Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, nicht aber der diesem zugrunde liegende Wahrspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Geschworenengericht beim Landesgericht Linz zu neuer Verhandlung und Entscheidung mit dem Auftrag, den unberührt gebliebenen Wahrspruch der Entscheidung zugrundezulegen, zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Manuel M***** des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt, weil er am 7. November 2002 in Linz dadurch, dass er in der Filiale des "H*****" in der ***** unter Vorhalt einer geladenen Gaspistole Marke Colt Government gegenüber der Angestellten Dorothea L***** "Reiß das Geld her! Geld her! Das ist kein Scherz!" und dem dazu kommenden Verkäufer Gerhard F*****: "Das ist kein Scherz!" äußerte, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld mit dem Vorsatz abzunötigen versuchte, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 345 Abs 1 Z 6 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde moniert zutreffend das Unterlassen einer Zusatzfrage nach Rücktritt vom Versuch (§ 16 Abs 1 StGB) und einer Eventualfrage für den Fall der Bejahung der Zusatzfrage (hier in Richtung § 107 Abs 1 StGB). Gemäß § 313 StPO ist nämlich (ua) eine Zusatzfrage nach einem Strafaufhebungsgrund zu stellen, wenn in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht wurden oder zu Tage traten, die - wenn sie als erwiesen angenommen werden - die Strafbarkeit des inkriminierten Tatverhaltens aufheben würden. Weil auch dabei die Beweiswürdigung allein den Geschworenen zukommt, sind Zusatz-(und allenfalls Eventual-)fragen ohne Rücksicht auf die Glaubwürdigkeit des entsprechend substantiierten, rechtlich relevanten Tatsachenvorbringens in der Hauptverhandlung zu stellen (14 Os 48/99; Schindler, WK-StPO § 313 Rz 6, 8; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 42; E. Steininger, Nichtigkeitsgründe3 § 345 Abs 1 Z 6 Rz 68). Die Fragenrüge zeigt in diesem Sinn beachtliche Verfahrensergebnisse auf, indem sie sich auf Teile der Einlassung des Angeklagten und die Vernehmung des Zeugen F***** bezieht: Der Beschwerdeführer sagte nämlich vor dem Geschworenengericht unter anderem "Nunmehr habe ich die Pistole heruntergenommen, mir die Kapuze vom Kopf gezogen und gesagt, dass es eh nur ein Scherz sei. Das habe ich deshalb gemacht, weil ich im Zuge des Gerangels gemerkt habe, was ich eigentlich für einen Blödsinn mache. Ich war allerdings der Meinung, dass es weiterhin möglich gewesen wäre, den Raub durchzuziehen; ich hätte nur abdrücken müssen. Ich habe mir aber gedacht, was tue ich denn überhaupt da, das ist doch ein Blödsinn. Es war zwar kein Scherz, aber zu diesem Zeitpunkt wollte ich die Sache beenden (S 157) ... meiner Meinung nach hätte es nach Ende des Gerangels genügt, etwa nochmals laut zu schreien 'Geld her', um doch noch an die Beute zu kommen (S 160)" - die Zeugin L***** deponierte dazu korrespondierend "wenn der Angeklagte noch einmal geschrien hätte: 'Geld her', hätte ich ihm dieses sicher gegeben" (S 163). Der Zeuge F***** betonte zwar, nicht sagen zu können, warum der Angeklagte, nachdem er die Waffe nach einer Rangelei dem Zeugen nochmals gegen den Bauch gedrückt und betont hatte, dass es jetzt wirklich ernst sei, plötzlich die Waffe herunternahm, schätzte aber unter Zugrundelegung dieses äußeren Geschehens und einer offenbar zur Deeskalation dienenden Frage nach früherer Bekanntschaft die Gefahr als "nunmehr vorbei" ein (S 164 bis 166).
Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher Folge zu geben und das Urteil - nicht aber der von Nichtigkeit nicht betroffene Wahrspruch der Geschworenen (§ 349 Abs 2 StPO) - aufzuheben und ein zweiter Rechtsgang anzuordnen (§§ 285e, 344 StPO).
Im fortgesetzten Verfahren werden den Geschworenen eine Zusatzfrage nach Rücktritt vom Versuch (§ 16 Abs 1 erster Fall StGB) und eine Eventualfrage - für den Fall der Bejahung der Zusatzfrage - nach gefährlicher Drohung (§ 107 Abs 1 StGB) zu stellen sein (vgl Mayerhofer StGB5 § 16 E 39). Denn es muss allein der Geschworenenbank überlassen bleiben, bei Zugrundelegung des Tatplanes (s dazu unter dem Aspekt des fehlgeschlagenen Versuches hinsichtlich einer Steigerung der Begehungsweise durch Waffeneinsatz und der Auswirkungen des Widerstandes des Zeugen F***** auf den Entschluss des Angeklagten dessen widersprüchliche Einlassung S 156 [63], 157 [64]) über die Beweggründe des Rücktrittes zu entscheiden (vgl grundsätzlich Hager/Massauer in WK2 §§ 15, 16 Rz 127 bis 129 und 159;
überdies Mayerhofer aaO E 20; 11 Os 100/94 = SSt 62/23, 15 Os 208/96
= SSt 62/127, 12 Os 80/95 = SSt 62/57 = EvBl 1996/76, 14 Os 48/99 =
JBl 2000, 470), was den Laienrichtern bislang - trotz entsprechender Rechtsbelehrung (vgl S 208, 209) - nicht möglich war. Mit seiner unter einem erhobenen Berufung war der Rechtsmittelwerber auf die Kassation zu verweisen.
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