OGH 16Ok15/03

OGH16Ok15/038.9.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellsachen durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Birgit Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Manfred Vogel und Dr. Wolfgang Schramm gemäß § 92 Abs 2 KartG in der Kartellrechtssache der Antragstellerin P***** GmbH (vormals T***** GmbH), *****, vertreten durch Brandl & Talos, Rechtsanwälte-Kommanditpartnerschaft in Wien, gegen die Antragsgegnerin G***** GmbH, *****, vertreten durch Neudorfer Griensteidl Hahnkamper Stampf & Partner Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, wegen Untersagung der Durchführung einer vertikalen Vertriebsbindung, Abstellung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung, Untersagung der Durchführung eines Kartells und Feststellung, über den Kostenrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Kartellgericht vom 18. März 2003, GZ 27 Kt 491/98, 27 Kt 120, 121/00-106, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Kostenrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Eingangs ist festzuhalten, dass die Bezeichnung der Antragstellerin von T***** GmbH auf P***** GmbH zu berichtigen war, weil die Antragstellerin nunmehr die Firma "P***** GmbH" führt (*****). Mit Beschluss vom 15. 4. 2002 wies das Erstgericht die auf Untersagung der Durchführung einer vertikalen Vertriebsbindung, Abstellung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung, Untersagung der Durchführung eines Kartells und Feststellung gerichteten Anträge der Antragstellerin ab. Der dagegen von der Antragstellerin erhobene Rekurs blieb erfolglos.

Das Erstgericht bestimmte mit dem angefochtenen Beschluss die von der Antragstellerin zu entrichtende gerichtliche Rahmengebühr mit 8.000 EUR. Bei Berücksichtigung der im § 84 KartG genannten Umstände, insbesondere des Umfanges des Beweisverfahrens und des mit der Ausschöpfung des Rechtszuges verbundenen Verfahrensaufwandes, erscheine die festgesetzte Rahmengebühr angemessen. Dagegen richtet sich der Kostenrekurs der Antragstellerin mit dem Abänderungsantrag dahin, die Rahmengebühr mit 1.875 EUR festzusetzen, in eventu die Rahmengebühr auf einen angemessenen Betrag herabzusetzen.

Die Amtsparteien haben sich am Rekursverfahren nicht beteiligt. Der Kostenrekurs ist nicht berechtigt.

Die Rekurswerberin macht geltend, das Erstgericht habe ihre wirtschaftlichen Verhältnisse nicht berücksichtigt. Sie sei eine kleine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die 1998 gegründet worden sei. Im Geschäftsjahr 2001 - der Jahresabschluss für 2002 liege noch nicht vor - habe sie Umsatzerlöse von 1,396.079 EUR erzielt. Sie habe - nicht zuletzt auf Grund der widrigen Marktverhältnisse - einen Jahresverlust von 256.128,30 EUR erwirtschaftet. Auf Grund des Verlustvortrages habe der Bilanzverlust 2001 1,114.970,70 EUR betragen. Das Eigenkapital sei mit 1,078.634 EUR negativ. Ein Überleben der Gesellschaft sei nur möglich, weil das Unternehmen (noch) von der Muttergesellschaft gestützt werde. Mit dem negativen Ausgang des Kartellverfahrens seien der Antragstellerin zudem weitgehend die Grundlagen entzogen worden, im Wettstreit mit der Antragsgegnerin als überragender Marktbeherrscherin weiteres "Terrain" zu gewinnen. Sogar die Bundeswettbewerbsbehörde habe sich geweigert, wegen der Missstände am Flughafen Salzburg, zu dem der Antragstellerin der Zugang gänzlich versagt werde, einzuschreiten. Auf Grund der existenzbedrohenden Marktverhältnisse sei sie gezwungen gewesen, im Kartellverfahren den Instanzenweg zu beschreiten. Sie habe das Verfahren nicht mutwillig betrieben. Schließlich sei die Zurückziehung ihres Sicherungsantrags durchaus zweckmäßig gewesen, weil dadurch Kosten eines weiteren Sicherungsverfahrens vermieden worden seien. Außerdem müsse die Antragstellerin auch die aus den Amtsgeldern zu berichtigenden Gebühren und Kosten ersetzen. Diese seien auf Grund der zahlreichen Sitzungen des Paritätischen Ausschusses, für die die Antragstellerin nicht die Verantwortung trage, außerordentlich hoch.

Hiezu wurde erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Im Verfahren vor dem Kartellgericht und dem Kartellobergericht sind für ein Verfahren wegen Untersagung der Durchführung einer vertikalen Vertriebsbindung eine Rahmengebühr von 375 EUR bis 15.000 EUR, für ein Verfahren auf Erteilung von Aufträgen nach §§ 35 und 36 KartG eine Rahmengebühr von 750 EUR bis 30.000 EUR, für ein Verfahren auf Untersagung der Durchführung eines Kartells eine Rahmengebühr von 750 EUR bis 15.000 EUR und für ein Verfahren nach § 8a KartG eine Rahmengebühr von 375 EUR bis 15.000 EUR zu entrichten (§ 80 Z 3, 4, 9 und 10 b KartG). Entgegen der Auffassung der Rekurswerberin beträgt die Mindestrahmengebühr nicht 1.875 EUR, sondern 2.250 EUR. Gemäß § 84 KartG wird die Höhe der Rahmengebühr nach Abschluss des Verfahrens nach freiem Ermessen festgesetzt; hiebei sind insbesondere die wirtschaftspolitische Bedeutung des Verfahrens, der mit der Amtshandlung verbundene Aufwand, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen und die Tatsache zu berücksichtigen, inwieweit der Zahlungspflichtige Anlass für die Amtshandlung gegeben hat.

Das Erstgericht hat die von der Rekurswerberin zu entrichtende (§ 82 Z 3 lit c KartG) Rahmengebühr mit dem etwa dreieinhalbfachen der Mindestgebühr (bzw knapp über 10 % der Höchstgebühr) ausgemessen.

Dies ist entgegen den Rekursausführungen nicht zu beanstanden:

Die Rekurswerberin stellt die zweifellos gegebene wirtschaftspolitische Bedeutung des Verfahrens nicht in Frage, mag auch diesem Kriterium im vorliegenden Fall kein überragender Stellenwert beigemessen werden.

Die Antragstellerin gab auch Anlass für die Amtshandlung, wäre doch ohne ihre Antragstellung der Verfahrensaufwand überhaupt nicht entstanden. In der Frage des Verfahrensaufwandes ist auf die mündlichen Einvernehmungen und eine mündliche Verhandlung vor dem Erstgericht und auf die Befassung des Obersten Gerichtshofes zu verweisen. Mit Amtshandlungen verbundener Aufwand schlägt sich auch darin nieder, wie umfangreich das vom Gericht zu bearbeitende Material (Eingaben der Parteien, Protokolle und Gutachten des Paritätischen Ausschusses, vorgelegte Urkunden und ähnliches) war. Allein aus der Tatsache, dass der Akt bis zum angefochtenen Beschluss bereits zwei Bände mit insgesamt mehr als 700 Seiten in 105 Ordnungsnummern aufweist, folgt zwanglos, dass der vom Erstgericht zu leistende Verfahrensaufwand überdurchschnittlich groß war. Mag auch die Rückziehung des Sicherungsantrages zweckmäßig gewesen sein, wodurch Kosten eines fortgesetzten Sicherungsverfahrens vermieden wurden, so kann doch der bis dahin entstandene Verfahrensaufwand nicht vernachlässigt werden. Der Oberste Gerichtshof als Kartellobergericht hat schon bisher die Auffassung vertreten, dass auch der Sitzungsaufwand des Paritätischen Ausschusses (hier: 11 Sitzungen) bei Ausmessung der Rahmengebühr nicht gänzlich unbeachtet zu bleiben hat (ÖBl 1988, 139), wenn er auch nur "sehr maßvoll" in Anschlag zu bringen ist (Okt 13/94); daran ist (entgegen Barfuß/Wollmann/Tahedl, Österreichisches Kartellrecht 140, die diesen Umstand wegen der gesonderten Vergütungspflicht des § 85 KartG völlig unberücksichtigt lassen wollen) festzuhalten, weil auch die Tätigkeit des Paritätischen Ausschusses von Gericht zu bearbeitendes Verfahrensmaterial erzeugt (16 Ok 5/00; 16 Ok 10/03). Dass 11 Sitzungen des Paritätischen Ausschusses nicht erforderlich gewesen seien, hat die Rekurswerberin nicht behauptet. Sie behauptet bloß, ohne dies aber näher zu begründen, sie trage hiefür nicht die "Verantwortung". Sie stellt dabei aber nicht in Rechnung, dass der Verlauf und das Ergebnis der Sitzung eines solchen vielgliedrigen und in seiner Zusammensetzung auch durchaus vielschichtigen Kollegiums auch nur schwerlich vorausbestimmt werden kann, zumal wenn es um die Begutachtung derart komplizierter volkswirtschaftlicher Sachverhalte geht (Okt 13/94).

Schließlich geben auch die dargelegten Verluste der Rekurswerberin zu einer Herabsetzung der Rahmengebühr keinen Anlass. Mag auch die Antragstellerin isoliert betrachtet in schlechten finanziellen Verhältnissen sein, so ist doch zur Beurteilung ihrer wirtschaftliche Verhältnisse zu berücksichtigen, dass sie eine Tochtergesellschaft einer auf dem Gebiet der Refundierung von Verkehrssteuern an Touristen mit Wohnsitz außerhalb der Europäischen Union in allen - so die Antragstellerin in ON 1 - "wichtigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (zB in Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien, Deutschland und Portugal)" tätigen Gruppe ist. Den Rekursausführungen lässt sich entnehmen, dass die Finanzkraft der Muttergesellschaft der Antragstellerin ausreichend groß ist, die seit dem Markteintritt angehäuften Verluste der Antragstellerin zu decken, und auch die für die Antragstellerin schwierige Marktsituation in Österreich sie bislang zu keinem Rückzug veranlasst hat. Stellt man dies und die übrigen Bemessungskriterien in angemessener Gewichtung in Rechnung, erscheint dem Kartellobergericht die vom Erstgericht in Höhe von 8.000 EUR als dem etwa dreieinhalbfachen der vorgesehenen Mindestgebühr festgesetzte Rahmengebühr nicht unangemessen hoch. Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

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