderung durch das am 1. 1. 2002 in Kraft getretene türkische Zivilgesetzbuch maßgebend. Es stellen sich entgegen den Ausführungen der Revision keine Auslegungsfragen betreffend das IPRG oder den § 5 ABGB.

Nach ständiger Rechtsprechung ist es nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofes, einen Beitrag zur Auslegung ausländischer Rechtsnormen zu leisten. Der Mangel einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum anzuwendenden ausländischen Sachrecht begründet keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0042948). Dass das ausländische Recht unzutreffend ermittelt worden wäre, zeigt die Revision nicht auf. Warum dem Beklagten, der sich persönlich gegenüber der Klägerin verpflichtet hat, ein allfälliger Irrtum des Vaters der Klägerin zugutekommen sollte, vermag die Revision nicht plausibel darzulegen. Ansprüche wie jene, die der Beklagte kompensando erhoben hat, waren zum Teil bereits in der Entscheidung 1 Ob 577/93 zu beurteilen; eine Rechtsänderung ist, wie bereits dargestellt, auch insoweit noch nicht eingetreten; es gilt vielmehr noch die der zitierten Entscheidung zugrundegelegte türkische Rechtslage.

Die Revision ist daher mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen.

Gemäß den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO hat der Beklagte der Klägerin die Kosten der Revisionsbeantwortung, in der sie auf die Unzulässigkeit der Revision mangels erheblicher Rechtsfrage hingewiesen hat, zu ersetzen.

Stichworte